1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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22 Konrad Kraft telesporträt (Taf. IV 1. 2) einführt, hat jenen kurzen gepflegten Bart des Demosthenes eben nicht, sondern einen regelrechten schönen Vollbart, wie er von den attischen Grabreliefs des 4. Jh. wohlvertraut ist. Ein solcher Vollbart ist kaum gemeint, wenn das xetc)4tEvog des Aristoteles der Haarpflege Platons gegenübergestellt wird, und wenn Aelian var. hist. 11119 am Ende der Aufzählung von Kleiderpracht, Haarbehandlung und Putzsucht des Aristoteles zusammenfaßt: 2-roivra 8g Teta garw cpiloa6cpou erigov. Aelian sagt hier klar und deutlich, daß auch die xowci des Aristoteles nicht mit der Art und Weise eines Philosophen sich vertrug. Gewiß heißt xsiew scheren und '150Etv rasieren, aber der Beweis, daß für die übliche Rasur des männlichen Gesichtes niecrem und xovoci, nicht gebraucht werden konnten, ist kaum zu erbringen. Die Schwierigkeit liegt nicht zuletzt darin, daß in den Beschreibungen des Aristoteles nicht Haupthaar und Barthaar geschieden sind. Ein xaucKiw xaciöp,Evog kann ohne weiteres ein l 't5C1E11/ des Kinnes miteinschließen. Dagegen konnte man mit etiQuraai nicht Haupthaar und Bart zusammenfassen. Im übrigen scheint xEicetv auch sonst nicht selten für Rasur verwendet worden zu sein. Theophrast, Char. 10, 14 sagt vom litxcniloyoc : gv )(A xELQ4Evog, das heißt „dicht an der Haut geschoren"; und Herodot IV 175 spricht von den Maken ot 16cpavg xE1,Qovtai, und dieser Ausdruck xer9ovrai wird gleich anschließend erläutert mit xdporrEg gv noat. Andererseits charakterisiert Theophrast, Char. 26, 4 den kurzgehaltenen Bart, wie Theophrast selbst und Demosthenes ihn trug, mit xgo-T1 xowd. Daß xamci allein für das Gesicht auch das Scheren bis auf die Haut d. h. das glatte Rasieren meinen kann, ist bei solchem Sprachgebrauch nicht auszuschließen. Die abfällige Kritik, in deren Begleitung die Feststellung für Aristoteles gemacht wird, spricht sogar eher dafür, daß das Rasieren bis auf die Haut gemeint ist: denn erst dann tritt der beabsichtigte eklatante Gegensatz zu Platon auch in diesem Punkt hervor. Daß et5Q.Eaaat, der normale und einzige Ausdruck für das Glattrasieren des menschlichen Gesichtes gewesen sei, ist zumindest nicht eindeutig zu sichern. Soviel ich sehen kann, hat Uceaiku, gewöhnlich einen abwertenden Beigeschmack des Übertreibens; vgl. lateinische Übersetzung von Sueton, Tiberius 32: boni pastoris esse non deglubere für das griechische: xsigEa0ai u,ou ret2rOßara, cri,x euteQecraai3oaopiai (Dio 57, 10). Zu sagen, daß xefeea0ai nur den gepflegten Bart meinen könne, hieße doch wohl auch behaupten, daß barbam tondere nur den kurzen gepflegten Bart und nicht auch die Rasur bedeuten könne. Bernoulli meinte mit gutem Recht „Ob er sich völlig rasierte, wie am makedonischen Hof seit Alexander üblich wurde, oder ob er den Bart nur kürzer trug als sonst die Philosophen, geht aus den betreffenden Stellen nicht klar hervor" 34. Studniczka hat darauf als Entgegnung nur 34 Bernoulli, Griech. Ikonogr. II 86.

