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0.1 Titelbild - Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.

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NETZWERK<br />

magazin<br />

In dieser Ausgabe u.a.<br />

Martin Tröndle<br />

Leiter der Akademie<br />

Concerto 21.<br />

Thema<br />

Bildung für<br />

Kinder und Jugendliche<br />

Max-Brauer<br />

Brauer-Preis<br />

Faszination für Lesen<br />

und Musik<br />

Horizonterweiterung<br />

Stipendiatenseminare in<br />

Siggen<br />

Museumspädagogik<br />

Nicht nur für Kinder<br />

09<br />

09


<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Editorial<br />

Sehr geehrte, liebe Mitglieder des europäischen Fördernetzwerks,<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

die Spätsommerausgabe des Netzwerkmagazins legt den Schwerpunkt auf Projekte<br />

im Kinder- und Jugendbereich. Es sind kleine und große Aufbrüche an verschiedenen<br />

Orten, die für eine gewisse Zeit von der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. begleitet,<br />

punktuell unterstützt oder ausgezeichnet wurden.<br />

Ein Museum kann der Motor für eine lernende Gesellschaft sein, wenn es sein junges<br />

Publikum ernst nimmt, neue Wege der Auseinandersetzung ermöglicht und<br />

seine Gegenstände im besten Sinne erfahrbar macht, so erläutert Katarzyna Warpas<br />

ihre Studie zu „Child inclusive exhibition design“. Für die Musik ist das „Klingende<br />

Museum Hamburg“ solch ein Ort und wurde dafür mit dem Max-Brauer-Preis ausgezeichnet.<br />

Diese Ehrung erfuhr zugleich „MENTOR — Die Leselernhelfer Hamburg<br />

e.V.“ — auch dies ein Ort des Lernens, der über die üblichen Bildungsorte hinaus<br />

für Kinder und Jugendliche neue Möglichkeiten des Aufbruchs erfahrbar macht.<br />

Das Netzwerkmagazin berichtet des Weiteren über die Bildungsaktivitäten der <strong>Stiftung</strong><br />

und zeigt die Perspektiven auf, die sich mit neuen Gegenwartsfragen im Gepäck<br />

für die <strong>Stiftung</strong>sarbeit der nächsten Jahre abzeichnen.<br />

Nicht zuletzt ist auch das Magazin selbst von einen kleinen Aufbruch betroffen:<br />

Dies ist die letzte Ausgabe unter der Redaktion und Gestaltung von Lutz Ohlendorf,<br />

der dem Heft zum neuen Gesicht verhalf und Stil wie Inhalt für ein Jahr geprägt<br />

hat. Wir wünschen ihm für den weiteren Lebensweg das Allerbeste. An seiner<br />

Stelle wird fortan Julia Christin Aye das Magazin betreuen, die ebenso wie ihr Vorgänger<br />

ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Kultur in unserer <strong>Stiftung</strong> absolviert.<br />

Neben den Informationen aus unseren Projekten, über Alumni und aktuelle Stipendiaten,<br />

finden Sie wie immer Berichte, Tipps und Links zu Partnern und zum<br />

<strong>Stiftung</strong>sumfeld in diesem Heft. Ich wünsche Ihnen eine abwechslungsreiche Lektüre<br />

und freue mich über Ihre Rückmeldungen, Nachrichten und Anregungen…<br />

Ihre Dr. Antje Mansbrügge<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />

2


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Inhalt<br />

Inhalt<br />

Editorial 2<br />

Kurz gemeldet | Wettbewerbe und Ausschreibungen 5<br />

Die Kunst(, zu) vermitteln — Martin Tröndle 9<br />

Menschen<br />

Auf musikalischer Bärenjagd 15<br />

Wertvolles Lernen 19<br />

Nicht nur für Kinder 23<br />

Thema<br />

3<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Inhalt<br />

Horizonte erweitern 27<br />

Komplex 31<br />

„Die <strong>Stiftung</strong> soll eine Plattform für Ideen sein“ 33<br />

Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong><br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Texte publik gemacht<br />

Hans Mommsen: Repräsentant des „anderen Deutschland“ 39<br />

Katarzyna Warpas: Child Inclusive Exhibition Design 49<br />

Termine 55<br />

Links zu interessanten Projekten in Europa 57<br />

Ihre Beiträge 59<br />

Impressum | Bildnachweise 61<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />

4


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Reflexionen am Bosporus<br />

Die unter dem Titel „Europäische Reflexionen“<br />

entstandene Fotorecherche zu<br />

europäischen Werten machte im Sommer<br />

Station in Istanbul. Ausgewählte<br />

Arbeiten von Pepa Hristova und André<br />

Lützen wurden dort in der Galerie fotografevi<br />

gezeigt. Der lokale Bezug ist<br />

dort besonders groß: Für ihre Recherche<br />

begab sich Pepa Hristova nicht nur nach<br />

Bulgarien, sondern auch zur bulgarischen<br />

Minderheit in der Türkei. Auch<br />

André Lützen erkundete für seine Fotografien<br />

die „Außenlinie Europas“ (Foto:<br />

„Flüchtlingsboot“, Teneriffa, 2006).<br />

Kurz gemeldet<br />

Gleich zwei Eurolecture-<br />

Gastdozenturen werden dank eines<br />

Mittelvortrags im Sommersemester<br />

2010 gefördert werden können, beide<br />

im Bereich der Geisteswissenschaften.<br />

Dr. Kawla Dobrochna von der Universität<br />

Jagiellonski in Krakow bringt eine<br />

reiche Erfahrung in der Erforschung der<br />

Frauen und Geschlechtergeschichte an<br />

die Universität Erfurt mit, wo sie zusammen<br />

mit Prof. Dr. Claudia Kraft<br />

unter anderem dieses Thema in der<br />

Form des Teamteaching unterrichten<br />

wird. Außerdem werden sich die Wissenschaftlerinnen<br />

zusammen mit ihren<br />

Studenten mit der historische Gedächtnisforschung<br />

in den postkommunistischen<br />

Gesellschaften befassen. Auch<br />

eine Tagung in Erfurt ist geplant.<br />

5<br />

Geisteswissenschaftlicher Akzent<br />

Mit einem Semesterschwerpunkt<br />

Christologie befasst sich die Gastdozentur<br />

von Prof. Dr. Gerard Mannion von<br />

der Katholieke Universiteit Leiden, der<br />

diesen zusammen mit PD Dr. Annemarie<br />

Mayer von der Universität Tübingen<br />

entwickelt hat. Beide möchten sich<br />

nicht auf formale akademische Aspekte<br />

des Themas beschränken, sondern vor<br />

allem die Einflüsse anderer Fachrichtungen<br />

würdigen und den Lehrstoff in Exkursionen<br />

erweitern.<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Kurz gemeldet<br />

Abpfiff beim Auswärtsspiel<br />

Die Saison 2009 des Siggener Kultursommers,<br />

die unter dem Titel „Auswärtsspiel“<br />

steht, befindet sich in den<br />

letzten Spielminuten: Mit einem Konzert<br />

des eigens zu diesem Termin gebildeten<br />

Bläserensembles „Siggen Brass“,<br />

zu dem auch die aktuellen Masefield-<br />

Stipendiaten Björn Kadenbach und<br />

Sönke Klegin gehören, endet eine Reihe<br />

von Konzerten und Vorträgen, die wiederum<br />

auf große Resonanz in der Umgebung<br />

des Ostholsteiner Seminarzentrums<br />

stießen. Auch im kommenden Jahr<br />

werden StipendiatInnen und andere<br />

Persönlichkeiten aus dem <strong>Stiftung</strong>sumfeld<br />

in Siggen musizieren und referieren.<br />

Einen Artikel über das Kunstprojekt<br />

„Komplex“, das ebenfalls im Rahmen<br />

des Kultursommers stattfindet, können<br />

Sie in dieser Ausgabe des Netzwerkmagazin<br />

lesen.<br />

Graphische Reduktion<br />

Die Arbeiten der ehemaligen <strong>Alfred</strong>-<br />

<strong>Toepfer</strong>-Programmstipendiatin Anja<br />

Klafki zeichnen sich durch eine einzigartige<br />

Reduziertheit aus, die das Thema<br />

der Landschaft aus der Sicht der Radierung<br />

neu erschließt und durch unkonventionelle<br />

Techniken unterstrichen<br />

wird. Arbeiten der Künstlerin waren in<br />

der Galerie im Georgshof zu sehen und<br />

bildeten dort auch einen spannenden<br />

Kontrast zu den wenige Monate zuvor<br />

ausgestellten Landschaftsradierungen<br />

Anthonie Waterloos. (Bild: „Ashore IX“,<br />

2007)<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />

6


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Wettbewerbe und Ausschreibungen<br />

