Unilog Nr. 31 November/Dezember 2006 - ÖH Klagenfurt ...

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24.11.2013 Aufrufe

Thema Unilog Nr. 31 Plagiat, die „neue Intelligenz“? „Plagiat“ – ein Problem, das uns alle betrifft. Eine Tat, die Konsequenzen mit sich trägt. Ein „Etwas“, das unser Bewusstsein noch nicht vollends erfasst hat. Verena Tischler Redakteurin Das „Plagiat“ – als Albtraum der wissenschaftlichen Welt, zu dem es sich in den letzten Jahren stilisiert hat, ist es nicht einmal eindeutig definiert. Die Grenzen sind fließend. Eine zum Thema „Plagiat“ eingesetzte Arbeitsgruppe um Vize-Rektorin Jutta Menschik-Bendele definiert für die an der Universität Klagenfurt vertretenen Wissenschaften den Begriff wie folgt: „Plagiat ist die unrechtmäßige Aneignung von geistigem Eigentum oder Erkenntnissen anderer und ihre Verwendung zum eigenen Vorteil.“ Die Arbeitsgruppe benennt auch die fünf häufigsten Formen des Plagiierens (siehe Info- Kasten). Georg Hufgard, Bundes-Bildungspolitischer Sprecher der ÖH, sieht in der nicht generell vorhandenen Definition das Problem: „Obwohl der Plagiatsbegriff rechtlich nicht abgedeckt ist, werden Plagiate extrem geahndet. Legt man das Vergehen des Plagiierens sehr streng aus, sind 1. 2. 3. 4. 5. 80-90% aller Arbeiten wissenschaftlich nicht korrekt erarbeitet. Um gerecht urteilen zu können, fordern wir, den Begriff Plagiat rechtlich dingfest zu machen und verschiedene Grade des Vergehens zu definieren.“ Traurige Tatsache Einmal mehr war die Klagenfurter Uni prominent in den Medien vertreten. Der Anlass war wenig feierlich: Stefan Weber hat zwei plagiierte Dissertationen entdeckt. „Der Umfang des Textklaus ist uferlos“, teilte uns der selbsternannte Plagiatsjäger, in seinen E-Mails plakativ dargestellt, mit. Klaus Ottomeyer, Zweitgutachter der betroffenen Arbeiten, beruft sich darauf, dass Weber unvollständige Arbeiten begutachtet hat und deswegen über die wissenschaftliche Tiefe nicht urteilen kann: „Herr Weber hat leider nicht mit der Akribie und Aufmerksamkeit recherchiert, die er von anderen verlangt. In den beiden (vollständigen) Schriften gibt es jeweils einen umfangreichen empirisch-statistischen Untersuchungsteil, der als zentral angesehen werden kann. In diesen wird auch erklärt, warum die beiden Verfasserinnen kooperiert haben. Er hat vorschnell Informationen verbreitet und uns salopp gesagt als Volltrottel hingestellt. Das ist nicht in Ordnung.“ Axel Krefting, Institutsvorstand Psychologie, sieht den Grund in Die häufigsten Formen des Plagiats mehrerlei Hinsicht: „Die Plagiatsvorfälle an meinem Institut sind sicher kein Zufall, sondern spiegeln nur den Druck wieder, der auf so genannten Überlastfächern haftet. Das Betreuungsverhältnis ist dramatisch. Aber man darf auch die ökonomische Situation der Studierenden nicht außer Acht lassen. Die Studierenden drängen auf den Abschluss, wollen schnell fertig werden, sie können sich nicht mit ihrem Studium identifizieren – eine unglückliche Mischung. Die Verminderung der Gefahr hemmungslosen Plagiierens kann nur durch die Intensivierung der Betreuungsarbeit erreicht werden.