Unilog Nr. 31 November/Dezember 2006 - ÖH Klagenfurt ...
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12 Politik & Gesellschaft<br />
<strong>Unilog</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>31</strong><br />
„Ich will Klarheit haben“<br />
Rektor H. C. Mayr über Plagiatsskandal, Ausbau des technischen Fachbereichs und<br />
die Schwierigkeit, sich ein kulturwissenschaftliches Studium vorzustellen.<br />
Verena Tischler<br />
Redakteurin<br />
Herr Rektor Mayr, Sie sind seit<br />
April <strong>2006</strong> Rektor der Alpen-<br />
Adria-Universität <strong>Klagenfurt</strong>. Wo<br />
setzt die Macht des Rektors ein,<br />
wo liegen Ihre Grenzen?<br />
Mayr: Der Rektor hat eigentlich<br />
überhaupt keine Macht, er hat<br />
Aufgaben, die ich versuche, bestmöglich<br />
zu erfüllen. Die Grenzen<br />
setzt hauptsächlich, wie ich<br />
bis jetzt festgestellt habe, unsere<br />
spezifische Budgetlage. Alles,<br />
was ich praktisch umsetzen will,<br />
geht nur durch Überzeugen und<br />
Umschichten, weil zu geringe<br />
Mittel zur Verfügung stehen.<br />
Meine Aufgabe ist es nach Aufforderung<br />
des Bundesministeriums,<br />
das Budget zu sanieren.<br />
Stellen Sie sich bitte vor, Sie wären<br />
Studierender an unserer Universität:<br />
Welche Themen brennen<br />
Ihnen unter den Nägeln?<br />
Mayr: Ich wäre Informatikstudent,<br />
für mich käme nichts anderes in<br />
Frage. Da würde mich ein Thema<br />
brennend interessieren: Warum<br />
habe ich so wenige Kommilitonen,<br />
warum sind wir nicht mehr?<br />
Wenn Sie sich vorstellten, Sie<br />
würden an der Fakultät der<br />
Kulturwissenschaften studieren?<br />
Mayr: Diese Vorstellung verlangt<br />
jetzt sehr viel von mir. Ich hätte<br />
mir nie vorstellen können, ein<br />
kulturwissenschaftliches Fach zu<br />
studieren, das wäre schwierig für<br />
mich gewesen. Ich muss etwas<br />
mathematisch Einfaches machen,<br />
nichts Kompliziertes (lacht).<br />
Eine Frage, die mich unabhängig<br />
von der Studienrichtung interessieren<br />
würde, wäre, ob durch<br />
die jüngsten Ereignisse und den<br />
Presse-Hype, im Zusammenhang<br />
mit den Plagiaten, mein Abschluss<br />
abgewertet wird oder nicht. Ein<br />
Abschluss der Alpen-Adria-Universität<br />
muss etwas wert sein.<br />
Ist ein Abschluss an der Universität<br />
<strong>Klagenfurt</strong> etwas wert?<br />
Mayr: Durch die Medien ist der<br />
Eindruck entstanden, als würde<br />
hier permanent plagiiert. Das<br />
war für mich auch der Grund zu<br />
sagen: Jetzt prüfen wir die Arbeiten<br />
der letzten Jahre durch. Das<br />
„Bin optimistisch, dass<br />
wir nur wenige Plagiate<br />
entdecken werden“<br />
hat nichts mit einem Generalverdacht<br />
allen Studierenden gegenüber<br />
zu tun. Im Gegenteil, ich bin<br />
optimistisch genug, dass wir nur<br />
sehr wenige Arbeiten entdecken<br />
werden und damit nachweisen<br />
können, dass an der Universität<br />
<strong>Klagenfurt</strong> kaum plagiiert wird<br />
– und schon gar nicht mehr als an<br />
anderen Universitäten. Auf diese<br />
Weise behalten Abschlüsse an<br />
unserer Universität ihren Wert.<br />
Die Qualität der Betreuung hier<br />
im Haus ist so hoch, dass vermutlich<br />
nur sehr wenige Fälle wirkliche<br />
Plagiate sind. Schlampereien<br />
in der Zitierweise – darüber kann<br />
sich der Herr Weber meinetwegen<br />
