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PDF zum Download - Denkmalpflege Baden-Württemberg

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Die Gebeine von Johannes Brenz et al.<br />

aus der Stiftskirche in Stuttgart<br />

Osteologisch-forensische Untersuchungen<br />

an historisch bedeutsamen Skelettresten<br />

Der württembergische Reformator und erste evangelische Stiftspropst Johannes<br />

Brenz wurde laut Überlieferung nach seinem Tod 1570 unter der Kanzel<br />

der Stiftskirche beigesetzt und beim Wiederaufbau der Stiftskirche nach dem<br />

2. Weltkrieg unter die heutige Kanzel umgebettet. Während der tiefgreifenden<br />

Umbaumaßnahmen in der Stuttgarter Stiftskirche war der Schrein mit<br />

den sterblichen Überresten von Johannes Brenz und des mitbestatteten Jesuitenpaters<br />

Eusebius Reeb erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden.<br />

Joachim Wahl<br />

/ Der beschädigte<br />

Schrein vor seiner<br />

Öffnung, Längsseite.<br />

Angesichts der für einen späteren Zeitpunkt geplanten<br />

Wiederbestattung der Gebeine in einem<br />

neuen Behältnis entschloss man sich daraufhin,<br />

den stark lädierten Schrein gänzlich zu öffnen,<br />

um seine Bauart sowie den Inhalt zwischenzeitlich<br />

einer detaillierten Untersuchung zu unterziehen.<br />

Öffnung und Exhumierung fanden am<br />

17. August 2000 in Stuttgart statt.<br />

Bei dem Schrein handelt es sich um eine nicht<br />

ganz ebenmäßig gearbeitete, mit Zinkblech ummantelte<br />

und ausgekleidete Kiste von 84/85 cm<br />

x 35 cm x 30/32 cm (L x B x H) aus ca. 2 cm starken,<br />

gehobelten Eichenholzbrettern, die durch<br />

ein in den Seitenteilen schwalbenschwanzförmig<br />

eingelassenes Querbrett in zwei ungleich große<br />

Kammern von ca. 54 cm (A) und etwa 30 cm (B)<br />

Länge unterteilt wurde (Abb. 1 u. 3). Als Deckel<br />

diente für Kammer B das Innen- und Außenblech<br />

ohne Holzlage, für Kammer A lediglich das Mantelblech,<br />

das außen und im Deckelbereich auch<br />

innen mit rotbrauner Mennige-Farbe beschichtet<br />

war (Abb. 2). Auf dessen Unterseite war offensichtlich<br />

kurz vor dem Verschließen des Blechmantels<br />

in Sütterlinschrift eingeritzt worden:<br />

„zugelötet am 8.12. 55". Weitere, nicht konstruktiv,<br />

sondern eher als Abfallstücke zu deutende,<br />

vielleicht auch als Stützen für den darin<br />

befindlichen Schädel gedachte, teils gewinkelte<br />

Zinkblechreste wurden in der kleineren Kammer<br />

B angetroffen.<br />

Kammer A<br />

In Kammer A befanden sich ein mehr oder weniger<br />

vollständig erhaltener Hirnschädel, ein beschädigter<br />

Unterkiefer sowie 18 separate, meistenteils<br />

nur noch fragmentarisch erhaltene Skelettreste<br />

und kleinste Splitter. Zudem wurden<br />

insgesamt noch vier Tierknochen bzw. Tierzähne<br />

angetroffen (Abb. 4). Bei diesen handelt es sich<br />

um Extremitätenknochen von Schwein und Rind<br />

sowie Zahn- und Kieferreste von Rind und Schaf/<br />

Ziege, die z.T. Säge- und Verbissspuren aufweisen<br />

(Bestimmung nach Frau Dr. Stephan, IDA,<br />

Konstanz). Sie sind als typische Schlacht- und<br />

Speiseabfälle zu deuten. Ihre Einbringung in den<br />

Schrein dürfte der anatomischen Unkenntnis<br />

Derjenigen zuzuschreiben sein, die für die Umbettung<br />

der Gebeine zuständig waren. Sie belegen<br />

aber auch, dass die Umgebung <strong>zum</strong>indest einer<br />

der ehemaligen Grablegen mit profanem<br />

Siedlungsabfall durchsetzt war.<br />

Die Schädelreste<br />

Vom Hirnschädel sind lediglich die Kalotte, anhängende<br />

Partien der rechten Temporalschuppe<br />

und der größte Teil des linken Schläfenbeines er-<br />

202

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