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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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die von an<strong>der</strong>en Deutschen ermordet worden sind. Ihm, dem als ehemaligen<br />

Soldaten so wenig Respekt und Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, ist<br />

die Beachtung unverständl<strong>ich</strong>, die man den Opfern des NS in den Massenmedien<br />

zollt. Er begehrt auf, wenn er daran denkt, wie unberücks<strong>ich</strong>tigt das<br />

Schicksal <strong>der</strong> nach dem <strong>Krieg</strong> unter <strong>der</strong> sowjetischen Besat<strong>zu</strong>ngsmacht leidenden<br />

Bevölkerung bleibt:<br />

„n Judenfilm sehn wir ja fast jeden Tag und über dieses und jenes aber was man da nun auf <strong>der</strong><br />

annern Seite erlebt hat, n<strong>ich</strong> wie s<strong>ich</strong> <strong>der</strong> Russe nun aufgespielt hat und wie wir <strong>zu</strong>sehen mußten<br />

daß deutsche Mädchen - (9) ((Weinen)) 44 (82/13)<br />

Insgesamt können wir also festhalten, daß Herr Sallmann die NS-<br />

Vergangenheit hauptsächl<strong>ich</strong> unter dem Blickwinkel des Zweiten Weltkrieges<br />

betrachtet. Wie bei <strong>der</strong> Diskussion seiner Lebensgesch<strong>ich</strong>te deutl<strong>ich</strong> geworden<br />

ist, trennt er sein Leben in die Phase seiner politischen Vergangenheit vor<br />

dem Ein<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>m Re<strong>ich</strong>sarbeitsdienst und seiner unpolitischen Phase als Soldat.<br />

Indem er seine Soldatenzeit entpolitisiert, den <strong>Krieg</strong> und sein eigenes<br />

Handeln als Soldat aus dem politischen und gesellschaftl<strong>ich</strong>en Kontext des NS<br />

herauslöst, gelingt es ihm, das „Dritte Re<strong>ich</strong> 44<br />

<strong>mit</strong> seinen Verbrechen <strong>zu</strong> normalisieren.<br />

M.a.W., bei Herrn Sallmanns S<strong>ich</strong>t <strong>der</strong> Vergangenheit herrscht die<br />

Reparaturstrategie <strong>der</strong> „Verd<strong>ich</strong>tung des NS auf die entpolitisierten <strong>Krieg</strong>sjahre"<br />

vor. Die politische Zeit vor dem RAD, die durch diese Trennung als<br />

rechtfertigungsbedürftig bestehen bleibt, wird von ihm in ihrer Bedeutung<br />

heruntergespielt. Zum einen versucht er, sie aus seiner Lebensgesch<strong>ich</strong>te aus<strong>zu</strong>blenden,<br />

indem er so wenig und so vage wie mögl<strong>ich</strong> darüber ber<strong>ich</strong>tet.<br />

Zum an<strong>der</strong>en macht er s<strong>ich</strong> für diese Lebensphase die typischen Argumente<br />

jüngerer Jahrgänge, <strong>der</strong> Angehörigen <strong>der</strong> <strong>Hitler</strong>jugend-Generation, <strong>zu</strong> eigen.<br />

Er spr<strong>ich</strong>t vom „Mißbrauch <strong>der</strong> Jugend 44<br />

und schiebt die Verantwortung <strong>der</strong><br />

„älteren Generation 44<br />

und den Politikern <strong>der</strong> Weimarer Republik <strong>zu</strong>. Zwar gehört<br />

er <strong>zu</strong> <strong>der</strong> den NS tragenden Generation, <strong>zu</strong> den Jahrgängen, die die Politik<br />

des „Dritten Re<strong>ich</strong>s 44<br />

hauptsächl<strong>ich</strong> <strong>zu</strong> verantworten haben, doch es gelingt<br />

ihm <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Trennung <strong>der</strong> Zeit zwischen „vor 44 und „nach 44 1936, sein politisches<br />

Engagement für den NS im L<strong>ich</strong>te jugendl<strong>ich</strong>er Unmündigkeit erscheinen<br />

<strong>zu</strong> lassen. Für ihn stellt das Jahr 1936, als er bereits 21 Jahre alt war, einen<br />

Wendepunkt dar, <strong>der</strong> vergle<strong>ich</strong>bar ist <strong>mit</strong> dem Wendepunkt 1945 für Angehörige<br />

<strong>der</strong> HJ-Generation. Inwiefern korrespondiert nun dieser aus <strong>der</strong> Gegenwartsperspektive<br />

<strong>zu</strong>r Normalisierung <strong>der</strong> NS-Vergangenheit konstruierte<br />

Wendepunkt <strong>mit</strong> einem damaligen Wendepunkt in seiner Biographie?<br />

In den ersten Jahren des „Dritten Re<strong>ich</strong>s 44 , d.h. bis <strong>zu</strong> dem heute für ihn so<br />

w<strong>ich</strong>tigen Zeitpunkt 1936, hat die NS-Jugendorganisation für Herrn Sallmann<br />

eine w<strong>ich</strong>tige Rolle gespielt, die er jedoch völlig bagatellisiert. Er hat die <strong>Hitler</strong>jugend<br />

n<strong>ich</strong>t als Kind erlebt, son<strong>der</strong>n als Jugendl<strong>ich</strong>er in einer Führungsposition.<br />

Sie war für ihn, dem ein Halt in <strong>der</strong> Herkunftsfamilie fehlte, eine Art<br />

Familienersatz. Damals dürfte Herr Sallmann seinen Ein<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>m RAD und<br />

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