1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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46 Konrad Kraft den beiden Werken scheint mir undenkbar. Wenn nun manche Forscher den Euripides als ein Frühwerk des Lysipp ansprechen, so gehört doch wohl auch der Studniczka-Aristoteles in unmittelbare zeitliche Nachbarschaft um spätestens etwa 340, wofür die Benennung Aristoteles auf Grund seiner Lebensdaten unmöglich wäre, Platon dagegen sehr wohl zutreffen könnte". Die Bestimmung des Lebensalters bei Porträts ist bekanntlich fast immer höchst unsicher, und es liegt dem Verfasser gewiß nichts ferner, als darauf bezügliche Eindrücke zum Angelpunkt der Beweisführung zu erheben. Es darf aber vielleicht zur Ergänzung auf folgendes hingewiesen werden. Es ist sicher, daß nicht bloß ein einziger Künstler ein Porträt bzw. eine Statue des Aristoteles schuf. Desweiteren darf man aber als gesichert ansehen, daß Lysipp ein Bildnis des Aristoteles anfertigte, da gut bezeugt ist, daß Alexander der Große eine Statue seines Lehrers in Athen aufstellen ließ, womit er kaum jemand anderen als seinen Hofbildhauer beauftragte. Ferner darf man vermuten, daß sich meist das qualitätvollste Porträt einer berühmten Persönlichkeit durchsetzt und daher auf uns gekommen ist. Damit gelangt man nicht zu Unrecht zu der Forderung, daß dasjenige Porträt, welches man als Aristoteles zu bezeichnen gedenkt, gleichzeitig als Werk des Lysipp sich anerkennen lassen müßte. Daß dies tatsächlich für den bisherigen Menander-Studniczka möglich wäre, wurde vorher anzudeuten versucht. Lysippischer Stil könnte aber auch, nach Meinung mancher Forscher, bei dem bisherigen Aristoteles-Studniczka, unserem neuen Platon, vorliegen. Zu überlegen ist nun zur Klärung der Benennung bzw. der Künstlerzuweisung die Zeit, in welcher Alexander die Statue seines Lehrers anfertigen ließ. Aristoteles ging 334 oder spätestens 333 nach Athen. Zunächst blieben seine Beziehungen zu Alexander noch gut; aber sehr bald setzte eine Entfremdung zwischen dem Herrscher und dem Philosophen ein. Die Hinrichtung des Kallisthenes, des Neffen des Aristoteles, im Jahre 327 dürfte den schon bestehenden Bruch unheilbar gemacht haben. Was wir den antiken Nachrichten entnehmen können, erlaubt nicht, an eine spätere wesentliche Verbesserung des Verhältnisses zu denken. Bekanntlich konnte sich sogar das Gerücht bilden, daß Antipatron mit Wissen und Billigung des Aristoteles den König habe vergiften lassen. Unter diesen Umständen spricht alles dafür, die Stiftung einer von Lysipp, dem Hofbildhauer Alexanders ausgeführten Statue schon um 334-330 anzusetzen. Nur in diesen Jahren scheint Alexander auch sonst durch Schenkungen die Arbeit des Aristoteles gefördert zu haben 81. Damals war Aristoteles zwischen 50 und 54 Jahre alt. Ein Bild- 80 Zu Lysipp: Lippold, RE XIV 48-64; A. Wilhelm, 0 Jh. 33, 1941, 35-45; H. Schuchardt, Festschr. B. Schweitzer (1954) 222-226; G. Kleiner, Festschr. B. Schweitzer (1954), 227-239. 81 Die Einzelbelege bei H. Berve, Das Alexanderreich auf prosopographischer Grund-

Ober die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 47 werk des Lysipp könnte demnach den Philosophen Aristoteles bestenfalls im Alter von 50 Jahren dargestellt haben, eher den allgemeinen Gebräuchen entsprechend noch etwas jünger, keinesfalls aber natürlich in einem Alter über 54 Jahren. Ob der bisherige Aristoteles-Studniczka, unser neuer Platon, dieser Forderung entspricht, scheint mir fraglich. Ich möchte eher meinen, daß der Dargestellte (Taf. IV 1. 2) mindestens 60 Jahre, wenn nicht älter ist; nach dem Mund zu schließen übrigens kaum mehr viele Zähne gehabt haben kann. Bei unserem neuen Aristoteles (bisher Menander-Studniczka) (Taf. II 3. 6. 7) ergeben sich dagegen keine Schwierigkeiten. Studniczka selbst hat das Alter mit „schon an die Fünfzig" angegeben. Stimmen diese Altersschätzungen, so kann Lysipp den Aristoteles-Studniczka (Taf. IV 1. 2), sofern er diesen Namen beibehalten soll, schon aus chronologischen Gründen nicht geschaffen haben. Möglich wäre es allenfalls, wenn man dieses Porträt mit uns Platon heißt, (persönlich würde ich, wie oben gesagt, vorziehen, dieses Porträt nicht nur Platon zu heißen, sondern es ebenso wie das Euripidesporträt dem Silanion zuzuweisen). Nach dem eben Dargelegten steht man zumindest vor der unvermeidlichen Alternative, entweder Lysipp als Meister des Aristoteles-Studniczka aufzugeben oder die Benennung Aristoteles fallen zu lassen. Bekanntlich wurde das „Gesetz der Doppelherme" bei dem Versuch berufen, den Studniczka-Menander d. h. unseren neuen Aristoteles als Vergil zu erweisen". Nach diesem Gesetz wären immer nur Persönlichkeiten gleichartigen Metiers miteinander verbunden worden, und da eine Doppelherme den sog. Menander mit Homer zu verbinden scheint 82°, könnte der erstgenannte auch nur ein epischer Dichter d. h. Vergil sein. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß von einer solchen zwingenden Gesetzmäßigkeit der Doppelhermen kaum die Rede sein kann. Es sind vielmehr „auch noch andere gleichfalls äußerliche Gesichtspunkte anzunehmen, etwa Verwandtschaft oder gleiche Herkunft, ja sogar ein subjektiver, Wünsche der Besteller"". Nicht ganz unnötig ist vielleicht zu sagen, daß es kein literarisches Zeugnis für die Existenz einer Doppelherme Homer-Menander gibt, nachdem neuerdings die Ansicht ausgesprochen wurde, daß eine solche Doppelherme als Besitz des Aelianus bezeugt sei". Indes handelt es sich nicht um eine Doppelherme, sondern um zwei Einzelstücke CIG XIV 1188 (Homer) und 1183 (Menander), was schon daraus hervorgeht, daß, wie die Anmerkungen zu den beiden lage II (1926) 70-74. Die Texte bequem bei I. Düring, Aristotle in the Ancient Tradition (1957). 82 I. F. Crome, Das Bildnis Vergils (1935). 82° Die Doppelherme von der Via Appia Nuova, Crome, a. 0. Abb. 1-4. 83 I. Sieveking, Phil. Wochenschr. 56, 1936, 339. Ch. Picard, Rev. Et. Gr. 56, 1943, 178 f. Das Gleiche wird auch im Kommentar zu Anthol. Palat. VII, Coll. Bude (1960) 58 gesagt.

