1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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über die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 35<br />
nur eine erstrangige philosophische Berühmtheit in Frage. Das nächste<br />
Problem ist also, dem bisherigen Aristoteles-Studniczka eine glaubhafte<br />
Benennung zu verschaffen.<br />
Wir müssen zu diesem Zweck nochmals zu unseren kleinen Glaspasten<br />
zurückkehren. Wir fanden dort sechs Philosophenbildnisse: seltener<br />
Chrysipp und Epikur und einen Bärtigen; ferner drei besonders<br />
häufig vorkommende Bildnisse. Von diesen konnten wir gleich eines mit<br />
Sokrates benennen, ein anderes, unbärtiges stellte sich nach längerer<br />
Untersuchung mit begründeter Wahrscheinlichkeit als Aristoteles heraus.<br />
Für das dritte besonders häufige Glaspastenporträt des Philosophen Nr. 6<br />
mit vollem Bart (Taf. I 13-28; III 4; IV 3.4) ist ein Name noch zu<br />
suchen. Halten wir zunächst nach dem rundplastischen Pendant Umschau,<br />
so stellt sich bald heraus, daß überraschend gut jener Kopf entspricht,<br />
den man bisher, wie wir nachzuweisen suchten, fälschlich als<br />
Aristoteles bezeichnete, nämlich der Aristoteles-Studniczka. Ein Vergleich<br />
der Profilansicht des Wiener Kopfes (Taf. IV 1) mit unserer Glaspaste<br />
(Taf. IV 3) wird manchem Betrachter zunächst allerdings insofern<br />
negativ ausfallen, als die Glaspasten ohne Zweifel eine Adlernase zeigen.<br />
Der Gesamtumriß des Kopfes insbesondere die stark hochgewölbte, fast<br />
nach vorne überneigende Stirn, Bart und Formung des Gesichtes würden<br />
jedoch sehr gut entsprechen, soweit das bei einem Vergleich zwischen<br />
einem 7 mm großen, massenhaft gefertigten Glaspastenporträt (Taf.<br />
IV 3 b) und einem fast lebensgroßen rundplastischen Kopf überhaupt<br />
erwartet werden kann. Indes scheint, wie schon gesagt, die Adlernase<br />
einer Identifizierung eindeutig zu widersprechen. Jedoch ist bei dem<br />
rundplastischen Kopf in Wien die Nase bekanntlich ergänzt, also nicht<br />
verbindlich. Dies ist aber auch bei allen von Studniczka beigebrachten<br />
Kopien der Fall, so bei dem Exemplar in Athen (Studniczka A—B, Taf.<br />
III 2. 3), ebenso bei C (Florenz), D (Kopenhagen), E (New York), F (Palermo),<br />
G (Paris), H (Rom, Thermenmuseum), I (Rom, Via Margutta),<br />
K (Castellani) und, wie schon gesagt, bei L (Wien) 59. Ziemlich<br />
unverständlich ist angesichts dieser Tatsachen, daß Bernoulli darauf hinwies,<br />
daß alle die von Studniczka beigebrachten Kopien eine gerade<br />
Nase hätten. Dies war für Bernoulli auch der Grund, die Identifizierung<br />
mit den Zeichnungen des Ursinus-Büstchens (Taf. IV 5) in Frage zu<br />
stellen, da dieses eine Adlernase aufweist. Bernoulli meint, die Identifizierung<br />
wäre nur unter der Annahme möglich, daß das Ursinus-Büstchen<br />
eine falsch ergänzte Nase habe 59. In Wirklichkeit ist aber die Sachlage<br />
wohl umgekehrt, daß nämlich die uns erhaltenen Kopien falsch<br />
58 Vgl. die genauen Beschreibungen der Erhaltungszustände bei Studniczka, Aristoteles,<br />
21-25. Vgl. ferner das gleichfalls nasen-lose Exemplar aus dem Kunsthandel,<br />
E. Buschor, Das Porträt (1960), S. 113 Abb. 77.<br />
59 Bernoulli, Griech. Ikonogr. II 98; wiederholt von Jongkees, a. 0. 20.<br />
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