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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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4. Die Soldaten <strong>der</strong> Etappe und Zeugen <strong>der</strong> NS-Verbrechen<br />

Martina<br />

Schiebel<br />

4.1 Walter Langenbach: „Und dann gings los das große Morden"<br />

4.1.1 Kindheit und Jugend: „Das Schicksal einer Knegshalbwaisen"<br />

Wir haben Herrn Langenbach einige Male im Interview gebeten, über seine<br />

Kindheit und Jugend <strong>zu</strong> erzählen. In seiner Darstellung dieser Lebensphasen<br />

waren Argumentationen über den Tod seines leibl<strong>ich</strong>en Vaters vorherrschend,<br />

die jedoch nur vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als Erwachsener verstehbar<br />

werden.<br />

Walter Langenbach wurde im März 1914 in einer <strong>mit</strong>telgroßen westfälischen<br />

Stadt geboren. <strong>Als</strong> er kaum ein halbes Jahr alt war, begann <strong>der</strong> Erste Weltkrieg;<br />

<strong>der</strong> Vater wurde als Infanterist an die Front nach Belgien eingezogen, wo er<br />

schon nach wenigen Wochen fiel.<br />

Herr Langenbach macht s<strong>ich</strong> heute ein genaues Bild vom Tod seines Vaters.<br />

Er ber<strong>ich</strong>tet, eine Granate habe seinen Vater in kleine Stücke gerissen, die dann<br />

von Ratten gefressen worden seien. Seine Beschreibung wirkt, als habe er die<br />

Szene genau vor Augen. Vielle<strong>ich</strong>t spielen dabei selbst erlebte <strong>Krieg</strong>sszenen<br />

eine Rolle, die er auf den Tod seines Vaters überträgt. So erzählt er auch im Zusammenhang<br />

einer eigenen <strong>Krieg</strong>sverwundung im Zweiten Weltkrieg vom<br />

Schicksal seines Vaters:<br />

„<strong>ich</strong> konnts gar n<strong>ich</strong> glauben, daß <strong>ich</strong> die Verlet<strong>zu</strong>ng überstehen werde mein Huer (1) war auch Infantrist<br />

genau wie <strong>ich</strong> <strong>der</strong> hat vierzehn wie <strong>ich</strong>=n halbes Jahr alt war (1) ((Räuspern)) in Belgien (1)<br />

öh: (2) nachdem=er acht Tage an=ner Front war nen Volltreffer bekommen <strong>der</strong> is zerrissen worden,<br />

da hat man nur noch seine:, gravierte Uhr und das Tagebuch gefunden (2) und: <strong>ich</strong> glaubte ja nie daß<br />

<strong>ich</strong> den Kriech überleben würde weil die Waffen ja, noch viel schlimmer geworden warn (1) beim<br />

Zweiten Vveltkrieg 44 (TL/2) 1<br />

Diese Verknüpfung <strong>der</strong> eigenen <strong>Krieg</strong>serfahrungen, <strong>der</strong> eigenen Angst vor<br />

dem Tod an <strong>der</strong> Front <strong>mit</strong> dem Tod des Vaters nimmt Herr Langenbach noch an<br />

weiteren Stellen vor. Es sind die Stellen in den beiden Interviews, bei denen<br />

seine Trauer spürbar wird und er <strong>mit</strong> den Tränen kämpft. Diese Trauer, die er so<br />

deutl<strong>ich</strong> nur bei den Erzählungen über den Tod des Vaters <strong>zu</strong>m Ausdruck bringen<br />

kann, muß daher im thematischen Zusammenhang seiner eigenen <strong>Krieg</strong>serlebnisse<br />

gesehen werden.<br />

Der Vater galt, als er 1914 fiel, <strong>zu</strong>nächst als vermißt. Erst zwei Jahre später,<br />

als seine Uhr und das Tagebuch gefunden und über das Rote Kreuz an Walters<br />

Mutter weitergeleitet wurden, wurde <strong>der</strong> Vater amtl<strong>ich</strong> für tot erklärt. Herr Langenbach<br />

meint:<br />

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