1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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24.11.2013 Aufrufe

14 Konrad Kraft zunächst festhalten, daß die Handhaltung unbedingt auf einen Denker oder Dichter führt, jedoch nicht zu einem Redner paßt. Ferner darf behauptet werden, daß es sich um einen Griechen und zwar einen Griechen älterer Zeit, nicht eine Persönlichkeit des 1. Jh. v. Chr. handelt. Dies ergibt sich vor allem aus Zeitstellung und Nationalität derjenigen Personen, die identifiziert werden können. Und aus den Berufen der benennbaren Personen kann man ferner ausschließen, daß der unbärtige Mann etwa ein Dichter sein könnte. Es läßt sich auf den Glaspasten und im übrigen auch auf den geschnittenen Steinen 17 kein einziger Dichter mit Sicherheit nachweisen: kein Homer, kein Hesiod, kein Sophokles, kein Euripides, geschweige denn ein römischer Dichter. Man kann demnach mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, daß es nicht, jedenfalls nicht bei den einfachen Leuten, die Glasgüsse benützten, Brauch war, die Porträts von Dichtern an den Ringen zu tragen. Die Vorliebe für Dichtungen wurde offenbar anders symbolisiert, nämlich durch Theatermasken oder für Homer durch Szenen aus Ilias und Odyssee. Umgekehrt aber dürfen wir an Hand der identifizierten Porträts der Glaspasten (und auch der geschnittenen Steine) sagen, daß es in der Zeit der ausgehenden römischen Republik üblich gewesen zu sein scheint, vor allem die Bilder berühmter griechischer Philosophen, gelegentlich auch das eines berühmten griechischen Redners an den Fingerringen zu tragen. Vom Bild des Epikur ist uns der Brauch zufällig auch literarisch bestätigt und zwar für die Zeit, in welche schon unsere Datierung durch die technischen Merkmale der Glaspasten führte, nämlich durch Cicero, De Fin. 5, 1, 3: nec tarnen Epicuri licet oblivisci, si cuipiam: cuius imaginem non modo in tabulis nostri familiares, sed etiam in poculis et in annulis babent. Die angegebenen Gründe zwingen dazu, in dem unbärtigen Mann mit der zum Kinn erhobenen Hand und der nackten Schulter einen griechischen Philosophen der älteren Zeit zu sehen. Man wird auch zugeben können, daß die Gewohnheit, sozusagen das Bildnis des Vertreters der bevorzugten Weltanschauung am Fingerring zu tragen, am ehesten in der Zeit von 70-30 v. Chr. ihren passenden 17 Ich finde bisher auf Steinen lediglich einmal ein Dreiviertel-Porträt in München, ehem. Sammlung Arndt 2205, das man mit dem Redner Lysias identifizieren könnte, sofern nicht auch Demosthenes gemeint ist. Sonst sind es immer Philosophen. — Unklar ist mir noch die Benennung eines gelegentlich vorkommenden bärtigen Porträts in Dreiviertelporträt (Furtwängler, Antiquarium 5034; Hannover 740). Die Wahl der Vorderansicht legt den Gedanken nahe, daß in Analogie zu den ebenfalls in Dreiviertelvorderansicht dargestellten Demosthenes und Lysias gleichfalls ein berühmter attischer Redner (Isokrates? Hypereides?) gemeint ist. Jedenfalls läßt sich das Bildnis nicht mit irgendeinem bekannten Dichter identifizieren, so daß auch hier die für unsere Beweisführung entscheidende Regel, daß nur Philosophen oder gelegentlich Redner dargestellt werden, gewahrt bleibt.

über die Bildnisse des Aristoteles und des Platon 15 Platz findet. Das allgemeine, auch den Mann auf der Straße bewegende Interesse an philosophischen Richtungen, wie es sich noch in Horazens Satiren so lebendig spiegelt, ist bekanntlich mit dem Beginn der Prinzipatszeit ziemlich jäh verschwunden. Der mit einer religiösen Aura umgebene Herrscher und die Pax Augusta wurden gewissermaßen damals zur Philosophie der Massen. Wie das billige Material zu erkennen gibt, handelt es sich um einen Brauch auch einfacher Leute. Die Glaspasten sind ja nicht wie die in wertvollen Stein geschnittenen Gemmen Einzelerzeugnisse, die auf individuelle Bestellung angefertigt wurden, sondern sie sind ein Massenprodukt, das im Laden für billiges Geld feilgeboten worden sein muß. Es handelt sich um ein Vervielfältigungsverfahren, bei welchem nach einem Modell Glaskopien in sicher nicht zu geringer Zahl hergestellt wurden und leicht hergestellt werden konnten. Es ist ein Vorgang ähnlich dem der Münzprägung, wo auch mit einem einzigen Stempel eine größere Anzahl von Abschlägen angefertigt wird. Man findet unter den Glaspasten ebenso wie bei den Münzen auch Stücke aus der gleichen Form, sozusagen stempelgleiche Stücke. Natürlich ist es praktisch unmöglich zu sagen, wieviele Abgüsse mit einer Originalvorlage hergestellt wurden. Mit einer in Stein geschnittenen Vorlage war es sicher möglich, Hunderte von Abdrücken in der weichen Modelliermasse (wohl Ton) zu machen und mit Glas auszugießen. Jedenfalls dürften ganz allgemein die Bilder, die wir in Glaspasten erhalten haben, als massenhaft hergestellt und häufig verbreitet angenommen werden. Auf unsere Philosophenporträts angewendet heißt das, daß es sich um hochberühmte, allgemein auch beim gewöhnlichen Publikum bekannte und beliebte Persönlichkeiten handeln muß. Wenn wir schon Sokrates, Epikur und Chrysipp fanden, so kann dies das Gesagte nur bestätigen. Auch die bisher noch nicht benannten drei — wie schon feststeht, griechischen — Philosophen müssen allbekannte, auch dem einfachen Mann vertraute Persönlichkeiten sein. Man darf daher auch fordern, daß für die drei noch unbenannten Glaspastenporträts (Nr. 5. 6. 7) ebenso wie für Sokrates, Epikur und Chrysipp rundplastische Pendants existiert haben und aufzufinden sein müssen, dies umso mehr, als ja zwei der noch namenlosen Philosophen (Nr. 6. 7) besonders häufig auf den Ringen getragen wurden. ‚Aristoteles' statt ,Menander` Nehmen wir zunächst den unbärtigen Philosophen mit der zum Kinn erhobenen Hand (Taf. I29-40; II 1. 4). Man kann Dutzende und Dutzende von rundplastischen Porträts vergleichen, immer wieder kommt man auf einen besonders häufigen Typus, den sog. Menander (Taf. II 3) nämlich. Man verfolge zur Bestätigung die Profillinie und nicht zuletzt

