"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc
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In dieser Zeit des Schreckens sind die Flüchtenden auf gegenseitige Hilfe<br />
angewiesen. Das Essen wird untereinan<strong>der</strong> geteilt und unter feindl<strong>ich</strong>em Beschuß<br />
besorgt Herr Sallmann Wasser aus einem Ziehbrunnen für s<strong>ich</strong> und<br />
seine Kameraden. Eine Magenkolik bringt ihn da<strong>zu</strong>, am liebsten wie die Verwundeten<br />
liegen <strong>zu</strong> bleiben; doch die Kameraden treiben und schleppen ihn<br />
weiter, bis er wie<strong>der</strong> auf die Füße kommt. Das Schreien <strong>der</strong> verwundeten Soldaten<br />
macht ihn „r<strong>ich</strong>tig verrückt":<br />
„und wir marschierten weiter, jetzt wars aber so in dieser Stille, da hörte man nun überall das<br />
Schrein von den V-Verwundeten ne, das machte einen schon so r<strong>ich</strong>tig verrückt" (104/1)<br />
Diese Erlebnisse des Grauens verfolgen Herrn Sallmann bis heute; er kann<br />
sie aus seinen Erzählungen n<strong>ich</strong>t ganz ausblenden. Doch er versucht heute wie<br />
damals, s<strong>ich</strong> dem Leid <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>zu</strong> entziehen, weil er Angst hat, selbst in<br />
diesen Schmerz hineingezogen <strong>zu</strong> werden. Er ist bemüht, s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t nur vom<br />
Leiden um ihn herum <strong>zu</strong> distanzieren, son<strong>der</strong>n s<strong>ich</strong> auch von Streitereien unter<br />
den Soldaten fern<strong>zu</strong>halten. Alle Energie und Konzentration r<strong>ich</strong>tet er auf<br />
das Durchkommen und erre<strong>ich</strong>t so schließl<strong>ich</strong> die Heimat.<br />
3.1.8 Das letzte <strong>Krieg</strong>sjahr<br />
Nach dieser schreckl<strong>ich</strong>en Nie<strong>der</strong>lage ist <strong>der</strong> Ostfeld<strong>zu</strong>g für Herrn Sallmann<br />
<strong>mehr</strong> o<strong>der</strong> weniger beendet. Die Division ist vern<strong>ich</strong>tet und fast alle<br />
seine Kameraden, die <strong>mit</strong> ihm „durch dick und dünn" gegangen sind, sind gefallen.<br />
Da er <strong>zu</strong>dem auch n<strong>ich</strong>t <strong>mehr</strong> an einen „Endsieg" glaubt, ist seine bedingungslose<br />
Einsatzbereitschaft für den <strong>Krieg</strong> gebrochen. Bei seiner neuaufgestellten<br />
Division in <strong>der</strong> Nähe seines Wohnortes verstößt er gegen die Dienstvorschriften,<br />
indem er jeden Tag nach Dienstschluß <strong>mit</strong> dem Fahrrad über 20<br />
Kilometer nach Hause <strong>zu</strong> seiner Frau und seiner <strong>mit</strong>tlerweile geborenen Tochter<br />
fahrt. Im Familienleben erfahrt er nach dem Zerbrechen seiner berufl<strong>ich</strong>militärischen<br />
Identität einen neuen Wert, und er will es in <strong>der</strong> kurzen vorhandenen<br />
Zeit auskosten: „nur daß man s<strong>ich</strong> nun freute jetzt nimmst du noch jede<br />
Stunde auch wahr ne" (118/11). Schon nach wenigen Wochen ist die Zeit des<br />
Familienlebens wie<strong>der</strong> vorbei. Im August 1944 kommt Herr Sallmann <strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />
6. Grenadierdivision nach Polen in das Gebiet von Radom. Er ist Schirrmeister<br />
in einer höheren Stelle, und obwohl er s<strong>ich</strong> über die „arroganten" Offiziere<br />
ärgert, die seiner Meinung nach „überhaupt nix im Kasten" haben, lebt<br />
er s<strong>ich</strong> schnell wie<strong>der</strong> ein.<br />
Obwohl er vom Endsieg n<strong>ich</strong>t <strong>mehr</strong> überzeugt ist, äußert er keinerlei Wi<strong>der</strong>willen<br />
über die Neuaufstellung — <strong>zu</strong> sehr ist er <strong>mit</strong> dem Soldatsein verwachsen.<br />
Das Militär ist ihm nach acht Jahren so <strong>zu</strong>m Alltag geworden, daß er<br />
n<strong>ich</strong>t an einen Sieg <strong>zu</strong> glauben braucht, um selbstverständl<strong>ich</strong> und ohne inneren<br />
Wi<strong>der</strong>spruch weiterkämpfen <strong>zu</strong> können.<br />
Im Dezember 1944 stößt die sowjetische Armee bis <strong>zu</strong>r We<strong>ich</strong>sel vor und<br />
drängt die deutschen Truppen immer weiter <strong>zu</strong>rück. Für Herrn Sallmann ist<br />
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