1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Ober die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 39<br />
manchen Bildnissen zu uns spricht, mit der Vorstellung, die man sich<br />
jetzt von dem Philosophen macht: er ist ein Mensch, der nicht lacht,<br />
dem der schwere Ernst des Denkens alle seine Tage ausfülle"'. Schließlich<br />
kann man dann, von der allmählichen Gewöhnung an das Porträt<br />
unterstützt, die Worte finden: „So sehen Weise aus, wenn sie lange genug<br />
auf der Erde verharren. Platon sah das Tiefste aus der Kraft klassischen<br />
Wesens, als die Zeitgenossen seinen Weg schon nicht mehr mitgehen<br />
konnten, den letzten Weg des klassischen Griechentums. In seiner<br />
Schau ist kein Verzicht, wie später in der des Aristoteles, wohl aber in<br />
seinem Wirken. Davon zeugt auch dieses Bildnis, und so nennt ihn<br />
Goethe den ,seligen Geist, dem es beliebte, einige Zeit auf der Welt zu<br />
herberged." 66. So sehr man den schönen Worten für Platon als Persönlichkeit<br />
zustimmen kann, so wenig vermag man sich mit der Auffassung<br />
zu befreunden, daß das bisher gültige Platonporträt dies wirklich bezeuge.<br />
Es ist nun einmal ein etwas mürrisches und aufgewühltes, um nicht<br />
zu sagen verkniffenes Gesicht. Es besteht daher noch mehr Anlaß nachzuprüfen,<br />
wie dieses Porträt zu der Benennung Platon kam. Auch hier<br />
stellt sich heraus, daß die Benennung erst jüngeren Datums ist. Das<br />
Porträt führte früher die Bezeichnung Zenon, welche auch auf der Kopie<br />
im Vatikan (Taf. V 3) aufgeschrieben ist.<br />
Ausgangspunkt für die Änderung der Namengebung war, daß die Berliner<br />
Museen die sog. Castellaniherme erwarben, die das gleiche Porträt<br />
zeigt wie das Stück des Vatikans, darunter aber den eingemeißelten<br />
Namen ,Platon' trägt. Nach dieser Erwerbung ging begreiflicherweise<br />
von Berlin das Bemühen aus, von den zwei durch Inschriften überlieferten<br />
Namen demjenigen der in Berliner Besitz befindlichen Büste, also<br />
,Platon' Geltung zu verschaffen. Dazu mußte die Inschrift des Berliner<br />
Stückes als antik, die des vatikanischen Porträts als modern erwiesen<br />
werden. Helbig erklärte denn auch, als er die Castellaniherme als Neu.<br />
erwerbung Berlins vorstellte: „die auf der Büste [des Vatikans] nicht<br />
so sehr eingemeißelte wie eingeritzte Inschrift ZHNS2N (Taf. V 3) ist<br />
durch die unsicheren Züge der Buchstaben deutlich als moderne Fälschung<br />
erkennbar" 87. Im Ernst sind weder diese Kriterien so eindeutig<br />
ausgeprägt noch wären eben überhaupt schwache Einritzung der Inschrift<br />
oder unsichere Führung der Buchstaben brauchbare Kennzeichen<br />
moderner Fälschung. Die Behauptung unsicherer Führung der Buchstaben<br />
ist überdies reichlich subjektiv; man vergleiche nur die Zenon-<br />
Inschriften Taf. V 3 und V 4; die letztere angeblich allein echte Inschrift<br />
ist nicht anders beschaffen als die erstere 68. Die geringere Deut-<br />
66 Ed. Schmidt, JdI 47, 1932, 248.<br />
66 Schefold, Bildnisse 74.<br />
67 JdI 1, 1886, 70-78.<br />
68 Sonst wird natürlich im allgemeinen bei Abbildungen der untere Teil der Herme<br />
des Vatikan mit dem Namen regelmäßig fortgelassen.