"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Parteiabzeichen und Herr Langenbach meint dazu: „an der Front war ihm das vergangen". Für ihn standen Soldatsein und Parteiaktivitäten im Gegensatz zu einander, was vermutlich auch aus der von etlichen Parteimitgliedern genutzten Möglichkeit, den Fronteinsatz zu umgehen, resultierte. Dieser Parteigenosse warf ihm vor, daß er längst wieder an die Front gehöre. Herr Langenbach meldete den Vorfall und erreichte, daß der Rekrut einige Tage Arrest erhielt. Andere Ausbilder, die von dem Vorfall erfuhren, schikanierten diesen Rekruten nach seinem Arrest: „und dann ham wer dem erst mal nen bißchen (1) das Soldatendasein beigebracht" (14/22) Bei der Erzählung über diese Begebenheit ereifert sich Walter Langenbach sehr, und er wird wütend. Doch seine Ausführungen lassen nicht erkennen, ob es nur die Wut über den an ihn herangetragenen Vorwurf, nicht an der Front zu sein, oder eine generelle Wut gegen die Parteiaktivisten ist oder ob die Wut sich gar gegen alle Verantwortlichen des Krieges richtet. Vermutlich ist sie aus dem gespeist, was er im letzten Kriegsjahr an der Front, zum ersten Mal bei der fechtenden Truppe, erlebte. 4.1.3.4 Der letzte Einsatz in Italien und die Gefangennahme Nachdem die Alliierten im September 1943 in Italien gelandet waren und Italien kapituliert hatte, wurde Herr Langenbach an die Front in den Pöntinischen Sümpfen bei Rom eingezogen, „weil wir die Amis wieder aus Italien rauswerfen wollten' 4 , wie er sich ausdrückt. Zuletzt als Ausbilder in der Heimat eingesetzt, sah er möglicherweise nun die Chance, sich noch aktiv an einem Kampf für den deutschen Sieg zu beteiligen. Nach vierjähriger Kriegsdauer war es für ihn der erste Einsatz direkt an der Front. Heute begründet er seinen Einzug wie folgt: „wer irjendwie, noch einigermaßen kriechen konnte mußte an ne Front" (14/49) Zunächst befand sich Walter Langenbach im rückwärtigen Kampfgebiet, wurde jedoch bald als Zugführer eines sog. Stoßtrupps eingesetzt. Zur Unterstützung wurden ihnen Panzer versprochen. Als sie in Richtung Hauptkampflinie marschierten, näherten sich ihnen die deutschen Panzer, die jedoch sogleich durch amerikanische „Panzerabwehrkanonen 44 beschossen wurden. Eine Granate flog direkt über die Köpfe der deutschen Soldaten und traf den ersten Panzer; die darin befindliche Munition explodierte, und der Panzer mitsamt den Soldaten wurde „zerrissen 44 . Um sich keiner weiteren Gefahr auszusetzen, verließen die deutschen Soldaten gemeinsam mit der Besatzung der beiden anderen deutschen Panzer das Gelände. Bei diesem Rückzug gelangten sie zu einem deutschen „Funktrupp 44 , der sich in leerstehenden Siedlungshäusern einquartiert hatte. Auch dort erlebte Herr Langenbach wie zwei deutsche Soldaten starben; einem wurde der Kopf abgetrennt: 178

