1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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100 Maria R. Alföldi mehr gegeben 71. Wie dem auch sei, fest steht, daß jedenfalls der größte Teil des Soldes nunmehr in Naturalien ausgegeben wurde. Freilich bekamen die Soldaten auch bares Geld; die Grenzer weniger, das Expeditionsheer und die Garde unvergleichlich mehr: die allmählich zur Regel gewordenen Sonderzuwendungen der Kaiser, das Donativum, das aber immer in Edelmetall gezahlt wurde 77. Es ist also, um dies nochmals zu unterstreichen, nicht anzunehmen, daß die Comitatenses in den drei Monaten im Frühjahr 375, als sie bei Carnuntum lagen, Sold in Centenionales ausbezahlt bekommen hätten. Es gab natürlich viele Möglichkeiten, daß das im Raume von Carnuntum kursierende Kleingeld in die Hände der aus dem Westen gekommenen und bald wieder dorthin zurückkehrenden Soldaten gelangen konnte. Sie durften z. B. jederzeit überschüssiges an die Zivilbevölkerung abgeben 73; man hört auch von Unregelmäßigkeiten, durch die sich der einzelne Soldat in kleinem Umfang durchaus bereichern konnte 74. Zusammenfassung Durch eine Constitutio von 356 (352?) war der freie Münzverkehr mit den Wechselgeld-Nominalen über die Dioecesengrenzen hinweg stark eingeschränkt. Ein beträchtlicher Komplex von Siscia-Centenionales der Jahre 364-375 innerhalb der Siedlungsfunde von Trier muß daher auffällig erscheinen und dies umso mehr als dabei nur ein Teil der Serienzeichen, diese aber sehr zahlreich, vertreten ist. Dieser Komplex von Siscia-Centenionales kann nicht der Niederschlag normalen Handelsverkehrs sein. Die Untersuchung von 9 donauländischen Münzfunden derselben Zeit hat sodann ergeben, daß die in Frage stehenden Münzstättebeizeichen höchstwahrscheinlich kurz vor Beginn der Feindseligkeiten im Donaugebiet, im Sommer 374 in Gebrauch waren; die Verteilung der Beizeichen in den Funden boten auch wertvolle Hinweise auf den Verlauf des quadisch-sarmatischen Einbruchs. Die Siscia-Centenionales sind dann nicht als Sold, sondern im alltäglichen Verkehr mit der zivilen Bevölkerung in die Hände der mit Valentinian zur Vergeltung herbeigeeilten Comitatenses bzw. der Garde geraten, die sie bei ihrem Abzug nach Trier bringen konnten. 71 0. Seeck, Gesch. d. Untergangs d. ant. Welt 2, 1901, 254 ff. 77 Ein gutes Beispiel für ein Donativum aus Anlaß eines Regierungsjubiläums: J. W. Salomonson, Oudh. Med. Leiden 42, 1961, 63 ff. 73 So jedenfalls von den Offizieren R. Grosse, Röm. Militärgeschichte, 243, davon ausgehend, daß sie ihrem Range entsprechend mehrere Annonae erhielten. Mit den Comitatenses wird es sich ähnlich verhalten haben. 74 Das von Valentinian 364 (Cod. Theod. 7, 4, 12) schärfstens verbotene Cenaticum, das sich das Militär von der Zivilbevölkerung anscheinend geben ließ, wird wohl dem Wortgebrauch entsprechend (dazu CIL VI 9044) eine Ablösung in Geld für offenbar nicht tragbare Einladungen auf ein Mahl gewesen sein.

Fragen des Münzumlaufs im 4. Jahrhundert n. Chr. 101 Unsere Darstellung mag gewagt anmuten, wir sind jedoch glücklicherweise in der Lage, auch eine Gegenprobe zu bieten. Siscia-Centenionales sind im westlichen Reichsgebiet allgemein selten". Kommen sie trotzdem vor, so sind es immer geballt die F-Serien (dazu einige frühere Einzelstücke), die wir auch in Trier gefunden haben. Das schlagendste Beispiel ist der britannische Schatzfund Shapwick III, dessen späte Siscia-Bestände zum bequemen Vergleich in Abb. 4 aufgenommen wurden. Der Fund besteht aus insgesamt 1111 Stücken, davon 59 Siscienser Centenionales mit 8 früheren, 50 F-Serien- und einem einzigen späteren Stück 76. Wenn J. W. E. Pearce unter anderem in seiner Shapwick III-Fund-Publikation bemerkt 77 . . . it is much more strange that the two mint-marks F-RC A and F-RCR, which occur an less than 2 per cent. of the Siscian Coins in Danubian hoards, should occur 80 per cent. of those found at Lydney 78 and Shapwick. About two-third of the Siscian site-finds of this period at Richborough also bear these two mintmarks, so ist entscheidend: beide Fundorte sind eminent wichtige späte Militäranlagen gegen die vom Meer angreifenden Feinde im östlichen Küstengebiet von Britannien und im Westen am Bristol Channel". Es sind freilich keine neu dorthin verlegten pannonischen Truppen, die ausgerechnet nur diese Münzen mitgebracht haben 80; bei der Bedeutung vom Saxon Shore und des Bristol Channel für die gesamte römische Verteidigung im letzten Drittel des 4. Jhs. ist eine unmittelbare Verbindung mit dem bei Trier liegenden Expeditionsheer durchaus wahrscheinlich. 75 Vgl. J. W. E. Pearce, NC 1939, 128 ff.; J. Bingen, Chron. d'Egypte 45-46, 1948, 162 ff. 76 NC 1939, 128 ff. 77 Ebenda 141. 78 Ebenda 139 über Lydney: Although . . . I know of no other large „Valentinian" hoard recorded as found in Britain, there can yet be little doubt that the 1,296 coins of that period which I noted in Lord Bledisloe's cabinet at Lydney Park also originally formed a hoard, though not so recorded . . . 79 Von der reichen englischen Forschung sei auf einiges nur hingewiesen, so J. P. Bushe-Fox, JRS 22, 1932, 60 ff.; vgl. die Grabungsberichte von Richborough, J. P. Bushe-Fox, bes. 4 th Report, 1949; zur Bedeutung der Severn-Mündung und des Bristol Channel allgemein F. Haverfield-G. McDonald, The Roman Occupation of Britain, 1924, 266 f.; vgl. auch die Bemerkung von I. A. Richmond, Roman Britain, 1960, 64 f. 89 So J. W. E. Pearce, NC 1939, 142.

