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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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vilen Leben entzogen. Während des <strong>Krieg</strong>es erlebte er die Grausamkeiten des<br />

Soldatendaseins und wurde Zeuge von nationalsozialistischen Verbrechen.<br />

Hier sind vor allem seine Erlebnisse in Jugoslawien <strong>zu</strong> nennen. <strong>Als</strong> er aus <strong>der</strong><br />

Gefangenschaft <strong>zu</strong>rückkehrte, bereitete ihm das Einleben in den Alltag als Zivilist<br />

erhebl<strong>ich</strong>e Probleme. Seine Ehe scheiterte und sein Versuch, s<strong>ich</strong> politisch<br />

wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> SPD <strong>zu</strong> binden, schlug fehl.<br />

Anges<strong>ich</strong>ts <strong>der</strong> Dauer seiner Soldatenzeit und ihrer Auswirkungen auf seinen<br />

späteren Lebensweg kann Walter Langenbach diese Phase seines Lebens<br />

n<strong>ich</strong>t einfach als „Militärsachen 44<br />

abtun, die seine Berufslaufbahn unterbrochen<br />

hätten. Wie also geht dieser Mann <strong>mit</strong> seinem Lebensweg um, wie hat<br />

er die <strong>Krieg</strong>serlebnisse und ihre Auswirkungen auf sein späteres Leben verarbeitet?<br />

Die Vergangenheitsrekonstruktion von Herrn Langenbach wird maßgebl<strong>ich</strong><br />

bestimmt durch die S<strong>ich</strong>t, daß sein Lebenslauf n<strong>ich</strong>t Produkt aktiver Handlungsgestaltung,<br />

son<strong>der</strong>n ihm von außen auferlegt worden ist. Diese Perspektive<br />

läßt s<strong>ich</strong> an den entscheidenden biographischen Stationen belegen: So<br />

sieht er seine gesamte Militärkarriere, von seiner freiwilligen Meldung <strong>zu</strong>m<br />

RAD bis hin <strong>zu</strong> seinem Einsatz in <strong>der</strong> Etappe in Jugoslawien, als heteronom<br />

produziert. Auch <strong>zu</strong>r Ehe, die nach <strong>Krieg</strong>sende einen problematischen Verlauf<br />

nahm, wurde er seiner Darstellung <strong>zu</strong>folge genötigt.<br />

Diese S<strong>ich</strong>tweise des eigenen Lebens bzw. <strong>der</strong> problematisch gewordenen<br />

Lebensbere<strong>ich</strong>e und -phasen korrespondiert zwar einerseits — <strong>zu</strong>mindest teilweise<br />

— <strong>mit</strong> <strong>der</strong> durch die historischen Verhältnisse aufgezwungenen Lebensführung:<br />

Das Soldatendasein und später die Gefangenschaft determinierten<br />

immerhin fast zwölf Jahre seines gesamten Lebens und ließen als totale Institutionen<br />

keine autonomen Handlungsplanungen <strong>zu</strong>. An<strong>der</strong>erseits erlaubt<br />

diese S<strong>ich</strong>tweise Walter Langenbach auch, s<strong>ich</strong> <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Eigenverantwortung<br />

für seine Handlungen und Entscheidungen <strong>zu</strong> entziehen.<br />

Er stellt die Lebensbere<strong>ich</strong>e, die er als gescheitert sieht, wie seine Ehe,<br />

ebenso wie jene Anteile seiner Persönl<strong>ich</strong>keit, die er ablehnt, gewissermaßen<br />

außerhalb seiner selbst. Da<strong>mit</strong> braucht er sie n<strong>ich</strong>t s<strong>ich</strong> selbst an<strong>zu</strong>lasten. Er<br />

kann s<strong>ich</strong> daher offen da<strong>zu</strong> bekennen, daß er als Soldat „schlecht 44<br />

und <strong>zu</strong>m<br />

„Wolf 4<br />

geworden war, doch weckt er gle<strong>ich</strong>zeitig den Eindruck, als habe dies<br />

alles <strong>mit</strong> ihm selbst n<strong>ich</strong>ts <strong>zu</strong> tun.<br />

We<strong>der</strong> die Ablehnung einer Eigenverantwortung fur sein Leben noch seine<br />

Versuche, s<strong>ich</strong> <strong>der</strong> Verstrickung in die NS-Verbrechen <strong>zu</strong> entziehen, befreien<br />

ihn aber letztl<strong>ich</strong> von seiner Vergangenheit. Das Interview gehört vermutl<strong>ich</strong><br />

<strong>zu</strong> den ersten Versuchen, über seine Vergangenheit <strong>zu</strong> reden.<br />

Zwar ist ihm daran gelegen, ein Gespräch <strong>mit</strong> uns <strong>zu</strong> führen und über seine<br />

Erlebnisse in Jugoslawien <strong>zu</strong> erzählen, doch kann er seine eigene Rolle in diesem<br />

Geschehen n<strong>ich</strong>t vollständig enthüllen. Walter Langenbach spürt selbst,<br />

wie schwer ihm dieser Erinnerungsprozeß fallt:<br />

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