1963 Band XIII - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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98 Maria R. Alföldi wäre auf die Schreckensnachricht hin am liebsten gleich selbst aufgebrochen und nach Pannonien gezogen, mußte aber noch in Gallien überwintern und sich den Rücken gegen die Rheingermanen sichern es. Doch kaum war der Winter vorüber (375) 64, brach er selbst auf, um auf schnellstem Wege nach Pannonien zu gelangen. Siscia-Centenionales in den Händen des gallischen Militärs Valentinians Lager wurde bei Carnuntum errichtet". Das römische Heer lag drei ganze Monate im Sommer 375 dort, um den geplanten Vergeltungsangriff richtig vorzubereiten. Es wurde Sommer, ehe der Feldzug durchgeführt wurde. Der Kaiser beschloß dann, nachdem er sich bis in den Herbst mit der Armee bei Aquincum aufhielt, in Pannonien auch zu überwintern. Man faßte dazu, da die Städte über die Maßen heruntergekommen waren, Savaria in der Prima ins Auge. Valentinian zog denn auch auf der Limesstraße zunächst nach Brigetio und benützte die Fahrt gleich zur Inspektion der Befestigungsbauten. In Brigetio empfing er Ende November 375 die Abgesandten der Quaden und erregte sich in der Diskussion mit ihnen derart, daß ihn der Schlag traf. Nun hatte man Angst davor, daß die Gallicani cohortes 66, die in nicht allzu ferner Vergangenheit dem legalen Herrscher wiederholt untreu geworden waren, sich wieder nicht fügen würden. Nachdem man den toten Valentinian nach Constantinopolis verabschiedet und seinen letzten Willen verkündet hatte, sorgte man also unter dem Vorwand eines neuerlichen Einbruchs am Rhein dafür, daß das gallische Militär unverzüglich den Heimweg antrat. Dies geschah innerhalb kürzester Zeit: 6 Tage nach dem Tode Valentinians am 25. November 375 wurde schon der kleine Sohn des verstorbenen Kaisers Valentinian II. akklamiert. Dies ist, kurz zusammengefaßt, der zeitliche und geschichtliche Rahmen, in dem größere Mengen Siscienser Centenionales in die Hände gallischer Soldaten geraten konnten. Sie sind nämlich die einzigen, die an den Provinz- und Dioecesis-Grenzen ungeschoren ortsfremdes Kleingeld mit sich geführt haben durften". Welche Einheiten diese Gallicani milites waren, wissen wir freilich im einzelnen kaum. Fest steht allerdings, daß jedenfalls an dem Limes um Mainz kaum nennenswerte Mengen von Siscia-Centenionales gefunden wurden 68. Die Grenzsoldaten der spätrömischen Legionen und der anderen Verbände waren ja auch keine 63 Amm. Marc. 30, 3, 1 sqq. 64 pubescente iam vere heißt es bei Amm. Marc. 30, 5, 1. " Amm. Marc. 30, 5, 1 sqq. ss Amm. Marc. 30, 10, 1. 67 Vgl. das strenge Verbot oben S. 76 ff. 68 Vorläufig : FMRD IV, 1 passim.

