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Essay - Theater in der Josefstadt

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Weimarer Republik. Wir sehen ke<strong>in</strong>e Nazis im Film, wir sehen den bemühten volksnahen<br />

Kommissar Lohmann, wir s<strong>in</strong>d mitten im Volk überhaupt, <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Schnauze. Wir erleben,<br />

wie die Verbrecher sich gegen den e<strong>in</strong>en Verbrecher zusammenschließen, weil die ständigen<br />

Razzien die Geschäfte stören. Der Schränker, dargestellt von Gustaf Gründgens, mobilisiert<br />

die Bettler <strong>der</strong> Stadt.<br />

Es ist die zweite Bettleroper nach <strong>der</strong> dreigroschenen mit <strong>der</strong> Musik von Grieg,<br />

gepfiffen von Peter Lorre.<br />

Schließlich punzieren sie ihn. Sie drücken auf se<strong>in</strong> Schulterblatt das Kreide-M, damit<br />

er kenntlich werde als <strong>der</strong> Mör<strong>der</strong>. Endlich fangen sie ihn und machen ihm den großen<br />

Prozess, die Verbrecher gegen den Verbrecher.<br />

c)<br />

Bei diesem Tribunal: Volk aus Berl<strong>in</strong> gegen den K<strong>in</strong><strong>der</strong>mör<strong>der</strong> Beckert, stellt Lorre<br />

diesen Beckert dar als Täter, <strong>der</strong> nicht tun will, was er tun muss. Se<strong>in</strong> räudiger Verteidiger sagt<br />

immerh<strong>in</strong>, Beckert gehöre <strong>in</strong> die Hände <strong>der</strong> Ärzte. Der Schränker aber sagt, und er sagt es,<br />

<strong>in</strong>des er Girlanden <strong>in</strong> die Luft zeichnet mit Händen <strong>in</strong> Le<strong>der</strong>handschuhen: Dieser Mann muss<br />

weg.<br />

Am Vorabend des Dritten Reichs ward <strong>in</strong> diesem Film verhandelt, ob Therapie o<strong>der</strong><br />

Liquidation die Oberhand gew<strong>in</strong>nt. Schließlich befreit die Polizei den K<strong>in</strong><strong>der</strong>mör<strong>der</strong> aus den<br />

Fängen <strong>der</strong> Lyncher.<br />

d)<br />

Gustaf Gründgens, <strong>der</strong> spätere Günstl<strong>in</strong>g von Gör<strong>in</strong>g, <strong>der</strong> „Mephisto“, verlangt als<br />

Gangsterkönig den Tod des Triebtäters.<br />

Peter Lorre verteidigt se<strong>in</strong>e Figur, den Mör<strong>der</strong> Beckert, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvoller Weise.<br />

Dieses Plädoyer hat sich unter me<strong>in</strong>en Li<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>gebrannt, als wäre es Ausdruck e<strong>in</strong>er<br />

Urgestalt Conditio humana. Der Jude Lorre floh nach <strong>der</strong> Machtergreifung <strong>in</strong> die USA, spielte<br />

den Ugarte <strong>in</strong> Casablanca,e<strong>in</strong>en mutigen kle<strong>in</strong>en Mann am Rande <strong>der</strong> Zeit, sowie den<br />

schwulen Erpresser Cairo im Malteser Falken.

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