1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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160 Buchbesprechungen seine Berechtigung, etwa was die Zitate betrifft, und sogar manchen Vorteil, doch sicher auch sehr viele Nachteile. Denn eine erste Orientierung wird stets da erschwert, wo eben noch keine detaillierte Studie vorliegt, man folglich weder ein Zitat noch ein Datum angegeben findet. Da aufs Ganze gesehen die Zahl der vorliegenden Monographien über einzelne Prägestätten oder Prägeherren sehr gering ist zum Vergleich zu dem, was noch einer Bearbeitung harrt, bleibt also der Benutzer dieser Sylloge-Hefte weithin darauf angewiesen, andere Literatur zur Hand zu nehmen, um sich wenigstens ein annäherndes Datum der Prägezeit zu verschaffen. Dem Numismatiker mögen in den meisten Fällen die ungefähren Daten anhand der abgebildeten Stücke sofort in Erinnerung treten, für den Laien, zu denen vielfach auch die Althistoriker, Archäologen und Philologen und noch mehr die Sammler — je nach ihren Spezialgebieten — gehören, ist die Zeitbestimmung nicht selten schwierig. Wer kennt etwa die Regierungszeit des Archelaos oder Amyntas II. von Makedonien, aller seleukidischen Herrscher, der kappadokischen, baktrischen und parthischen Könige, wer die auf die Münzprägung einwirkenden historischen Ereignisse in der Geschichte der sizilischen, unteritalischen und kleinasiatischen Griechenstädte? Zumindest bei den Herrschern sollte die Regierungszeit in Klammern hinter dem Namen beigegeben werden. Aber auch bei den Städten und Bünden gibt es eine große Anzahl von sicheren Anhaltspunkten für Beginn oder Ende einer Münzserie, seien es historische, typologische oder stilistische, daß man auf chronologische Angaben künftig nicht mehr länger verzichten sollte, — es sei denn, man faßt die Sylloge nur als Museumsinventar auf und nicht als ein wertvolles Hilf s- und Orientierungsmittel für andere Wissenschaftler und Sammler. Selbst annähernde Daten sind besser als keine! Die Reichhaltigkeit und wissenschaftliche Bedeutung der Sammlung Berry kann hier nur angedeutet werden, von der hohen Qualität der einzelnen Stücke ganz zu schweigen. M. Thompson hat bescheiden viele neue Ergebnisse und Beobachtungen in der knappen Form von Zusätzen zur Beschreibung niedergelegt. So erlaubt Nr. 25, ein Tetradrachmon von Olynth, durch eine neue Stempelkoppelung eine genauere Datierung der Beamten Archidamos (bisher ca. 364-361) und Ariston (bisher 355— 352) 6, die beide wegen des Dreifußes als Beizeichen — sonst nur bei den früheren Serien ohne Beamtennamen — wohl an den Anfang der Prägungen mit Beamtennamen (ab 379) gehören. — Die große Zahl der Goldstatere Philipps (18, dazu 9 kleinere Nominale) und Alexanders d. Gr. (58 einschl. zweier Distatere) sowie die 139 Silberstücke Alexanders d. Gr. und die 68 des Lysimachos sind vorwiegend anhand der z. T. noch unpublizierten Unterlagen E. T. Newells bestimmt und den verschiedenen Münzstätten zugewiesen worden, auch die Unterscheidung der posthumen Prägungen von denen zu Lebzeiten basiert auf Newells Studien, der sich bekanntlich wie kein anderer um die Erforschung dieser Prägungen verdient gemacht hat. — Von den Tetradrachmen des Antigonos Gonatas hat Gaebler, Die antiken Münzen Nordgriechenlands, III, 2, S. 186, 3 nur eine Variante aufgeführt, unter den zehn Exemplaren der Sammlung Berry (Nr. 350-359) befinden sich nicht weniger als vier weitere. — Bei Perseus (Nr. 380-384) vermißt man die Zitate nach Mamroths Aufsatz ZNum 38, 1928, S. 1 ff., der zu Recht auch die Tetradrachmen mit dem ausgeschriebenen Namen des Zoilos (Nr. 383. 384) an den Anfang der Prägungen dieses Herrschers setzte und nicht an deren Ende, vgl. auch die enge stilistische Verwandschaft mit Münzen des Philipp V. von Makedonien. — Von der Delphischen Amphiktyonie (Nr. 583-585) sind Stater, Drachme und Hemidrachme vorhanden, alle drei in bester Erhaltung, besonders die Hemidrachme mit dem Omphalos des Apollon. — Unter den frühen Münzen von Athen ragt das relativ gut erhaltene und so seltene Dekadrachmon (Nr. 641) — einst zur Erinnerung an den Sieg über die Perser 480 geprägt — hervor, von ihm führt Seltman in seiner Monographie (1924) nur 7 Ex- 6 D. M. Robinson, P. A. Clement, Excavations at Olynthus IX, The Chalcidic Mint, 1938, S. 68, Gr. S; S. 78, Gr. V.

