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1.Der erste Blick Das war die Tageszeit, zu der ich mir ... - Wikia

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Ihre we<strong>ich</strong>en Finger verweilten auf meiner Hand als ob es ihnen dort gefiel.<br />

Ich antwortete ihr so locker <strong>ich</strong> konnte. „Wir sollten es n<strong>ich</strong>t auf ein drittes Mal ankommen<br />

lassen, einverstanden?“<br />

Sie verzog ein bisschen das Ges<strong>ich</strong>t, nickte aber.<br />

Ich zog meine Hand unter ihrer weg. So wun<strong>der</strong>bar wie s<strong>ich</strong> ihre Berührung angefühlt hatte,<br />

wollte <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t darauf <strong>war</strong>ten, dass <strong>die</strong> Magie ihrer Toleranz verschwand und s<strong>ich</strong> in Abscheu<br />

verwandelte. Ich v<strong>erste</strong>ckte meine Hände unter dem Tisch.<br />

Ich las in ihren Augen; obwohl ihre Gedanken stumm <strong>war</strong>en, konnte <strong>ich</strong> Vertrauen und<br />

Bewun<strong>der</strong>ung in ihnen erkennen. In <strong>die</strong>sem Moment bemerkte <strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> ihre Fragen beantworten<br />

wollte. N<strong>ich</strong>t weil <strong>ich</strong> es ihr schuldete. N<strong>ich</strong>t weil <strong>ich</strong> wollte, dass sie <strong>mir</strong> vertraute.<br />

Ich wollte, dass sie m<strong>ich</strong> kannte.<br />

„Ich bin dir nach Port Angeles gefolgt,“ sagte <strong>ich</strong> ihr, <strong>die</strong> Worte sprudelten so schnell aus <strong>mir</strong><br />

heraus, dass <strong>ich</strong> sie n<strong>ich</strong>t überdenken konnte. Ich kannte <strong>die</strong> Gefahren <strong>der</strong> Wahrheit, das Risiko das<br />

<strong>ich</strong> einging. Jeden Moment konnte ihre unnatürl<strong>ich</strong>e Gelassenheit in Hysterie umschwenken. Aber<br />

das brachte m<strong>ich</strong> nur da<strong>zu</strong>, noch schneller <strong>zu</strong> sprechen. „Ich habe noch nie <strong>zu</strong>vor versucht jemanden<br />

<strong>zu</strong> beschützen und es ist schwieriger als <strong>ich</strong> gedacht hätte. Aber das liegt vermutl<strong>ich</strong> nur daran, dass<br />

du es bist. Normale Menschen scheinen den Tag ohne größere Katastrophen <strong>zu</strong> üb<strong>erste</strong>hen.“<br />

Ich beobachtete sie ab<strong>war</strong>tend.<br />

Sie lächelte. Ihre Mundwinkel hoben s<strong>ich</strong> und ihre Schokoladen-Augen wurden <strong>war</strong>m.<br />

Ich hatte gerade <strong>zu</strong>gegeben, dass <strong>ich</strong> sie verfolgte und sie lächelte.<br />

„Hast du je darüber nachgedacht, dass meine Tage beim <strong>erste</strong>n Mal schon gezählt <strong>war</strong>en, als<br />

<strong>der</strong> Van auf m<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>kam und du ins Schicksal eingegriffen hast?“ fragte sie.<br />

„<strong>Das</strong> <strong>war</strong> n<strong>ich</strong>t das <strong>erste</strong> Mal,“ sagte <strong>ich</strong> und starrte auf den dunklen Tisch, meine Schultern<br />

beschämt gesenkt. „Deine Tage <strong>war</strong>en gezählt, als <strong>ich</strong> d<strong>ich</strong> das <strong>erste</strong> Mal gesehen habe.“<br />

Es <strong>war</strong> <strong>die</strong> Wahrheit und es erzürnte m<strong>ich</strong>. Ich hing über ihrem Leben wie <strong>die</strong> Klinge einer<br />

Guillotine. Es <strong>war</strong> als wäre sie von einem grausamen, ungerechten Schicksal <strong>zu</strong>m Tode verurteilt und<br />

– nachdem <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> als unbrauchbares Werkzeug erwiesen hatte –versuchte <strong>die</strong>ses Schicksal immer<br />

wie<strong>der</strong> sie <strong>zu</strong> töten. Ich versuchte <strong>mir</strong> <strong>die</strong>ses Schicksal bildl<strong>ich</strong> vor<strong>zu</strong>stellen – eine grausige,<br />

eifersüchtige Hexe, eine rachsüchtige Harpyie.<br />

Ich wollte etwas o<strong>der</strong> jemanden haben, <strong>der</strong> dafür verantwortl<strong>ich</strong> <strong>war</strong> – damit <strong>ich</strong> etwas<br />

Konkretes hatte, gegen das <strong>ich</strong> kämpfen konnte. Irgendetwas <strong>zu</strong>m vern<strong>ich</strong>ten, damit Bella s<strong>ich</strong>er <strong>war</strong>.<br />

Bella <strong>war</strong> sehr ruhig; ihr Atem ging schneller.<br />

Ich sah <strong>zu</strong> ihr auf, wohlwissentl<strong>ich</strong> dass <strong>ich</strong> endl<strong>ich</strong> <strong>die</strong> Angst sehen würde auf <strong>die</strong> <strong>ich</strong> so lange<br />

ge<strong>war</strong>tet hatte. Hatte <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t gerade <strong>zu</strong>gegeben wie nah <strong>ich</strong> daran gewesen <strong>war</strong> sie <strong>zu</strong> töten?<br />

Näher als <strong>der</strong> Van <strong>der</strong> versucht hatte sie <strong>zu</strong> zerquetschen. Und doch <strong>war</strong> ihr Ges<strong>ich</strong>t immer noch<br />

entspannt, ihre Augen nur verwun<strong>der</strong>t <strong>zu</strong>sammengezogen.<br />

„Erinnerst du d<strong>ich</strong>?“ Sie musste s<strong>ich</strong> daran erinnern.<br />

„Ja,“ sagte sie mit klarer fester Stimme. Ihre tiefen Augen <strong>war</strong>en voller Erkenntnis.<br />

Sie wusste es. Sie wusste, dass <strong>ich</strong> sie hatte töten wollen.<br />

Wo blieben <strong>die</strong> Schreie?<br />

„Und dennoch sitzt du hier,“ sagte <strong>ich</strong> und brachte <strong>die</strong> Tatsache auf den Punkt.<br />

„Ja, <strong>ich</strong> sitze hier… wegen dir.“ Ihr Ges<strong>ich</strong>tsausdruck verän<strong>der</strong>te s<strong>ich</strong>, wurde neugierig, als sie<br />

grob das Thema wechselte. „Weil du irgendwie wusstest, wie du m<strong>ich</strong> heute finden konntest…?“<br />

Hoffnungslos versuchte <strong>ich</strong> ein weiteres Mal durch <strong>die</strong> Barriere <strong>zu</strong> brechen <strong>die</strong> ihre Gedanken<br />

abschirmte, <strong>ich</strong> wollte sie so verzweifelt v<strong>erste</strong>hen. Es ergab alles keinen Sinn für m<strong>ich</strong>. Wie konnte<br />

sie s<strong>ich</strong> darüber noch Gedanken machen, nachdem <strong>die</strong> Wahrheit so deutl<strong>ich</strong> auf dem Tisch lag?

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