1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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32 Konrad Kraft lichkeit mit dem Glaspastenporträt auf (Taf. II 1.4), das wir als Aristoteles betrachten. Diese Dreiergruppe eines Sokrates-ähnlichen, eines vollbärtigen und eines mehr jugendlichen Philosophen ohne Bart (gelegentlich mit kurzgestutztem Bart) findet sich, wie es scheint, des öfteren. So auf dem Sarkophag Torlonia 595 (Taf. III 1)". Ferner ist eine Dreiergruppe auf einem Sarkophag in Istanbul aus der Mitte des 3. Jh. n. Chr. zu nennen. Die vier Seiten des Sarkophages von Seleucia findet man abgebildet in Sardis V, 1 51. Auf der rechten Schmalseite (Taf. III 2) sind dargestellt: in der Mitte ein bärtiger Mann mit stark herabhängendem, in eine Spitze zulaufendem Bart, an seiner linken Seite ein bärtiger Mann mit vollem Haar und unten abgerundetem Vollbart, an der rechten Seite ein junger unbärtiger Mann mit nackter rechter Schulter. Aus den Resten am Hals ist sicher, daß die Hand zum Kinn erhoben war. Dieser Gestus kommt bei der Figur auch sonst vor, wie die Parallele auf dem Fragment eines Sarkophages von Denizli im Louvre (Taf. III 7) zeigt"; jedoch gibt es die Gestalt auch mit hängendem Arm". Schon die Tatsache, daß die Figur häufiger auf Sarkophagen zu finden ist, schließt aus, daß es sich um „Verstorbene und vielleicht Mitglieder eines Mysterienkultes" handelt, wie man gelegentlich vermutete". Es liegt ohne Zweifel ein schon älteres und weitverbreitetes Schema zugrunde. Daß es Philosophen sind, dürfte durch die Buchrollen in den Händen der Personen sicher sein. Dichter können es schon aus ikonographischen Gründen nicht sein; die Darstellung eines Dichters auf der Breitseite des Sarkophags schließt es zusätzlich aus. Daß die drei Philosophen nicht etwa nur Bestandteile einer auf der Breitseite weiterlaufenden Gruppe der sieben Weisen sind, ist gesichert. Die Darstellung der philosophischen Bildung und Interessen des Verstorbenen durch die drei Philosophen fügt sich ferner sehr gut in den Gesamtcharakter des Bildschmuckes des Sarkophags. Auf der einen Breitseite ist ohne Zweifel die Dichtkunst bzw. das Interesse des Verstorbenen an der Poesie symbolisiert, auf der anderen Breitseite sind die schönen Künste durch die Musen symbolisiert 54• ; auf der einen Schmalseite in einer Eberjagdszene seine Virtus ausgedrückt. Die andere Schmalseite ist sinnvoll der Philosophie vorbehalten; leider ist der Oberteil des mittleren Philosophenkopfes abgebrochen 5° Vgl. H. v. Heintze, Röm. Mitt. 66, 1959, 189: „Sokratesähnlicher Philosoph". 51 Ch. Morey, The Sarcophagus of Claudia Antonia Sabina, 1924 (Sardis V 1) Abb. 61-63. 52 Sardis V 1, Abb. 28. 53 Sarkophagfragment in Athen, Sardis V 1, Abb. 23. Der gleiche Typus auch auf einem Fragment des Sarkophags von Kutaya im Mus. Brussa, Sardis V 1, Abb. 38. 54 D. Wulff, Altchristl. u. byzantin. Kunst I (Neudruck 1936) 172. Wulff spricht übrigens auch (weiter unten auf S. 172) von „Dreiverein von Mysten oder Philosophen". 54• Sardis V 1, Abb. 62.

Über die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 33 (Taf. III 2). Ich bin überzeugt, daß dieser die Mittelglatze des Sokratestyps trug. Die Vermutung ist angesichts der schon vorgelegten Parallelen an sich schon nicht besonders gewagt. Sie wird überdies durch den in einer Spitze auslaufenden Bart, wie er gerade für die Sokratesbildnisse charakteristisch ist", bestätigt. Wieder haben wir also eine Dreiergruppe von Männern, die man mit gutem Grund als Philosophen ansprechen darf. Dabei befindet sich ein unbärtiger Philosoph, und sein besonderes Kennzeichen ist die nackte Schulter: exserto bracchio. Daran konnte ihn der weniger gebildete Beschauer sofort erkennen, sicher besser als an seinen Porträtzügen. Merkwürdig ist ferner, daß bei diesem Typ des unbärtigen Philosophen auch wieder die zum Kinn geführte Hand auftaucht, die uns schon beim Acilia-Sarkophag (Taf. III 6) als Charakteristicum begegnete; und beides, exserto bracchio und Hand am Kinn, waren bei dem Philosophen auf den Glaspasten (Taf. II 1.4) zu finden. Daß es sich bei den drei Philosophen, die, wie es scheint, ein weitverbreitetes Schema verkörpern, nur um hochberühmte und allgemein bekannte Persönlichkeiten handeln kann, braucht man kaum zu sagen 36. Natürlich kann man nicht fordern, daß die drei Personen ständig haargenau gleich in allen Details ausgeführt worden sein müßten. Dem Beschauer war im allgemeinen sicher von vorneherein bekannt, wer die drei Männer waren. Wenn daher z. B. der Unbärtige auch mit gesenktem Arm vorkommt, so besagt das selbstverständlich nichts, und ebensowenig wenn der jüngere, normalerweise unbärtige Mann einmal einen kurzen Bart auf der Oberlippe (Taf. III 1) oder auch an den Wangen trägt. Daher darf auch das bekannte sog. Plotinrelief der Reihe der Darstellungen einer bekannten Dreiergruppe von Philosophen zugerechnet werden. Auch hier findet man links den Philosophen mit der Glatze, rechts den Philosophen mit vollem Bart und Haar, in der Mitte einen jüngeren Philosophen mit kurzgehaltenem Bart. Daß diese letztere Darstellung denselben Mann meint, wie er sonst ohne Bart erscheint, dürfte nach den vorher angegebenen Parallelen kaum einem Zweifel unterliegen. Merkwürdigerweise hat man in diesen drei Philosophen Zeitgenossen des in der Mitte dargestellten Verstorbenen und eine Disputation mit diesen erkennen wollen". Das letztere ist schon deshalb unglaublich, weil sich zwei der Philosophen nach auswärts und nicht zur Mitte wenden. Die unterschiedliche Haarbehandlung zeigt auch hier die Herkunft aus einem traditionellen Schema einer Dreiergruppe von 55 Vgl. Schefold, Bildnisse 68. 82. 56 Es dürfte an der Dreiergruppierung, welche auch die drei Lebensalter zum Ausdruck bringt, liegen, wenn der unbärtige Philosoph oft stark verjugendlicht wird. Ich halte es sogar für möglich, daß die Glaspasten vom Typ Kopenhagen 1182 lediglich eine jugendliche Gestaltung des normalerweise auf den Glaspasten etwas älter auftretenden Aristoteles sind. 57 So G. Rodenwaldt, Jd I 51, 1936, 103. F. Gerke, Christi. Sarkophage 291. 3

