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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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eher Weise seine Vergangenheit im Nationalsozialismus <strong>zu</strong>r Sprache kommt,<br />

erzählt er n<strong>ich</strong>t. Es ist jedoch an<strong>zu</strong>nehmen, daß er versucht hat sein früheres<br />

nationalsozialistisches Engagement so weit wie mögl<strong>ich</strong> <strong>zu</strong> kaschieren. Er<br />

stellt es als eine Frage des Glücks hin, ob die Beteuerungen dem NKWD<br />

glaubhaft erscheinen o<strong>der</strong> n<strong>ich</strong>t, äußert s<strong>ich</strong> jedoch n<strong>ich</strong>t darüber, ob seine eigenen<br />

Aussagen Erfolg gehabt haben.<br />

Was für Befürchtungen <strong>mit</strong> den Verhören verbunden sind, geht aus dem folgenden<br />

Zitat hervor:<br />

,,das einzigste was uns immer <strong>zu</strong> denken gab wir mußten da als wir da an<strong>kam</strong>en einen so langen<br />

Fragebogen ausfüllen, und diese ganzen Fragen, da ging es dann bis <strong>zu</strong>r Urgroßmutter ob die. in<br />

<strong>der</strong> NSDAP war o<strong>der</strong> sonstwas, äh man wußte jetzt gar n<strong>ich</strong>t <strong>mehr</strong> was man eigentl<strong>ich</strong> geantwortet<br />

<strong>hatte</strong>, und da <strong>hatte</strong> nun je<strong>der</strong> irjendwie Bedenken, nech daß <strong>der</strong> da vielle<strong>ich</strong>t von einem was rausgekriegt<br />

<strong>hatte</strong> o<strong>der</strong> was weiß <strong>ich</strong>" (175/33)<br />

Indirekt gibt Herr Sallmann <strong>zu</strong> erkennen, daß es bei ihm und offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />

auch bei seinen Kameraden etwas „raus<strong>zu</strong>kriegen 44<br />

gab. Es geht hier n<strong>ich</strong>t<br />

darum, Herrn Sallmann einer Falschaussage vor dem NKWD <strong>zu</strong> überführen.<br />

S<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> war auch seine Furcht vor den Verhörpraktiken des NKWD ganz<br />

unabhängig von einem eigenen Schuldbewußtsein berechtigt. Beachtenswert<br />

ist nur, daß er an dieser Stelle im Gespräch n<strong>ich</strong>t die eigene nationalsozialistische<br />

Vergangenheit thematisiert, obwohl dieses Thema nach seiner Erzählung<br />

Inhalt <strong>der</strong> Verhöre gewesen ist. We<strong>der</strong> damals noch heute scheint er daran interessiert<br />

<strong>zu</strong> sein, seine eigene Verstrickung in die Politik des NS <strong>zu</strong> klären.<br />

Viel<strong>mehr</strong> steht er je<strong>der</strong> politischen Diskussion seines früheren Lebens<strong>zu</strong>sammenhanges<br />

defensiv gegenüber.<br />

Bei Wintereinbruch wird Herr Sallmann an <strong>der</strong> Wolga <strong>zu</strong>m Bergen von<br />

Lastkähnen eingesetzt. Die Arbeit ist beson<strong>der</strong>s beschwerl<strong>ich</strong>, da die Temperaturen<br />

zeitweise auf unter 40 Grad minus sinken. Die Ernährungslage ist so<br />

schlecht, daß die Gefangenen völlig entkräftet sind und immer wie<strong>der</strong> jemand<br />

bei <strong>der</strong> Arbeit erfriert.<br />

Noch im selben Winter hat Herr Sallmann großes Glück. Dank seiner Ausbildung<br />

als Maschinenschlosser kann er von <strong>der</strong> Arbeit im Freien in eine<br />

Schlosserei überwechseln. Betonenswert ist für ihn in diesem Zusammenhang<br />

wie<strong>der</strong>um, daß sein Vorgesetzter Jude ist. Das Thema Juden* scheint also vor<br />

allem dann in seinen Ges<strong>ich</strong>tskreis <strong>zu</strong> rücken, wenn er in die ungewohnte und<br />

vermutl<strong>ich</strong> abgelehnte Situation kommt, von ihnen abhängig <strong>zu</strong> sein. Welche<br />

Konsequenz dies für ihn gehabt und was er darüber gedacht hat, führt er jedoch<br />

n<strong>ich</strong>t aus.<br />

Außer bei <strong>der</strong> Arbeit werden die Lebensbedingungen für Herrn Sallmann<br />

n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>ter. Am demütigendsten sind für ihn die häufig stattfindenden<br />

Durchsuchungen <strong>der</strong> Gefangenen nach unerlaubten Gegenständen. Noch<br />

heute spürt er das Gefühl des Ausgeliefertseins:<br />

„((räuspert s<strong>ich</strong>)) und was (1) nur eben echt peinl<strong>ich</strong> war, wir sind ja immer wie<strong>der</strong> gefilzt worden<br />

wir wurden rausgerufen antreten, und ausziehn, nech und blank wie wir da waren (3) da lagen<br />

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