Buchbesprechungen 161 emplare an. Eine Bestimmung nach den von Seltman unterschiedenen 8 Vorder- und 8 Rückseitenstempel ist nicht erfolgt, mit Hilfe des Originals ist sie vielleicht besser vorzunehmen als anhand der Abbildung. — Nr. 906, eine Tetradrachme von Sinope aus hellenistischer Zeit (um 230/200) weist zwei höchst bemerkenswerte Gegenstempel auf, beide sehr klar: auf der Vorderseite einen Athenakopf, auf der Rückseite den Kopf des Herakles, wie er auf späten Alexanderprägungen üblich ist 7. — Bei den 52 Münzen von Elis (Nr. 800-851) kann M. Thompson der Zusammenstellung von Seltman (1921) eine ganze Anzahl neuer Stempel und Stempelverbindungen hinzufügen. — Von den drei Münzen des Attalos I. von Pergamon (Nr. 967-969) weisen wenigstens zwei eine neue Rückseite auf, die in Westermarks Corpus (1961) nicht verzeichnet sind, bei der dritten läßt es sich mangels Abbildungen bei W. nicht eindeutig feststellen. Eine der beiden Rs bringt überdies eine Verschiebung der chronologischen Abfolge bei W. mit sich (Nr. 967). Von besonderem Interesse ist Nr. 980, eine aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. stammende Tetradrachme von Abydos. Sie zeigt auf der Vorderseite den üblichen Typ der Artemis mit Stephane, Bogen und Köcher, auf der Rückseite das Ethnikon, einen Beamtennamen (Milesios) und einem Adler mit geöffneten Schwingen in einem Lorbeerkranz stehend. Als Beizeichen erscheint auf der Rückseite der behelmte Kopf einer Artemis, die eindeutig Bogen und Köcher über der linken Schulter trägt, wie M. Thompson richtig erkannt hat. Damit aber besitzen wir die m. W. erste erhaltene Darstellung einer Artemis dwatapivn. Neben der gewappneten Aphrodite (Paus. 2, 5, 1 [Korinth]; 3, 15, 10 [Sparta]; 3, 23, 1 [Kythera)] ist uns durch Paus. 4, 13, 1 eine Statue der Artemis mit Waffen in Messenien bekannt. Von ihr wird berichtet, daß ihr einst der Schild entfallen sei und die Messenier dies als ein böses Omen für ihre Freiheit angesehen hätten. Zweifellos wird dieses Standbild mit einem Helm versehen gewesen sein, wie es der Begriff der Wit2Ltcrugyri voraussetzt (vgl. auch E. Kunze, 7. Olympia-Ber., 1961, S. 161 f.; zur Artemis von Abydos F. Imhoof- Blumer, Nomisma 8, 1913, S. 2 ff.; ausführlicher Rez. in Arch. Anz. 4, 1963, 450-54). Eine Serie von 15 hervorragenden Stücken hellenistischer Zeit enthält Prägungen von Tenedos, Aigai, Kyme und Myrina, wobei man gerne wissen möchte, ob sie aus einem Schatzfund stammen (Nr. 987-1001). Nicht minder zahlreich sind seltene und bisher noch nicht sicher zuweisbare Münzen aus dem kleinasiatischen Raum vertreten (Nr. 1015-1048). Die Reihe der lykischen Dynasten umfaßt nicht weniger als 40 Exemplare (Nr. 1153-1192), darunter je vier des Perikles und Mithrapates. — Ebenso interessant sind fünf der neun Münzen von Phaselis (1201-1206), die nicht nur vier neue Beamtennamen bezeugen, sondern auch für die Darstellung des Aphlaston und der Stylis aufschlußreich sind. — Nr. 1281, Vs. eine sitzende männl. Figur (Dionysos?), Rs IK . . und Kopf eines bärtigen Satrapen mit Tiara stellt wohl eine bisher unbekannte Münze des Tiribazos dar, die in Nagidos ausgeprägt wurde (NAPIAIKON). — Schließlich sei noch auf eine einem Dareiken entsprechende Goldmünze aus Ägypten verwiesen (Nr. 1459), die K. Jenkins, NC 1955, S. 148 f. mit überzeugenden Gründen als Prägung des Königs Kakthorechbe (359-343) bestimmt hat, sowie auf eine bereits früher veröffentlichte Porträtmünze Ptolemaios VI. (Nr. 1499, vgl. D. Kiang, ANS Mus. Notes 10, 1962, S. 69 ff.). Nach diesem glanzvollen Auftakt kann nur noch die Hoffnung ausgesprochen werdenn, daß auch die anderen Bestände der ANS in dieser Form recht bald publiziert werden und daß von deutscher Seite aus wenigstens einige Kabinette diesem Beispiel folgen. Peter Robert Franke 7 Ein zweites Expl. bei Waddington aaO. S. 103, 50, Taf. XXV, 37. Vgl. auch den Gegenstempel auf dem etwas älteren Exemplar von Sinope SNG von Aulock 220. 11