PlusPunkt KULTUR<br />

Kurz gemeldet<br />

Die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. (BKJ)<br />

schreibt zum zweiten Mal den Wettbewerb PlusPunkt KULTUR aus.<br />

Bewerben können sich Menschen im Alter von 14 bis 30 Jahren mit eigenen<br />

Projekten oder Projektideen sowie Einrichtungen, die gemeinsam<br />

mit jungen Engagierten ein Projekt planen oder umsetzen. Es sind<br />

Konzepte gefragt, die wichtige gesellschaftspolitische Themen mittels<br />

Kunst und Kultur thematisieren und junge Menschen zu einem freiwilligen<br />

Engagement in der Kultur motivieren. Den BewerberInnen sind<br />

innerhalb der Themenschwerpunkte „InterKultur“, „Mehr Kultur an<br />

Schulen“, „Kultur im Brennpunkt“, „Kultur von Jung und Alt“ und „Kultur<br />

und globale Verantwortung“ keine Grenzen gesetzt.<br />

Die 30 Gewinner/innen erwarten professionelle Qualifizierungsmaßnahmen,<br />

etwa im Bereich Projektmanagement oder Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

sowie ein Preisgeld in Höhe von je 1000 Euro. Einsendeschluss<br />

ist der 1. November 2009<br />

www.plus-punkt-kultur.de<br />

20 Jahre Mauerfall im Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft<br />

Das Deutsch-Französische Jugendwerk möchte daran erinnern, dass für<br />

viele Menschen das Erlebnis deutsch-französischer Freundschaft erst<br />

mit dem Mauerfall begann. Mit einem Wettbewerb sucht das DFJW nun<br />

Texte, Bilder, Videos und Audioaufnahmen, in denen ihre Urheber berichten,<br />

welcher Moment für sie das Ereignis des Mauerfalls mit der<br />

deutsch-französischen Freundschaft verbindet. Die besten Einsendungen<br />

gewinnen eine Reise zum Fest des DFJW in Berlin am 9. November.<br />

Einsendeschluss ist der 15. Oktober.<br />

Weitere Informationen zu diesem Projekt finden sich unter<br />

http://www.dfjw.org<br />

7<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Kurz gemeldet<br />

Bewerbungsverfahren um ein <strong>Alfred</strong>-<strong>Toepfer</strong><br />

<strong>Toepfer</strong>-Stipendium<br />

läuft<br />

Die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. fördert die Abschlussphase eines Studiums,<br />

eines Aufbaustudiums oder einer Promotion von osteuropäischen Studierenden<br />

an einer Hochschule in Deutschland. Es werden pro Jahr 30 bis 50 Stipendien<br />

mit einem Förderungsumfang von je 920 € monatlich vergeben. Gefördert werden<br />

vor allem europäische Studien auf dem Gebiet der Kultur-, Geistes- und Gesellschaftswissenschaften,<br />

aber auch Studien der bildenden und darstellenden<br />

Künste, der Architektur, sowie der Agrar- und Forstwissenschaften.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Zielgruppe sind begabte und engagierte Studierende unter 30 Jahren aus Mittelund<br />

Osteuropa in Vorbereitung eines Studienabschlusses mit Ausnahme von<br />

Bachelor-Studiengängen. Doktoranden können bis zu ihrem 35sten Lebensjahr<br />

in das Stipendienprogramm aufgenommen werden. Deutsche Studierende können<br />

sich um die Förderung eines Studienaufenthalts in den Ländern Mittel- und<br />

Osteuropas bewerben. Die Dauer der Förderung beträgt bis zu einem Jahr. Die<br />

Stipendiaten werden von einer unabhängigen Kommission ausgewählt und das<br />

Bewerbungsverfahren endet am 30. November 2009.<br />

Weitere Informationen finden sich unter<br />

http://www.toepfer-fvs.de/toepfer-stipendium.html<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />

8


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Die Kunst(, zu) vermitteln<br />

Zur künstlerischen Forschung mit Martin Tröndle<br />

Menschen<br />

Mit Erfahrung, wissenschaftlich motiviertem Engagement und Witz leitet Dr. Martin<br />

Tröndle Concerto 21. Die Sommerakademie für Aufführungskultur und Musikmanagement<br />

der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> er <strong>Stiftung</strong> F.V.S., die jüngst wieder im Seminarzentrum Gut Siggen stattt-<br />

fand. Das Netzwerkmagazin<br />

magazin, , in dem vergangenes Jahr schon sein Beitrag zu der Frage „Wie<br />

kommt das neue in die Kultur?“ zu lesen war, porträtiert den Kunstwissenschaftler und<br />

seine Projekte, die über die Bestrebungen nach einer Modernisierung des bürgerlichen<br />

Konzerts weit hinausgehen.<br />

hen.<br />

Dass soziale Ereignisse bestimmten<br />

Konventionen und Riten folgen, ist ein<br />

Befund, der die lateinische Messe mit<br />

dem Breakdance Battle verbindet. Auch<br />

das klassische Konzert folgt weitgehend<br />

festen Regeln, die sich Ende des 19.<br />

Jahrhunderts in der noch heute gültigen<br />

Form etabliert haben. Man kann in dieser<br />

Verfestigung den Endpunkt eines<br />

historischen Ziels in der Entwicklung<br />

der Aufführungstradition „klassischer“<br />

Musik entdecken, an dem sie ihre<br />

höchstmögliche Verfeinerung erreicht<br />

hat, die das Werk in gleichsam sakraler<br />

Weise feiert und ihm unbedingten<br />

Raum bietet. Dann allerdings liegt es<br />

nicht fern, angesichts der statistischen<br />

Erhebungen zur Besucherzahl und -<br />

struktur der Konzerte zu befürchten,<br />

dass dieser Höhe- gleichzeitig ein<br />

Schlusspunkt ist. Ändert sich an diesen<br />

Kennzahlen nämlich nichts, dann wird<br />

das bürgerliche Konzertwesen schon die<br />

nächsten Jahrzehnte nicht in der heutigen<br />

Ausdehnung überleben, sondern<br />

zur Randkultur in wenigen Metropolen<br />

schrumpfen.<br />

Martin Tröndle<br />

Dieser Niedergangsvision begegnen<br />

zahlreiche Orchester und größere Ensembles<br />

schon seit einiger Zeit mit<br />

Programmen, die unter der Überschrift<br />

„Education“ oder „Audience Development“<br />

darauf ausgerichtet sind, Interes-<br />

9<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Menschen<br />

sierte mit den Strukturen des Konzerts<br />

und der Musik vertraut zu machen und<br />

sie an die beschriebene Tradition heranzuführen.<br />

Diese — verdienstvolle — Arbeit<br />

reicht dem Kulturwissenschaftler<br />

Martin Tröndle nicht. „Man muss das<br />

Konzert verändern, um es zu erhalten.<br />

Denn die Krise der klassischen Musik ist<br />

keine Krise der Musik, sondern eine<br />

ihrer Aufführungskultur.“ So schreibt er<br />

in dem von ihm herausgegebenen und<br />

jüngst erschienenen Sammelband „Das<br />

Konzert“, der vor allem die Beiträge<br />

zweier Tagungen versammelt, von denen<br />

eine im Mai 2008 unter dem Titel<br />

„Auf der Suche nach dem Publikum“<br />

von der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

veranstaltet wurde.<br />

Covern massentauglicher Sampler lächeln<br />

und deren Repertoire sich wie die<br />

Playlist weichgespülter „Klassik“-<br />

Radioprogramme liest. Eine Beschäftigung<br />

mit dem Publikum, seiner Struktur<br />

und seinen Wünschen, einer ihm angepassten<br />

Inszenierung von Musik und<br />

entsprechender Öffentlichkeitsarbeit ist<br />

aber dennoch notwendig und bildet<br />

daher den Lehrstoff der Akademie.<br />

Nicht der ernsthafte Umgang mit dem<br />

Werk steht zur Disposition, sondern der<br />

Rahmen, in dem dieser präsentiert wird.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Das Engagement für eine Fortentwicklung<br />

