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Römisches Toilettgerät und medizinische Instrumente aus Augst ...

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Medizinisch-chirurgische <strong>Instrumente</strong><br />

Allgemeines<br />

Eine im Vergleich mit den auch für andere Zwecke verwendeten<br />

Geräten (z.B. Löffel- <strong>und</strong> Spatelsonden)<br />

recht beschränkte Anzahl von medizinisch-chirurgischen<br />

Gerätschaften lässt für die Koloniestadt Augusta<br />

Rauricorum die Tätigkeit von Ärzten, Medizinern <strong>und</strong><br />

sonstigen Heilpraktikern erkennen. Der wichtigste<br />

Unterschied zu den meisten anderen F<strong>und</strong>stellen liegt<br />

jedoch darin, dass alle diese <strong>Instrumente</strong> <strong>aus</strong> den<br />

Wohnvierteln einer Zivilstadt stammen <strong>und</strong> nicht, wie<br />

es meist der Fall ist, <strong>aus</strong> Gräbern oder <strong>aus</strong> dem Bereich<br />

römischer Militärlager mit den dort eingerichteten<br />

Hospitälern.<br />

In Übereinstimmung mit den antiken Schriftquellen<br />

können die meisten Geräte ihrem Gebrauch nach bestimmt<br />

werden. Trotz der umfangreichen Erforschung<br />

dieses Fachgebietes kommen jedoch, auch in <strong>Augst</strong>,<br />

vereinzelt Sonderformen vor, deren Benützung <strong>und</strong><br />

Zweck noch unsicher ist.<br />

Die weite Ausbreitung der <strong>medizinische</strong>n oder als<br />

medizinisch betrachteten Instrumentaria über das<br />

ganze bebaute Stadtgebiet (vgl. Verbreitungskarte<br />

Abb. 32) spricht für eine rege Tätigkeit der Ärzte oder<br />

der in der Heilk<strong>und</strong>e bewanderten Fachleute unter den<br />

Bewohnern der Stadt. Dabei geht es nicht um etwaige<br />

für Kosmetik <strong>und</strong> Körperpflege benützte Geräte, die<br />

im häuslichen Bereich vertreten waren, sondern um<br />

spezialisierte <strong>Instrumente</strong> der Chirurgie (Skalpelle,<br />

W<strong>und</strong>haken), die trotz gewisser Kenntnis von Behandlungsmethoden<br />

unter der Bevölkerung wohl nicht von<br />

Laien verwendet worden sind.<br />

Die in <strong>Augst</strong> vorkommenden Spezialinstrumente<br />

besitzen Parallelen an anderen F<strong>und</strong>plätzen <strong>und</strong> ihre<br />

Zuweisung <strong>und</strong> Benennung ist unzweifelhaft. Eine<br />

kleine Anzahl der <strong>aus</strong>gegrabenen <strong>Instrumente</strong> fällt<br />

jedoch <strong>aus</strong> diesem Rahmen. Die meist in Bruchstücken<br />

erhaltenen Exemplare sind trotzdem dem Katalog eingegliedert<br />

worden, in der Hoffnung, dass auch für sie<br />

mit der Zeit geeignete Parallelen, die ganz erhalten<br />

sind, gef<strong>und</strong>en werden.<br />

Die <strong>medizinische</strong>n Gerätschaften waren «Sonderanfertigungen»,<br />

deren formale Ausbildung in Werkstätten<br />

bestimmt, aber auch vom Auftraggeber beeinflusst<br />

wurde. Die aufwendige <strong>und</strong> kostspielige Verzierung<br />

mancher <strong>Instrumente</strong> erhöhte deren Preis <strong>und</strong><br />

dementsprechend wurden diese <strong>Instrumente</strong> mit grosser<br />

Sorgfalt behandelt. Die <strong>Instrumente</strong> sollten - was die<br />

Grösse, Schwere <strong>und</strong> Feinheit anbelangt - vor allem<br />

praktisch im Gebrauch sein, doch ist der Zierfreudigkeit<br />

gerade der chirurgisch-<strong>medizinische</strong>n <strong>Instrumente</strong><br />

eine gewisse Prestige-Absicht nicht abzusprechen.<br />

Reisegarnituren sind in aller Regel leichter <strong>und</strong><br />

kleiner gearbeitet als Gerätschaften für stationären<br />

Gebrauch in «Behandlungszentren».<br />

Die <strong>Instrumente</strong> wurden überwiegend <strong>aus</strong> Bronze<br />