14 Konrad Kraft<br />

zunächst festhalten, daß die Handhaltung unbedingt auf einen Denker<br />

oder Dichter führt, jedoch nicht zu einem Redner paßt. Ferner darf behauptet<br />

werden, daß es sich um einen Griechen und zwar einen Griechen<br />

älterer Zeit, nicht eine Persönlichkeit des 1. Jh. v. Chr. handelt.<br />

Dies ergibt sich vor allem aus Zeitstellung und Nationalität derjenigen<br />

Personen, die identifiziert werden können. Und aus den Berufen der<br />

benennbaren Personen kann man ferner ausschließen, daß der unbärtige<br />

Mann etwa ein Dichter sein könnte. Es läßt sich auf den Glaspasten<br />

und im übrigen auch auf den geschnittenen Steinen 17 kein einziger Dichter<br />

mit Sicherheit nachweisen: kein Homer, kein Hesiod, kein Sophokles,<br />

kein Euripides, geschweige denn ein römischer Dichter. Man kann<br />

demnach mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, daß es nicht, jedenfalls<br />

nicht bei den einfachen Leuten, die Glasgüsse benützten, Brauch war,<br />

die Porträts von Dichtern an den Ringen zu tragen. Die Vorliebe für<br />

Dichtungen wurde offenbar anders symbolisiert, nämlich durch Theatermasken<br />

oder für Homer durch Szenen aus Ilias und Odyssee. Umgekehrt<br />

aber dürfen wir an Hand der identifizierten Porträts der Glaspasten<br />

(und auch der geschnittenen Steine) sagen, daß es in der Zeit<br />

der ausgehenden römischen Republik üblich gewesen zu sein scheint,<br />

vor allem die Bilder berühmter griechischer Philosophen, gelegentlich<br />

auch das eines berühmten griechischen Redners an den Fingerringen<br />

zu tragen. Vom Bild des Epikur ist uns der Brauch zufällig auch literarisch<br />

bestätigt und zwar für die Zeit, in welche schon unsere Datierung<br />

durch die technischen Merkmale der Glaspasten führte, nämlich<br />

durch Cicero, De Fin. 5, 1, 3: nec tarnen Epicuri licet oblivisci, si cuipiam:<br />

cuius imaginem non modo in tabulis nostri familiares, sed etiam<br />

in poculis et in annulis babent.<br />

Die angegebenen Gründe zwingen dazu, in dem unbärtigen<br />

Mann mit der zum Kinn erhobenen Hand und der<br />

nackten Schulter einen griechischen Philosophen der<br />

älteren Zeit zu sehen.<br />

Man wird auch zugeben können, daß die Gewohnheit, sozusagen das<br />

Bildnis des Vertreters der bevorzugten Weltanschauung am Fingerring<br />

zu tragen, am ehesten in der Zeit von 70-30 v. Chr. ihren passenden<br />

17 Ich finde bisher auf Steinen lediglich einmal ein Dreiviertel-Porträt in München,<br />

ehem. Sammlung Arndt 2205, das man mit dem Redner Lysias identifizieren<br />

könnte, sofern nicht auch Demosthenes gemeint ist. Sonst sind es immer Philosophen.<br />

— Unklar ist mir noch die Benennung eines gelegentlich vorkommenden<br />

bärtigen Porträts in Dreiviertelporträt (Furtwängler, Antiquarium 5034; Hannover<br />

740). Die Wahl der Vorderansicht legt den Gedanken nahe, daß in Analogie zu<br />

den ebenfalls in Dreiviertelvorderansicht dargestellten Demosthenes und Lysias<br />

gleichfalls ein berühmter attischer Redner (Isokrates? Hypereides?) gemeint ist.<br />

Jedenfalls läßt sich das Bildnis nicht mit irgendeinem bekannten Dichter identifizieren,<br />

so daß auch hier die für unsere Beweisführung entscheidende Regel,<br />

daß nur Philosophen oder gelegentlich Redner dargestellt werden, gewahrt bleibt.

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