“ Das ÖH-Vorsitzteam kreidet der Universität vor allem ihren laxen Umgang mit dem Problemfall an: „Die Fähigkeiten des wissenschaftlichen Arbeitens und ein Bewusstsein dafür zu schaffen wird von den wenigsten Dozenten gelehrt. Kurse für die Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten sind nicht einmal in jedem Lehrplan enthalten. Das Schreibcenter versucht eine Hilfestellung zu geben, ist aber heillos überfordert. Die Unterstützung und Förderung der Studierenden ist äußerst mangelhaft!“ Eidesstattliche Erklärung Die wörtliche Übernahme einer oder mehrerer Textpassagen ohne entsprechende Quellenangabe (sogenanntes Textplagiat) Die Wiedergabe bzw. Paraphrasierung eines Gedankengangs, wobei Wörter und der Satzbau des Originals so verändert werden, dass der Ursprung des Gedankens erwischt wird (Ideenplagiat) Die Übersetzung von Ideen und/oder Textpassagen aus einem fremdsprachigen Werk, wiederum ohne Quellenangabe Die Übernahme von Metaphern, Idiomen oder eleganten sprachlichen Schöpfungen ohne die notwendige Quellenangabe Die Verwendung von Zitaten, die man in einem Werk der Sekundärliteratur angetroffen hat, zur Stützung seines eigenen Arguments, wobei zwar die Zitate selbst dokumentiert werden, nicht aber die verwendete Sekundärliteratur (Zitatsplagiat) Es ist nicht einfach, sich im Dschungel des Bei der Abgabe von Arbeiten muss eine eidesstattliche Erklärung mitgereicht werden, die da lautet: „Ich versichere ehrenwörtlich, dass ich den vorliegenden Text selbst verfasst habe, dass ich außer den angegebenen Quellen keine anderen benutzt habe, dass jede Quelle gekennzeichnet ist, und dass ich diese Arbeit an keiner anderen Stelle eingereicht habe.“ Das klingt relativ eindeutig – warum werden die juristischen Konsequenzen, die folgen können, unterschätzt? Auch Krefting tut sich mit einer Einschätzung schwer: „Das wundert mich auch. Wenn ich das unterschreibe, müsste ich ein Bewusstsein dafür haben, dass mir das auf den Kopf fallen kann. Vielleicht wird diese Erklärung mit dem Gefühl unterschrieben, dass sie keine Bedeutung hat. Wie wenn man zu schnell Auto fährt – es ist nicht so schlimm. Das ist ein Punkt, wo wir nun nachhaken müssen, um eine größere Bewusstseinsbildung bei Studierenden zu erreichen.“ Denkanstoß Wir alle sitzen im selben Boot. Darum sollten wir uns gemeinschaftlich an der Nase nehmen. Die Österreichische Bundesregierung muss ihr Bildungskonzept überdenken. Es kann nicht der