des Konzertwesens und seiner<br />

Aufführungskultur ist seitdem ein Anliegen<br />

Tröndles, das er als Leiter von<br />

Concerto 21. weiterverfolgt. Diese<br />

„Sommerakademie für Aufführungskultur<br />

und Musikmanagement“, die im Juli<br />

und August zum zweiten Mal im Seminarzentrum<br />

Gut Siggen stattfand, geht<br />

über einen Anstoß zu neuen Formen<br />

des Konzertierens allerdings hinaus. In<br />

Kooperation mit dem Deutschen Musikrat<br />

möchte die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

F.V.S. vielmehr umfassend junge Künstler<br />

und Ensembles auf die Selbstständigkeit<br />

in einem veränderten Umfeld<br />

vorbereiten. Dabei geht es nicht um<br />

möglichst Umsatz steigernde Popularisierung,<br />

deren hochgestylte Protagonisten<br />

mittlerweile seit Jahren von den<br />

Vortrag im Grünen bei Concerto 21.<br />

Die Verbindung von Management und<br />

Musik, von Ökonomie und Kultur, das ist<br />

eine Leitlinie, die auch den Lebenslauf<br />

von Martin Tröndle bestimmt. Schon<br />

während seiner Schulzeit in Donaueschingen,<br />

einer Hochburg der zeitgenössischen<br />

Musik, übte er für das Ziel<br />

einer Karriere als Gitarrist und erhielt<br />

außerdem mit 18 Jahren Kompositionsunterricht.<br />

Konsequenterweise folgte<br />

auf das Abitur ein Studium der Musik,<br />

das er in Bern abschloss und in Luzern in<br />

der Konzertklasse weiterführte. Das<br />

Lebensziel des professionellen Musikers<br />

stand bis dahin indes noch nicht fest;<br />

10<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Tröndle wollte sich bewusst nicht zu<br />