100 Maria R. Alföldi<br />

mehr gegeben 71. Wie dem auch sei, fest steht, daß jedenfalls der größte<br />

Teil des Soldes nunmehr in Naturalien ausgegeben wurde. Freilich bekamen<br />

die Soldaten auch bares Geld; die Grenzer weniger, das Expeditionsheer<br />

und die Garde unvergleichlich mehr: die allmählich zur<br />

Regel gewordenen Sonderzuwendungen der Kaiser, das Donativum, das<br />

aber immer in Edelmetall gezahlt wurde 77. Es ist also, um dies nochmals<br />

zu unterstreichen, nicht anzunehmen, daß die Comitatenses in den drei<br />

Monaten im Frühjahr 375, als sie bei Carnuntum lagen, Sold in Centenionales<br />

ausbezahlt bekommen hätten.<br />

Es gab natürlich viele Möglichkeiten, daß das im Raume von Carnuntum<br />

kursierende Kleingeld in die Hände der aus dem Westen gekommenen<br />

und bald wieder dorthin zurückkehrenden Soldaten gelangen<br />

konnte. Sie durften z. B. jederzeit überschüssiges an die Zivilbevölkerung<br />

abgeben 73; man hört auch von Unregelmäßigkeiten, durch die sich<br />

der einzelne Soldat in kleinem Umfang durchaus bereichern konnte 74.<br />

Zusammenfassung<br />

Durch eine Constitutio von 356 (352?) war der freie Münzverkehr<br />

mit den Wechselgeld-Nominalen über die Dioecesengrenzen hinweg<br />

stark eingeschränkt. Ein beträchtlicher Komplex von Siscia-Centenionales<br />

der Jahre 364-375 innerhalb der Siedlungsfunde von Trier muß<br />

daher auffällig erscheinen und dies umso mehr als dabei nur ein Teil<br />

der Serienzeichen, diese aber sehr zahlreich, vertreten ist. Dieser Komplex<br />

von Siscia-Centenionales kann nicht der Niederschlag normalen<br />

Handelsverkehrs sein. Die Untersuchung von 9 donauländischen Münzfunden<br />

derselben Zeit hat sodann ergeben, daß die in Frage stehenden<br />

Münzstättebeizeichen höchstwahrscheinlich kurz vor Beginn der Feindseligkeiten<br />

im Donaugebiet, im Sommer 374 in Gebrauch waren; die<br />

Verteilung der Beizeichen in den Funden boten auch wertvolle Hinweise<br />

auf den Verlauf des quadisch-sarmatischen Einbruchs. Die Siscia-Centenionales<br />

sind dann nicht als Sold, sondern im alltäglichen Verkehr<br />

mit der zivilen Bevölkerung in die Hände der mit Valentinian zur Vergeltung<br />

herbeigeeilten Comitatenses bzw. der Garde geraten, die sie bei<br />

ihrem Abzug nach Trier bringen konnten.<br />

71 0. Seeck, Gesch. d. Untergangs d. ant. Welt 2, 1901, 254 ff.<br />

77 Ein gutes Beispiel für ein Donativum aus Anlaß eines Regierungsjubiläums:<br />

J. W. Salomonson, Oudh. Med. Leiden 42, 1961, 63 ff.<br />

73 So jedenfalls von den Offizieren R. Grosse, Röm. Militärgeschichte, 243, davon ausgehend,<br />

daß sie ihrem Range entsprechend mehrere Annonae erhielten. Mit den<br />

Comitatenses wird es sich ähnlich verhalten haben.<br />

74 Das von Valentinian 364 (Cod. Theod. 7, 4, 12) schärfstens verbotene Cenaticum,<br />

das sich das Militär von der Zivilbevölkerung anscheinend geben ließ, wird wohl<br />

dem Wortgebrauch entsprechend (dazu CIL VI 9044) eine Ablösung in Geld für<br />

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