1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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58 Jochen Bleicken<br />
Ii<br />
Bisher haben wir uns nur über Fragen der Herkunft, Entwicklung<br />
und Anwendung der coniuratio Gedanken gemacht. Nicht minder wichtig<br />
ist die Frage danach, in welchen Formen die coniuratio vor sich ging.<br />
Den einzigen Hinweis scheint uns — neben den später zu besprechenden<br />
Münzen und Gemmen — das o. S. 56 angeführte Livius-Zitat zu geben.<br />
Danach erfolgte die coniuratio der Soldaten im Jahre 216 v. Chr. ex voluntario<br />
inter ipsos f oeder e. Das foedus wurde nach Livius in Anwesenheit<br />
der Militärtribune geschlossen und der legitima iuris iurandi<br />
adactio (= sacramentum) gleichgesetzt. Dieser (und, wie wir später<br />
sehen werden, nicht nur dieser) Beleg führt uns auf die uns von römischen<br />
Historikern und Antiquaren überlieferte alte Eidesform, die vor<br />
allem bei dem Abschluß von Staatsverträgen durch die Fetialen Anwendung<br />
fand. Sie wollen wir uns darum zunächst näher ansehen.<br />
Bei diesem Eidesritus erschlug nach der Verlesung der Vertragsbestimmungen<br />
der Vorsteher der Fetialen, der Pater patratus, ein Ferkel<br />
mit einem Stein, den er anschließend fortwarf mit den Worten: si sciens<br />
fallo, tum me Dispiter salva urbe arceque bonis eiciat ut ego hunc lapidem".<br />
Der Stein (silex), den man für die Zeremonie benutzte, war in<br />
heimbundes überliefert, der ganz auf persönliche Gefolgschaftstreue gegenüber der<br />
Person des Drusus zwecks Erlangung des römischen Bürgerrechtes abgestellt ist.<br />
Er ist ein reiner Klienteleid, kein militärischer Eid und fällt insofern aus dem hier<br />
besprochenen Rahmen. Abgesehen davon, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß die<br />
Begründung nichtmilitärischer Treueverhältnisse in denselben Formen verlaufen<br />
ist wie die der alten (militärischen) coniuratio, ist ein Eid der Italiker auf Drusus<br />
überhaupt sehr suspekt und wahrscheinlich erst später dem Tribunen von seinen<br />
Gegnern zum Nachweis angeblicher hochverräterischer Absichten untergeschoben;<br />
vgl. Th. Mommsen, Römische Geschichte II" S. 224. — Die Eide, die Augustus<br />
ganz Italien und den westlichen Provinzen abnahm (RG 25; Suet. Aug. 17, 2),<br />
waren weder militärische Eide noch dienten sie der Stiftung eines dauernden<br />
Klientelverhältnisses (so nach der bekannten These von A. v. Premerstein, Vom<br />
Werden und Wesen des Prinzipats, Abh. d. Bayr. Akad. d. Wiss., phil.-histor. Abt.,<br />
N. F. Heft 15, München 1937, S. 40 ff.); sie waren an die Situation des Jahres 32<br />
v. Chr. gebunden und stellten den Ersatz für das mangelnde rechtliche Kommando<br />
dar.<br />
" Fest. S. 102 L.; ebenso Polyb. 3, 25, 6-9 (ohne Erwähnung des Ferkelopfers); vgl.<br />
u. S. 59 Anm. 34. Die Tötung des Ferkels vermittels des Steines als Abschluß des<br />
Schwuraktes beim Vertragsschluß erwähnen auch Liv. 1, 24, 8 f.; Serv. auct. Aen. 8,<br />
641; Serv. Aen. 1, 62 und (ohne Erwähnung des silex) Liv. 9, 5, 3; Varr. r. r. 2,<br />
4, 9; Fest. S. 266/67 L. (mit falschem Bezug des Ebers, eines der fünf alten Feldzeichen,<br />
auf den porcus unseres Eides); Suet. Claud. 25, 5; Serv. auct. Aen. 12, 170.<br />
Nach Cic. de inv. 2, 91-92 hält bei dem Vertragsschluß von Caudium ein Jüngling<br />
das Schwein. Das dürfte richtig sein, auch wenn wir der annalistischen Darstellung<br />
der clades Caudina sonst sehr skeptisch gegenüberstehen. Diese Handreichung hat<br />
gewiß kein Fetiale gemacht, sondern ein Opferdiener oder — wie nach Cicero —<br />
ein nobilis adulescens. K. Latte, Römische Religionsgeschichte, München 1960,<br />
S. 123 Anm. 4, ist der Meinung, daß die o. im Text zitierte Exekrationsformel des