früh auf den von vielen Unwägbarkeiten<br />

bestimmten Weg festlegen und entschloss<br />

sich , seine künstlerische Ausbildung<br />

um ein Studium der Kulturwissenschaften<br />

und des Kulturmanagements<br />

in Ludwigsburg zu ergänzen.<br />

Dass er dort eine Passion fand, die derjenigen<br />

des Musizierens zumindest<br />

gleichkommt, das merkt jeder Gesprächspartner,<br />

der sich von Tröndle die<br />

Stationen und Forschungsprojekte auf<br />

seinem Weg seither berichten lässt. Mit<br />

ebenso breiten wie in die Tiefe gehenden<br />

Kenntnissen, vor allem aber mit<br />

Leidenschaft für eine präzise und gegenüber<br />

Neuerungen aufgeschlossene<br />

geistige Durchdringung des Kulturschaffens<br />

und -vermittelns fügt er Projekte<br />

wie Bausteine zusammen, die am<br />

Schluss im besten Falle in eine umfassende<br />

Kunsttheorie münden. Das Interdisziplinäre<br />

ist dabei sein stetiger Begleiter.<br />

In der Überschreitung scheinbar fest<br />

gemauerter Kategorien hat auch sein<br />

erstes größeres Projekt nach dem Studium<br />

seinen Ursprung. Die Biennale Bern,<br />

die er zusammen mit Stephan Schmidt<br />

gründete, hat sich mittlerweile als spartenübergreifendes<br />

Festival für zeitgenössische<br />

Kunst etabliert. Ihre Entstehung<br />

verdankt sich der Vorgabe des<br />

schweizerischen Gesetzgebers, der den<br />

Hochschulen ausnahmslos vorschrieb,<br />

fortan forschend tätig zu sein. Die<br />

Kunsthochschulen sahen sich dabei mit<br />

dem Problem konfrontiert, dass nicht<br />

Menschen<br />

etwa z. B. die kunsthistorische Forschung<br />

gemeint war, sondern sie vielmehr<br />

aufgefordert wurden, Wissenschaft<br />

mit den Mitteln des Künstlers zu<br />

betreiben. Diese Methode der Kunstforschung<br />

hat in den letzten Jahren enorme<br />

Fortschritte gemacht; als Tröndle und<br />

Schmidt sich damit befassten, mussten<br />

sie hingegen noch viele neue Wege<br />

beschreiten. Die Ergebnisse wurden<br />

schließlich 2001 in der ersten Biennale<br />

Bern präsentiert.<br />

Tröndle wandte sich anschließend seiner<br />

Dissertation zu, in der er sich ausführlich<br />

mit dem Thema des Entscheidens<br />

im Kulturbetrieb befasste. Das<br />

Werk ist der Praxis verpflichtet, die es<br />

sich zum Gegenstand wählt, analysiert<br />

diese aber in einer methodisch stringenten<br />

Weise anhand einer abstrakten<br />

Theorie zur Entstehung und Durchsetzung<br />

von Entscheidungen in den Organisationen<br />

der Kultur. Bis heute verfolgt<br />

Tröndle diesen Ansatz weiter, der Entscheidungen<br />

zum maßgeblichen Untersuchungsgegenstand<br />

erklärt. Er selbst,<br />

geprägt durch systemtheoretische Vorstellungen,<br />

erläutert sein Erkenntnisinteresse<br />

so: „Wie werden systemrationale<br />

Entscheidungen gefällt, also Entscheidungen,<br />

die einer bestimmten Systemlogik<br />

entsprechen und zwar nur dieser<br />

Systemlogik? Ich versuche, diese spezifischen<br />

Systemlogiken des Kulturbetriebs<br />

freizulegen.“ Am Ende seines Ansatzes<br />

steht eine Analyse der Entscheidungen<br />

durch die gesamte Kette hindurch: Von<br />

der Schaffung des Werkes über seine<br />

11<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Menschen<br />

Transformation in ein Kunstwerk und<br />

die Bewertung durch den Kunstbetrieb<br />

als ein ästhetisches und auch monetär<br />

wertvolles Objekt bis hin zur Rezeption<br />

durch den Betrachter und den Erwerb<br />

durch den Käufer. Diesen Prozess in<br />

seiner Gänze mit den Mitteln der Entscheidungstheorie<br />

zu verstehen, ist das<br />

Vorhaben, dem sich Tröndle mit seinen<br />

Projekten widmet. Der nächste Baustein<br />

dazu wird die Untersuchung zur Frage<br />

Eine Teilnehmerin von eMotion mit Datenhandschuh<br />

vor einem Werk von On Kawara<br />

„Wie wird Kunst?“ sein.<br />

Eine Entscheidung, über die mancher<br />

Protagonist des Ausstellungsbetriebs<br />

wohl lieber nicht besonders viel mehr<br />

wissen möchte, ist diejenige des Museumsbesuchers,<br />

wie lange er welches Bild<br />

betrachtet und warum. Zwar sind Untersuchungen<br />

zur Wanderung des Blicks<br />

bei der Betrachtung eines Einzelkunstwerks<br />

wie etwa der Nofretete-Büste<br />

schon längst Allgemeingut. Für ganze<br />

Ausstellungen gilt das jedoch nicht,<br />

zumal wenn subtilere Besucherreaktionen<br />

gemessen werden. Im Kunstmuseum<br />

St. Gallen wurden die Besucher der<br />

Ausstellung „11 : 1 (+ 3). Elf Sammlungen<br />

für ein Museum“ in den Sommermonaten<br />

zu Teilnehmern einer „psychogeographischen<br />

Kartierung“. Das<br />

Nationalforschungsprojekt eMotion<br />

hatte sich vorgenommen, die Wirkung<br />

des Museums empirisch und experimentell<br />

zu untersuchen; an der Spitze<br />

des interdisziplinären Forschungsteams<br />

steht Martin Tröndle. Die Museumsbesucher<br />

werden mit Messgeräten ausgerüstet,<br />

die ihre Wegstrecke in der Ausstellung<br />

nachzeichnen und emotionale<br />

Aktivität anhand von Schweiß- und<br />

Blutdruckmessungen registrieren.<br />

Durch die Veränderung der Ausstellung,<br />

etwa das Umhängen der Bilder, hoffen<br />

die Initiatoren Aussagen über die Auswirkungen<br />

kuratorischer Entscheidungen<br />

auf das Besucherverhalten machen<br />

zu können. Tröndles Ansatz der Entscheidungsanalyse<br />

kommt hier also<br />

gleich mehrfach zur Anwendung, fügt<br />

sich allerdings gleichzeitig mit den<br />

beiden anderen Schwerpunkten seiner<br />

Arbeit zusammen.<br />

Da ist zum einen wiederum die Kunstforschung,<br />

für die er übrigens auch seit<br />

1. September 2009 eine Juniorprofessur<br />

an der Zeppelin Universität Friedrichshafen<br />

innehat. An eMotion wirken nicht<br />

nur Psychologen, Soziologen und Programmierer<br />

zusammen, auch der Medienkünstler<br />

Steven Greenwood und<br />

der Klangexperte Chadrasekhar Ramakrishnan.<br />

Sie werden die Ergebnisse<br />

des Projekts als visuelle und akustische<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

12<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Eindrücke erfahrbar machen, das Datenmaterial<br />

also künstlerisch-ästhetisch<br />

transformieren. Dabei sollen, wie auch<br />

sonst in der Kunstforschung, die methodische<br />

Offenheit und die situativ<br />

bestimmte Arbeitskultur der Künstler<br />

Erkenntnisse befördern, die mit dem<br />

festgefügten Methodenkanon der beteiligten<br />

Wissenschaften allein nicht erreicht<br />

werden könnten. Ebenso spiegelt<br />

sich in eMotion aber auch Tröndles<br />

Interesse am „Display“, also für die Erscheinung<br />

der Dinge in der Gesellschaft.<br />

Wie wird Kunst präsentiert? Wie tritt sie<br />

in unseren Alltag, wie rezipieren wir sie?<br />

Tröndle selbst fasst es so: „Letzten Endes<br />

bin ich insoweit eine Art Oberflächenwissenschaftler.<br />

Ich interessiere<br />

mich für die Oberfläche der Dinge, für<br />

ihr Erscheinen.“ Dieser Ansatz sollte<br />

nicht mit Oberflächlichkeit verwechselt<br />

werden, schließt er doch gerade die für<br />

die Existenz des Künstlers und die Anerkennung<br />

seines Schaffens existenzielle<br />

Lücke zwischen dem Kunstwerk und<br />

seinem Publikum.<br />

Gerade diese Distanz möchten auch die<br />

teilnehmenden Musiker von Concerto 21.<br />

überwinden. Verschiedene Ansätze<br />

sollen ihnen ihr Vorhaben erleichtern<br />

und werden in Siggen von Experten auf<br />

dem jeweiligen Gebiet vermittelt. Analysen<br />

der Publikumssoziologie und des<br />

Musikmarktes stehen am Anfang des<br />

Kursprogramms, das nach dem Grundlagenbefund<br />

mit Einheiten zur Dramaturgie<br />

und Inszenierung des Konzerts<br />

fortgesetzt wird. Patentrezepte werden<br />

Menschen<br />

an dieser Stelle allerdings nicht vermittelt,<br />

denn das zukunftsfähige Konzert<br />

gibt es nicht, wie Tröndle betont. Wofür<br />

den Teilnehmern allerdings die Augen<br />

geöffnet werden sollen, ist die Vielzahl<br />

der Darbietungsformen neben dem<br />

herkömmlichen Konzert der bürgerlichen<br />

Tradition. Im abschließenden Feld<br />

von Marketing und Öffentlichkeitsarbeit<br />

sind die Methoden dann weniger experimentell,<br />

hier verlangt die in dieser<br />

Hinsicht nur sehr begrenzte Ausbildung<br />

der Musikhochschulen oftmals, überhaupt<br />

erst einmal eine Professionalisierung<br />

zu erreichen. Trotzdem kopiert<br />

Tröndle nicht etwa das gängige Handwerkszeug<br />

der Konsumgüterindustrie,<br />

sondern vermittelt spezifische Kenntnisse<br />

für den Musikmarkt, die in diesem<br />

gegenüber multimedialem Marketing<br />

höchst affinen Bereich auch die Nutzung<br />

des Internets und der gängigen<br />

Portale und Kommunikationsinstrumente<br />

einschließt. Von den Methoden<br />

der Wirtschaft zu lernen, ohne dabei das<br />

Kunstwerk zum bloßen Verkaufsobjekt<br />

zu degradieren, das ist das Ziel dieses<br />

Lernprozesses.<br />

Solches Lernen durch den Blick über<br />

den Tellerrand funktioniert übrigens<br />

auch umgekehrt. Unter dem Stichwort<br />

„Wirtschaftsästhetik“ versammelt<br />

Tröndle seine Untersuchungen zu der<br />

Frage, welche Lehren die Betriebswirtschaftslehre<br />

durch Transformation aus<br />

dem Kunstbetrieb ziehen könne. Seit<br />

jeher integriert sie in Wellen Strukturen<br />

und Denkmodelle aus anderen Wissen-<br />

13<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Menschen<br />

schaften, beispielsweise den Ingenieurswissenschaften,<br />

der Soziologie, der<br />

Psychologie, der Mathematik oder der<br />

Biologie und adaptiert diese für die<br />

Formung betrieblicher Prozesse. „Mit<br />

dem Begriff Wirtschaftsästhetik versuche<br />

ich die Kunst als Lern- und Referenzfeld<br />

zu öffnen für die Wirtschaftswissenschaft“,<br />

erläutert Tröndle sein<br />

Konzept. Ein Beispiel ist seine Veröffentlichung<br />

zu der Frage, welche Prinzipien<br />

der Organisation eines Orchesters auch<br />

in der freien Wirtschaft anwendbar sein<br />

könnten. „Die Orchester arbeiten in<br />

einer Produktionsform, die seit über<br />

hundert Jahren gleich geblieben ist. Das<br />

ist faszinierend für die Organisationsforschung.<br />

Wie schaffen es etwa so viele<br />

Musiker, so präzise und nach dem gleichen<br />

ästhetischen Grundgedanken<br />

einen Ton zu spielen?“. Auch diese<br />

Fragen tragen wie Tröndles übrige Arbeit<br />

indirekt zum Verstehen des Kunstwerks,<br />

seiner Entstehung und Rezeption<br />

bei. So steht am Ende aller seiner Projekte<br />

im Idealfall ein zugänglicheres, besser<br />

auf die Bedürfnisse des Publikums zugeschnittenes<br />

und in seiner Vermittlung<br />

reflektiert arbeitendes Kulturwesen. Nur<br />

eines wird sich nicht ändern: Die Auseinandersetzung<br />

und Kommunikation mit<br />

dem Kunstwerk, die Entwicklung eines<br />

Geschmacks und die Bildung eines<br />

ästhetischen Urteils bleiben die schwierige<br />

Aufgabe und zugleich das bereichernde<br />

Vorrecht des Betrachters und<br />

Zuhörers selbst.<br />

lo<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

LINKS UND LITERATUR<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

www.kunstpartner.com Webseite von Martin Tröndle mit Informationen zu allen<br />