Buchbesprechungen 161<br />

emplare an. Eine Bestimmung nach den von Seltman unterschiedenen 8 Vorder- und<br />

8 Rückseitenstempel ist nicht erfolgt, mit Hilfe des Originals ist sie vielleicht besser<br />

vorzunehmen als anhand der Abbildung. — Nr. 906, eine Tetradrachme von Sinope aus<br />

hellenistischer Zeit (um 230/200) weist zwei höchst bemerkenswerte Gegenstempel<br />

auf, beide sehr klar: auf der Vorderseite einen Athenakopf, auf der Rückseite den<br />

Kopf des Herakles, wie er auf späten Alexanderprägungen üblich ist 7. — Bei den<br />

52 Münzen von Elis (Nr. 800-851) kann M. Thompson der Zusammenstellung von<br />

Seltman (1921) eine ganze Anzahl neuer Stempel und Stempelverbindungen hinzufügen.<br />

— Von den drei Münzen des Attalos I. von Pergamon (Nr. 967-969) weisen<br />

wenigstens zwei eine neue Rückseite auf, die in Westermarks Corpus (1961) nicht<br />

verzeichnet sind, bei der dritten läßt es sich mangels Abbildungen bei W. nicht eindeutig<br />

feststellen. Eine der beiden Rs bringt überdies eine Verschiebung der chronologischen<br />

Abfolge bei W. mit sich (Nr. 967).<br />

Von besonderem Interesse ist Nr. 980, eine aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts<br />

v. Chr. stammende Tetradrachme von Abydos. Sie zeigt auf der Vorderseite den<br />

üblichen Typ der Artemis mit Stephane, Bogen und Köcher, auf der Rückseite das<br />

