1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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über die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 15<br />
Platz findet. Das allgemeine, auch den Mann auf der Straße bewegende<br />
Interesse an philosophischen Richtungen, wie es sich noch in Horazens<br />
Satiren so lebendig spiegelt, ist bekanntlich mit dem Beginn der Prinzipatszeit<br />
ziemlich jäh verschwunden. Der mit einer religiösen Aura<br />
umgebene Herrscher und die Pax Augusta wurden gewissermaßen damals<br />
zur Philosophie der Massen.<br />
Wie das billige Material zu erkennen gibt, handelt es sich um einen<br />
Brauch auch einfacher Leute. Die Glaspasten sind ja nicht wie die in<br />
wertvollen Stein geschnittenen Gemmen Einzelerzeugnisse, die auf individuelle<br />
Bestellung angefertigt wurden, sondern sie sind ein Massenprodukt,<br />
das im Laden für billiges Geld feilgeboten worden sein muß.<br />
Es handelt sich um ein Vervielfältigungsverfahren, bei welchem nach<br />
einem Modell Glaskopien in sicher nicht zu geringer Zahl hergestellt<br />
wurden und leicht hergestellt werden konnten. Es ist ein Vorgang ähnlich<br />
dem der Münzprägung, wo auch mit einem einzigen Stempel eine<br />
größere Anzahl von Abschlägen angefertigt wird. Man findet unter den<br />
Glaspasten ebenso wie bei den Münzen auch Stücke aus der gleichen<br />
Form, sozusagen stempelgleiche Stücke.<br />
Natürlich ist es praktisch unmöglich zu sagen, wieviele Abgüsse mit<br />
einer Originalvorlage hergestellt wurden. Mit einer in Stein geschnittenen<br />
Vorlage war es sicher möglich, Hunderte von Abdrücken in der<br />
weichen Modelliermasse (wohl Ton) zu machen und mit Glas auszugießen.<br />
Jedenfalls dürften ganz allgemein die Bilder, die wir in Glaspasten<br />
erhalten haben, als massenhaft hergestellt und häufig verbreitet<br />
angenommen werden. Auf unsere Philosophenporträts angewendet heißt<br />
das, daß es sich um hochberühmte, allgemein auch beim gewöhnlichen<br />
Publikum bekannte und beliebte Persönlichkeiten handeln muß. Wenn<br />
wir schon Sokrates, Epikur und Chrysipp fanden, so kann dies das Gesagte<br />
nur bestätigen. Auch die bisher noch nicht benannten drei — wie<br />
schon feststeht, griechischen — Philosophen müssen allbekannte, auch<br />
dem einfachen Mann vertraute Persönlichkeiten sein. Man darf daher<br />
auch fordern, daß für die drei noch unbenannten Glaspastenporträts<br />
(Nr. 5. 6. 7) ebenso wie für Sokrates, Epikur und Chrysipp rundplastische<br />
Pendants existiert haben und aufzufinden sein müssen, dies umso<br />
mehr, als ja zwei der noch namenlosen Philosophen (Nr. 6. 7) besonders<br />
häufig auf den Ringen getragen wurden.<br />
‚Aristoteles' statt ,Menander`<br />
Nehmen wir zunächst den unbärtigen Philosophen mit der zum Kinn<br />
erhobenen Hand (Taf. I29-40; II 1. 4). Man kann Dutzende und Dutzende<br />
von rundplastischen Porträts vergleichen, immer wieder kommt<br />
man auf einen besonders häufigen Typus, den sog. Menander (Taf. II 3)<br />
nämlich. Man verfolge zur Bestätigung die Profillinie und nicht zuletzt