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1.Der erste Blick Das war die Tageszeit, zu der ich mir ... - Wikia

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„Er sagte, wir wären n<strong>ich</strong>t gefährl<strong>ich</strong>?“ wie<strong>der</strong>holte <strong>ich</strong> zynisch.<br />

„N<strong>ich</strong>t genau,“ korrigierte sie. „Er sagte, dass ihr n<strong>ich</strong>t als gefährl<strong>ich</strong> galtet. Aber <strong>die</strong> Quileutes<br />

wollen euch trotzdem lieber n<strong>ich</strong>t auf ihrem Land haben, <strong>zu</strong>r S<strong>ich</strong>erheit.“<br />

Ich starrte auf <strong>die</strong> Straße, meine Gedanken <strong>war</strong>en hoffnungslos verknotet, meine Kehle<br />

schmerzte vor bekanntem brennendem Durst.<br />

„Also, hat er recht?“ fragte sie, so locker als würde sie nach dem Wetterber<strong>ich</strong>t fragen. „<strong>Das</strong>s<br />

ihr keine Menschen jagt?“<br />

„Die Quileutes haben ein langes Gedächtnis.“<br />

Sie nickte und dachte scharf nach.<br />

„Aber gib d<strong>ich</strong> damit n<strong>ich</strong>t <strong>zu</strong>frieden,“ sagte <strong>ich</strong> schnell. „Sie haben recht, wenn sie s<strong>ich</strong> von<br />

uns fernhalten. Wir sind immer noch gefährl<strong>ich</strong>.“<br />

„<strong>Das</strong> v<strong>erste</strong>he <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t.“<br />

Nein, natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Wie sollte <strong>ich</strong> es ihr erklären?<br />

„Wir versuchen es,“ erklärte <strong>ich</strong> ihr. „Normalerweise sind wir sehr gut darin. Manchmal<br />

machen wir Fehler. Ich <strong>zu</strong>m Beispiel in dem <strong>ich</strong> <strong>mir</strong> erlaube mit dir allein <strong>zu</strong> sein.“<br />

Ihr Duft <strong>war</strong> immer noch präsent im Auto. Ich gewöhnte m<strong>ich</strong> daran, <strong>ich</strong> konnte ihn fast<br />

ignorieren, aber <strong>ich</strong> konnte n<strong>ich</strong>t leugnen, dass mein Körper s<strong>ich</strong> immer noch aus den falschen<br />

Gründen nach ihr sehnte. Mein Mund <strong>war</strong> gefüllt mit Gift.<br />

„<strong>Das</strong> ist ein Fehler?“ fragte sie mit Schmerz und Trauer in <strong>der</strong> Stimme. Dieser Klang<br />

entwaffnete m<strong>ich</strong>. Sie wollte mit <strong>mir</strong> <strong>zu</strong>sammen sein – trotz allem wollte sie mit <strong>mir</strong> <strong>zu</strong>sammen sein.<br />

Hoffnung keimte erneut auf und <strong>ich</strong> erstickte sie.<br />

„Ein sehr gefährl<strong>ich</strong>er,“ sagte <strong>ich</strong> ihr ehrl<strong>ich</strong> und wünschte <strong>mir</strong>, dass <strong>die</strong>se Ehrl<strong>ich</strong>keit<br />

bewirkte, dass es ihr etwas ausmachte.<br />

Sie antwortete <strong>zu</strong>nächst n<strong>ich</strong>t. Ich hörte wie s<strong>ich</strong> ihre Atmung än<strong>der</strong>te – sie beschleunigte<br />

s<strong>ich</strong> auf seltsame Weise <strong>die</strong> s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t nach Angst anhörte.<br />

„Erzähl <strong>mir</strong> mehr,“ sagte sie plötzl<strong>ich</strong> mit vor Schmerz beben<strong>der</strong> Stimme.<br />

Ich beobachtete sie aufmerksam.<br />

Sie hatte Schmerzen. Wie hatte <strong>ich</strong> das <strong>zu</strong>lassen können?<br />

„Was möchtest du denn noch wissen?“ fragte <strong>ich</strong> sie und überlegte wie <strong>ich</strong> es vermeiden<br />

konnte, sie noch mehr <strong>zu</strong> verletzen.<br />

„Erzähl <strong>mir</strong> <strong>war</strong>um ihr Tiere statt Menschen jagt,“ sagte sie, immer noch gequält.<br />

War das n<strong>ich</strong>t offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>? O<strong>der</strong> vielle<strong>ich</strong>t <strong>war</strong> ihr das auch egal.<br />

„Ich möchte kein Monster sein,“ murmelte <strong>ich</strong>.<br />

„Aber Tiere re<strong>ich</strong>en n<strong>ich</strong>t?“<br />

Ich dachte über einen weiteren Vergle<strong>ich</strong> nach, einen den sie v<strong>erste</strong>hen würde. „Ich kann es<br />

natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mit S<strong>ich</strong>erheit sagen, aber <strong>ich</strong> würde es mit einer Ernährung auf Tofu und Soja-Basis<br />

vergle<strong>ich</strong>en; wir nennen uns selbst Vegetarier, ein kleiner Insi<strong>der</strong> Witz. Es stillt den Hunger n<strong>ich</strong>t<br />

vollkommen – o<strong>der</strong> besser den Durst. Aber es macht uns stark genug um <strong>zu</strong> wied<strong>erste</strong>hen.<br />

Meistens.“ Ich wurde leiser; <strong>ich</strong> schämte m<strong>ich</strong> dafür sie in Gefahr gebracht <strong>zu</strong> haben. Eine Gefahr <strong>die</strong><br />

<strong>ich</strong> immer noch <strong>zu</strong>ließ… „Zu manchen Zeiten ist es schwerer als <strong>zu</strong> an<strong>der</strong>en.“<br />

„Ist es jetzt sehr schwer für d<strong>ich</strong>?“<br />

Ich seufzte. Natürl<strong>ich</strong> würde sie <strong>die</strong> Frage stellen, <strong>die</strong> <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t beantworten wollte. „Ja,“ gab<br />

<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>.<br />

Diesmal lag <strong>ich</strong> r<strong>ich</strong>tig was meine Er<strong>war</strong>tungen an ihre Reaktion betraf: ihr Atem blieb<br />

gle<strong>ich</strong>mäßig, ihr Herz schlug normal weiter. Ich er<strong>war</strong>tete es, aber <strong>ich</strong> verstand es n<strong>ich</strong>t. Wieso hatte<br />

sie keine Angst?

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