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Römisches Toilettgerät und medizinische Instrumente aus Augst ...

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Pinzetten als ein universal brauchbares Greif- <strong>und</strong><br />

Halteinstrument fanden in vielen Gebieten<br />

Verwendung:<br />

- Zu kosmetischen Zwecken (bei der Körperpflege):<br />

zur Epilation, aber auch zum Entfernen von Spreisseln<br />

<strong>aus</strong> der Haut. Als Enthaarungspinzetten bildeten<br />

sie einen Bestandteil des Barbierbesteckes. Für<br />

die «privaten» Zwecke der Körperpflege dienten vorwiegend<br />

die einfachen Nutzinstrumente der Variante<br />

G (105-111). Ganz kleine Exemplare waren wichtiger<br />

Bestandteil des Toilettnecessaires. Z u diesem Zweck<br />

waren sie mit einem Öhr versehen (Taf. 9, 71.73.<br />

74.76.77).<br />

- Zu medizinisch-chirurgischen Zwecken: Die Ärzte<br />

benutzen bestimmt auch allgemeine Formen, wie sie<br />

auch zu kosmetischen Zwecken verwendet wurden.<br />

Ausserdem wurden spezielle Formen entwickelt, die<br />

dem chirurgischen Gebrauch besonders angepasst<br />

waren. Als eindeutige chirurgische <strong>Instrumente</strong> können<br />

nur die Pinzetten mit den gezackten Greifrändern<br />

(Variante A , 92) <strong>und</strong> die Pinzettensonden (Variante<br />

H , 112-115) spezifiziert werden. Für den <strong>medizinische</strong>n<br />

Gebrauch war wohl auch die Pinzette mit<br />

den zugespitzten Greifenden bestimmt (93), die zum<br />

Her<strong>aus</strong>ziehen von Fremdkörpern <strong>aus</strong> den W<strong>und</strong>en<br />

diente.<br />

Abb. 13<br />

Pinzette mit Fabrikantenstempel des Agathangelus<br />

<strong>aus</strong> Pompeji (Nachweis A n m . 74).<br />

Ohne Massstab.<br />

Die Pinzetten, die im Römermuseum <strong>Augst</strong> aufbewahrt<br />

sind, stammen mit einer einzigen Ausnahme <strong>aus</strong><br />

den Wohnvierteln der Zivilstadt. Einzig 109 wurde in<br />

einem spätrömischen Grab gef<strong>und</strong>en. Anderenorts<br />

sind Vertreter aller in <strong>Augst</strong> vorkommenden Varianten<br />

in Arztgräbern gef<strong>und</strong>en worden (s. unten, A n m .<br />

76-82).<br />

Pinzetten mit U-förmiger Umbiegung <strong>und</strong> gezähnten,<br />

ineinander greifenden Backen (Variante A)<br />

Gezähnte Greifbacken gelten als ein Merkmal der chirurgischen<br />

Pinzette. Nach E. Künzl 73 handelt es «sich<br />

um eine der OVULA F O R C E P S verwandte Pinzette,<br />

die sich von der Zange nur dadurch unterscheidet, dass<br />

sie mit Federung <strong>und</strong> nicht mit der Hebelwirkung des<br />

Scharniers arbeitet». Die Zähnung kommt bei unterschiedlichen<br />

Typen von Pinzetten vor; einige der gezähnten<br />

Pinzetten sind mit Fabrikantenstempeln<br />

versehen.<br />

Bei der Pinzette 92 ist ein Teil des Herstellerstempels<br />

<strong>aus</strong> der Werkstatt des Agathangelus erhalten (Taf. 65,<br />

92), der als einziger bisher bekannte Fabrikant seine<br />

Erzeugnisse für Ärzte, Pharmazeuten <strong>und</strong> verschiedene<br />

Feinhandwerker (Bildhauer usw.) mit seinem<br />

Namen signierte. Es handelt sich um die einzige Werkstatt<br />

für kosmetische <strong>und</strong> <strong>medizinische</strong> <strong>Instrumente</strong>,<br />

die <strong>aus</strong> der Reihe der unbekannten Hersteller solcher<br />

<strong>Instrumente</strong> von bisweilen hoher handwerklicher Qualität<br />

her<strong>aus</strong>tritt. Unter den Erzeugnissen dieser Firma<br />

sind vor allem Pinzetten, aber auch Modellierinstrumente<br />

<strong>und</strong> Tüllenhalter bekannt. Da eine gestempelte<br />

Pinzette <strong>aus</strong> P o m p e j i stammt ( A b b . 13), darf die Tätigkeit<br />

des Agathangelus ins 1. Jahrh<strong>und</strong>ert gesetzt werden<br />

74 . Drei andere signierte <strong>Instrumente</strong> stammen <strong>aus</strong><br />

dem Schutthügel von Vindonissa, also ebenfalls <strong>aus</strong><br />

dem 1. Jahrh<strong>und</strong>ert. Die Erzeugnisse dieser <strong>Instrumente</strong>nfabrik<br />

waren sowohl in Italien wie auch in den<br />

Nordprovinzen verbreitet. Eine Zusammenstellung der<br />

bekannten Agathangelusstempel hat E. Künzl 75 zusammengestellt.<br />

92 U-förmig umgebogene Greifarme enden in gezähnten Backen.<br />

In der Mitte eines Greifers ein länglicher Herstellerstempel:<br />

...ANG.LV... eingeschlagen (Taf. 65). Ein Arm beschädigt, der<br />

andere nur z. T. erhalten. L. 8,8 cm. - Inv. 62.5982. FO: Ins. 29,<br />

FK 1720. - Mitf<strong>und</strong>e: Keramik 1 RS Drag. 37 (frühes 2. Jh.),<br />

Rest Mitte bis 2. Hälfte 2. Jh.; Münze: Sesterz Sabina 117-138 76 .<br />

Pinzetten mit spitzzulaufenden Greif armen<br />

(Variante B)<br />

Die Form scheint ein chirurgisches Instrument zu sein,<br />

mit dem man Fremdkörper <strong>und</strong> Knochensplitter <strong>aus</strong><br />

den W<strong>und</strong>en entfernen konnte.<br />

93 Massive vierkantige Greifteile laufen an den Enden spitz zu.<br />

Verb<strong>und</strong>en sind sie durch einen breiten Bogen. Ganz erhalten.<br />

L. 8,0 cm. - Inv. 62.10306. FO: Ins. 31, FK 1981. - Mitf<strong>und</strong>e:<br />

Keramik späteres 2. Jh. bis 1. Hälfte 3. Jh.<br />

73 Künzl 1982, 18.<br />

74 Vulpes 1847, Taf. 5,3 (= unsere Abb. 13). Vgl. auch Anm. 150.<br />

75 Künzl 1982, 32, Anm. 91.<br />

76 Vgl. die gleiche Form, jedoch ohne Stempel: Como 1925, Abb.<br />

3,13 (Arztgrab <strong>aus</strong> Bingen); Simonett 1947, Abb. 14,7.

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