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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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„Vielle<strong>ich</strong>t war es eine menschl<strong>ich</strong>e Geste" meint er; auf jeden Fall spielte,<br />

wie wir aus den letzten Zeilen entnehmen können, <strong>der</strong> Profit eine Rolle.<br />

Der „Rußlandfeld<strong>zu</strong>g". Der historische Wendepunkt im <strong>Krieg</strong>sverlauf <strong>mit</strong><br />

dem Überfall <strong>der</strong> deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion repräsentiert<br />

auch für Herrn Acka eine Zeitgrenze. Für ihn begann <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> erst <strong>mit</strong> dem<br />

Einmarsch in die SU, da er erst ab diesem Zeitpunkt eine Gefahr für sein Leben<br />

antizipierte. Außerdem begann für ihn die Phase, in <strong>der</strong> es „<strong>mit</strong> den Juden<br />

anfing". Das folgende Zitat steht im Zusammenhang <strong>der</strong> Erzählung über seine<br />

Gefangenschaft, in <strong>der</strong> ihm ein jüdischer Amerikaner geholfen habe. Recht<br />

makaber wirkt seine eingeschobene Erzählung über einen Juden, dem er es <strong>zu</strong><br />

verdanken habe, daß er „über den <strong>Krieg</strong> gekommen sei":<br />

„das hab <strong>ich</strong> auch wie<strong>der</strong> einem Juden, wahrscheinl<strong>ich</strong> <strong>zu</strong> verdanken, <strong>der</strong>, en Jude, es war noch<br />

vorm Rußlandfeld<strong>zu</strong>g also vorm Rußlandkrieg, <strong>der</strong> <strong>der</strong>, <strong>der</strong> hing an mir, und dort wars eigentl<strong>ich</strong><br />

noch gar n<strong>ich</strong>t so schlimm dort warn die Juden noch <strong>mit</strong> uns so <strong>zu</strong>sammen es war dann erst, fing<br />

das eigentl<strong>ich</strong> erst nach dem <strong>Krieg</strong> eh eh erst eh erst wo wo wo die besetzt werden in Polen warn<br />

die Juden noch, noch überall verteilt, und jedenfalls wie <strong>ich</strong> da von ihm wegging wie <strong>ich</strong> wegging<br />

da <strong>kam</strong> <strong>der</strong> und dach brachte <strong>der</strong> noch irgendwas und sagte <strong>ich</strong> habe die ganze Nacht für d<strong>ich</strong> gebetet<br />

dir wird bestimmt nix passieren, daran hab <strong>ich</strong> geglaubt" (85 /13)<br />

Die hier erkennbare Strategie von Herrn Acka, die ihm von jüdischen Menschen<br />

entgegengebrachte Sympathie und Hilfeleistung argumentativ als Entlastung<br />

von seiner Schuld <strong>zu</strong> gebrauchen, werden wir an späterer Stelle ausführl<strong>ich</strong>er<br />

diskutieren. Hier stellt s<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>nächst die Frage, inwiefern es <strong>der</strong> jüdischen<br />

Bevölkerung in <strong>der</strong> Sowjetunion noch grauenvoller ergehen konnte als<br />

in dem von <strong>der</strong> Deutschen Wehrmacht besetzten Polen. Nimmt man seine<br />

Ausführungen wörtl<strong>ich</strong>, so gab es in Polen noch einige Juden, die am Leben<br />

waren und <strong>mit</strong> denen er noch Kontakt <strong>hatte</strong>; in <strong>der</strong> Sowjetunion dagegen war<br />

es seiner Meinung nach schlimmer, hier wurden alle Juden ermordet.<br />

Sehen wir, was Herr Acka, dessen Einsatzort in <strong>der</strong> Sowjetunion die Stadt<br />

Chersson war, erlebte bzw. nach historischen Kenntnissen <strong>mit</strong>erlebt haben mag.<br />

Die 11. Armee griff am 2. Juli 1941 von Rumänien aus die Sowjetunion an.<br />

Bereits am 20. August 1941 war das Son<strong>der</strong>kommando IIa <strong>der</strong> Einsatzgruppe<br />

D in <strong>der</strong> südukrainischen Stadt Chersson, um „im Einvernehmen <strong>mit</strong> den<br />

Dienststellen des rumänischen Herres dessen »Operationsgebiet um Odessa"*<br />

<strong>zu</strong> betreuen „und blieb in Erwartung <strong>der</strong> Einnahme <strong>der</strong> Stadt dort ,in Bereitschaft<br />

für s<strong>ich</strong>erheitspolizeil<strong>ich</strong>e Arbeit 4 " (Krausnick 1985: 175). Krausnick<br />

ber<strong>ich</strong>tet weiter über Exekutionen, die in diesem Gebiet stattfanden, und gibt<br />

nach den Ereignismeldungen bis <strong>zu</strong>m 30. Sept. 1941 „eine Gesamtzahl von 35<br />

782 allein durch die Gruppe D erschossenen Juden und Kommunisten 44 an. Es<br />

fanden Massenexekutionen statt, in denen „an <strong>mehr</strong>eren aufeinan<strong>der</strong>folgenden<br />

lägen zwischen dem 16. und 30.9.41 »mindestens 4000 jüdische Männer,<br />

Frauen und Kin<strong>der</strong> 4 getötet wurden 44 (Krausnick 1985: 338).<br />

Auch Herr Acka erzählt uns von Massenexekutionen in Chersson. Er<br />

spr<strong>ich</strong>t wie<strong>der</strong>holt und schon im Vorgespräch des Interviews von dem „Erleb-<br />

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