Ethnikon, einen Beamtennamen (Milesios) und einem Adler mit geöffneten Schwingen<br />

in einem Lorbeerkranz stehend. Als Beizeichen erscheint auf der Rückseite der behelmte<br />

Kopf einer Artemis, die eindeutig Bogen und Köcher über der linken Schulter<br />

trägt, wie M. Thompson richtig erkannt hat. Damit aber besitzen wir die m. W. erste<br />

erhaltene Darstellung einer Artemis dwatapivn. Neben der gewappneten Aphrodite<br />

(Paus. 2, 5, 1 [Korinth]; 3, 15, 10 [Sparta]; 3, 23, 1 [Kythera)] ist uns durch<br />

Paus. 4, 13, 1 eine Statue der Artemis mit Waffen in Messenien bekannt. Von ihr wird<br />

berichtet, daß ihr einst der Schild entfallen sei und die Messenier dies als ein böses<br />

Omen für ihre Freiheit angesehen hätten. Zweifellos wird dieses Standbild mit einem<br />

Helm versehen gewesen sein, wie es der Begriff der Wit2Ltcrugyri voraussetzt (vgl.<br />

auch E. Kunze, 7. Olympia-Ber., 1961, S. 161 f.; zur Artemis von Abydos F. Imhoof-<br />

Blumer, Nomisma 8, 1913, S. 2 ff.; ausführlicher Rez. in Arch. Anz. 4, <strong>1963</strong>, 450-54).<br />

Eine Serie von 15 hervorragenden Stücken hellenistischer Zeit enthält Prägungen<br />

von Tenedos, Aigai, Kyme und Myrina, wobei man gerne wissen möchte, ob sie aus<br />

einem Schatzfund stammen (Nr. 987-1001). Nicht minder zahlreich sind seltene und<br />

bisher noch nicht sicher zuweisbare Münzen aus dem kleinasiatischen Raum vertreten<br />

(Nr. 1015-1048). Die Reihe der lykischen Dynasten umfaßt nicht weniger<br />

als 40 Exemplare (Nr. 1153-1192), darunter je vier des Perikles und Mithrapates.<br />

— Ebenso interessant sind fünf der neun Münzen von Phaselis (1201-1206), die<br />

nicht nur vier neue Beamtennamen bezeugen, sondern auch für die Darstellung des<br />

Aphlaston und der Stylis aufschlußreich sind. — Nr. 1281, Vs. eine sitzende männl.<br />

Figur (Dionysos?), Rs IK . . und Kopf eines bärtigen Satrapen mit Tiara<br />

stellt wohl eine bisher unbekannte Münze des Tiribazos dar, die in Nagidos ausgeprägt<br />

wurde (NAPIAIKON). — Schließlich sei noch auf eine einem Dareiken entsprechende<br />

Goldmünze aus Ägypten verwiesen (Nr. 1459), die K. Jenkins, NC 1955,<br />

S. 148 f. mit überzeugenden Gründen als Prägung des Königs Kakthorechbe (359-343)<br />

bestimmt hat, sowie auf eine bereits früher veröffentlichte Porträtmünze Ptolemaios<br />

VI. (Nr. 1499, vgl. D. Kiang, ANS Mus. Notes 10, 1962, S. 69 ff.).<br />

Nach diesem glanzvollen Auftakt kann nur noch die Hoffnung ausgesprochen werdenn,<br />

daß auch die anderen Bestände der ANS in dieser Form recht bald publiziert<br />

werden und daß von deutscher Seite aus wenigstens einige Kabinette diesem Beispiel<br />

folgen.<br />

Peter Robert Franke<br />

7 Ein zweites Expl. bei Waddington aaO. S. 103, 50, Taf. XXV, 37. Vgl. auch den<br />

Gegenstempel auf dem etwas älteren Exemplar von Sinope SNG von Aulock 220.<br />

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