Projekten und der dahinter stehenden Forschungsphilosophie<br />

http://www.mapping-museum-experience.com Webseite des Projekts eMotion<br />

Tröndle, Martin (Hrsg.), Das Konzert. Neue Aufführungskonzepte für eine klassische<br />

Form, transcript, 2009, ISBN 978-3-8376-1087-1<br />

Tröndle, Martin, Entscheiden im Kulturbetrieb: Integriertes Kunst- und Kulturmanagement,<br />

Ott, 2006, ISBN 978-3-7225-0041-6<br />

14<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Auf musikalischer Bärenjagd<br />

Der Hamburger Max-Brauer-Preis 2009<br />

Thema<br />

Wie können Kinder an Musik und Literatur herangeführt werden? Auf welchen Wegen ist<br />

es möglich, sie für Lesen und Musizieren zu begeistern? Eine Antwort auf diese Fragen gibt<br />

die Arbeit der Max-Brauer<br />

Brauer-Preisträger 2009, die für ihr erfolgreiches Engagement in einem<br />

ebenso ungewöhnlichen wie festlichem Rahmen geehrt wurden.<br />

Wissensvermittlung ist nicht leicht,<br />

auch nicht auf Preisverleihungen. Dort<br />

soll schließlich nicht nur der oder die<br />

geehrte Person oder Institution in würdigem<br />

Rahmen eine Auszeichnung<br />

erfahren. Preisverleihungen sind auch<br />

ein Rahmen, in dem ihre verdienstvolle<br />

Arbeit der Öffentlichkeit vorgestellt<br />

wird und vermittelt werden soll, worin<br />

gerade das Neuartige, Überdurchschnittliche,<br />

Besondere, kurzum: Preiswürdige<br />

dieser Tätigkeit liegt. Die Leselernhelfer<br />

von MENTOR HAMBURG<br />

e.V. und die Mitarbeiterinnen des Klingenden<br />

Museums Hamburg kennen aus<br />

eigener Erfahrung die Schwierigkeiten,<br />

denen solche Informationsvermittlung<br />

begegnen kann, ist es doch ihre selbstgestellte<br />

Aufgabe, Kindern Kenntnisse,<br />

Fertigkeiten und vor allem Neugier<br />

weiterzugeben. Das klappt, ob beim<br />

Entdecken der Literatur, dem Spielen<br />

eines Instruments oder eben auf einer<br />

Preisverleihung, am Besten durch eigenes<br />

Ausprobieren. Und wer auch nach<br />

den visuellen Eindrücken filmischer<br />

Kurzporträts und der akustischen Information<br />

durch ebenso eindrückliche<br />

wie liebevolle Laudationes noch nicht<br />

recht wusste, was er sich unter den<br />

Trägern des Max-Brauer-Preises 2009<br />

Anke Fischer bei der Bärenjagd<br />

vorzustellen habe, der wurde spätestens<br />

durch Anke Fischer von der unwiderstehlichen<br />

Wirkung aktiven Lernens<br />

überzeugt. Selten dürfte eine Festgesellschaft<br />

so einmütig im Takt geklatscht,<br />

getrampelt und fröhlich gelärmt haben,<br />

15<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Thema<br />

wie bei der Rhythmusübung, mit der die<br />

museumspädagogische Leiterin für den<br />

Bereich „Piccolo“ (5 bis 7 Jahre) das<br />

Publikum auf eine imaginierte Bärenjagd<br />

mitnahm.<br />

Durch niedrige Hürden und altersgerechte<br />

Ansprache Kinder für Kultur<br />

begeistern zu wollen, das ist das Element,<br />

das beide Max-Brauer-Preisträger<br />

verbindet. Das Klingende Museum<br />

schafft dies bereits seit 20 Jahren. Gegründet<br />

wurde es durch den damaligen<br />

Generalmusikdirektor der Hamburgischen<br />

Staatsoper, Professor Gerd Albrecht,<br />

der auf der Preisverleihung ein<br />

Dankeswort sprach. Seine Idee hat inzwischen<br />

Ableger gefunden, in Berlin<br />

und München, entstanden ist sie aber in<br />

Hamburg. Programme wie Classico für<br />

Menschen ab acht Jahren und Piccolo für<br />

kann. Wie deutlich sich dieses Konzept<br />

von manch überkommener Vorstellung<br />

eines Museums unterscheidet, das unterstrich<br />

die Librettistin Theresita Colloredo<br />

in ihrer Laudatio, in der Sie solche<br />

lebendigen Erfahrungen mit ihrer ersten<br />

Kindheitserinnerung an einen Besuch<br />

im Naturhistorischen Museum kontrastierte,<br />

wo staubige Vitrinen und trocken<br />

formulierte Hinweisschilder sie abschreckten.<br />

Während man sich kaum<br />

vorstellen kann, dass von einem solchen<br />

Eindruck ein weitergehendes Interesse<br />

im Kind geweckt wird, ist das Klingende<br />

Museum Hamburg für viele Besucher<br />

ein Ausgangspunkt für den Unterricht<br />

an einem Instrument. Der Erfolg, den die<br />

Einrichtung mit ihrem Konzept erlebt,<br />

soll demnächst mit einem „Klingenden<br />

Mobil“ — ein mit Instrumenten beladener<br />

Transporter — auch außerhalb der<br />

Räume der Laeiszhalle — Musikhalle<br />

Hamburg, in denen das Museum untergebracht<br />

ist, erzielt werden.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Kinder von fünf bis sieben Jahren ermöglichen<br />

