1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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30 Konrad Kraft<br />
Studniczkas herausgestellt. Es bleibt damit von der vielfach für so tragfähig<br />
angesehenen Basis der Beweisführung Studniczkas schlechterdings<br />
kaum etwas übrig. Von seinen Gründen für die Menanderbenennung<br />
der bartlosen Porträts war bisher schon kaum noch etwas übrig.<br />
Es ist verständlich, daß man sich trotz der vorgebrachten Gründe<br />
den neuen Umbenennungen, nachdem man so lange an andere gewöhnt<br />
war, einfach schon gefühlsmäßig nicht eben leicht anschließen wird;<br />
dies auch aus dem Unbehagen heraus, daß plötzlich einige Marksteine<br />
der Porträtbenennung und damit zugleich Anhaltspunkte der stilistischen<br />
Ordnung ins Rutschen kommen sollten. Der Rettungsanker, an<br />
den zu klammern man immer wieder Neigung verspüren wird, dürfte<br />
die Behauptung sein, daß ein griechischer Philosoph unbedingt einen<br />
Bart gehabt haben müsse und daß daher das Bildnis eines Unbärtigen<br />
nicht als Aristoteles angesprochen werden könne. Wir haben schon früher<br />
Gründe vorgebracht, die daran zweifeln lassen, daß dieses Schema<br />
der unabdingbaren Bärtigkeit der Philosophen tatsächlich auf Aristoteles<br />
angewendet wurde, müssen aber wohl noch einiges dazufügen, damit<br />
man sich wenigstens zu dem Eingeständnis versteht, daß die Bärtigkeit<br />
des Philosophen nicht einfach als ein keines Beweises bedürftiges, selbstverständliches<br />
Axiom hingestellt werden darf. Gewiß dürfte die Bärtigkeit<br />
in der Kaiserzeit das allgemeine Schema des Philosophen sein. Es<br />
mag auch hinauf bis ins 3. Jh. v. Chr. gehen. Daß aber Bärtigkeit und<br />
Philosophieren von Anfang an gleichgesetzt wurden, ist von vorneherein<br />
unglaublich. Eher hat sich der Bart erst im Laufe der Zeit als vereinfachtes<br />
Kennzeichen für die philosophische Abneigung gegen den Prunk<br />
der Welt herausgebildet. Es scheint mir durchaus fraglich, ob die Bärtigkeit<br />
schon in gleicher Weise in der Zeit des Aristoteles als Kriterium<br />
des Philosophen galt. Man kann ferner wohl sagen, daß die literarisch<br />
faßbare Polemik gegen die Eleganz des Aristoteles, die sich sicher erst<br />
in der Zeit nach seinem Tod entfaltet hat, kaum in der vorliegenden<br />
Schärfe hätte entstehen können, wenn nicht ein glattrasiertes Porträt<br />
vorhanden gewesen wäre, das dem Vorwurf einen augenfälligen Anhalt<br />
und gewissermaßen einen evidenten Beweisgrund geliefert hätte.<br />
Man müßte also zwingend mit Belegen des 4. Jh. v. Chr. zeigen, daß<br />
in der Zeit des Aristoteles ein Philosoph ohne Bart undenkbar war. Soweit<br />
ich sehe, gibt es keine Literaturstellen für einen solchen Beweis.<br />
Die Distanzierung von Welt und Politik, der Gegensatz zur <strong>Gesellschaft</strong><br />
ist weder bei Platon noch bei Aristoteles Kennzeichen ihres Denkens<br />
und Lehrens. Warum sollte nicht ein Platon einen Bart getragen haben,<br />
nicht als Kennzeichen seines Philosophentums, sondern wie ihn der<br />
Athener seiner Zeit trug; und warum sollte Aristoteles, trotz seines<br />
Philosophentums, nicht auch für sich die glatte Rasur bevorzugt haben<br />
können, die am makedonischen Hof, wo er als Erzieher wirkte, in Übung<br />
war? Daß Aristoteles befürchtete, ohne Bart nicht als Philisoph zu gel-