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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Wehrmacht dagegen getan hätte, wenn er von <strong>der</strong> bevorstehenden Konfiszierung<br />

gewußt hätte. Er versetzt s<strong>ich</strong> also in diese Zeit <strong>zu</strong>rück und entwirft<br />

Handlungspläne <strong>mit</strong> dem Ziel, den Wagen <strong>zu</strong> retten. Dieser Tag wird in <strong>der</strong><br />

Retrospektive <strong>zu</strong> einem Tag n<strong>ich</strong>t ausgeführter Handlungspläne und reiht s<strong>ich</strong><br />

so in die Chronologie <strong>der</strong> Erfahrungen ein.<br />

Vom Polenfeld<strong>zu</strong>g erzählt Herr Vogel nur, daß er aufgrund <strong>der</strong> Nachtwachen<br />

so gut wie nie geschlafen habe. Er beklagt die mangelhafte Ausrüstung<br />

<strong>mit</strong> Kleidung und Decken und endet: „aber man hat es ja überstanden (2) wir<br />

<strong>kam</strong>en als <strong>der</strong> Polenfeld<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> Ende war (2) denn <strong>kam</strong>en wir (2) nach dem<br />

nach dem Westen (2)" (10/6)<br />

Wie beim Ersten Weltkrieg blendet er auch hier die <strong>Krieg</strong>shandlungen aus<br />

und spannt den Bogen <strong>zu</strong>m Ende des Einsatzes als Soldat; im Westen wurde<br />

er gle<strong>ich</strong> „UK" gestellt. War beim 1. Weltkrieg die Interpretation evident, er<br />

habe da<strong>mit</strong> seine Todesängste sowie die Trauer über den Tod <strong>der</strong> Kameraden<br />

ausgeblendet, so greift diese Interpretation hier <strong>zu</strong> kurz. Im Unterschied <strong>zu</strong>m<br />

Ersten Weltkrieg erwähnt er auch auf Nachfragen — abgesehen vom Beschuß<br />

eines Lastwagens durch Partisanen — keine Kampfhandlungen o<strong>der</strong> „Feindberührungen<br />

44 . Zwar erlebte er den Tod eines Kameraden, doch dabei handelte<br />

es s<strong>ich</strong> um einen Unglücksfall. Weinend erzählt er, wie dieser Soldat von einem<br />

umstürzenden Lastwagen erdrückt wurde, wie er den Verwundeten herauszog<br />

und dieser blutüberströmt in seinen Armen starb. <strong>Als</strong> er daraufhin von<br />

einem Feldwebel wegen seiner blutigen Uniform gerügt wurde, habe er ärgerl<strong>ich</strong><br />

geantwortet:<br />

„das ist Kameradenblut.. bis jetzt im Ersten Weltkrieg hab <strong>ich</strong> keine Verordnung gekannt, daß<br />

die Uniform ein<strong>zu</strong>setzen — aus<strong>zu</strong>ziehen ist bevor ((unverständl<strong>ich</strong>))" (24/1)<br />

Dieses ihn noch heute erschütternde Erlebnis, das er als Beleg für den geringeren<br />

Ehrenkodex <strong>der</strong> Wehrmacht im Unterschied <strong>zu</strong>r Kaiserl<strong>ich</strong>en Armee<br />

erzählt, ist die einzige Todeskonfrontation, von <strong>der</strong> er aus <strong>der</strong> Zeit in Polen ber<strong>ich</strong>tet.<br />

Wir können davon ausgehen, daß Herrn Vogels <strong>Krieg</strong>serlebnisse in Polen in<br />

ihrer existentiellen Bedrohl<strong>ich</strong>keit kaum <strong>mit</strong> denen während des Stellungskrieges<br />

1917/18 vergle<strong>ich</strong>bar sind. Auch <strong>der</strong> Interviewtext gibt Hinweise dafür,<br />

daß für Herrn Vogel 1939/40 etwas problematisch wurde, das vom<br />

1917/18 Erlebten strukturell verschieden war. Mit <strong>der</strong> Ausblendung <strong>der</strong><br />

<strong>Krieg</strong>smonate in Polen kann er über die Verbrechen <strong>der</strong> SS und <strong>der</strong> Wehrmacht<br />

in Polen schweigen, von denen er in <strong>der</strong> Zeit vom September 1939 bis<br />

<strong>zu</strong> seiner Verset<strong>zu</strong>ng an die Westfront im Frühjahr 1940 etwas <strong>mit</strong>erlebt haben<br />

muß. Schon am 19. September 1939 <strong>hatte</strong>n die deutschen Truppen die Demarkationslinie<br />

<strong>zu</strong>m östl<strong>ich</strong>en Teil Polens, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Roten Armee bereits zwei<br />

läge <strong>zu</strong>vor besetzt worden war, erre<strong>ich</strong>t, und am 6. Oktober 1939 kapitulierten<br />

die letzten polnischen Kampfverbände. Es gab in Polen kaum noch kriegerische<br />

Handlungen, abgesehen von einzelnen Angriffen <strong>der</strong> Partisanen; dage-<br />

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