hergestellt; nur die <strong>aus</strong>wechselbaren Klingen bzw.<br />

Nadeln bestanden <strong>aus</strong> Eisen in Stahlqualität. In nicht<br />

sehr häufigen Fällen wurden Edelmetalle für Einlegearbeiten<br />

mit (Gold), Silber oder Niello benützt. Lukian<br />

(Der unwissende Bücherkäufer, 29) 149 kritisiert die<br />

Gewohnheit mancher Ärzte, die ihr geringes Wissen<br />

durch besonders prächtig verzierte <strong>Instrumente</strong> zu vertuschen<br />

versuchten.<br />

Die medizinisch-chirurgischen <strong>Instrumente</strong> wurden<br />

offenbar nicht in speziellen Werkstätten hergestellt,<br />

sondern - wie es in der Antike üblich war - von Toreuten,<br />

die neben anderen Gegenständen des gehobenen<br />

Kunsthandwerks auch <strong>Instrumente</strong> für Ärzte<br />

herstellten. Über diese <strong>Instrumente</strong>nfabriken besitzen<br />

wir nur indirekte Kenntnisse, da sie sich durch genau<br />

übereinstimmende Stücke an weit <strong>aus</strong>einandergelegenen<br />

Orten erkennen lassen. Ziemlich selten hinterliessen<br />

die Hersteller ihre Namensstempel auf den<br />

Gerätschaften.<br />

In <strong>Augst</strong> ist eine <strong>medizinische</strong> Pinzette (Taf. 12, 92;<br />

65, 92) durch den Stempel des Agathangelus (...AN-<br />

GEL...) signiert, dessen gestempelte Fabrikate schon<br />

<strong>aus</strong> mehreren F<strong>und</strong>orten bekannt sind (z. B. Pompeji 150 ,<br />

Abb. 13). Viele chirurgische Geräte sind in der Ausführung,<br />

den Proportionen, den Massen, den Profilen,<br />

aber auch i n der O r n a m e n t i k einander so ähnlich, dass<br />

eine gemeinsame Werkstatt trotz fehlender Fabrikmarken<br />

vor<strong>aus</strong>gesetzt werden muss.<br />

Da F<strong>und</strong>e von ganzen <strong>Instrumente</strong>nsätzen bekannt<br />

sind, muss vor<strong>aus</strong>gesetzt werden, dass solche Geräte<br />

als «Sätze» oder «Garnituren» gehandelt wurden. Dazu<br />

tragen vielleicht zwei Beispiele <strong>aus</strong> <strong>Augst</strong> bei: In<br />

einem Fall handelt es sich um eine olivenförmig verdickte<br />

Sonde (Taf. 58, 639), die denselben Griff wie<br />

W<strong>und</strong>haken besitzt (Taf. 58, 636.640?); im anderen<br />

Fall weist eine'Löffelsonde (Taf. 39, 413) dieselbe Verzierungsart<br />

wie ein unbestimmbares Instrument (Taf.<br />

60, 662) auf. Diese dekorgleichen Stücke wurden allerdings<br />

nicht zusammen gef<strong>und</strong>en, sondern sie stammen<br />

<strong>aus</strong> verschiedenen Insulae.<br />

Bestimmte Verzierungsarten können durch Werkstattzusammengehörigkeiten<br />

erklärt werden, so z.B.<br />

die Idee, den Schaft durch spiralförmig umlaufende,<br />

mit andersfarbigem Metall <strong>aus</strong>gelegte Rinnen zu ver-<br />

149 Nach Krug 1985, 76.<br />

150 Künzl 1984, 188: «Die Werkstatt des Agathangelus stellte <strong>Instrumente</strong><br />

für Pharmazeuten, Mediziner wie auch für Bildhauer<br />

<strong>und</strong> andere Feinhandwerker her... Die F<strong>und</strong>stellen reichen<br />

von Gallien <strong>und</strong> Germanien bis Italien. Der F<strong>und</strong> einer<br />

Pinzette mit Stempel des Agathangelus in Pompeji datiert die<br />

Werkstatt auf das 1. Jahrh<strong>und</strong>ert n. Chr. ... Dazu passen die<br />

F<strong>und</strong>e vom Schutthügel in Vindonissa». Vgl. auch Künzl 1982,<br />

32, Anm. 91.

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