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1.Der erste Blick Das war die Tageszeit, zu der ich mir ... - Wikia

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„Wenn wir jagen… geben wir uns ganz unseren Sinnen hin,“ erklärte <strong>ich</strong> ihr und überdacht<br />

jedes Wort bevor <strong>ich</strong> es aussprach. „Wir lassen uns weniger von unseren Köpfen leiten. Beson<strong>der</strong>s<br />

von unserem Geruchssinn. Wenn du irgendwo in <strong>der</strong> Nähe wärst, wenn <strong>ich</strong> so <strong>die</strong> Kontrolle über<br />

m<strong>ich</strong> verliere…“<br />

Ich schüttelte gequält meinen Kopf bei <strong>der</strong> Vorstellung was dann mit S<strong>ich</strong>erheit passieren<br />

würde – n<strong>ich</strong>t könnte, son<strong>der</strong>n würde.<br />

Ich lauschte auf ihren Herzschlag und drehte m<strong>ich</strong> dann ruhelos <strong>zu</strong> ihr um, um in ihren Augen<br />

lesen <strong>zu</strong> können.<br />

Bellas Ges<strong>ich</strong>t <strong>war</strong> gefasst, ihre Augen blickten ernst. Ihr Mund <strong>war</strong> le<strong>ich</strong>t geschürzt vor<br />

Besorgnis vermutete <strong>ich</strong>. Aber besorgt um was? Ihre eigene S<strong>ich</strong>erheit? O<strong>der</strong> meine Qual? Ich starrte<br />

sie weiter an und versuchte ihren vieldeutigen Ausdruck <strong>zu</strong> interpretieren.<br />

Sie erwi<strong>der</strong>te meinen <strong>Blick</strong>. Nach einer Weile wurden ihre Augen größer und ihre Pupillen<br />

weiteten s<strong>ich</strong> obwohl s<strong>ich</strong> das L<strong>ich</strong>t n<strong>ich</strong>t geän<strong>der</strong>t hatte.<br />

Mein Atem wurde schneller und plötzl<strong>ich</strong> schien <strong>die</strong> Stille im Auto <strong>zu</strong> summen, genau wie in<br />

dem dunklen Biologieraum <strong>die</strong>sen Nachmittag. Der pulsierende Strom zwischen uns erhob s<strong>ich</strong><br />

wie<strong>der</strong> und das Verlangen sie <strong>zu</strong> berühren <strong>war</strong>, kurzzeitig, stärker als das Begehren meines Durstes.<br />

Die pochende Elektrizität fühlte s<strong>ich</strong> an, als hätte <strong>ich</strong> wie<strong>der</strong> einen Puls. Mein Körper sang<br />

mit. Als wäre <strong>ich</strong> wie<strong>der</strong> ein Mensch. Mehr als alles an<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong> Welt wollte <strong>ich</strong> <strong>die</strong> Hitze ihrer<br />

Lippen auf meinen spüren. Für eine Sekunde kämpfte <strong>ich</strong> verzweifelt um <strong>die</strong> Kraft, <strong>die</strong> Kontrolle,<br />

meinen Mund auf ihre Haut legen <strong>zu</strong> können…<br />

Sie atmete hastig ein und erst da merkte <strong>ich</strong>, dass, als <strong>ich</strong> begonnen hatte schneller <strong>zu</strong> atmen,<br />

sie ganz aufgehört hatte.<br />

Ich schloss meine Augen bei dem Versuch <strong>die</strong> Verbindung zwischen uns <strong>zu</strong> unterbrechen.<br />

Keine Fehler mehr.<br />

Bellas Existenz <strong>war</strong> an tausend anfällige, ausgewogene chemische Prozesse gebunden <strong>die</strong> alle<br />

so einfach <strong>zu</strong>m erliegen gebracht werden konnte. <strong>Das</strong> rhythmische Ausdehnen ihrer Lungenflügel,<br />

<strong>der</strong> Strom von Sauerstoff bedeutete Leben o<strong>der</strong> Tod für sie. Der flatternde Rhythmus ihres<br />

zerbrechl<strong>ich</strong>en Herzens konnte von so vielen dummen Unfällen o<strong>der</strong> Krankheiten unterbrochen<br />

werden o<strong>der</strong>… von <strong>mir</strong>.<br />

Ich glaube n<strong>ich</strong>t, dass irgendeiner aus meiner Familie zögern würde, wenn er o<strong>der</strong> sie eine<br />

Chance geboten bekäme <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>kehren – wenn er o<strong>der</strong> sie <strong>die</strong> Unt<strong>erste</strong>rbl<strong>ich</strong>keit gegen<br />

Sterbl<strong>ich</strong>keit würde eintauschen können. Je<strong>der</strong> von uns würde dafür durchs Feuer gehen. Für so viele<br />

Tage o<strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te brennen wie nötig.<br />

Die meisten unserer Art preisten <strong>die</strong> Unsterbl<strong>ich</strong>keit über alles an<strong>der</strong>e. Es gab sogar<br />

Menschen <strong>die</strong> danach strebten, <strong>die</strong> an dunklen Orten nach denen suchten, <strong>die</strong> ihnen das dunkelste<br />

aller Geschenke machen konnten…<br />

Wir n<strong>ich</strong>t. N<strong>ich</strong>t meine Familie. Wir würden alles dafür geben, Menschen <strong>zu</strong> sein.<br />

Aber keiner von uns hatte s<strong>ich</strong> je so verzweifelt danach gesehnt wie <strong>ich</strong> in <strong>die</strong>sem Moment.<br />

Ich starte auf <strong>die</strong> mikroskopisch kleinen Gruben und Risse in <strong>der</strong> Windschutzscheibe, als wäre<br />

eine Lösung in dem Glas v<strong>erste</strong>ckt. Die Elektrizität <strong>war</strong> noch n<strong>ich</strong>t verschwunden und <strong>ich</strong> musste m<strong>ich</strong><br />

konzentrieren um meine Hände am Lenkrad <strong>zu</strong> halten.<br />

Meine rechte Hand begann wie<strong>der</strong> <strong>zu</strong> stechen, aber ohne Schmerzen, von da wo <strong>ich</strong> sie<br />

vorher berührt hatte.<br />

„Bella, <strong>ich</strong> denke du solltest jetzt reingehen.“<br />

Sie gehorchte sofort ohne Kommentar, stieg aus dem Wagen aus und schlug <strong>die</strong> Tür hinter<br />

s<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>. Fühlte sie das Katastrophenpotential genauso deutl<strong>ich</strong> wie <strong>ich</strong>?

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