0.1 Titelbild - Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
0.1 Titelbild - Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
0.1 Titelbild - Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Texte publik gemacht<br />
Leuschners, dass „die geschichtlichen<br />
Leistungen des Adels“ nicht über Bord<br />
geworfen werden sollten, erhebliches<br />
Misstrauen hervor, während die Zusicherung<br />
Josef Wirmers, dass „nach keiner<br />
Richtung alte Zustände wieder<br />
aufgewärmt werden sollten“, bei Stauffenberg<br />
deutliche Beruhigung auslöste.<br />
Unzweifelhaft lehnte Stauffenberg die<br />
Rückkehr zu „Weimarer Verhältnissen“,<br />
damit den parteienstaatlichen Parlamentarismus,<br />
nachdrücklich ab. Er war<br />
stark von korporatistischen Vorstellungen<br />
geprägt und näherte sich neokonservativen<br />
Ideengängen, wie sie im Kreisauer<br />
Kreis vorherrschten. Mit dem Blick<br />
auf Gneisenau erwog er, „einen staatstragenden<br />
Stand zu schaffen und so<br />
stark zu machen, dass er eine weise und<br />
feste Führung auszuüben fähig sei“. Es<br />
ist offen, wie weit diese paternalistischen<br />
Züge, die in den Beratungen des<br />
Lautlinger Kreises im Vordergrund<br />
standen, später zurücktraten. Mit der<br />
Hervorhebung der sozialen Komponente<br />
wies sein politisches Weltbild eine<br />
gewisse Verwandtschaft mit der Idee des<br />
„preußischen Sozialismus“ auf.<br />
Indessen vermieden Stauffenberg wie<br />
Beck ,sich direkt in die Pläne der zivilen<br />
Oppositionsgruppen einzuschalten. Für<br />
beide stand — darin waren sie sich mit<br />
dem Sozialdemokraten Julius Leber<br />
einig — die Notwendigkeit des Handelns<br />
im Vordergrund. Daher vermieden<br />
sowohl Beck wie Stauffenberg, die zunehmenden<br />
Spannungen mit Carl Friedrich<br />
Goerdeler, der als Reichskanzler<br />
vorgesehen war, auszutragen. Der Leipziger<br />
Ex-Oberbürgermeister sah in den<br />
Militärs ein bloßes Vollzugsorgan der<br />
bürgerlichen Opposition, was auf einer<br />
fragwürdigen Bewertung des Verhältnisses<br />
von Politik und Kriegführung beruhte.<br />
Goerdelers blauäugige Verkennung<br />
des schwindenden außenpolitischen<br />
Handlungsspielraums der Verschwörung,<br />
zugleich deren Gefährdung durch<br />
dessen „geräuschvolles“ Auftreten<br />
stießen bei Stauffenberg auf Unverständnis.<br />
Er blieb gleichwohl darum<br />
bemüht, Goerdeler weiterhin einzubinden,<br />
obwohl dieser noch immer das<br />
Attentat ablehnte und sich in der Haft<br />
zu der Vorstellung verstieg, in dessen<br />
Scheitern ein Gottesurteil zu erblicken.<br />
Stauffenberg hatte ursprünglich die<br />
Zusammensetzung der Umsturzregierung<br />
in Rücksicht auf den zu erwartenden<br />
Einfluss der KPD stärker nach links<br />
auszurichten. Die Loyalität Wilhelm<br />
Leuschner und auch Julius Leber, den<br />
Stauffenberg für die Position des<br />
Reichskanzlers anstelle von Goerdeler<br />
favorisierte, bewirkten, dass dieser an<br />
ihm weiterhin festhielt. Trotzdem fühlte<br />
sich Goerdeler politisch isoliert und<br />
betrachtete Stauffenberg mit zunehmendem<br />
Misstrauen, der seinerseits aus<br />
guten Gründen weitere Zusammenkünfte<br />
im Blick auf die Gestapoüberwachung<br />
vermied. Das führte dazu, dass<br />
Goerdelers Vertrauensmann Hans-<br />
Bernd Gisevius, der eine führende Stelle<br />
in der künftigen Umsturzregierung<br />
Netzwerkmagazin 12|08<br />
46<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de