aufregen. Uns geht es darum, dass<br />
keine echten Plagiate existieren<br />
oder gemacht werden. Ich möchte<br />
nicht, dass unsere Universität alle<br />
drei Monate mit einer neuen<br />
Arbeit durch die Presse gezogen<br />
wird. Daher will ich jetzt Klarheit<br />
haben, was bei uns tatsächlich los<br />
ist.<br />
Verstehen Sie eine gewisse Unsicherheit<br />
unter den Studierenden?<br />
Mayr: Man kann kein Plagiat<br />
unabsichtlich begehen. Unsicher<br />
kann ich nur sein, wenn ich ein<br />
schlechtes Gewissen habe, weil<br />
ich meine Arbeit nicht selbstständig<br />
erzeugt habe – das ist ja<br />
auch nachweisbar. Bei Diplomarbeiten<br />
ist die Forschungstiefe<br />
noch nicht so anspruchsvoll wie<br />
bei einer Dissertation. Bei Literaturarbeiten<br />
zu Standardthemen<br />
ist es daher sehr wahrscheinlich,<br />
dass das eine oder andere, auch<br />
an Wortwendungen, wieder zu<br />
finden ist. Aber, wie gesagt, das<br />
wird ja festgestellt, und man muss<br />
dann prüfen, ob und in welchem<br />
Ausmaß ein Plagiat vorliegt.<br />
Der letzte Stand im Plagiatsskandal<br />
ist für die Studierenden die<br />
E-Mail von Herrn Weber. Wie<br />
ist der Status quo, wissen Sie da<br />
schon mehr?<br />
Mayr: Nein. Die Dissertationen<br />
werden gerade vom Studienrektorat<br />
bearbeitet.<br />
Aber man muss genauer hinsehen.<br />
Die beiden haben dieselbe<br />
Arbeit abgegeben. Das ist laut<br />
„Das österreichische<br />
Studienrecht erlaubt,<br />
dass zwei Leute dieselbe<br />
Arbeit abgeben“<br />
österreichischem Studienrecht<br />
zulässig, es können zwei Leute an<br />
einer Arbeit arbeiten, sie müssen<br />
nur ausweisen, was ist von wem.<br />
Und im Grunde haben sie das<br />
gemacht, nur haben sie die Arbeit<br />
unter zwei Buchdeckeln untergebracht.<br />
Und wenn man das jetzt<br />
durch den Plagiarism-Finder<br />
laufen lässt, findet die eine Arbeit<br />
die andere.<br />
Wobei auch immer die Frage<br />
dazukommt, welche wissenschaftliche<br />
Tiefe das Werk dann wirklich<br />
auch hat. Das ist aber eine<br />
Aufgabe, die ausschließlich den<br />
Gutachtern zusteht. Wenn man<br />
sich darüber nicht einig ist, dann<br />
muss ein dritter Gutachter bestellt<br />
werden.<br />
„Müssen an technischen<br />
Fachbereich sparsamer<br />
herangehen“<br />
Der Ausbau des technischen Fachbereiches<br />
und die hohen Investitionen<br />
finden an der Uni nicht nur<br />
Zustimmung. Wird diese Schwerpunktsetzung<br />
auf Kosten bestehender<br />
Studienrichtungen gehen?<br />
Mayr: Für die Zukunft der Region<br />
ist es wichtig, dass die Universität<br />
eine technische Fachrichtung<br />
anbietet und dieses Feld nicht nur<br />
den Fachhochschulen überlässt.<br />
Die wirtschaftliche Entwicklung<br />
einer Region hängt massiv davon<br />
ab, ob in der Region auch entsprechendes<br />
„backing“ in Forschung<br />
und Heranbildung von kreativen<br />
Köpfen seitens einer Universität<br />
besteht.<br />
Mit unseren finanziellen Mitteln<br />
können wir aber nicht klotzen,<br />
wir müssen an dieses Projekt<br />
sparsamer herangehen. Auf<br />
keinen Fall darf man den technischen<br />
Fachbereich, nur weil er<br />
etwas Neues ist, skeptisch sehen.<br />
Auch die Einführung der Informatik<br />
und der Betriebswirtschaft<br />
wurde seinerzeit sehr zwiespältig<br />
gesehen und heute weiß man,<br />
dass dieser Schritt richtig war.