1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Ober die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 37<br />
der Glaspaste erledigt und man müßte einen anderen Namen suchen —<br />
oder aber das bisherige Platonporträt wäre falsch benannt. Diese zweite<br />
Möglichkeit ist nicht so einfach von der Hand zu weisen, wie man auf<br />
Anhieb meinen möchte. Bei näherem Zusehen stellt sich vielmehr heraus,<br />
daß die bisherige Benennung des Platonporträts keineswegs auf<br />
sehr festen Füßen steht. Sie beruht auf der Ausdeutung von Beschriftungen,<br />
deren Problematik sich später noch zeigen wird. Was wir an<br />
antiken Beschreibungen Platons besitzen, paßt ebenfalls nicht zu dem<br />
bisher als Platon geltenden Kopf. Mit den bei Diogenes Laertios III 28<br />
vorzufindenden Versen des Komödiendichters Amphis, eines Zeitgenossen<br />
Platons: „Platon, der du nichts verstehst als ernst (düster, unlustig)<br />
dreinzuschauen, nachdem du wie eine Schnecke würdig die Augenbrauen<br />
gehoben hast"60, ist praktisch wenig anzufangen, da der Vorwurf in der<br />
Manier des Aristophanes, ganz abgesehen von der Frage der Glaubwürdigkeit,<br />
mehr die Verhaltensweise als die Physiognomie kennzeichnen<br />
soll und überdies als allgemeiner Topos schlechthin zur Charakteristik<br />
von Philosophen verwendet wird. Etwas mehr läßt sich aber<br />
Olympiodors Vita Platonis entnehmen, wo es heißt: „Platon wurde so<br />
genannt, weil zwei Teile seines Körpers von ungewöhnlicher Breite<br />
waren, die Brust und die Stirne, wie man aus seinen überall aufgestellten<br />
Bildnissen sehen kann" 81. Die Angabe ist deswegen besonders wertvoll,<br />
weil sie sich ausdrücklich auf die damals vorhandenen Bildwerke<br />
bezieht.<br />
Ein Blick auf das bisher als Platon geltende Porträt (Taf. V 2. 3, VI 2;<br />
dazu die Kopien Boehringer Taf. 6. 18. 40. 43. 70) zeigt wenig von einer<br />
extrem breiten Stirn. Hingegen weist der bisherige Aristoteles-Studniczka<br />
(Taf. IV 2) ein ganz auffällig breites Oberteil auf, welches geradezu abnorm<br />
über den Ohren ausbuchtet, und ebenso auffällig wölbt sich die<br />
Stirne stark empor". Dieser Kopf paßt ohne Zweifel ganz ausgezeichnet<br />
zu der von Olympiodor gegebenen Charakterisierung, sicher viel<br />
besser als das bisher Platon genannte Porträt. Das kleinglyptische Pendant<br />
zu der Rundplastik des bisherigen Aristoteles-Studniczka ist aber, wie<br />
vorher gezeigt, jenes sehr häufige Glaspastenporträt (Taf. IV 3. 4), für<br />
welches wir aus der Dreierkombination mit Sokrates und Aristoteles<br />
6° Diog. Laert. III 28: •g2 Inciuov, eog oi,8ev oToect 3tkir CSXUOQW7T«EI,V u6vov, eticritee<br />
xoxMct; crEuviiic gnioxiog Tag öfflig. Das Ernst-Dreinblicken und das würdige<br />
Hochziehen der Augenbrauen ist ein allgemeines Topos in der Polemik gegen die<br />
Philosophen; vgl. R. Helm, Lucian und Menipp (1906) 377 mit den dort in Anm. 4<br />
angegebenen Belegstellen.<br />
61 Olympiodor, vita Platonis 2: ixt .18'ofrrw 0 ötä. th 815o I.LÖQLOC TOÜ acüuccrog gxetv<br />
7d.crrkirata, t6 TE cri,ovov xai TÖ IIETWX0V, (7);<br />
naVTC4X0ii ai ävuxsiusvat<br />
airroi," Eix6ve5 ovtw cputvousvcu.<br />
62 Vgl. R. Boehringer, Platon, Bildnisse und Nachweise (1935) 5: [vom bisherigen<br />
Platon] „Haupt, dessen Oberkopf nicht wie die Aristotelische Kuppel des Nous unverhältnismäßig<br />
über die Schläfen hinausdrängt".