1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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34 Konrad Kraft Philosophen. Es sind sichtlich jene drei Philosophen gemeint, die uns schon auf anderen Sarkophagen begegneten. Bei dem jüngeren Philosophen (in der Mitte neben dem Verstorbenen) darf auf die sehr scharf und tief geprägte Falte im Gesicht hingewiesen werden, die wir ebenso auf den Glaspasten unseres Aristoteles fanden. Daß eine Philosophendreiergruppe, die einen unbärtigen Philosophen enthielt, in der Antike existiert, wird im übrigen auch durch eine spätere Erscheinung nahegelegt. Die Gruppe der drei Jünger, die des öfteren sich aus der Schar der Apostel herauslöst, Petrus, Jacobus und Johannes, und die auch als Gruppe für sich auftreten, zeigt meist ziemlich genau die gleichen drei Typen, wie wir sie eben bei den Sarkophagen feststellen: einen älteren mit Glatze (Petrus), einen vollbärtigen (Jakobus), einen unbärtigen, mehr jugendlichen Mann (Johannes). Es ist wohl möglich, daß hier wie auch sonst so oft eine Nachahmung eines antiken Vorbildes, d. h. in unserem Fall eben jener Dreiergruppe von Philosophen auf den Sarkophagen vorliegt, die, ähnlich wie die drei Jünger im Kreis der Apostel, ebenfalls häufig bei den Darstellungen in einer größeren Gruppe von weisen Männern mehr oder weniger verschwinden. Aus dem eben skizzierten Befund auf Sarkophagen darf wohl entnommen werden, daß es kaum angeht, die Unbärtigkeit eines Philosophen von vorneherein als unmöglich auszuschließen. Wir fanden vielmehr auf verschiedenen Sarkophagen eine Dreiergruppe von Philosophen, von denen der eine die für Sokrates typische Mittelglatze hat, ein zweiter mit vollem Haupt- und Barthaar erscheint, und ein dritter unbärtig (ausnahmsweise auch mit kurzem Bart) dargestellt wird. Nachdem dieser Unbärtige nicht selten auch durch die nackte Schulter und die zum Kinn erhobene Hand gekennzeichnet wird, ist es kaum zu gewagt, in der philosophischen Dreiergruppe der Sarkophage eben jene drei Philosophen wiederzuerkennen, die schon im 1. Jh. v. Chr. auf den Glaspasten (Taf. III 3-5) mit besonderer Häufigkeit vorkommen. Das heißt nochmals, daß man die schon mit verschiedenen Begründungen vorgeschlagene Benennung Aristoteles für ein unbärtiges Porträt nicht einfach mit der simplen Behauptung ausschließen kann, daß Aristoteles wie jeder griechische Philosoph einen Bart getragen haben müsse. ,Platon` statt ‚Aristoteles' Wenn man damit aber die Benennung Aristoteles für den bisherigen Menander als immerhin möglich und diskutierbar zulassen muß, so stellt sich sofort, scheinbar noch schwerer zu überwinden, die drängende Frage in den Weg, wie denn dann der seit Studniczka als Aristoteles geführte bärtige Porträttyp (Taf. IV 1. 2) benannt werden sollte. Angesichts des relativ häufigen Vorkommens dieses Porträttyps käme immer

über die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 35 nur eine erstrangige philosophische Berühmtheit in Frage. Das nächste Problem ist also, dem bisherigen Aristoteles-Studniczka eine glaubhafte Benennung zu verschaffen. Wir müssen zu diesem Zweck nochmals zu unseren kleinen Glaspasten zurückkehren. Wir fanden dort sechs Philosophenbildnisse: seltener Chrysipp und Epikur und einen Bärtigen; ferner drei besonders häufig vorkommende Bildnisse. Von diesen konnten wir gleich eines mit Sokrates benennen, ein anderes, unbärtiges stellte sich nach längerer Untersuchung mit begründeter Wahrscheinlichkeit als Aristoteles heraus. Für das dritte besonders häufige Glaspastenporträt des Philosophen Nr. 6 mit vollem Bart (Taf. I 13-28; III 4; IV 3.4) ist ein Name noch zu suchen. Halten wir zunächst nach dem rundplastischen Pendant Umschau, so stellt sich bald heraus, daß überraschend gut jener Kopf entspricht, den man bisher, wie wir nachzuweisen suchten, fälschlich als Aristoteles bezeichnete, nämlich der Aristoteles-Studniczka. Ein Vergleich der Profilansicht des Wiener Kopfes (Taf. IV 1) mit unserer Glaspaste (Taf. IV 3) wird manchem Betrachter zunächst allerdings insofern negativ ausfallen, als die Glaspasten ohne Zweifel eine Adlernase zeigen. Der Gesamtumriß des Kopfes insbesondere die stark hochgewölbte, fast nach vorne überneigende Stirn, Bart und Formung des Gesichtes würden jedoch sehr gut entsprechen, soweit das bei einem Vergleich zwischen einem 7 mm großen, massenhaft gefertigten Glaspastenporträt (Taf. IV 3 b) und einem fast lebensgroßen rundplastischen Kopf überhaupt erwartet werden kann. Indes scheint, wie schon gesagt, die Adlernase einer Identifizierung eindeutig zu widersprechen. Jedoch ist bei dem rundplastischen Kopf in Wien die Nase bekanntlich ergänzt, also nicht verbindlich. Dies ist aber auch bei allen von Studniczka beigebrachten Kopien der Fall, so bei dem Exemplar in Athen (Studniczka A—B, Taf. III 2. 3), ebenso bei C (Florenz), D (Kopenhagen), E (New York), F (Palermo), G (Paris), H (Rom, Thermenmuseum), I (Rom, Via Margutta), K (Castellani) und, wie schon gesagt, bei L (Wien) 59. Ziemlich unverständlich ist angesichts dieser Tatsachen, daß Bernoulli darauf hinwies, daß alle die von Studniczka beigebrachten Kopien eine gerade Nase hätten. Dies war für Bernoulli auch der Grund, die Identifizierung mit den Zeichnungen des Ursinus-Büstchens (Taf. IV 5) in Frage zu stellen, da dieses eine Adlernase aufweist. Bernoulli meint, die Identifizierung wäre nur unter der Annahme möglich, daß das Ursinus-Büstchen eine falsch ergänzte Nase habe 59. In Wirklichkeit ist aber die Sachlage wohl umgekehrt, daß nämlich die uns erhaltenen Kopien falsch 58 Vgl. die genauen Beschreibungen der Erhaltungszustände bei Studniczka, Aristoteles, 21-25. Vgl. ferner das gleichfalls nasen-lose Exemplar aus dem Kunsthandel, E. Buschor, Das Porträt (1960), S. 113 Abb. 77. 59 Bernoulli, Griech. Ikonogr. II 98; wiederholt von Jongkees, a. 0. 20. 3•