der lach da (1) dem fehlte nur der &>p/(3) VOLLTREFFER, HALS WEG (1) aus (2) „tja" (2), 5k) hats da viele erwischt' (3)" (56/3) Viele seiner Kameraden erlitten das gleiche Schicksal wie sein Vater und wurden durch einen Volltreffer „zerrissen 44 . So auch ein deutscher Soldat einer anderen Kompanie, der mit einem Stoßtrupp ebenfalls gegnerische Stellungen erkunden sollte. Dieser Soldat kam plötzlich stolpernd auf Herrn Langenbach zu und stammelte ständig die gleichen Worte: „mein Gott, wofür werde ich bestraft ? 44 . Mit den Worten: „DER HATTE DAS PECH auf eine Tretmine zu treten 44 leitet Herr Langenbach die Erzählung ein. Er habe sich den Kameraden angesehen und festgestellt, daß die amerikanischen Metallkonserven, welche er bei sich gehabt habe, zwar einen Teil der Splitter abgehalten hätten, trotzdem sei er von einem Splitter am Kopf getroffen worden und habe ein „faustgroßes Loch 44 im Hinterkopf gehabt. Er war selbst fassungslos, daß dieser Mann „noch bei Verstand 44 war. Herr Langenbach schickte seinen Melder mit dem Verletzten zum nächsten Verbandsplatz, sah jedoch beide nicht wieder und nimmt heute an, daß sie gestorben sind. Hatte Herr Langenbach nach seiner Genesung die Hoffnung geschöpft, den Krieg doch noch zu überleben, so kehrte angesichts dieser Erfahrungen die alte Todesfurcht zurück. Doch hatte er es früher als unabwendbares Schicksal hingenommen, sterben zu müssen. Jetzt begann er, sich gegen dieses Schicksal aufzulehnen, und versuchte alles zu tun, um sein Leben zu schützen. Erstmals äußerte er nun massive Kritik am Verhalten deutscher Wehrmachtsangehöriger. So erzählt er, deutsche Flieger, die amerikanische Stellungen erkunden sollten, hätten aus Angst vor dem Beschuß ihrer Maschinen ihre Munition über „den eigenen Linien 44 abgeworfen. Herr Langenbach beschimpft sie heute als „Feigelinge 44 und „Schweine 44 und betont, er habe Leuchtkugeln abgeschossen, „damit die Drecksäcke merkten wo se ihre Bomben abgeladen hatten 44 . Noch heute gerät er in Wut, wenn er über das Verhalten der deutschen Flieger spricht. Nach ca. einem Vierteljahr war für Walter Langenbach mit der Gefangennahme der Krieg dann zu Ende. Sein Zug bestand mittlerweile nur noch aus ungefähr 20 Soldaten; viele waren gefallen, und andere waren zu den Alliierten übergelaufen. Zur Gefangennahme kam es, als Walter Langenbach gemeinsam mit einem Kameraden auf die Rückkehr des Verpflegungstrupps wartete. Im Dunkel der Nacht hielt er auf ihn zukommende „schemenhafte Gestalten 44 für deutsche Soldaten, die sich dann aber als Amerikaner entpuppten. Herr Langenbach meint, daß eine Verteidigung zwecklos gewesen wäre: „aber was will ich gegen so viele machen, die: mal eine Handgranate in mein Loch werfen bin ich weg, ne hatte keinen Zweck ich ergebe mich" (18/5) Insgesamt können wir festhalten, daß die biographische Erzählung Walter Langenbachs bis zu diesem Zeitpunkt entscheidend durch den antizipierten Tod im Krieg geprägt ist. Damit zusammenhängend begreift er sein Leben bis 179

Parteiabze<strong>ich</strong>en und Herr Langenbach meint da<strong>zu</strong>: „an <strong>der</strong> Front war ihm das<br />

vergangen". Für ihn standen Soldatsein und Parteiaktivitäten im Gegensatz <strong>zu</strong><br />

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„und dann ham wer dem erst mal nen bißchen (1) das Soldatendasein beigebracht" (14/22)<br />

Bei <strong>der</strong> Erzählung über diese Begebenheit ereifert s<strong>ich</strong> Walter Langenbach<br />

sehr, und er wird wütend. Doch seine Ausführungen lassen n<strong>ich</strong>t erkennen, ob<br />

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4.1.3.4 Der letzte Einsatz in Italien und die Gefangennahme<br />

Nachdem die Alliierten im September 1943 in Italien gelandet waren und Italien<br />

kapituliert <strong>hatte</strong>, wurde Herr Langenbach an die Front in den Pöntinischen<br />

Sümpfen bei Rom eingezogen, „weil wir die Amis wie<strong>der</strong> aus Italien<br />

rauswerfen wollten' 4 , wie er s<strong>ich</strong> ausdrückt.<br />

Zuletzt als Ausbil<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Heimat eingesetzt, sah er mögl<strong>ich</strong>erweise nun<br />

die Chance, s<strong>ich</strong> noch aktiv an einem Kampf für den deutschen Sieg <strong>zu</strong> beteiligen.<br />

Nach vierjähriger <strong>Krieg</strong>sdauer war es für ihn <strong>der</strong> erste Einsatz direkt an<br />

<strong>der</strong> Front. Heute begründet er seinen Ein<strong>zu</strong>g wie folgt:<br />

„wer irjendwie, noch einigermaßen kriechen konnte mußte an ne Front" (14/49)<br />

Zunächst befand s<strong>ich</strong> Walter Langenbach im rückwärtigen Kampfgebiet,<br />

wurde jedoch bald als Zugführer eines sog. Stoßtrupps eingesetzt. Zur Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />

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Eine Granate flog direkt über die Köpfe <strong>der</strong> deutschen Soldaten und traf den<br />

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den Soldaten wurde „zerrissen 44 .<br />

Um s<strong>ich</strong> keiner weiteren Gefahr aus<strong>zu</strong>setzen, verließen die deutschen Soldaten<br />

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