Nov/Dez 2006 Der Plagiatsskandal Plagiatsskandals Durchblick zu verschaffen – zu unterschiedlich sind die Standpunkte Foto: Wurzer richtige Weg sein, der Bildung den Geldhahn abzudrehen. Die Lehrenden müssen sich die Zeit nehmen und die Mühe machen, ihren Studierenden eine Stütze durch das Studium zu sein. Der Bildungsauftrag, den sie zu erfüllen haben, erstreckt sich über weit mehr als die Weitergabe von Informationen. Die Universitätsleitung muss die Plagiatsfälle als Handlungsanstoß sehen. Jetzt und gleich muss etwas geschehen! Viel zu lange wurde tatenlos zugesehen. Wir Studierenden wollen nicht im Schatten eines schlechten Rufes der Alpen-Adria-Uni stehen. Wir Studierenden selbst müssen uns am meisten am Riemen reißen. Eigenverantwortung und Selbstständigkeit sollen unser Schaffen regieren. Ein Interview mit Stefan Weber fand nach Redaktionsschluss statt und ist auf www.oeh-klagenfurt.at abrufbar. Im Interview auf den Seiten 12/13 nimmt Rektor H. C. Mayr u. a. zum aktuellen Plagiatsskandal Stellung. Die betroffenen Studentinnen waren leider zu keiner Stellungnahme bereit. Feedback zur Berichterstattung? unilog@oeh-klagenfurt.at Die FrageStunde zum Thema Plagiate Markus Langhans, 1. Semester, Geschichte Ich persönlich fühle mich nicht betroffen. Eine Forderung, die ich an die Universität habe, ist, dass mehr Geld für die Kulturwissenschaften bereitgestellt wird. Bei dem aktuellen Fall finde ich es noch viel schlimmer als beim vorhergehenden, da es sich um Dissertationen handelt. Wer weiß, vielleicht waren auch die Diplomarbeiten plagiiert? Generell finde ich, dass der Ruf der Universität Klagenfurt geschädigt ist. Vielerorts heißt es: Ja, ja die Studis, machen sowieso nichts und dann schreiben sie nicht einmal ihre Arbeiten selbst. Silvano Kobald, 3. Semester, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre Ich finde, dass die Professoren zu nachlässig waren. Auch wenn es für die vielen zu betreuenden Arbeiten vielleicht zu wenig Lehrpersonal gibt. Wie man Plagiate verhindern kann? Ich bin der Meinung, dass bereits in Kursen während des Studiums darauf zu achten ist, dass die Studierenden korrekt arbeiten. Sollte dies nicht der Fall sein, muss darauf hingewiesen werden. Die Voraussetzung dafür sind kleinere Gruppen in den Kursen. Ich bin außerdem für die Einführung einer Stelle, quasi eines Ombudsmannes, wo Studierenden geholfen werden kann. Eva Wobik, 1. Semester, Italienisch Ich bin für die Einführung von Kontrollen, eigentlich hätte das schon früher geschehen sollen. Manche Studierende machen es sich viel zu leicht. Es kann aber auch sein, dass jemand vergisst, zu zitieren oder die Quelle nicht mehr findet. Ich brauche für eine Proseminar-Arbeit mindestens drei Wochen, eigentlich ewig, weil ich mich mit den Themen sehr intensiv beschäftige. Daher sehe ich mich persönlich auch nicht vom Problem Plagiat betroffen. Als übergeordnetes Problem sehe ich den Personalmangel an den Instituten. Die Lehrenden haben nicht genügend Zeit, sich genau mit den Arbeiten zu beschäftigen. Eveline Kronlechner, promoviert, Psychologie Es ist relativ einfach, aus dem Internet zu kopieren. Manche Studierenden machen es sich da zu einfach und glauben, dass es nicht auffällt. Ich habe keine Angst davor, dass der Ruf meines Abschlusses gefährdet ist, da ich hundertprozentig weiß, dass weder meine Diplomarbeit noch meine Dissertation plagiiert ist. Ich sehe es sehr kritisch, dass die Klagenfurter Universität derart in der Öffentlichkeit angeprangert wird – schließlich passieren Plagiate auf jeder Hochschule, wir sind kein Einzelfall. Interviews und Fotos: Tischler