über die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 23 bereit: „Das heißt die Vorsicht zu weit treiben" 35. Indes kann man nach der Quellenlage nur der Skepsis von Bernoulli nachdrücklich zustimmen und darf unterstreichen, daß die glatte Rasur von Alexander, dem Schüler des Aristoteles, und dessen hohen Offizieren geübt wurde. Umso weniger geht es an, mit Studniczka die glatte Rasur zur Zeit des Aristoteles nur den verweiblichten jungen Männern zuzuschreiben. Genau besehen kann also kaum die Rede davon sein, daß Studniczka gezeigt hätte, daß Aristoteles nach der antiken Beschreibung einen Bart und zwar einen Vollbart wie das zur Debatte stehende rundplastische Porträt (Taf. IV 1. 2) getragen habe. Studniczka geht bereits von der Voraussetzung aus, daß Aristoteles so wie jeder griechische Philosoph einen Vollbart getragen haben müsse, und bemüht sich dann, die der Gültigkeit dieser Prämisse entgegenstehenden Angaben der literarischen Beschreibungen zu mildern. Zusammenfassend dürfen wir zu den literarischen Beschreibungen feststellen, daß sie bestenfalls auf einen kurzen Bart des Aristoteles hindeuten, wahrscheinlicher aber auf ein glattrasiertes Gesicht, d. h. daß die literarischen Beschreibungen kaum zu dem Porträt passen, das Studniczka als Aristoteles bezeichnen zu können meinte. Die literarischen Beschreibungen beweisen also nicht, daß dieses Porträt Aristoteles sein muß, sondern lassen eher Zweifel an der Identität aufkommen 33. Die Aristoteles-Benennung durch Studniczka beruht in der Tat auch nicht so sehr auf dem Zeugnis antiker Beschreibungen als vielmehr darauf, daß es den Anschein hat, daß eine antike Büste dieses Typs die Aufschrift Aristoteles trug. Indes ist eben diese Büste verschollen, und Studniczka hat sie auch nicht im Original gesehen. Wir kennen sie nur aus zwei Zeichnungen des 17. Jh., eine von Galle (Taf. IV 5), die andere von Rubens". Ob aber die Aufschrift A PICTOTEAHC auf dem Sockel der Büste antik ist, wäre schon am Original kaum mit Sicherheit festzustellen, an der Zeichnung ist es noch weniger möglich. Beide Zeichnungen differieren im übrigen in der Wiedergabe des Anfangsbuchstabens A. Nach Studniczka soll sich auf diese in den genannten Zeichnungen dargestellte Büste eine Bemerkung in dem von Joh. Faber herausgegebenen Kommentar der imagines illustrium ex Fulvi Ursini bibliotheca beziehen (ed. II, Antwerpen 1606), wo es 5.20 heißt: Imago Aristotelis in marmore sculpta, palliata philosophorum modo, Paulo minor est media statuarum magnitudine, cuiusmodi sunt quaedam aliorum philosophorum imagines. Quod argumentum est, fuisse illam ornandae bibliotbecae potius alicui destinatum quam villae. Basi inscriptum est " Studniczka, Aristoteles 10. " Vgl. auch die Ausführungen von Jongkees, a. 0. 17-23. 37 Abb. bei Studniczka, Aristoteles Taf. II 5 und Jongkees, a. 0. Taf. 7 a.

über die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 23<br />

bereit: „Das heißt die Vorsicht zu weit treiben" 35. Indes kann man nach<br />

der Quellenlage nur der Skepsis von Bernoulli nachdrücklich zustimmen<br />

und darf unterstreichen, daß die glatte Rasur von Alexander, dem Schüler<br />

des Aristoteles, und dessen hohen Offizieren geübt wurde. Umso weniger<br />

geht es an, mit Studniczka die glatte Rasur zur Zeit des Aristoteles<br />

nur den verweiblichten jungen Männern zuzuschreiben.<br />

Genau besehen kann also kaum die Rede davon sein, daß Studniczka<br />

gezeigt hätte, daß Aristoteles nach der antiken Beschreibung einen Bart<br />

und zwar einen Vollbart wie das zur Debatte stehende rundplastische<br />

Porträt (Taf. IV 1. 2) getragen habe. Studniczka geht bereits von der<br />

Voraussetzung aus, daß Aristoteles so wie jeder griechische Philosoph<br />

einen Vollbart getragen haben müsse, und bemüht sich dann, die der<br />

Gültigkeit dieser Prämisse entgegenstehenden Angaben der literarischen<br />

Beschreibungen zu mildern. Zusammenfassend dürfen wir zu den literarischen<br />

Beschreibungen feststellen, daß sie bestenfalls auf einen kurzen<br />

Bart des Aristoteles hindeuten, wahrscheinlicher aber auf ein glattrasiertes<br />

Gesicht, d. h. daß die literarischen Beschreibungen kaum zu<br />

dem Porträt passen, das Studniczka als Aristoteles bezeichnen zu können<br />

meinte. Die literarischen Beschreibungen beweisen also nicht, daß<br />

dieses Porträt Aristoteles sein muß, sondern lassen eher Zweifel an der<br />

Identität aufkommen 33.<br />

Die Aristoteles-Benennung durch Studniczka beruht in der Tat auch<br />

nicht so sehr auf dem Zeugnis antiker Beschreibungen als vielmehr<br />

darauf, daß es den Anschein hat, daß eine antike Büste dieses Typs die<br />

Aufschrift Aristoteles trug. Indes ist eben diese Büste verschollen, und<br />

Studniczka hat sie auch nicht im Original gesehen. Wir kennen sie nur<br />

aus zwei Zeichnungen des 17. Jh., eine von Galle (Taf. IV 5), die andere<br />

von Rubens". Ob aber die Aufschrift A PICTOTEAHC auf dem Sockel<br />

der Büste antik ist, wäre schon am Original kaum mit Sicherheit festzustellen,<br />

an der Zeichnung ist es noch weniger möglich. Beide Zeichnungen<br />

differieren im übrigen in der Wiedergabe des Anfangsbuchstabens<br />

A.<br />

Nach Studniczka soll sich auf diese in den genannten Zeichnungen<br />

dargestellte Büste eine Bemerkung in dem von Joh. Faber herausgegebenen<br />

Kommentar der imagines illustrium ex Fulvi Ursini bibliotheca<br />

beziehen (ed. II, Antwerpen 1606), wo es 5.20 heißt: Imago Aristotelis<br />

in marmore sculpta, palliata philosophorum modo, Paulo minor est<br />

media statuarum magnitudine, cuiusmodi sunt quaedam aliorum philosophorum<br />

imagines. Quod argumentum est, fuisse illam ornandae bibliotbecae<br />

potius alicui destinatum quam villae. Basi inscriptum est<br />

" Studniczka, Aristoteles 10.<br />

" Vgl. auch die Ausführungen von Jongkees, a. 0. 17-23.<br />

37 Abb. bei Studniczka, Aristoteles Taf. II 5 und Jongkees, a. 0. Taf. 7 a.

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