"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc
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Herr Sallmann wurde 1915 als zweites Kind eines Kaufmanns in einem Dorf<br />
in Westfalen geboren. <strong>Als</strong> sein Vater aus dem Ersten Weltkrieg von Frankre<strong>ich</strong><br />
<strong>zu</strong>rückkehrte, war er schon drei Jahre alt. Er kann s<strong>ich</strong> daran erinnern, daß<br />
viele heimkehrende Soldaten bei ihnen <strong>zu</strong> Hause haltmachten und ihre Pferde<br />
unterstellten. Dabei ist ihm das Bild, wie sein Vater ihn auf den Arm nahm,<br />
gegenwärtig.<br />
Ansonsten wirken seine Erzählungen über seinen Vater distanziert, und<br />
man gewinnt den Eindruck, daß s<strong>ich</strong> zwischen Vater und Sohn keine positive<br />
Beziehung entwickelte. Enttäuschung spr<strong>ich</strong>t aus dem Vorwurf an den Vater,<br />
daß dieser n<strong>ich</strong>t ausre<strong>ich</strong>end in <strong>der</strong> Lage war, für den Unterhalt <strong>der</strong> Familie<br />
<strong>zu</strong> sorgen.<br />
Eine Folge <strong>der</strong> schlechten Ernährungslage war, daß Fritz Sallmann als kleines<br />
Kind <strong>zu</strong>sätzl<strong>ich</strong> <strong>zu</strong> einem angeborenen Herzfehler an Rachitis erkrankte.<br />
Nach dem <strong>Krieg</strong> ging <strong>der</strong> Vater zwar als Handelsvertreter auf Reisen, doch<br />
die ökonomische Situation <strong>der</strong> Familie verbesserte s<strong>ich</strong> kaum. Fritz Sallmann<br />
war gezwungen, <strong>mit</strong> seinem vier Jahre älteren Bru<strong>der</strong> über Bauernhöfe <strong>zu</strong> ziehen<br />
und um Essen <strong>zu</strong> bitten. Er schämte s<strong>ich</strong>, so arm <strong>zu</strong> sein, daß er betteln<br />
mußte, und war auf die Leute neidisch, die tägl<strong>ich</strong> <strong>zu</strong> essen <strong>hatte</strong>n.<br />
Die Not <strong>der</strong> Familie führt Fritz Sallmann auf die uns<strong>ich</strong>ere Vertretertätigkeit<br />
des Vaters <strong>zu</strong>rück. In diesem Zusammenhang ber<strong>ich</strong>tet er auch von <strong>der</strong><br />
großen Arbeitslosigkeit in <strong>der</strong> damaligen Zeit. Die schlechte Arbeitsmarktlage<br />
war in seinen Augen jedoch kein Hin<strong>der</strong>nis, ein Beschäftigungsverhältnis<br />
<strong>zu</strong> finden, son<strong>der</strong>n erschwerte höchstens die Suche. Schließl<strong>ich</strong> konnte er genügend<br />
Leute beobachten, die lange Wege auf s<strong>ich</strong> nahmen und eine Arbeit in<br />
<strong>der</strong> Stadt suchten, weil sie s<strong>ich</strong> im Dorf n<strong>ich</strong>t ernähren konnten.<br />
Aufgrund seiner Überzeugung, daß <strong>der</strong> einzelne für seine soziale Lage<br />
selbst verantwortl<strong>ich</strong> sei, gelingt es ihm n<strong>ich</strong>t, die Situation des Vaters im<br />
Kontext <strong>der</strong> damaligen Zeit <strong>zu</strong> sehen und ein größeres Verständnis für ihn auf<strong>zu</strong>bringen:<br />
„das versuch <strong>ich</strong> ja auch immer noch hin<strong>zu</strong>bringen um meinen Vater <strong>zu</strong> verstehen, viele Leute<br />
arbeitslos, aber <strong>ich</strong> meine immer er hätte trotzdem hier Arbeit finden können wenn er s<strong>ich</strong> dadrum<br />
beworben hätte, und komischerweise (1) lag ihm das wohl n<strong>ich</strong>t" (218 /16)<br />
An<strong>der</strong>s als seine Mutter ist Herr Sallmann n<strong>ich</strong>t imstande, s<strong>ich</strong> vor<strong>zu</strong>stellen,<br />
daß die Fronterlebnisse des Ersten Weltkriegs seinen Vater psychisch belastet<br />
haben könnten:<br />
„meine Mutter sacht seitdem <strong>der</strong> (Vater) von da <strong>zu</strong>rückgekommen ist is er ein ganz verän<strong>der</strong>ter<br />
Mensch gewesen" (213/29)<br />
Fast beiläufig erwähnt Herr Sallmann dann, daß <strong>der</strong> Vater die Familie<br />
schließl<strong>ich</strong> — vermutl<strong>ich</strong> Ende <strong>der</strong> 20er Jahre — verlassen hat:<br />
„bei uns wars dann so daß mein Vater irjendwie nachher abgedampft is und wir standen dann<br />
ganz alleine da, und mußten sehen wie wir durch<strong>kam</strong>en" (217 /19)<br />
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