1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ober die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 47<br />
werk des Lysipp könnte demnach den Philosophen Aristoteles bestenfalls<br />
im Alter von 50 Jahren dargestellt haben, eher den allgemeinen<br />
Gebräuchen entsprechend noch etwas jünger, keinesfalls aber natürlich<br />
in einem Alter über 54 Jahren. Ob der bisherige Aristoteles-Studniczka,<br />
unser neuer Platon, dieser Forderung entspricht, scheint mir fraglich.<br />
Ich möchte eher meinen, daß der Dargestellte (Taf. IV 1. 2) mindestens<br />
60 Jahre, wenn nicht älter ist; nach dem Mund zu schließen übrigens<br />
kaum mehr viele Zähne gehabt haben kann. Bei unserem neuen Aristoteles<br />
(bisher Menander-Studniczka) (Taf. II 3. 6. 7) ergeben sich dagegen<br />
keine Schwierigkeiten. Studniczka selbst hat das Alter mit „schon an<br />
die Fünfzig" angegeben. Stimmen diese Altersschätzungen, so kann Lysipp<br />
den Aristoteles-Studniczka (Taf. IV 1. 2), sofern er diesen Namen<br />
beibehalten soll, schon aus chronologischen Gründen nicht geschaffen<br />
haben. Möglich wäre es allenfalls, wenn man dieses Porträt mit uns<br />
Platon heißt, (persönlich würde ich, wie oben gesagt, vorziehen, dieses<br />
Porträt nicht nur Platon zu heißen, sondern es ebenso wie das Euripidesporträt<br />
dem Silanion zuzuweisen). Nach dem eben Dargelegten steht man<br />
zumindest vor der unvermeidlichen Alternative, entweder Lysipp als<br />
Meister des Aristoteles-Studniczka aufzugeben oder die Benennung Aristoteles<br />
fallen zu lassen.<br />
Bekanntlich wurde das „Gesetz der Doppelherme" bei dem Versuch<br />
berufen, den Studniczka-Menander d. h. unseren neuen Aristoteles als<br />
Vergil zu erweisen". Nach diesem Gesetz wären immer nur Persönlichkeiten<br />
gleichartigen Metiers miteinander verbunden worden, und da eine<br />
Doppelherme den sog. Menander mit Homer zu verbinden scheint 82°,<br />
könnte der erstgenannte auch nur ein epischer Dichter d. h. Vergil sein.<br />
Es braucht kaum gesagt zu werden, daß von einer solchen zwingenden<br />
Gesetzmäßigkeit der Doppelhermen kaum die Rede sein kann. Es sind<br />
vielmehr „auch noch andere gleichfalls äußerliche Gesichtspunkte anzunehmen,<br />
etwa Verwandtschaft oder gleiche Herkunft, ja sogar ein subjektiver,<br />
Wünsche der Besteller"". Nicht ganz unnötig ist vielleicht zu<br />
sagen, daß es kein literarisches Zeugnis für die Existenz einer Doppelherme<br />
Homer-Menander gibt, nachdem neuerdings die Ansicht ausgesprochen<br />
wurde, daß eine solche Doppelherme als Besitz des Aelianus<br />
bezeugt sei". Indes handelt es sich nicht um eine Doppelherme, sondern<br />
um zwei Einzelstücke CIG XIV 1188 (Homer) und 1183 (Menander),<br />
was schon daraus hervorgeht, daß, wie die Anmerkungen zu den beiden<br />
lage II (1926) 70-74. Die Texte bequem bei I. Düring, Aristotle in the Ancient<br />
Tradition (1957).<br />
82 I. F. Crome, Das Bildnis Vergils (1935).<br />
82° Die Doppelherme von der Via Appia Nuova, Crome, a. 0. Abb. 1-4.<br />
83 I. Sieveking, Phil. Wochenschr. 56, 1936, 339.<br />
Ch. Picard, Rev. Et. Gr. 56, 1943, 178 f. Das Gleiche wird auch im Kommentar zu<br />
Anthol. Palat. VII, Coll. Bude (1960) 58 gesagt.