Fragen des Münzumlaufs im 4. Jahrhundert n. Chr. 99 richtigen Soldaten mehr im früheren Sinne, mit denen man Feldzüge in entfernten Gebieten hätte durchführen können, wie das früher vexillationenweise immer wieder geschah. Dazu dienten vielmehr die Comitatenses, das bewegliche und schlagkräftige Expeditionsheer, und, wenn der Kaiser selbst mitging, seine Garde 69. Nur sie können es gewesen sein, die ohne Schwierigkeiten ihr aus Siscia stammendes Kleingeld mit nach Trier nehmen konnten. Der Siscia-Komplex aber, der sich unter den Trierer Fundmünzen gefunden hat, dessen letzte Serien in der sechsten Spalte der Abb. 4 zum Vergleich mit den pannonischen Funden erscheinen (die gesamte Fundmasse s. Abb. 1), kann freilich kaum Soldzahlung darstellen. Man bedenke, daß bei der Soldzahlung höchstwahrscheinlich mit den frischesten, gerade zur Besoldung neu angewiesenen Münzen gezahlt wurde. Die Comitatenses hielten sich von etwa Spätfrühjahr 375 bis Ende November—Anfang Dezember desselben Jahres in Pannonien auf, davon die ersten drei Monate verhältnismäßig ruhig im Lager bei Carnuntum. Man würde also, wenn es um Sold ginge, in der Hauptsache die spätesten valentinischen Typen, etwa Abb. 2, Nr. 18-19, allenfalls die knapp davorliegenden S-Punkt-Serien (Abb. 2, Nr. 12-16) in ihrer Hand erwarten. Was wir wirklich gefunden haben, sind jedoch die F-Serien (Abb. 2, Nr. 4-8) und als Nachzügler, ein einziges, späteres S-Punkt- Stück (Typ Abb. 2, Nr. 13). Alles in allem zeigen die Trierer Fundmünzen in ihrer Gesamtheit genau dasselbe Bild, wie die pannonischen, im Sommer/Herbst 374 vergrabenen Schätze am Limes, Wien-Krottenbach und Oregcsem, mit den vereinzelten S-Punkt-Stücken. Bei offenbar immer noch ziemlich starrem, vor Angst sehr langsam einsetzendem Verkehr ist dies das Geld, das die zivile Bevölkerung nahe am nördlichen Donaulimes Anfang 375, als Valentinian mit seiner Begleitung und dem Expeditionsheer bei Carnuntum eintraf, gerade noch in der Tasche hatte. Um Soldzahlung könnte es sich ja in dem Falle sowieso nicht handeln 7°. Auch wenn wir sehr wenig über die Besoldung im 4. Jh. wissen, soviel ist uns doch klar, daß Soldzahlung in bar keine große Rolle mehr spielte. 0. Seeck nahm sogar an, es hätte überhaupt keine Barzahlung 89 Auf letztere Einheit weist besonders der Umstand hin, daß die Siscia-Centenionales des Landesmuseums Trier größtenteils stadttrierer Funde sind. Dabei kennen wir zur Genüge zeitgenössische Centenionales-Funde aus dem Gebiet, die aber natürlich aus westlichen Geprägen bestehen, so z. B. Inv. Nr. 21194 aus Trier selbst. 79 Zur allgemeinen Orientierung: A. v. Domaszewski, N. Hdb. Jb. 10, 1900, 218 ff.; R. Grosse, Röm. Militärgeschichte v. Gallienus bis zum Beginn d. byz. Themenverfassung, 1920, 241 ff.; J. Kromayer-G. Veith, Heerwesen und Kriegsführung der Griechen u. Römer (Hdb. d. Altertumskunde IV, 3, 2, 1928) 588 f.; RE 3 A (1929) Sp. 2536 ff., und sonst die einschlägigen Stichworte; E. Stein, Hist. du Bas-Empire 1 (1959) 60 ff.; jetzt auch L. Värady, Das spätantike Heerwesen und seine gesellschaftl. Grundlagen (ungarisch) 1961, 85 ff. 7•

Fragen des Münzumlaufs im 4. Jahrhundert n. Chr. 99<br />

richtigen Soldaten mehr im früheren Sinne, mit denen man Feldzüge in<br />

entfernten Gebieten hätte durchführen können, wie das früher vexillationenweise<br />

