24.11.2013 Aufrufe

"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

innerl<strong>ich</strong>ten Weltanschauung ist o<strong>der</strong> ob diese Einstellung <strong>mit</strong> den beson<strong>der</strong>en<br />

Bedingungen von Gefangenschaft <strong>zu</strong>sammenhängt. Diese Frage stellt s<strong>ich</strong> beson<strong>der</strong>s,<br />

da Biographen im thematischen Zusammenhang von Gefangenschaft<br />

häufig in <strong>der</strong> Art wie Herr Langenbach erzählen. Man muß bedenken, daß<br />

Handlungsmögl<strong>ich</strong>keiten in <strong>der</strong> Gefangenschaft äußerst eingeschränkt sind.<br />

Die Gefangenen sind in einer hilflosen Situation gegenüber ihren Bewachern,<br />

denen sie im <strong>Krieg</strong> als Feinde gegenüber gestanden haben —- und denen sie im<br />

Kampf und nun als Gefangene unterlegen sind. Eine Mögl<strong>ich</strong>keit, diese Hilflosigkeit<br />

<strong>zu</strong> kompensieren, liegt in dem ständigen Beweis <strong>der</strong> eigenen Cleverness<br />

und geistig-kulturellen Überlegenheit.<br />

Auch Herrn Langenbach gelang es so, s<strong>ich</strong> trotz <strong>der</strong> deutschen Nie<strong>der</strong>lage<br />

weiterhin als Angehöriger eines beson<strong>der</strong>en Volkes <strong>zu</strong> fühlen.<br />

Wie schon in früheren Situationen, schaffte s<strong>ich</strong> Walter Langenbach in <strong>der</strong><br />

Gefangenschaft Freiräume, in denen er sein Können beweisen und durch die<br />

er relative und kompensatorische »Handlungsfreiheiten 4<br />

gewinnen konnte.<br />

Jetzt war es wie<strong>der</strong> das Schachspiel, das sein Selbstbewußtsein stärkte: Er<br />

schnitzte Schachfiguren und veranstaltete Schachturniere, bei denen er seiner<br />

Darstellung nach immer <strong>der</strong> Sieger blieb.<br />

4.1.4.2 Das Leben „normalisiert 44 s<strong>ich</strong><br />

Herr Langenbach konnte schon während <strong>der</strong> Gefangenschaft an seine früheren<br />

Berufsroutinen anknüpfen: So wurde er in Nordafrika <strong>mehr</strong>eren „Arbeitskommandos<br />

44<br />

<strong>zu</strong>geteilt. Bei <strong>der</strong> Erzählung über sein letztes Kommando — das<br />

aus insgesamt drei Gefangenen bestand — auf einer Olivenfarm, das er als<br />

Kommandoführer begleitete, gewinnt man den Eindruck, als habe er dort sehr<br />

selbstbestimmt handeln können. Der Status eines Kommandoführers scheint<br />

für die Darstellung seiner Kompetenzen und Handlungsfähigkeiten beson<strong>der</strong>s<br />

w<strong>ich</strong>tig.<br />

Erzählenswerte Erlebnisse dieser Lebensphase sind für Herrn Langenbach<br />

vor allem die, die sein handwerkl<strong>ich</strong>es Geschick sowie die Überlegenheit <strong>der</strong><br />

deutschen Gefangenen hervorheben. So erinnert er s<strong>ich</strong> z.B., wie er gemeinsam<br />

<strong>mit</strong> an<strong>der</strong>en deutschen Gefangenen seines Kommandos nachts in einen<br />

Weinberg eingedrungen sei und dort Weintrauben gestohlen habe. Um den<br />

Verdacht auf Araber <strong>zu</strong> lenken, seien sie barfuß gegangen, denn die Araber<br />

seien <strong>zu</strong> arm gewesen, um s<strong>ich</strong> Sandalen leisten <strong>zu</strong> können. Noch heute ist er<br />

auf das Gelingen dieser List stolz und meint lachend:<br />

„ja so hat man doch immer noch versucht, dem Leben die guten Seiten ((lachend)) ab<strong>zu</strong>gewinnen,<br />

auch mal Spaß <strong>zu</strong> haben (1)" (30/38)<br />

Das Ende des <strong>Krieg</strong>es im Mai 1945, das Walter Langenbach in Gefangenschaft<br />

erlebte, erwähnt er im Interview wie beiläufig. Da er ohnehin schon an<br />

einem deutschen Sieg gezweifelt <strong>hatte</strong>, dürfte ihn diese Nachr<strong>ich</strong>t n<strong>ich</strong>t <strong>mehr</strong><br />

son<strong>der</strong>l<strong>ich</strong> überrascht haben. Auch bedeutete die deutsche Nie<strong>der</strong>lage <strong>zu</strong>-<br />

184

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!