34 Konrad Kraft<br />

Philosophen. Es sind sichtlich jene drei Philosophen gemeint, die uns<br />

schon auf anderen Sarkophagen begegneten. Bei dem jüngeren Philosophen<br />

(in der Mitte neben dem Verstorbenen) darf auf die sehr scharf<br />

und tief geprägte Falte im Gesicht hingewiesen werden, die wir ebenso<br />

auf den Glaspasten unseres Aristoteles fanden.<br />

Daß eine Philosophendreiergruppe, die einen unbärtigen Philosophen<br />

enthielt, in der Antike existiert, wird im übrigen auch durch eine spätere<br />

Erscheinung nahegelegt. Die Gruppe der drei Jünger, die des öfteren<br />

sich aus der Schar der Apostel herauslöst, Petrus, Jacobus und Johannes,<br />

und die auch als Gruppe für sich auftreten, zeigt meist ziemlich<br />

genau die gleichen drei Typen, wie wir sie eben bei den Sarkophagen<br />

feststellen: einen älteren mit Glatze (Petrus), einen vollbärtigen (Jakobus),<br />

einen unbärtigen, mehr jugendlichen Mann (Johannes). Es ist wohl<br />

möglich, daß hier wie auch sonst so oft eine Nachahmung eines antiken<br />

Vorbildes, d. h. in unserem Fall eben jener Dreiergruppe von Philosophen<br />

auf den Sarkophagen vorliegt, die, ähnlich wie die drei Jünger im<br />

Kreis der Apostel, ebenfalls häufig bei den Darstellungen in einer größeren<br />

Gruppe von weisen Männern mehr oder weniger verschwinden.<br />

Aus dem eben skizzierten Befund auf Sarkophagen darf wohl entnommen<br />

werden, daß es kaum angeht, die Unbärtigkeit eines Philosophen<br />

von vorneherein als unmöglich auszuschließen. Wir fanden vielmehr auf<br />

verschiedenen Sarkophagen eine Dreiergruppe von Philosophen, von denen<br />

der eine die für Sokrates typische Mittelglatze hat, ein zweiter mit<br />

vollem Haupt- und Barthaar erscheint, und ein dritter unbärtig (ausnahmsweise<br />

auch mit kurzem Bart) dargestellt wird. Nachdem dieser<br />

Unbärtige nicht selten auch durch die nackte Schulter und die zum<br />

Kinn erhobene Hand gekennzeichnet wird, ist es kaum zu gewagt, in<br />

der philosophischen Dreiergruppe der Sarkophage eben jene drei Philosophen<br />

wiederzuerkennen, die schon im 1. Jh. v. Chr. auf den Glaspasten<br />

(Taf. III 3-5) mit besonderer Häufigkeit vorkommen. Das heißt<br />

nochmals, daß man die schon mit verschiedenen Begründungen vorgeschlagene<br />

Benennung Aristoteles für ein unbärtiges Porträt nicht einfach<br />

mit der simplen Behauptung ausschließen kann, daß Aristoteles wie<br />

jeder griechische Philosoph einen Bart getragen haben müsse.<br />

,Platon` statt ‚Aristoteles'<br />

Wenn man damit aber die Benennung Aristoteles für den bisherigen<br />

Menander als immerhin möglich und diskutierbar zulassen muß, so<br />

stellt sich sofort, scheinbar noch schwerer zu überwinden, die drängende<br />

Frage in den Weg, wie denn dann der seit Studniczka als Aristoteles<br />

geführte bärtige Porträttyp (Taf. IV 1. 2) benannt werden sollte. Angesichts<br />

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