Nov/Dez <strong>2006</strong><br />

Der Plagiatsskandal<br />

<br />

Plagiatsskandals Durchblick zu verschaffen – zu unterschiedlich sind die Standpunkte<br />

Foto: Wurzer<br />

richtige Weg sein, der Bildung<br />

den Geldhahn abzudrehen.<br />

Die Lehrenden müssen sich<br />

die Zeit nehmen und die Mühe<br />

machen, ihren Studierenden eine<br />

Stütze durch das Studium zu sein.<br />

Der Bildungsauftrag, den sie zu<br />

erfüllen haben, erstreckt sich über<br />

weit mehr als die Weitergabe von<br />

Informationen.<br />

Die Universitätsleitung muss<br />

die Plagiatsfälle als Handlungsanstoß<br />

sehen. Jetzt und gleich<br />

muss etwas geschehen! Viel zu<br />

lange wurde tatenlos zugesehen.<br />

Wir Studierenden wollen nicht im<br />

Schatten eines schlechten Rufes<br />

der Alpen-Adria-Uni stehen.<br />

Wir Studierenden selbst<br />

müssen uns am meisten am<br />

Riemen reißen. Eigenverantwortung<br />

und Selbstständigkeit sollen<br />

unser Schaffen regieren.<br />

Ein Interview mit Stefan Weber fand<br />

nach Redaktionsschluss statt und ist<br />

auf www.oeh-klagenfurt.at abrufbar.<br />

Im Interview auf den Seiten 12/13<br />

nimmt Rektor H. C. Mayr u. a. zum<br />

aktuellen Plagiatsskandal Stellung.<br />

Die betroffenen Studentinnen waren<br />

leider zu keiner Stellungnahme bereit.<br />

Feedback zur Berichterstattung?<br />

unilog@oeh-klagenfurt.at<br />

Die FrageStunde zum Thema Plagiate<br />

Markus Langhans, 1. Semester, Geschichte<br />

Ich persönlich fühle mich nicht betroffen. Eine Forderung, die ich an die Universität habe,<br />

ist, dass mehr Geld für die Kulturwissenschaften bereitgestellt wird. Bei dem aktuellen Fall<br />

finde ich es noch viel schlimmer als beim vorhergehenden, da es sich um Dissertationen<br />

handelt. Wer weiß, vielleicht waren auch die Diplomarbeiten plagiiert? Generell finde ich,<br />

dass der Ruf der Universität <strong>Klagenfurt</strong> geschädigt ist. Vielerorts heißt es: Ja, ja die Studis,<br />

machen sowieso nichts und dann schreiben sie nicht einmal ihre Arbeiten selbst.<br />

Silvano Kobald, 3. Semester, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre<br />

Ich finde, dass die Professoren zu nachlässig waren. Auch wenn es für die vielen zu betreuenden<br />

Arbeiten vielleicht zu wenig Lehrpersonal gibt. Wie man Plagiate verhindern<br />

kann? Ich bin der Meinung, dass bereits in Kursen während des Studiums darauf zu achten<br />

ist, dass die Studierenden korrekt arbeiten. Sollte dies nicht der Fall sein, muss darauf hingewiesen<br />

werden. Die Voraussetzung dafür sind kleinere Gruppen in den Kursen. Ich bin<br />

außerdem für die Einführung einer Stelle, quasi eines Ombudsmannes, wo Studierenden<br />

geholfen werden kann.<br />

Eva Wobik, 1. Semester, Italienisch<br />

Ich bin für die Einführung von Kontrollen, eigentlich hätte das schon früher geschehen<br />

sollen. Manche Studierende machen es sich viel zu leicht. Es kann aber auch sein, dass<br />

jemand vergisst, zu zitieren oder die Quelle nicht mehr findet. Ich brauche für eine Proseminar-Arbeit<br />

mindestens drei Wochen, eigentlich ewig, weil ich mich mit den Themen<br />

sehr intensiv beschäftige. Daher sehe ich mich persönlich auch nicht vom Problem Plagiat<br />

betroffen. Als übergeordnetes Problem sehe ich den Personalmangel an den Instituten.<br />

Die Lehrenden haben nicht genügend Zeit, sich genau mit den Arbeiten zu beschäftigen.<br />

Eveline Kronlechner, promoviert, Psychologie<br />

Es ist relativ einfach, aus dem Internet zu kopieren. Manche Studierenden machen es sich<br />

da zu einfach und glauben, dass es nicht auffällt. Ich habe keine Angst davor, dass der<br />

Ruf meines Abschlusses gefährdet ist, da ich hundertprozentig weiß, dass weder meine<br />

Diplomarbeit noch meine Dissertation plagiiert ist. Ich sehe es sehr kritisch, dass die <strong>Klagenfurt</strong>er<br />

Universität derart in der Öffentlichkeit angeprangert wird – schließlich passieren<br />

Plagiate auf jeder Hochschule, wir sind kein Einzelfall.<br />

Interviews und Fotos: Tischler

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