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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Berufl<strong>ich</strong> gelingt es Herrn Sallmann, an seine Tätigkeit bei <strong>der</strong> Wehrmacht<br />

an<strong>zu</strong>knüpfen, als er eine Stelle in <strong>der</strong> Kfz-Branche findet. Die Soldatenzeit<br />

bleibt für ihn <strong>der</strong> w<strong>ich</strong>tigste Abschnitt seines Lebens. Bis heute hat er außer<br />

seinen Fotoalben alle Dokumente aufgehoben. Sein Kochgeschirr, das er s<strong>ich</strong><br />

ins Badezimmer gestellt hat, mahnt ihn noch fast tägl<strong>ich</strong> an den Hunger in <strong>der</strong><br />

Gefangenschaft. Noch immer besucht er die Regimentstreffen, trifft dort alte<br />

Kameraden und steht auch noch in Kontakt <strong>mit</strong> einigen ehemaligen Mitgefangenen.<br />

Beson<strong>der</strong>s interessiert er s<strong>ich</strong> für die Gesch<strong>ich</strong>te seiner Division wie<br />

auch für die deutsche <strong>Krieg</strong>spolitik allgemein. Seiner Meinung nach hätten<br />

die an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong> erkennen müssen, daß <strong>Hitler</strong>s Aufrüstung auf einen Weltkrieg<br />

<strong>zu</strong>steuerte.<br />

3.1.11 Reparaturstrategie: Die Verd<strong>ich</strong>tung des Nationalsozialismus auf die<br />

entpolitisierten <strong>Krieg</strong>sjahre<br />

Fritz Sallmanns Auseinan<strong>der</strong>set<strong>zu</strong>ng <strong>mit</strong> seiner Vergangenheit im „Dritten<br />

Re<strong>ich</strong>" konzentriert s<strong>ich</strong> auf den Zweiten Weltkrieg; an<strong>der</strong>e Dimensionen,<br />

vor allem <strong>der</strong> nationalsozialistische Völkermord und die Zeit vor seinem Soldatsein<br />

bleiben dabei ausgeklammert.<br />

Die Beschränkung auf den <strong>Krieg</strong> bedeutet eine Verengung <strong>der</strong> Perspektive,<br />

<strong>mit</strong> <strong>der</strong> er sein Leben während des „Dritten Re<strong>ich</strong>s" betrachtet. Es ist die Perspektive<br />

eines Soldaten, <strong>der</strong> für eine Sache gekämpft und gelitten hat, die<br />

heute keinen Fortbestand <strong>mehr</strong> hat, <strong>der</strong> sein Leid im Nachkriegsdeutschland<br />

und später in <strong>der</strong> Bundesrepublik n<strong>ich</strong>t genügend beachtet findet.<br />

<strong>Als</strong> Angehöriger <strong>der</strong> kämpfenden Truppe, <strong>der</strong> ab 1936 „<strong>mit</strong> Adolf <strong>Hitler</strong><br />

n<strong>ich</strong>ts <strong>mehr</strong> <strong>zu</strong> tun gehabt" <strong>zu</strong> haben meint, weist er eine Verstrickung in die<br />

NS-Verbrechen <strong>zu</strong>rück; er meint, s<strong>ich</strong> selber freisprechen <strong>zu</strong> können:<br />

„wir warn kämpfende Truppe, wir habm n<strong>ich</strong> ein Ding <strong>mit</strong>gemacht wie das hier heut<strong>zu</strong>tage ja<br />

immer gesacht wird, was alles n<strong>ich</strong> äh Warschauer Gettoaufstand und so weiter, wir habm <strong>mit</strong> Juden<br />

absolut n<strong>ich</strong>ts <strong>zu</strong> tun gehabt, gar n<strong>ich</strong>ts, das is kann <strong>ich</strong> ganz offen und ehrl<strong>ich</strong> sagen, un <strong>ich</strong><br />

hab das alles auch erst später äh äh <strong>mit</strong>gekriegt äh erfahren ne, äh da kann <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> jedenfalls voll<br />

ganz freisprechen" (169/5)<br />

Überzeugt von seiner Unschuld und Integrität als Soldat, hat Herr Sallmann<br />

auch heute kein schlechtes Gewissen. <strong>Als</strong> Soldat habe er s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts <strong>zu</strong>schulden<br />

kommen lassen, und er beteuert, während des ganzen <strong>Krieg</strong>es nie auf jemanden<br />

geschossen <strong>zu</strong> haben. Die einzige Ausnahme, fugt er hin<strong>zu</strong>, sei vielle<strong>ich</strong>t<br />

die von Panik geleitete Kesselschlacht bei Shlobin gewesen, doch wenn<br />

er in dieser Situation versehentl<strong>ich</strong> jemanden getroffen haben sollte, so würde<br />

es ihm heute noch leid tun. Die Frage nach <strong>der</strong> kollektiven Haftung <strong>der</strong> Deutschen<br />

stellt s<strong>ich</strong> für ihn wegen seiner in <strong>der</strong> Gefangenschaft geleisteten „ehrl<strong>ich</strong>en"<br />

Wie<strong>der</strong>gutmachung n<strong>ich</strong>t weiter.<br />

Obwohl er meint, ein gutes Gewissen hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> seiner eigenen Handlungen<br />

haben <strong>zu</strong> können, kann er kaum Empathie für die Menschen aufbringen,<br />

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