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Römisches Toilettgerät und medizinische Instrumente aus Augst ...

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Anhang: Blaue Pigmentkugeln<br />

(Taf. 73)<br />

In den Wohnbezirken von Augusta Rauricorum wurde<br />

eine ziemlich grosse Anzahl von kleinen blauen Kügelchen<br />

einzeln oder in kleinen Gruppen «zusammengebacken»<br />

<strong>aus</strong>gegraben ( A b b . 34; Taf. 73). Diese<br />

Kügelchen haben einen Durchmesser von 1,5-2,5 cm,<br />

eine rohe, unregelmässig abger<strong>und</strong>ete Oberfläche <strong>und</strong><br />

eine leuchtend blaue Farbe. Sie bestehen alle <strong>aus</strong> der<br />

gleichen Substanz, dem Farbstoff Aegyptisch-Blau,<br />

sowie Quarzkörnchen <strong>und</strong> eingeschwemmter Erde<br />

(vgl. Beitrag W. B. Stern, S. 99f.). Solche Kügelchen<br />

sind auch von anderen römischen F<strong>und</strong>stellen bekannt.<br />

Aegyptisch-Blau ist ein antiker, künstlicher Farbstoff,<br />

der durch das Brennen von Quarz, Calcit <strong>und</strong><br />

Kupferfeilspänen entsteht <strong>und</strong> dem als Flussmittel<br />

noch kohlensaures Natron beigemischt wird. Der<br />

künstliche Farbstoff ist mit dem Mineral Cuprorivait<br />

identisch 191 . Es handelt sich bei unseren Kügelchen um<br />

unverarbeitete Zwischenprodukte.<br />

Bei Vitruv (Liber VII, Kap. XI) wird die künstliche<br />

Herstellung von Stahlblau folgendermassen beschrieben:<br />

«Es wird nämlich Sand mit kohlensaurem Natron<br />

so fein verrieben, dass die Mischung wie Mehl wird;<br />

<strong>und</strong> kyprisches Kupfer, mit rauhen Feilen zu Raspelspänen<br />

zurechtgemacht, damit gemischt, wird (mit<br />

Wasser) besprengt, damit sich die Mischung zusammenballen<br />

lässt. Dann werden durch drehende Bewegungen<br />

mit den Händen Kügelchen geformt <strong>und</strong> diese<br />

so zusammengestellt, dass sie trocknen. Wenn sie<br />

trocken sind, werden sie in einen irdenen Topf gelegt,<br />

<strong>und</strong> die Töpfe werden in einen Glühofen gestellt. Wenn<br />

so das Kupfer <strong>und</strong> der Sand dadurch, dass sie von der<br />

Macht des Feuers erhitzt werden, zusammenschmelzen,<br />

verlieren sie... ihre Eigenheiten <strong>und</strong> nehmen... eine<br />

blaue Farbe an» 192 . Nach Vitruv wurde die Herstellung<br />

in Alexandria erf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> später in Puteoli nachgemacht.<br />

Die in <strong>Augst</strong> gef<strong>und</strong>enen Kügelchen machen den<br />

Eindruck, dass sie «durch drehende Bewegungen mit<br />

den Händen» geformt worden sind.<br />

Die F<strong>und</strong>stellen in der <strong>Augst</strong>er Zivilstadt (Abb. 34)<br />

schliessen Wohnbezirke mit ein, nicht etwa nur Handwerkerviertel.<br />

Sie tragen zu der Vermutung bei, dass es<br />

sich bei den Kügelchen um Schminkfarbstoffe (für die<br />

Augenlider der römischen Damen) handelt.<br />

Die Schichtdatierungen der in geschlossenen Komplexen<br />

gef<strong>und</strong>enen Pigmentkügelchen umfassen die<br />

ganze römische Kaiserzeit; die frühesten kommen ab<br />

dem 2. Viertel des 1. Jh. vor <strong>und</strong> reichen - mit einem<br />

starken Anwachs in der 2. Hälfte 2. Jh./3. J h . - bis ins<br />

4. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein (Tab. 14).<br />

Tabelle 14: Mengenverteilung <strong>und</strong> Verbreitung der blauen Pigmentkugeln im Siedlungsareal (vgl. auch Karte<br />

Abb. 34):<br />

Insula<br />

Region<br />

5 6 11 19 20 .22 24 25 29 30 31 34 47 48 4 D / 5 5 C 17C 21<br />

Anzahl: 6 15 23 4 2 2 5 2 1 4 14 1 1 2 1 5 4 1<br />

Katalog<br />

(Vgl. einige Beispiele Taf. 73)<br />

1,2x2,2 cm. - Inv. 06.3233. FO: <strong>Augst</strong>.<br />

Dm. ca. 2,0 cm. - Inv. 33.32. FO: <strong>Augst</strong>.<br />

2 Stück: D m . ca. 1,6 cm <strong>und</strong> 1,8 cm. - Inv. 33.49A.B. FO: <strong>Augst</strong>.<br />

1,9x2,5 cm. - Inv. 38.5186. FO: <strong>Augst</strong>.<br />

Dm. ca. 1,9 cm. - Inv. 48.3658. FO: <strong>Augst</strong>.<br />

3 Stück: D m . ca. 1,6; 1,7; 1,7 cm. - Inv. 48.3741-3743. FO: <strong>Augst</strong>.<br />

5 Stück: D m . ca. 1,4 bis 1,6 cm. - Inv. 1954(7), bei Inv. 54.128-155. FO:<br />

Ins. 5, Areal Römerh<strong>aus</strong> (?).<br />

Dm. 1,9 cm. - Inv. 58.2762. FO: Ins. 24, Schnitt E 119. - Mitf<strong>und</strong>e:<br />

Keramik 2. Jh. bis 1. Hälfte 3. Jh.; Spatelsonde 568.<br />

1,9x2,2 cm. - Inv. 58.6113. FO: Ins. 24, Schnitt E 142.<br />

Dm. 1,4 cm. - Inv. 1958, bei Inv. 58. 6302-6361. FO: Ins. 24.<br />

1,6x2,0 cm. - Inv. 58.9367. FO: Ins. 24, Schnitt E 122.<br />

1,0x1,7 cm. - Inv. 59.1094. F O : Ins. 24, Schnitt 166. - Mitf<strong>und</strong>e:<br />

Keramik etwa 1. Hälfte 2. Jh. (1-2 Scherben ev. nach der Mitte des 2.<br />

Jh.s); Münze: Titus 79-81.<br />

Dm. 1,2 cm. - Inv. 59.8051. FO: Ins. 30, Schnitt 29. - Mitf<strong>und</strong>e:<br />

Keramik: Mischkomplex, 2. Hälfte 1. Jh./Anfang 3. Jh.<br />

2,0x2,5 cm. - Inv. 59.10538. FO: Ins. 30, Schnitt 3.<br />

191 S. Graeser et al., Mineral-Neuf<strong>und</strong>e <strong>aus</strong> der Schweiz <strong>und</strong> angrenzenden<br />

Gebieten 5. Schweizer Strahler 5, Nr. 11, 1981, 441;<br />

G. Bayer/H.-G. Wiedemann, Aegyptisch Blau, ein synthetisches<br />

Farbpigment des Altertums, wissenschaftlich betrachtet.<br />

Mettler <strong>Instrumente</strong>, Greifensee 1976 bzw. Sandoz-Bulletin Nr.<br />

40, Basel 1976, 19-39.<br />

192 Zitiert nach der Ausgabe Darmstadt 1964, 349 (Übersetzung C.<br />

Fensterbusch).

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