1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft 1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

24.11.2013 Aufrufe

44 Konrad Kraft her festgelegte Platonbenennung hätte man meines Erachtens das stark zerrissene und aufgewühlte Gesicht ohne weiteres auch um 285 angesetzt. Andererseits kann der Verfasser außer den Hemmnissen, welche die Verfilzung einer traditionellen Ansicht ganz natürlich verursacht, keine ernsthaften Gründe sehen, warum der bisherige Aristoteles-Studniczka, d. i. unser neuer Platon (Taf. IV 1-2), nicht in die Zeit des Silanion passen und dessen hohem Ruf als Künstler gerecht werden sollte. Es ist im übrigen nicht einmal gesichert, daß Silanion sein berühmtes Platonporträt schon vor dem Tod des großen Philosophen im Jahre 348 schuf. Außerdem scheint mir wie anderen sicher, daß das wohlbekannte Euripidesporträt von der gleichen Hand stammt wie unser neuer Platon, der bisherige Aristoteles-Studniczka. Die Übereinstimmung in der Haarbehandlung, ja in der Gestaltung der einzelnen Haarlocken ist verblüffend ähnlich". Sollte man nicht schon aus diesem Grunde den Aristoteles-Studniczka der Zeit des Euripidesporträts kurz nach Mitte des 4. Jh. annähern und es Platon benennen können, statt es unter dem Bann einer, wie wir glauben gezeigt zu haben, falschen, zumindest problematischen Aristotelesbenennung zeitlich von dem Euripidesporträt abzurücken 77? Schließlich wird man darauf verweisen wollen, daß der sog. Menander (Taf. II 3) unmöglich Aristoteles heißen könne, weil man die Entstehung dieses Porträts aus stilistischen Gründen frühestens 290 v. Chr., das heißt erst 30 Jahre nach dem Tod des Aristoteles ansetzen könne. Für unsere Beweisführung, die sich ja die Benennung zum Ziel macht, kann selbstverständlich ein Bildnis eines berühmten Mannes zu jedem beliebigen Zeitpunkt nach dessen Tode geschaffen werden. Das einzige grundsätzliche Erfordernis ist lediglich, daß ein stilistischer Ansatz unmöglich wäre, der vor demjenigen Datum liegt, in welchem die betreffende Persönlichkeit dasjenige Alter erreichte, mit welchem sie dargestellt ist. Das heißt in unserem Falle, wenn wir dem Studniczka-Menander den Namen Aristoteles geben, daß es unmöglich wäre, darin Stilmerkmale zu finden, die auf eine Zeit vor 334 v. Chr. führen würden. Das ist bisher aber nicht geschehen. Insofern kann jeder der für dieses Porträt bisher vorgeschlagenen stilistischen Zeitansätze mit der neuen Benennung Aristoteles sich vertragen. Es ist indes mit der Behauptung zu rechnen, daß ein vorzügliches Porträt nur zu Lebzeiten des Dargestellten geschaffen sein könnte, oder zumindest von einem Künstler, der die dargestellte Person noch selbst gesehen habe. Auch wenn man diese ziemlich beliebte Auffassung nicht uneingeschränkt teilt, so muß man ihre Möglichkeit zugeben und hat sich zu fragen, ob eine entsprechende stilistische Einordnung unseres neuen Aristotelesporträts, des bisheri- 76 Vgl. Schefold, Bildnisse 99, 1-2. 77 Vgl. G. Kleiner, Festschr. B. Schweitzer (1954) 237-239.

Ober die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 45 gen Menander-Studniczka, in die Lebenszeit des Dargestellten bis etwa 10 Jahre nach seinem Tode, das wäre etwa zwischen 335 und 310 v. Chr., sicher verneint werden kann. Ich glaube es nicht, sondern vermute, daß ein solcher Ansatz bisher nur deswegen unterblieb, weil das Porträt eben mit der Benennung Menander behaftet war und deshalb nicht über das Todesdatum des mit etwa 50 Jahren um 292 v. Chr. gestorbenen Menander hinaufgerückt werden konnte. Sobald man sich aber von dem Namen Menander freimacht und sich eingesteht, daß es wohl Gründe gibt, die auch die Benennung Aristoteles ermöglichen könnten, so wird sofort der Weg frei, um jene stilistischen Urteile zuzulassen, die zwar auch der Verfasser teilt, für die er aber zweckmäßigerweise andere beruft. Studniczka selbst hat den lysippischen Charakter seines ,Menander` stark betont und dessen Stil mit Bildwerken des Lysipp erläutert. Er spricht geradezu von der „Lysippischen Lebensfülle" des Bildnisses. Erst aus der Lebenszeit des Menander bzw. aus der literarischen Überlieferung, daß die Praxitelessöhne ein Menanderbildnis schufen, ergibt sich für Studniczka dann, daß die Praxitelessöhne, weil sie selbst keine führenden Meister gewesen seien, in das Fahrwasser des Lysipp geraten wären". Wer den sog. Menander (Taf. II 3. 7. 8) frei von jedem Namen neben den Alexander des Lysipp 79 stellt, wird sich schwerlich dem Eindruck überraschender stilistischer Nähe entziehen können; eine eingehende Analyse dürfte es nur bestätigen. Umso weniger können wir es als abwegig empfinden, wenn wir aus anderen, von stilistischen Überlegungen zunächst ganz freien Gründen zu dem Vorschlag kamen, den bisherigen Menander nun Aristoteles zu heißen. Ob man den bisherigen Aristoteles-Studniczka d. i. unseren neuen Platon (Taf. IV 1. 2) in gleicher Weise überzeugend neben den lysippischen Alexander halten kann, scheint mir sehr fraglich. Wer sich aber darauf versteifen will, wäre natürlich daran auch durch die neue Benennung Platon nicht behindert, da ja Lysipp, zumal wenn man ihm eine erste Schaffensperiode um 364 zuschreibt, ohne weiteres den Platon noch zu Lebzeiten porträtiert haben könnte. Und auch wenn man Lysipps Schaffensperiode erst um 340 einsetzen läßt, so kann er Platon sehr wohl gekannt haben und noch vor Ablauf eines Jahrzehntes nach dem Tode des Philosophen ein Bildnis von ihm geschaffen haben. Wir dürfen nochmals daran erinnern, daß der neue Platon (bisher Studniczka-Aristoteles) die engste stilistische Übereinstimmung mit dem Euripides-Porträt aufweist. Die Übereinstimmung geht bis in die kleinsten Details der Haargestaltung. Ein großer Zeitabstand zwischen 79 Studniczka, Menander 20. 23 und Taf. 10. Vgl. Ch. Picard, Rev. Et. Gr. 56, 1943, 179. 79 Exemplar von Pergamon (Mus. Istanbul) G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike (Propyläen-Kunstgeschichte III) 419. Vgl. Lippold, RE XIV 61.

