1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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KONRAD KRAFT<br />
über die Bildnisse des Aristoteles und des Platon*<br />
(Tafel I—VI)<br />
In einem heute schwer vorstellbaren Ausmaß haben Griechen und<br />
Römer vertieft geschnittene Steine an den Fingerringen getragen und<br />
zum Siegeln verwendet. Vor allem im 1. Jh. v. Chr. breitet sich die Gewohnheit<br />
aus, die Ringsteine in billigem Glas zu vervielfältigen. Schon<br />
im Material nicht lockend, häufig durch Gußfehler und Bläschen entstellt,<br />
auch in der künstlerischen Qualität oft nicht befriedigend und<br />
überhaupt für das ungewohnte Auge zu mühsam, liegen diese kaum<br />
10 bis 15 mm großen Glaspasten (Originalgrößen Taf. III 3-5; IV<br />
3 b, 4 b, sonst vergrößert), wie man sie nennt, ziemlich unbeachtet in<br />
den Museen und ziemlich abseits der allgemeinen Forschung1. Indes<br />
* Die vorliegende Studie hat ihren Ausgangspunkt in der Tatsache, daß dem Verfasser<br />
1950 an der Staatl. Münzsammlung München die Aufgabe gestellt war, die<br />
Gemmen und Glaspasten der ehemaligen Sammlung Paul Arndt aus dem Durcheinander<br />
der Kriegsauslagerung wieder in eine brauchbare Ordnung zu überführen.<br />
Die Nachbarschaft der Intaglien und Münzen ist bekannt; genau besehen sind die<br />
Münzstempel nur in Metall geschnittene Gemmen. Die Behandlung solcher Objekte<br />
in einer numismatischen Zeitschrift ist daher durchaus legitim und organisch.<br />
Die folgenden Thesen standen dem Verfasser schon seit längerem fest und wurden<br />
schließlich im Juli 1960 öffentlich vorgetragen.. Kurz darauf kam dem Verfasser<br />
die ebenfalls 1960 erschienene Abhandlung von J. H. Jongkees, Fulvio Orsini's<br />
Imagines and the Portrait of Aristotle (Archaeologia Traiectana IV 1960) zu Gesicht.<br />
Der niederländische Gelehrte war völlig unabhängig in einem wesentlichen<br />
Punkte zum gleichen Ergebnis gekommen, daß nämlich Studniczkas Beweisführung<br />
für die heute übliche Identifizierung des Aristotelesporträts unhaltbar sei. Dieses<br />
merkwürdige Zusammentreffen scheint dem Verf. anzuzeigen, daß hier ein Problem<br />
zur erneuten Diskussion reif geworden ist. Die nachfolgenden Ausführungen sind<br />
freilich nicht eine erschöpfende Behandlung der Frage, insbesondere nicht eine erschöpfende<br />
Behandlung der aus der neuen Benennung der Porträts sich ergebenden<br />
Konsequenzen. Die Studie will in erster Linie auf die Glaspasten als ein bisher unbeachtetes<br />
Element einer möglichen Beweisführung hinweisen, und diese skizzieren.<br />
An vielen Stellen müßten die hier gegebenen Andeutungen durch breit angelegte<br />
Untersuchungen noch genauer nachgeprüft und gesichert werden. Diese Aufgaben<br />
will und muß der Verfasser aus mancherlei Gründen anderen überlassen.<br />
Das Material, das auch im Folgenden vor allem verwendet ist, findet sich: Staatl.<br />
Münzsammlung München: München Arndt = ehemalige Sammlung Paul<br />
Arndt (Numerierung nach dem vorläufigen Katalog) und München a. B. = alter<br />
Bestand der Münzsammlung; F ur t wängl er , Antiquar ium =-- A. Furtwängler,<br />
Beschreibung der geschnittenen Steine im Antiquarium Berlin (1896); F u r t -<br />
w ä n g 1 er A. G. = A. Furtwängler, Die antiken Gemmen (1900); London<br />
H. B. Walters, Catalogue of the Engraved Gems and Cameos, Greek, Etruscan<br />
and Roman in the British Museum (1927); K o p e n h a g e n P. Fossing, Catalogue<br />
of the Engraved Gems and Cameos of the Thorvaldsen Museum Copenhagen<br />
(1929); V oll en w e i d e r, Co 11. F o 1. = M.-L. Vollenweider, Les portraits sur<br />
les intailles et cam6es de la Collection Pol (Genlive), Genava 8, 1960, 137-152;