0.1 Titelbild - Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
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Texte publik gemacht<br />
kehrt das Versagen der Generalität<br />
geißelte, die ihm das bittere Wort von<br />
den „Teppichlegern“ im Generalsrang<br />
entlockte. Demgegenüber begründete<br />
er den Anspruch der Militärs, an die<br />
Spitze des Umsturzes zu treten und<br />
nicht nur deren Handlanger zu sein,<br />
offensiv und betonte: „Wir sind auch die<br />
Führung des Heeres und auch des Volkes,<br />
und wir werden diese Führung in die<br />
Hand nehmen“. Dieses mit Willenskraft<br />
gepaarte Selbstbewusstsein Stauffenbergs,<br />
seiner Brüder und seiner Mitverschwörer<br />
stellte einen entscheidenden<br />
Faktor dafür das, dass der Umsturzversuch<br />
trotz aller innerer und äußerer<br />
Widrigkeiten Wirklichkeit wurde.<br />
Stauffenbergs Vorstellung von der Verankerung<br />
der Armee in der Bevölkerung<br />
erinnerte an die preußische Erhebung,<br />
die auch für Julius Leber, mit dem er<br />
bald in eine enge Gesinnungsfreundacht<br />
eintrat, historischen Vorbildcharakter<br />
besaß und eine Schlüsselphase in der<br />
deutschen Geschichte darstellte, im<br />
Unterschied zu Goerdeler und dessen<br />
engeren Mitstreitern, die auf das Vermächtnis<br />
der preußischen Reform zurückgriffen.<br />
Stauffenbergs romantisierende<br />
Sicht der bewaffneten Macht<br />
schlug sich in der Erwägung nieder, dass<br />
das Offizierskorps nicht wie im November<br />
1918 versagen und sich die Initiative<br />
aus der Hand nehmen lassen dürfe.<br />
Die Wehrmacht, argumentierte Stauffenberg,<br />
sei schließlich „in unserem<br />
Staat die konservativste Einrichtung“,<br />
die aber „gleichzeitig im Volk verwurzelt“<br />
sei. Aus dieser Sicht heraus sah er<br />
die legitime Aufgabe der Wehrmacht<br />
nicht nur darin, die drohende Niederlage<br />
abzuwenden, sondern auch den Staat<br />
vor dem Zerfall zu bewahren. Daraus<br />
folgte die Notwendigkeit, die Rückkehr<br />
zu Recht und Ordnung mittels eines<br />
vorübergehenden militärischen Ausnahmezustandes<br />
sicherzustellen, um die<br />
zu erwartenden Gegenkräfte gegen die<br />
angestrebte Übergangsregierung zu<br />
neutralisieren.<br />
Andererseits lag eine unerkennbare<br />
Schwäche der Umsturzplanung darin,<br />
dass deren Erfolg in erster Linie davon<br />
abhing, dass die militärische Befehlskette<br />
und Unterstellungsverhältnisse intakt<br />
blieben. Dies war in Paris und in Wien,<br />
wo der militärische Ausnahmezustand<br />
ohne größere Widerstände durchgesetzt<br />
werden konnte, der Fall, nicht<br />
jedoch im Reichsgebiet, wo die Wehrkreisbefehlshaber<br />
die trotz des gescheiterten<br />
Attentats ergehenden Befehle<br />
der Zentrale nicht oder nur schleppend<br />
befolgten.<br />
Es war kennzeichnend, dass die „politischen<br />
Beauftragten“, entgegen den<br />
Vorstellungen Helmuth von Moltkes,<br />
den Militärbefehlshabern untergeordnet<br />
waren und dass gleichsam die Vorschriften<br />
des preußischen Ausnahmezustands<br />
von 1860 erneut umgesetzt<br />
wurden. Es handelte sich soweit um eine<br />
Militärrevolution von oben. Es gab auch<br />
ansatzweise keine Vorbereitungen, um<br />
die Bevölkerung, aber auch die einfa-<br />
Netzwerkmagazin 12|08<br />
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<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de