32 Konrad Kraft<br />

lichkeit mit dem Glaspastenporträt auf (Taf. II 1.4), das wir als Aristoteles<br />

betrachten.<br />

Diese Dreiergruppe eines Sokrates-ähnlichen, eines vollbärtigen und<br />

eines mehr jugendlichen Philosophen ohne Bart (gelegentlich mit kurzgestutztem<br />

Bart) findet sich, wie es scheint, des öfteren. So auf dem<br />

Sarkophag Torlonia 595 (Taf. III 1)". Ferner ist eine Dreiergruppe auf<br />

einem Sarkophag in Istanbul aus der Mitte des 3. Jh. n. Chr. zu nennen.<br />

Die vier Seiten des Sarkophages von Seleucia findet man abgebildet in<br />

Sardis V, 1 51. Auf der rechten Schmalseite (Taf. III 2) sind dargestellt:<br />

in der Mitte ein bärtiger Mann mit stark herabhängendem, in eine<br />

Spitze zulaufendem Bart, an seiner linken Seite ein bärtiger Mann mit<br />

vollem Haar und unten abgerundetem Vollbart, an der rechten Seite ein<br />

junger unbärtiger Mann mit nackter rechter Schulter. Aus den Resten<br />

am Hals ist sicher, daß die Hand zum Kinn erhoben war. Dieser Gestus<br />

kommt bei der Figur auch sonst vor, wie die Parallele auf dem Fragment<br />

eines Sarkophages von Denizli im Louvre (Taf. III 7) zeigt"; jedoch<br />

gibt es die Gestalt auch mit hängendem Arm". Schon die Tatsache,<br />

daß die Figur häufiger auf Sarkophagen zu finden ist, schließt<br />

aus, daß es sich um „Verstorbene und vielleicht Mitglieder eines Mysterienkultes"<br />

handelt, wie man gelegentlich vermutete". Es liegt ohne<br />

Zweifel ein schon älteres und weitverbreitetes Schema zugrunde. Daß<br />

es Philosophen sind, dürfte durch die Buchrollen in den Händen der Personen<br />

sicher sein. Dichter können es schon aus ikonographischen Gründen<br />

nicht sein; die Darstellung eines Dichters auf der Breitseite des Sarkophags<br />

schließt es zusätzlich aus. Daß die drei Philosophen nicht etwa<br />

nur Bestandteile einer auf der Breitseite weiterlaufenden Gruppe der<br />

sieben Weisen sind, ist gesichert. Die Darstellung der philosophischen<br />

Bildung und Interessen des Verstorbenen durch die drei Philosophen<br />

fügt sich ferner sehr gut in den Gesamtcharakter des Bildschmuckes des<br />

Sarkophags. Auf der einen Breitseite ist ohne Zweifel die Dichtkunst<br />

bzw. das Interesse des Verstorbenen an der Poesie symbolisiert, auf der<br />

anderen Breitseite sind die schönen Künste durch die Musen symbolisiert<br />

54• ; auf der einen Schmalseite in einer Eberjagdszene seine Virtus ausgedrückt.<br />

Die andere Schmalseite ist sinnvoll der Philosophie vorbehalten;<br />

leider ist der Oberteil des mittleren Philosophenkopfes abgebrochen<br />

5° Vgl. H. v. Heintze, Röm. Mitt. 66, 1959, 189: „Sokratesähnlicher Philosoph".<br />

51<br />

Ch. Morey, The Sarcophagus of Claudia Antonia Sabina, 1924 (Sardis V 1)<br />

Abb. 61-63.<br />

52 Sardis V 1, Abb. 28.<br />

53 Sarkophagfragment in Athen, Sardis V 1, Abb. 23. Der gleiche Typus auch auf<br />

einem Fragment des Sarkophags von Kutaya im Mus. Brussa, Sardis V 1, Abb. 38.<br />

54 D. Wulff, Altchristl. u. byzantin. Kunst I (Neudruck 1936) 172. Wulff spricht<br />

übrigens auch (weiter unten auf S. 172) von „Dreiverein von Mysten oder Philosophen".<br />

54• Sardis V 1, Abb. 62.

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