es den potentiellen Nachwuchsmusikern,<br />

die über 200 Instrumente<br />

der Sammlung des Museums<br />

anzufassen, auszuprobieren und schließlich<br />

ein Stück von jener Faszination der<br />

Musik mit nach Hause zu nehmen, die<br />

nur durch das eigene Erlebnis entstehen<br />

Der Alltag der Leselernhelfer, die seit<br />

2004 in Hamburg unter dem Dach von<br />

MENTOR HAMBURG e.V. tätig sind, ist<br />

im Vergleich atmosphärisch naturgemäß<br />

ruhiger, das Engagement der Beteiligten<br />

aber genauso tatkräftig vorwärtsdrängend<br />

wie im Klingenden Museum<br />

Hamburg. Die Aufgabe, die sich der<br />

Verein stellt, ist es, mit den Schülerinnen<br />

und Schülern, die von ihren Schulen<br />

vorgeschlagen werden, Texte gemeinsam<br />

zu erarbeiten und das Lesen zu<br />

üben. Gleichzeitig tauchen die Kinder,<br />

die von zuhause häufig keine Erfahrung<br />

16<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

mit Büchern haben, in die Welt der<br />

Literatur ein und erleben so die Kraft,<br />

die aus der Verbindung von gelesenen<br />

Geschichten und ihrer Fantasie entstehen<br />

kann. Das geschieht nicht in einer<br />

bloß anderen Form der Schulklasse,<br />

sondern in der freundlichen Atmosphäre<br />

der Mentor-Stunde, in der zwischen<br />

Mentor und Schüler ein Betreuungsverhältnis<br />

von 1:1 herrscht. Der Kreis der<br />

Mentorinnen und Mentoren bildet sich<br />

ausschließlich durch das freiwillige<br />

Engagement der zahlreichen Vereinsmitglieder.<br />

In den Worten der Laudatio<br />

von Dr. Claudia Langen, Geschäftsführerin<br />

von Big Brother Big Sisters Deutschland:<br />

„Sie schenken Kindern Zeit, um bei<br />

ihnen Verständnis, Interesse und<br />

schließlich sogar Begeisterung für das<br />

Lesen zu wecken“. Sie wies auch nicht<br />

zuletzt noch einmal auf den schweren<br />

Stand hin, unter dem das Lesen inzwischen<br />

in der kindlichen Bildung allen<br />

Erhebungen zu Folge leidet. Zumindest<br />

für die 1200 Kinder, denen MENTOR —<br />

Die Leselernhelfer e.V. in den fünf Jahren<br />

seines Bestehens das Lesen erleichtert<br />

hat, hat sich dieser beklagenswerte<br />

Umstand zum Besseren gewendet.<br />

Thema<br />

Zu den bereits erwähnten Merkmalen<br />

einer Preisverleihung gehören auch der<br />

Ort und das Rahmenprogramm. Sie<br />

sprachen bei der Übergabe des Max-<br />

Brauer-Preises am 15. Juni die Sprache<br />

der Preisträger: Auf der Bühne des Thalia-Zeltes<br />

im Hamburger Seelemannpark<br />

erlebten die 450 Besucher Lustiges<br />

und Traumhaftes: Die „MENTOR-<br />

Clowns“ — Kinder, die bei MENTOR Die<br />

Leselernhelfer HAMBURG e.V. lesen<br />

üben und sich für die Preisverleihung<br />

von der Zirkusschule „Die Rotznasen“<br />

zu Clowns „schulen“ ließen — bescherten<br />

der Verleihung einen schwungvollen<br />

Einstieg. Und in einer Zusammenarbeit<br />

beider Preisträger begaben sich später<br />

lesende und musizierende Kinder auf<br />

eine Fantasiereise zum Mond. Und<br />

wieder wurde auf solche Weise anschaulich<br />

und plastisch, was selbst die treffenden<br />

Worte des Kuratoriums nicht besser<br />

deutlich machen können: „Das Klingende<br />

Museum und MENTOR — Die Leselernhelfer<br />

HAMBURG e.V. sind zwei<br />

Einrichtungen, deren Ziel es ist, Kindern<br />

den Zutritt zu ihnen verborgenen Welten<br />

zu öffnen. Ob Musik oder Geschichten<br />

– beides beflügelt die Phantasie, die<br />

notwendig ist, um das eigene Leben<br />

gestalten zu können.“<br />

lo<br />

17<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Thema<br />

Der Hamburger Max-Brauer-Preis der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. ist mit 15.000 € dotiert<br />

und zeichnet Persönlichkeiten und Einrichtungen in der Freien und Hansestadt Hamburg<br />

aus, die sich besondere Verdienste um das kulturelle, wissenschaftliche oder geistige<br />

Leben der Stadt erworben oder außerordentliche Impulse für die Erhaltung und Erneuerung<br />

der Stadt, ihrer Architektur und Baudenkmäler, ihres Stadt- und Landschaftsbildes<br />

sowie ihrer Tradition und ihres Brauchtums gegeben haben. Die Preisträger werden durch<br />

ein unabhängiges Kuratorium gewählt.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Der Preis wird seit 1993 vergeben und ist der letzte Preis, den der Stifter geschaffen hat.<br />

Der Preis ist dem Andenken an den bedeutenden letzten Oberbürgermeister von Altona<br />

vor 1933 und ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg nach 1946, Max<br />

Brauer (1887-1973), gewidmet. In seinem Zusammenhang wurden letztmals 2009 auch<br />

die Europäischen Schulwanderstipendien an Hamburger Schulen vergeben.<br />

LINKS<br />

<br />

<br />

<br />

www.klingendes-museum.de Die Web-Präsenz der Klingenden Museen in Hamburg<br />

und Berlin und des Klingenden Mobils<br />

www.mentor-hamburg.de Der Verein MENTOR — Die Leselernhelfer HAM-<br />

BURG e.V.<br />

www.elbphilharmonie.de Die Arbeit des Klingenden Museums bildet einen Baustein<br />

im Jugendprogramm der Elbphilharmonie Hamburg<br />

18<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Wertvolles Lernen<br />

Die Bildungsförderung der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

Thema<br />

Kinder brauchen Anregungen. Sie benötigen eine an Angeboten reiche Umwelt, in der sie<br />

ihre Talente entdecken und ihre Kreativität entfalten können. Die Max-Brauer<br />

Brauer-Preisträger<br />

2009 leisten hierzu einen wichtigen Beitrag und setzten neue Impulse in der Hamburger<br />

Bildungslandschaft. Als Partner der Kinder stellen die Initiativen eine wertvolle Ergänzung<br />

zu den Programmen der Hamburger Bildungsinstitutionen stitutionen dar. Im Fokus der <strong>Alfred</strong><br />

<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. standen dieses Jahr, neben der Vergabe des Max-Brauer<br />

Brauer-Preises,<br />

weitere Förderungsaktivitäten im Bildungsbereich. Der folgende Beitrag blickt auf abge-<br />

