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1.Der erste Blick Das war die Tageszeit, zu der ich mir ... - Wikia

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Sie schwieg und starrte auf ihre Hände. <strong>Das</strong> machte m<strong>ich</strong> ungeduldig; <strong>ich</strong> wollte meine Hand<br />

unter ihr Kinn legen und ihren Kopf anheben, damit <strong>ich</strong> in ihren Augen lesen konnte. Aber das wäre<br />

dumm von <strong>mir</strong> – gefährl<strong>ich</strong> – ihre Haut noch einmal <strong>zu</strong> berühren.<br />

Plötzl<strong>ich</strong> sah sie auf. Es <strong>war</strong> eine Erle<strong>ich</strong>terung <strong>die</strong> Gefühle wie<strong>der</strong> in ihren Augen sehen <strong>zu</strong><br />

können. Sie sprach schnell, ratterte <strong>die</strong> Wörter herunter.<br />

„Meine Mutter hat wie<strong>der</strong> geheiratet.“<br />

Ah, das <strong>war</strong> sehr menschl<strong>ich</strong>, le<strong>ich</strong>t <strong>zu</strong> v<strong>erste</strong>hen. Sie senkte betrübt ihre klaren Augen und<br />

<strong>die</strong> kleine Falte erschien wie<strong>der</strong> zwischen ihnen.<br />

„<strong>Das</strong> hört s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t so kompliziert an,“ sagte <strong>ich</strong>. Meine Stimme <strong>war</strong> freundl<strong>ich</strong> ohne dass <strong>ich</strong><br />

groß etwas da<strong>zu</strong> beitragen musste. Ihre Betrübnis machte m<strong>ich</strong> seltsam hilflos und <strong>ich</strong> wünschte <strong>mir</strong><br />

<strong>ich</strong> könnte irgendetwas für sie tun. Ein merkwürdiger Impuls. „Wann <strong>war</strong> das?“<br />

„Letzten September.“ Sie atmete tief aus – n<strong>ich</strong>t wirkl<strong>ich</strong> ein Seufzen. Ich hielt <strong>die</strong> Luft an, als<br />

ihr <strong>war</strong>mer Atem mein Ges<strong>ich</strong>t berührte.<br />

„Und du magst ihn n<strong>ich</strong>t.“ Vermutete <strong>ich</strong> in <strong>der</strong> Hoffnung mehr Informationen <strong>zu</strong> bekommen.<br />

„Nein, Phil ist schon ok,“ sagte sie und korrigierte meine Annahme. Die Andeutung eines<br />

Lächelns umspielte ihre vollen Lippen. „Ein bisschen <strong>zu</strong> jung vielle<strong>ich</strong>t, aber nett.“<br />

<strong>Das</strong> passte n<strong>ich</strong>t <strong>zu</strong> <strong>der</strong> Situation <strong>die</strong> <strong>ich</strong> <strong>mir</strong> ausgemalt hatte.<br />

„Warum bist du n<strong>ich</strong>t bei ihnen geblieben?“ fragte <strong>ich</strong> etwas <strong>zu</strong> neugierig. Es klang naseweis.<br />

Was <strong>ich</strong> <strong>zu</strong>gegebenermaßen ja auch <strong>war</strong>.<br />

„Phil reist sehr viel. Er spielt Profi-Baseball.“ <strong>Das</strong> kleine Lächeln trat nun deutl<strong>ich</strong>er hervor;<br />

<strong>die</strong>se Berufswahl amüsierte sie.<br />

Ich lächelte auch ohne dass <strong>ich</strong> es beabs<strong>ich</strong>tigt hätte. Ich versuchte gar n<strong>ich</strong>t ihr ein<br />

behagl<strong>ich</strong>es Gefühl <strong>zu</strong> vermitteln. Ihr Lächeln bewirkte, dass <strong>ich</strong> <strong>zu</strong>rücklächeln wollte – um ehrl<strong>ich</strong> <strong>zu</strong><br />

sein.<br />

„Kenne <strong>ich</strong> ihn?“ Ich arbeitete <strong>die</strong> Liste aller Profi Baseballer im Kopf ab und fragte m<strong>ich</strong>,<br />

welcher Phil ihrer <strong>war</strong>…<br />

„Eher n<strong>ich</strong>t. So gut spielt er n<strong>ich</strong>t.“ Wie<strong>der</strong> ein Lächeln. „Zweite Liga. Er wechselt ständig.“<br />

Die Liste in meinem Kopf verän<strong>der</strong>te s<strong>ich</strong> und <strong>ich</strong> tabellierte eine Liste an<strong>der</strong>er Mögl<strong>ich</strong>keiten<br />

in weniger als einer Sekunde. Zur selben Zeit, malte <strong>ich</strong> <strong>mir</strong> <strong>die</strong> neue Situation aus.<br />

„Und deine Mutter hat d<strong>ich</strong> hierher geschickt, damit sie mit ihm reisen kann,“ sagte <strong>ich</strong>.<br />

Spekulationen schienen mehr Informationen aus ihr heraus<strong>zu</strong>bekommen als meine Fragen vorher. Es<br />

klappte wie<strong>der</strong>. Sie schob ihr Kinn vor und ihr Ges<strong>ich</strong>tsausdruck <strong>war</strong> plötzl<strong>ich</strong> starsinnig.<br />

„Nein, sie hat m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t geschickt,“ sagte sie und ihre Stimme klang hart. Meine Annahme<br />

hatte sie aufgebracht, obwohl <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t verstand, <strong>war</strong>um. „Ich hab m<strong>ich</strong> selbst geschickt.“<br />

Ich verstand <strong>die</strong> Bedeutung n<strong>ich</strong>t und auch n<strong>ich</strong>t den Grund für ihren Groll. Ich <strong>war</strong> gänzl<strong>ich</strong><br />

verloren.<br />

Also gab <strong>ich</strong> auf. Ich wurde einfach n<strong>ich</strong>t schlau aus <strong>die</strong>sem Mädchen. Sie <strong>war</strong> n<strong>ich</strong>t wie<br />

an<strong>der</strong>en Menschen. Vielle<strong>ich</strong>t <strong>war</strong>en <strong>die</strong> Stille ihrer Gedanken und ihr verlocken<strong>der</strong> Duft n<strong>ich</strong>t <strong>die</strong><br />

einzigen Dinge <strong>die</strong> an<strong>der</strong>s an ihr <strong>war</strong>en.<br />

„<strong>Das</strong> v<strong>erste</strong>he <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t,“ gab <strong>ich</strong> <strong>zu</strong> und hasste es, das ein<strong>zu</strong>gestehen.<br />

Sie seufzte und schaute <strong>mir</strong> in <strong>die</strong> Augen, länger als nahe<strong>zu</strong> je<strong>der</strong> normale Mensch es<br />

geschafft hätte.<br />

„Zuerst blieb sie bei <strong>mir</strong> aber sie hat ihn vermisst,“ erklärte sie langsam, ihr Tonfall hörte s<strong>ich</strong><br />

mit jedem Wort einsamer an. „Es hat sie unglückl<strong>ich</strong> gemacht… also habe <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> da<strong>zu</strong> entschlossen,<br />

etwas mehr Zeit mit Charlie <strong>zu</strong> verbringen.“<br />

Die kleine Falte zwischen ihren Augen wurde tiefer.

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