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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Hier kann man die Frage stellen, ob die Auswahl von Gefangenen in Herrn<br />

Langenbachs Zuständigkeitsbere<strong>ich</strong> lag und er gerade deshalb Probleme <strong>mit</strong><br />

einer eventuellen Unschuld dieser Gefangenen hat. Die Interviewerin versucht,<br />

ihn auf seine Gefühle an<strong>zu</strong>sprechen, fragt ihn, was in ihm „vorgegangen<br />

sei als er davon gehört habe* 4 . Er antwortet: „Ja was will man machen, <strong>ich</strong><br />

bin MACHTLOS* 4 . Mit dem Gefühl <strong>der</strong> Machtlosigkeit will s<strong>ich</strong> die Interviewerin<br />

jedoch n<strong>ich</strong>t <strong>zu</strong>friedengeben:<br />

II: „was empfindet man da? wird man<br />

B: DASS DAS- (2) das GEMEINSTE is was man s<strong>ich</strong> überhaupt DENKEN KANN, MAN<br />

STAUNT DASS=ES SOWAS GIBT, MAN HATTE JA VORHER NIE ETWAS DAVON GE­<br />

HÖRT (l) ICH HABE AUCH NICHTS VON JUDENERSCHIESSUNGEN IN POLEN<br />

UND SO WEITER GEHÖRT, DAS HAB ICH WIRKLICH ERST, NACH EM KRIEJE ER­<br />

FAHREN (2) EHRLICH (1) NUR DIES, DAS Η ABWICH GESEHEN (1) DAS HÄTT ICH<br />

MIR VORHER NICH AUSMALEN KÖNNEN<br />

II: schämt man s<strong>ich</strong> da n<strong>ich</strong> daß man Deutscher is?<br />

Β: JA SICHER (1) JA SICHER, ABER AUCH ANDERE SÍND SCHWEINE DIE ANDEREN<br />

SOLDATEN SIND NICHTS BESSER GEWESEN WIE WIR (1) ÖHM (2) ICH SAGE IM­<br />

MER (1) GUTE UND SCHLECHTE MENSCHEN, GIBT'S IN ALLEN VOLKSSCHICH­<br />

TEN UND IN ALLEN VÖLKERN" (II. /90<br />

In Walter Langenbachs Schil<strong>der</strong>ung seiner damaligen Erlebnisse klingt die<br />

Fassungslosigkeit und das Entsetzen an, das er damals beim Anblick <strong>der</strong> Massenerschießungen<br />

empfunden haben mag, wenn er sagt: „Nur dies, das hab<br />

<strong>ich</strong> gesehen das hätt <strong>ich</strong> mir vorher n<strong>ich</strong>t ausmalen können. 44<br />

Doch es gelingt<br />

ihm we<strong>der</strong>, Gefühle und Trauer über das Schicksal dieser Menschen, noch<br />

Gefühle <strong>der</strong> Scham aus<strong>zu</strong>drücken. Die Frage nach seinen Gefühlen beantwortet<br />

er <strong>mit</strong> „man staunt 44 . Diese Formulierung wirkt in diesem Zusammenhang<br />

befremdend, wird sie doch meistens als Ausdruck beson<strong>der</strong>er Überraschung<br />

und Verwun<strong>der</strong>ung gebraucht. Das Geschehen und das Geschehene bleiben<br />

ihm äußerl<strong>ich</strong>. Er bringt we<strong>der</strong> eine Verurteilung <strong>der</strong> Massenerschießungen<br />

<strong>zu</strong>m Ausdruck, noch das Zugeständnis, daß die Deutschen Verbrechen in unvergle<strong>ich</strong>l<strong>ich</strong>em<br />

Ausmaß begangen haben. Indem er die Verbrechen, die im<br />

Auftrag <strong>der</strong> Institution, <strong>der</strong> er selbst angehörte, einzelnen „schlechten Menschen<br />

44<br />

anlastet, die es seiner Meinung nach in jedem Volk gibt, muß er we<strong>der</strong><br />

die Wehrmacht noch seine eigene Verstrickung in diese Verbrechen reflektieren.<br />

Inwieweit er verstrickt war, auf was s<strong>ich</strong> diese Äußerng „nur dies, das hab<br />

<strong>ich</strong> gesehen 44<br />

bezieht, kann aus dem Interview n<strong>ich</strong>t abschließend geklärt werden.<br />

Es liegt jedoch die Vermutung nahe, daß Herr Langenbach fur die Zusammenstellung<br />

<strong>der</strong>jenigen, die erschossen werden sollten, <strong>zu</strong>mindest für <strong>der</strong>en<br />

Abtransport in Lastwagen, verantwortl<strong>ich</strong> war, denn in seinem Zuständigkeitsbere<strong>ich</strong><br />

als Unterleutnant lag die Betreuung <strong>der</strong> Fahrzeuge. Er muß<br />

jedenfalls in irgendeiner Funktion, <strong>mit</strong> irgendeinem Auftrag in dem Lager gewesen<br />

sein; ansonsten hätte er wohl kaum diesen Einblick bekommen. Wie<br />

sehr Walter Langenbach unter seinen <strong>Krieg</strong>serlebnissen gelitten haben mag,<br />

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