immer wieder geschah. Dazu dienten vielmehr die Comitatenses,<br />

das bewegliche und schlagkräftige Expeditionsheer, und, wenn<br />

der Kaiser selbst mitging, seine Garde 69. Nur sie können es gewesen<br />

sein, die ohne Schwierigkeiten ihr aus Siscia stammendes Kleingeld mit<br />

nach Trier nehmen konnten.<br />

Der Siscia-Komplex aber, der sich unter den Trierer Fundmünzen<br />

gefunden hat, dessen letzte Serien in der sechsten Spalte der Abb. 4<br />

zum Vergleich mit den pannonischen Funden erscheinen (die gesamte<br />

Fundmasse s. Abb. 1), kann freilich kaum Soldzahlung darstellen. Man<br />

bedenke, daß bei der Soldzahlung höchstwahrscheinlich mit den frischesten,<br />

gerade zur Besoldung neu angewiesenen Münzen gezahlt wurde.<br />

Die Comitatenses hielten sich von etwa Spätfrühjahr 375 bis Ende November—Anfang<br />

Dezember desselben Jahres in Pannonien auf, davon<br />

die ersten drei Monate verhältnismäßig ruhig im Lager bei Carnuntum.<br />

Man würde also, wenn es um Sold ginge, in der Hauptsache die spätesten<br />

valentinischen Typen, etwa Abb. 2, Nr. 18-19, allenfalls die knapp<br />

davorliegenden S-Punkt-Serien (Abb. 2, Nr. 12-16) in ihrer Hand erwarten.<br />

Was wir wirklich gefunden haben, sind jedoch die F-Serien<br />

(Abb. 2, Nr. 4-8) und als Nachzügler, ein einziges, späteres S-Punkt-<br />

Stück (Typ Abb. 2, Nr. 13). Alles in allem zeigen die Trierer Fundmünzen<br />

in ihrer Gesamtheit genau dasselbe Bild, wie die pannonischen,<br />

im Sommer/Herbst 374 vergrabenen Schätze am Limes, Wien-Krottenbach<br />

und Oregcsem, mit den vereinzelten S-Punkt-Stücken. Bei offenbar<br />

immer noch ziemlich starrem, vor Angst sehr langsam einsetzendem<br />

Verkehr ist dies das Geld, das die zivile Bevölkerung nahe am<br />

nördlichen Donaulimes Anfang 375, als Valentinian mit seiner Begleitung<br />

und dem Expeditionsheer bei Carnuntum eintraf, gerade noch in<br />

der Tasche hatte.<br />

Um Soldzahlung könnte es sich ja in dem Falle sowieso nicht handeln<br />

7°. Auch wenn wir sehr wenig über die Besoldung im 4. Jh. wissen,<br />

soviel ist uns doch klar, daß Soldzahlung in bar keine große Rolle mehr<br />

spielte. 0. Seeck nahm sogar an, es hätte überhaupt keine Barzahlung<br />

89 Auf letztere Einheit weist besonders der Umstand hin, daß die Siscia-Centenionales<br />

des Landesmuseums Trier größtenteils stadttrierer Funde sind. Dabei kennen wir<br />

zur Genüge zeitgenössische Centenionales-Funde aus dem Gebiet, die aber natürlich<br />

aus westlichen Geprägen bestehen, so z. B. Inv. Nr. 21194 aus Trier selbst.<br />

79 Zur allgemeinen Orientierung: A. v. Domaszewski, N. Hdb. Jb. 10, 1900, 218 ff.;<br />

R. Grosse, Röm. Militärgeschichte v. Gallienus bis zum Beginn d. byz. Themenverfassung,<br />

1920, 241 ff.; J. Kromayer-G. Veith, Heerwesen und Kriegsführung der<br />

Griechen u. Römer (Hdb. d. Altertumskunde IV, 3, 2, 1928) 588 f.; RE 3 A (1929)<br />

Sp. 2536 ff., und sonst die einschlägigen Stichworte; E. Stein, Hist. du Bas-Empire 1<br />

(1959) 60 ff.; jetzt auch L. Värady, Das spätantike Heerwesen und seine gesellschaftl.<br />

Grundlagen (ungarisch) 1961, 85 ff.<br />

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