schlossene zurück und auf kommende voraus.<br />

In den letzten Jahren waren, ausgelöst<br />

durch die PISA-Studie, starke Veränderungsprozesse<br />

im Bildungssystem zu<br />

beobachten. Neue Schwerpunkte, wie<br />

eine stärkere Individualisierung des<br />

Unterrichts, wurden in der Lehrerbildung<br />

sowie auch in der Unterrichtspraxis<br />

aufgenommen und umgesetzt. Zu<br />

den im Ansatz flächendeckenden Förderinitiativen<br />

des Bundes und der Länder<br />

gesellten sich bald mittlere und<br />

kleinere Programme anderer Akteure,<br />

darunter auch aus dem <strong>Stiftung</strong>ssektor.<br />

Die Vielzahl der Baustellen, an denen<br />

augenblicklich gleichzeitig im deutschen<br />

Bildungssystem gearbeitet wird,<br />

macht auch diese auf ganz bestimmte<br />

Aspekte konzentrierten Aktivitäten<br />

notwendig und lässt sie zu Puzzleteilen<br />

im großen Ganzen werden.<br />

Die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. versammelt<br />

ihre Programmaktivitäten auf<br />

diesem Feld in ihrem Programmbereich<br />

WerteDialog, die sich entsprechend<br />

unter der übergreifenden Frage „Was ist<br />

wichtig?“ vor allem auf das Thema der<br />

Werte konzentrieren, aber auch andere<br />

Aspekte wie etwa die Kooperation von<br />

Schule und Jugendhilfe im Blick haben.<br />

Den Ausgangspunkt bildete der Wett-<br />

Gruppenarbeit während eines Mentorenseminars<br />

19<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Thema<br />

bewerb zur Werteerziehung an Hauptschulen,<br />

in dessen Rahmen die <strong>Stiftung</strong><br />

in Kooperation mit dem Bundesverband<br />

der deutschen Arbeitgeberverbände<br />

zehn Schulen für gute Konzepte und<br />

Ideen auszeichnete, die die Vermittlung<br />

von Werten auf erfolgreiche Weise in<br />

den schulischen Unterricht einbinden.<br />

Dabei geht es nicht um die bevormundende<br />

Erziehung zu bestimmten Weltbildern<br />

oder Wertanschauungen, sondern<br />

um die Einübung grundlegender<br />

Verhaltensmaximen wie etwa respektvollen<br />

Umgangs und gewaltfreier Konfliktlösung.<br />

Wie dringend diese Themen<br />

gerade, wenn auch nicht nur im Bereich<br />

der Hauptschulen sind, zeigte die kurz<br />

zuvor in Gang gekommene Debatte im<br />

Gefolge offener Brandbriefe einiger<br />

Lehrerkollegien. Diejenigen Schulen<br />

unter den Wettbewerbsteilnehmern<br />

und —gewinnern, die ihre Projekte auf<br />

einer auch theoretischen Grundlage<br />

weiter zu entwickeln suchten, nahmen<br />

anschließend an dem Mentorenprogramm„Worauf<br />

es ankommt“ teil, dessen<br />

Abschlussseminar im vergangenen<br />

Juni stattfand. In insgesamt vier Seminareinheiten<br />

wurden Blöcke zur<br />

Werterziehung und zur systemischen<br />

Beratung und Kommunikation zusammengefasst<br />

und den 27 Teilnehmenden<br />

aus 13 Haupt- und Volksschulen vorgestellt.<br />

Nicht nur diese grundlegende<br />

Arbeit war indes für die partizipierenden<br />

Schulen aus dem gesamten Bundesgebiet<br />

von Gewinn, sondern auch der<br />

Erfahrungsaustausch über die Grenzen<br />

der Bundesländer hinweg, der auch nach<br />

dem Ende des Programms fortgeführt<br />

werden soll.<br />

Anders als das Mentorenprogramm, das<br />

lokal weit und hinsichtlich des Schultyps<br />

eng gefasst war, sprach der Fachtag 360°<br />

zur Zusammenarbeit von Schule und<br />

Jugendhilfe im November 2008 sämtliche<br />

Schulformen an, beschränkte sich<br />

aber auf das Gebiet Hamburgs. Das hat<br />

seinen Sinn: Gerade die Kooperation der<br />

unterschiedlichen Bildungsträger und<br />

Jugendeinrichtungen, die Verknüpfung<br />

der formellen und informellen Lernorte<br />

sowie zwischen Politik und Zivilgesellschaft<br />

muss notwendigerweise auf einer<br />

lokalen Ebene gelingen. Nur wenn dort<br />

ein enges Netz aus Auffangmöglichkeiten<br />

und Angeboten geknüpft wird,<br />

können auch jene Schüler und Schülerinnen<br />

Teil des Bildungssystems bleiben,<br />

die von diesem bisher meist verloren<br />

gegeben werden mussten. Wie diese<br />

Kooperation gelingen kann, das diskutierten<br />

über 220 teilnehmende Vertreter<br />

der beteiligten Institutionen in einem<br />

Tagungsprogramm aus Vorträgen,<br />

Podiumsdiskussionen, Workshops und<br />

Exkursionen.<br />

Auf dem Fachtag 360°<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

20<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Thema<br />

Dass die stetige Verbesserung der<br />

Schullandschaft einen lokalen Ansatz<br />

erfordert ist auch die leitende Ansicht<br />

des Programms „Lernen vor Ort“. Dabei<br />

handelt es sich um eine in diesem Umfang<br />

einzigartige öffentlich-private Partnerschaft<br />

zwischen dem Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung und<br />

einem <strong>Stiftung</strong>sverbund, die Bildungsinstitutionen<br />

vor Ort miteinander vernetzen<br />

soll. Seit diesem Jahr haben Kommunen<br />

die Möglichkeit, am Förderprogramm<br />

teilzunehmen und mit Unterstützung<br />

örtlicher <strong>Stiftung</strong>en ihre Bildungslandschaft<br />

mithilfe eines integrierten<br />

Management zu verbessern. Auch<br />

die Freie und Hansestadt Hamburg ist<br />

eine ausgewählte Förderregion. Ihr<br />

werden in den nächsten Jahren Patenstiftungen<br />

zur Seite stehen, die ihre<br />

Expertise zur Verfügung stellen und eine<br />

jährliche Bildungskonferenz organisieren.<br />

Neben der Körber-<strong>Stiftung</strong> und der<br />

Haspa Hamburg <strong>Stiftung</strong> wird auch die<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. zu diesem<br />

Kreis zählen.<br />

lo<br />

LINKS<br />

Ein Kurzporträt des Mentorenprogramms sowie ein Bericht über den Fachtag 360°<br />

sind auf der Homepage der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. abrufbar.<br />

www.lernen-vor-ort.info Webseite des Programms „Lernen vor Ort“<br />

21<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Thema<br />

Ihre <strong>Stiftung</strong>szwecke verfolgt die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. grundsätzlich operativ, das<br />

heißt mit eigenen Projekten. In sehr begrenztem Umfang werden allerdings Förderungen<br />

für einzelne Projekte ausgesprochen, darunter auch im Bildungsbereich. Zwei Beispiele aus<br />

den letzten Monaten illustrieren dies:<br />

Zum dritten Mal fand in der vergangenen Spielzeit die Kinderbuchmatinee der Hamburger<br />

Autorenvereinigung statt. In den Räumlichkeiten des Deutschen Schauspielhauses Hamburg<br />

wird an jedem dritten Sonntag im Monat um 11 Uhr eine Lesung organisiert, die<br />

Kindern den Zugang zur Literatur näher bringen und ihr Interesse am Lesen wecken soll.<br />

Auch die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen wirken bei der Veranstaltungsreihe mit<br />

und Teilnehmer von Jugend musiziert begleiten einige Termine musikalisch. Mit einer<br />

breiten Variation von Themen schafft die Hamburger Autorenvereinigung Abwechslung<br />

im Programm, entsprechend schwankt das vorgeschlagene Mindestalter der Zuhörer<br />

zwischen vier und neun Jahren. Sie können erleben, wie Marie und Jonathan ihrem Vater,<br />

einem Komponisten, zu einem Konzert in der Musikhalle verhelfen. Sie folgen Lale bei<br />

seinen Abenteuern, als er von seiner kranken Großmutter gebeten wird, einen goldenen<br />

Brief zuzustellen. Und sie hören, wie es in der Freundschaft zwischen Katja und Kristin<br />

kriselt, als ein Umzug und die erste Liebe das Ende der Grundschulzeit einläuten.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Längst weit über Hamburg hinaus bekannt ist Kampnagel, ein Zentrum für zeitgenössische<br />

darstellende Kunst auf dem Gelände einer alten Maschinenfabrik. Beim internationalen<br />

YoungStar Fest findet Kunst von Jugendlichen für Jugendliche statt. Choreographen, Regisseure,<br />

Musiker und andere Künstler präsentieren die Ergebnisse der Projekte, in denen<br />

sie mit Hamburger Jugendlichen zusammengearbeitet haben; vier Gastspiele ergänzten<br />

2009 das Programm. Außerdem finden im Rahmen des Festivals Workshops, Bandkonzerte,<br />

ein Symposium und eine Schultheaterwoche statt. Auch dieses Feuerwerk ungewöhnlicher,<br />

frischer und dynamischer Ideen wurde unter anderem von der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

F.V.S. gefördert. Dabei versteht sich das YoungStar Fest als eine neue Form ästhetischen<br />

Lernens und kultureller Bildung, deren Kennzeichen die Orientierung am Alltag und<br />

den Erfahrungen der Jugendlichen ist. Konkret wird dies zum Beispiel anhand des Projekts<br />

„Young Writers“, in dem die Autoren Feridun Zaimoglu und Günter Senkel mit Schülern<br />

an der Gesamtschule Kirchdorf/Wilhelmsburg Theaterstücke zu Themen der Jugendlichen<br />

schreiben. Auch die Teilnehmer von „660@k6“ erzählen ihre Geschichten, allerdings<br />

unter Leitung von Samir Akika in Bildern, Choreographien und Musik aus der HipHop-<br />

Kultur.<br />

www.kampnagel.de<br />

www.hamburger-autorenvereinigung.de<br />

22<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Nicht nur für Kinder<br />

Das Museum als Bildungsort für alle Altersstufen<br />

Thema<br />

Das Klingende Museum Hamburg ist das erste und einzige Museum, in dem die Besucher<br />

alle Instrumente anfassen und ausprobieren dürfen. In der Museumspädagogik ist dieses<br />