46 Konrad Kraft<br />

den beiden Werken scheint mir undenkbar. Wenn nun manche Forscher<br />

den Euripides als ein Frühwerk des Lysipp ansprechen, so gehört doch<br />

wohl auch der Studniczka-Aristoteles in unmittelbare zeitliche Nachbarschaft<br />

um spätestens etwa 340, wofür die Benennung Aristoteles auf<br />

Grund seiner Lebensdaten unmöglich wäre, Platon dagegen sehr wohl<br />

zutreffen könnte".<br />

Die Bestimmung des Lebensalters bei Porträts ist bekanntlich fast<br />

immer höchst unsicher, und es liegt dem Verfasser gewiß nichts ferner,<br />

als darauf bezügliche Eindrücke zum Angelpunkt der Beweisführung zu<br />

erheben. Es darf aber vielleicht zur Ergänzung auf folgendes hingewiesen<br />

werden. Es ist sicher, daß nicht bloß ein einziger Künstler ein<br />

Porträt bzw. eine Statue des Aristoteles schuf. Desweiteren darf man<br />

aber als gesichert ansehen, daß Lysipp ein Bildnis des Aristoteles anfertigte,<br />

da gut bezeugt ist, daß Alexander der Große eine Statue seines<br />

Lehrers in Athen aufstellen ließ, womit er kaum jemand anderen als<br />

seinen Hofbildhauer beauftragte. Ferner darf man vermuten, daß sich<br />

meist das qualitätvollste Porträt einer berühmten Persönlichkeit durchsetzt<br />

und daher auf uns gekommen ist. Damit gelangt man nicht zu Unrecht<br />

zu der Forderung, daß dasjenige Porträt, welches man als Aristoteles<br />

zu bezeichnen gedenkt, gleichzeitig als Werk des Lysipp sich anerkennen<br />

lassen müßte. Daß dies tatsächlich für den bisherigen Menander-Studniczka<br />

möglich wäre, wurde vorher anzudeuten versucht. Lysippischer<br />

Stil könnte aber auch, nach Meinung mancher Forscher, bei dem<br />

bisherigen Aristoteles-Studniczka, unserem neuen Platon, vorliegen.<br />

Zu überlegen ist nun zur Klärung der Benennung bzw. der Künstlerzuweisung<br />

die Zeit, in welcher Alexander die Statue seines Lehrers anfertigen<br />

ließ. Aristoteles ging 334 oder spätestens 333 nach Athen. Zunächst<br />

blieben seine Beziehungen zu Alexander noch gut; aber sehr<br />

bald setzte eine Entfremdung zwischen dem Herrscher und dem Philosophen<br />

ein. Die Hinrichtung des Kallisthenes, des Neffen des Aristoteles,<br />

im Jahre 327 dürfte den schon bestehenden Bruch unheilbar gemacht<br />

haben. Was wir den antiken Nachrichten entnehmen können, erlaubt<br />

nicht, an eine spätere wesentliche Verbesserung des Verhältnisses zu<br />

denken. Bekanntlich konnte sich sogar das Gerücht bilden, daß Antipatron<br />

mit Wissen und Billigung des Aristoteles den König habe vergiften<br />

lassen. Unter diesen Umständen spricht alles dafür, die Stiftung<br />

einer von Lysipp, dem Hofbildhauer Alexanders ausgeführten Statue<br />

schon um 334-330 anzusetzen. Nur in diesen Jahren scheint Alexander<br />

auch sonst durch Schenkungen die Arbeit des Aristoteles gefördert zu<br />

haben 81. Damals war Aristoteles zwischen 50 und 54 Jahre alt. Ein Bild-<br />

80 Zu Lysipp: Lippold, RE XIV 48-64; A. Wilhelm, 0 Jh. 33, 1941, 35-45;<br />

H. Schuchardt, Festschr. B. Schweitzer (1954) 222-226; G. Kleiner, Festschr.<br />

B. Schweitzer (1954), 227-239.<br />

81 Die Einzelbelege bei H. Berve, Das Alexanderreich auf prosopographischer Grund-

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