Ober die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 45<br />

gen Menander-Studniczka, in die Lebenszeit des Dargestellten bis etwa<br />

10 Jahre nach seinem Tode, das wäre etwa zwischen 335 und 310 v. Chr.,<br />

sicher verneint werden kann. Ich glaube es nicht, sondern vermute, daß<br />

ein solcher Ansatz bisher nur deswegen unterblieb, weil das Porträt eben<br />

mit der Benennung Menander behaftet war und deshalb nicht über das<br />

Todesdatum des mit etwa 50 Jahren um 292 v. Chr. gestorbenen Menander<br />

hinaufgerückt werden konnte. Sobald man sich aber von dem<br />

Namen Menander freimacht und sich eingesteht, daß es wohl Gründe<br />

gibt, die auch die Benennung Aristoteles ermöglichen könnten, so wird<br />

sofort der Weg frei, um jene stilistischen Urteile zuzulassen, die zwar<br />

auch der Verfasser teilt, für die er aber zweckmäßigerweise andere<br />

beruft.<br />

Studniczka selbst hat den lysippischen Charakter seines ,Menander`<br />

stark betont und dessen Stil mit Bildwerken des Lysipp erläutert. Er<br />

spricht geradezu von der „Lysippischen Lebensfülle" des Bildnisses. Erst<br />

aus der Lebenszeit des Menander bzw. aus der literarischen Überlieferung,<br />

daß die Praxitelessöhne ein Menanderbildnis schufen, ergibt sich<br />

für Studniczka dann, daß die Praxitelessöhne, weil sie selbst keine führenden<br />

Meister gewesen seien, in das Fahrwasser des Lysipp geraten<br />

wären". Wer den sog. Menander (Taf. II 3. 7. 8) frei von jedem Namen<br />

neben den Alexander des Lysipp 79 stellt, wird sich schwerlich dem Eindruck<br />

überraschender stilistischer Nähe entziehen können; eine eingehende<br />

Analyse dürfte es nur bestätigen. Umso weniger können wir es<br />

als abwegig empfinden, wenn wir aus anderen, von stilistischen Überlegungen<br />

zunächst ganz freien Gründen zu dem Vorschlag kamen, den<br />

bisherigen Menander nun Aristoteles zu heißen.<br />

Ob man den bisherigen Aristoteles-Studniczka d. i. unseren neuen<br />

Platon (Taf. IV 1. 2) in gleicher Weise überzeugend neben den lysippischen<br />

Alexander halten kann, scheint mir sehr fraglich. Wer sich aber<br />

darauf versteifen will, wäre natürlich daran auch durch die neue Benennung<br />

Platon nicht behindert, da ja Lysipp, zumal wenn man ihm<br />

eine erste Schaffensperiode um 364 zuschreibt, ohne weiteres den Platon<br />

noch zu Lebzeiten porträtiert haben könnte. Und auch wenn man<br />

Lysipps Schaffensperiode erst um 340 einsetzen läßt, so kann er Platon<br />

sehr wohl gekannt haben und noch vor Ablauf eines Jahrzehntes nach<br />

dem Tode des Philosophen ein Bildnis von ihm geschaffen haben. Wir<br />

dürfen nochmals daran erinnern, daß der neue Platon (bisher Studniczka-Aristoteles)<br />

die engste stilistische Übereinstimmung mit dem Euripides-Porträt<br />

aufweist. Die Übereinstimmung geht bis in die kleinsten<br />

Details der Haargestaltung. Ein großer Zeitabstand zwischen<br />

79 Studniczka, Menander 20. 23 und Taf. 10. Vgl. Ch. Picard, Rev. Et. Gr. 56, 1943, 179.<br />

79 Exemplar von Pergamon (Mus. Istanbul) G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike<br />

(Propyläen-Kunstgeschichte III) 419. Vgl. Lippold, RE XIV 61.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!