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1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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Coniuratio 59<br />

späterer Zeit immer derselbe; man bewahrte ihn im Heiligtum des Juppiter<br />

Feretrius auf (Fest. 5.81 L.) und maß ihm magische Kraft zu".<br />

Dieser Eid sanktionierte also den Vertragsbruch durch die Selbstverfluchung<br />

des Mannes, der den Vertrag abschloß, nicht durch die Verfluchung<br />

des römischen Volkes. Obwohl der Eid hier im zwischenstaatlichen<br />

Verkehr verwendet wird, geht die Sanktion nur auf das Individuum.<br />

Das weist daraufhin, daß der Anlaß des Eides ursprünglich auch<br />

nicht in zwischenstaatlichen Rechtsgeschäften zu suchen ist, sondern in<br />

Geschäften der privaten Sphäre. Die Verwendung des Eides beim foedus<br />

ist demnach bereits eine spezifische, jüngere Verwendung (vgl. o. S. 58<br />

Anm. 32). Es ist daher nicht verwunderlich, wenn wir die Eidesformel<br />

über den öffentlich-rechtlichen Bereich hinaus auch in der privaten<br />

Sphäre zur sinnfälligen Dokumentierung eines Treueverhältnisses benutzt<br />

finden. So soll nach Plutarch und Dio Sulla vor seinem Abgang<br />

nach Asien den einen der beiden Konsuln des Jahres 87 v. Chr., L. Cornelius<br />

Cinna, von dem die Optimaten wenig Gutes zu erwarten hatten,<br />

zu einem Schwur auf die von ihm reformierte Verfassung in den Formen<br />

dieses Eides gedrängt haben", was der Sache der Optimaten allerdings<br />

wenig genützt hat. Im übrigen wissen wir von diesem Eidesritus<br />

nicht viel mehr, als daß ihn Cicero zum ius civile rechnet", also auch er<br />

seinen Wirkungskreis nicht auf die öffentlich-rechtliche Sphäre (ius f etiale)<br />

beschränkt 36. Das finden wir in dem Eid Cinnas, von dem eben die Rede<br />

Schwörenden als Verpflichtung der Gesamtheit der Gemeinde durch den einzelnen<br />

zu gelten habe, wie es archaischen Denkformen entspricht, und also die Verfluchung<br />

des römischen Volkes für den Fall des Vertragsbruches, wie sie uns Liv. 1,<br />

24, 8; 9, 5, 3 überliefert, erst spätere Interpretation ist. Anderer Meinung ist<br />

G. Wissowa, Römische Religionsgeschichte, München 1912 2, S. 552 Anm. 6. L. Deubner,<br />

Zur Entwicklungsgeschichte der altrömischen Religion, Neue Jahrbüch. f. d.<br />

Klass. Altertum 14, 1911, S. 333 ff., trennt einen öffentlichen Eid, bei dem in der<br />

Exekrationsformel das römische Volk genannt ist (Liv. a. a. 0.) von einem privaten<br />

Eid, bei dem der Schwörende sich für den Fall der wissentlichen Täuschung selbst verfluchte,<br />

indem er sich bei dem Schwurakt mit dem Stein identifizierte (= Fest. a. a. 0.).<br />

33 Einen Gott hat man in dem Stein nie gesehen (Deubner a. a. 0. ; Latte a. a. 0.<br />

S. 123); man sagte zwar (per) Jovem lapidem iurare, aber in der Formel wird nicht<br />

der Gott, sondern der Schwörende mit dem Stein identifiziert; zu dem grammatikalischen<br />

Verständnis der Wendung vgl. Latte a. a. 0. S. 123 Anm. 1.<br />

34<br />

Plut. Sull. 10: Der Zweck des Eides war f) neög sxeivov (sc. Sulla) EZvota; vgl.<br />

Cass. Dio fragm. 102, 3 Boiss.<br />

" Ad fam. 7, 12, 2.<br />

36 W. Kunkel, Untersuchungen zur Entwicklung des römischen Kriminalverfahrens<br />

in vorsullanischer Zeit, Abh. Bayr. Akad. d. Wiss., phil.-histor. Kl., N. F. Heft 56,<br />

1962, S. 108 ff., denkt an die Verwendung des Eides bei den von ihm rekonstruierten<br />

kapitalen Privatprozessen der Frühzeit, die in den Formen der legis actio sacramento<br />

abgelaufen sein und das altrömische Gegenstück zu dem Kriminalprozeß<br />

der späten Republik darstellen sollen. Das sacramentum ist hier die Selbstverfluchung<br />

des Anklägers oder auch — in Analogie zum gewöhnlichen Sakramentsprozeß<br />

— beider Parteien und durchaus verschieden von dem sacramentum<br />

Wettsumme der ‚gemeinen' legis actio sacramento.

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