Konzept unter dem d<br />

Stichwort „Hands on“ mittlerweile zu einer beliebten Methode ge-<br />

g<br />

worden, um vom klassischen Typus der um wenige Anmerkungen ergänzten Vitrinenprä-<br />

sentation wegzukommen. Aber auch andere Konzepte tragen zur Erneuerung der Inhalts-<br />

vermittlung im Museum bei.<br />

Drei Programme werden im Souterrain<br />

der Laeiszhalle — Musikhalle Hamburg<br />

angeboten, gestaffelt nach dem Alter<br />

der Besucher des Klingenden Museums:<br />

An Menschen zwischen vier und sieben<br />

Jahren richtet sich „Piccolo“: Durch eine<br />

Geschichte lernen die Kinder ausgewählte<br />

Instrumente kennen. Breiter<br />

gefächert ist das Angebot „Classico“, in<br />

dem Besucher ab 8 Jahren nach einer<br />

kurzen Einführung die über 100 Instrumente<br />

der Sammlung in die Hand nehmen<br />

und ausprobieren dürfen. Unter<br />

Anleitung von Profis werden sie mit der<br />

Musik auf diesem Wege nicht einfach<br />

konfrontiert, sondern erleben die Entstehung<br />

von Tönen unmittelbar. In einer<br />

dritten Variante für Menschen ab 10<br />

Jahren schließlich, die unter dem Titel<br />

„speciale“ läuft, werden in gleicher Weise<br />

die Holz- und Blechblasinstrumente<br />

näher unter die Lupe genommen. Im<br />

Zentrum dieses Ausprobierens und<br />

Benutzens der Ausstellungsobjekte<br />

steht die eigene Aktivität der Besucher,<br />

weshalb die Museumspädagogik für<br />

solche Konzepte den Begriff der handlungsorientierten<br />

Methoden entwickelt<br />

hat. Der Museumsbesuch herkömmlicher<br />

Form wird dagegen vorrangig mit<br />

medialer und personaler Informationsvermittlung<br />

begleitet. Auch hinter diesen<br />

Begriffen können sich allerdings<br />

äußerst verschiedene Wege verbergen,<br />

dem Publikum ein Exponat näher zu<br />

bringen, vom dürr beschrifteten Hinweisschild<br />

bis zum multimedial unterstützten<br />

Museumsguide mit Hintergrundinformationen<br />

und zahlreichen<br />

Verweisen.<br />

„Hands on!“, diese Forderung wird bisher<br />

vor allem im Bereich der Kinderund<br />

Jugendpädagogik in den Museen<br />

umgesetzt. Im Hubertus Wald Kinderreich<br />

des Museums für Kunst und Gewerbe<br />

Hamburg können die Besucher<br />

aus ähnlichen Altersgruppen wie auch<br />

23<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Thema<br />

im Klingenden Museum Gegenstände<br />

des Alltags in spielerischer Form kennen<br />

lernen. Dieser „Garten der Dinge“ wirkt<br />

aber nur auf den ersten Blick wie eine<br />

Realität gewordene Illustration zu einem<br />

Kinderbuch. Bei genauerem Hinsehen<br />

entdeckt man zahlreiche Objekte,<br />

die voneinander isoliert auch in der<br />

Design-Abteilung des Museums und<br />

anderer vergleichbarer Häuser gezeigt<br />

werden. Hier gruppieren sie sich als<br />

buntes Sammelsurium der Sitzgelegenheiten<br />

um den Tisch in der Mitte des in<br />

verschiedene Erlebniswelten unterteilten<br />

Raumes oder verstecken sich in der<br />

„Hecke zu Nachbars Garten“. Dieses<br />

Konzept kommt an, in den ersten elf<br />

Monaten nach der Eröffnung im Februar<br />

2008 besuchten 6.500 Kinder die Kellerräume<br />

des Museums. Im Augenblick<br />

wird das Hubertus Wald Kinderreich<br />

daher um neue Spielstationen und eine<br />

Werkstatt ergänzt. Außerdem entwickelte<br />

das Museum einen Audioguide,<br />

der gerade die schüchternen Kinder<br />

motivieren soll, das Angebot des Gartens<br />

der Dinge umfassend zu nutzen.<br />

Diese Erweiterungs- und Umbausmaßnahmen<br />

werden auch mit Förderung der<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. verwirklicht.<br />

Hinter der Idee des Kinderreichs steht<br />

vor allem der Leiter der Abteilung<br />

Kommunikation, Gestaltung/Pädagogik<br />

des Museums, Nils Jockel. Er sieht den<br />

Raum als eine Form des „idealen Museums“,<br />

das den Besucher verwickelt und<br />

dessen Aufforderungscharakter den<br />

Besucher in seinen Bann schlägt. Denn<br />

museumspädagogische Konzepte müssen<br />

keinesfalls nur die Jüngsten betreffen:<br />

Auch erwachsenen Besuchern muss<br />

Kunst erst nahe gebracht werden. Auch<br />

sie benötigen Hintergrundinformationen<br />

und können zum Beispiel durch<br />

Berühren und Verwenden bestimmte<br />

Exponate besser verstehen. Während<br />

Sonderausstellungen auf diese Bedürfnisse<br />

meist mehr oder weniger gut<br />

eingestellt sind, weil sie eine bestimmte<br />

Grundaussage und ein thematisches<br />

Konzept beinhalten, werden die Sammlungen<br />

vieler Museen in der ständigen<br />

Ausstellung meist vernachlässigt. Karge<br />

Hinweisschilder setzen einen Bildungshorizont<br />

des Betrachters voraus, der ein<br />

Studium in Kunst- oder Kulturgeschichte<br />

erfordert. Museumsführer spulen ihr<br />

angelerntes Programm ab, ohne auf die<br />

Zusammensetzung der Besuchergruppe<br />

oder ihre Erwartungen einzugehen. Nils<br />

Jockel bezeichnet diese Form museumspädagogischer<br />

Ignoranz ironisch als<br />

„klassische Schlossführung“. Auch für<br />

die doch eigentlich erstaunliche Tatsache,<br />

dass solche Verkennung der Nutzerinteressen<br />

meist nicht auf Widerspruch<br />

stößt, gibt Jockel eine Erklärung:<br />

„Museen sind grundsätzlich einschüchternde<br />

Orte. Zwar soll Kunst durchaus<br />

verunsichern und Gewissheiten erschüttern.<br />

Trotzdem ist es nicht das Ziel, dass<br />

sich die Besucher unecht verhalten, was<br />

sie heute meist tun. Deshalb müssen sie<br />

durch geeignete Methoden entspannt<br />

werden, um sich wirklich für die ausgestellte<br />

Kunst zu öffnen.“ Die Ursache der<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

24<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Einschüchterung, nämlich die Ritualisierung<br />

des Museumsbesuchs, hat viele<br />

Gründe. Dazu gehört die Scheu, Wissenslücken<br />

zu offenbaren und nachzufragen.<br />

Ein Beispiel: Das Museum, das<br />

wie selbstverständlich davon ausgeht,<br />

dass der Betrachter eines barocken<br />

Gemäldes bei der schlichten Kennzeichnung<br />

„Amor und Psyche“ die dahinter<br />

stehende Handlung der griechischen<br />

Mythenwelt kennt, verfehlt in der<br />

Regel die Realität der Besucher. Dann<br />

aber bleibt das Werk faktisch gänzlich<br />

kommentarlos. Die ausgestellte Kunst<br />

wird häufig dennoch wirken, aber ein<br />

Lernort entsteht auf diese Weise nicht.<br />

Viele Museen haben die Problematik<br />

längst erkannt und versuchen, mit speziellen<br />

Angeboten und Programmen<br />

oder durch die Neukonzeption ihrer<br />

Ausstellungen darauf zu reagieren.<br />

Trotzdem ist das „ideale Museum“ noch<br />

weit entfernt, in dem, wie Nils Jockel<br />

betont, auch keine speziellen Abteilungen<br />

für Kinder mehr notwendig wären:<br />

„Ein gutes Museum ist bereits an sich so<br />

spannend, dass es auch von Kindern<br />

erlebt werden kann.“ Für transferierbar<br />

hält er die Idee des Hubertus-Wald-<br />

Kinderreichs allerdings nicht, sondern<br />

plädiert vielmehr dafür, aus den Besonderheiten<br />

und dem Stil heraus eigene<br />

Antworten und Konzepte für die Museumspädagogik<br />

zu finden. Berücksichtigen<br />

muss man dabei auch, dass nicht<br />

jede Ausstellung ein „Hands-on“-<br />

Konzept erlaubt. Die Designobjekte des<br />

Museums für Kunst und Gewerbe sind<br />

Thema<br />

nicht unersetzlich, historische Exponate<br />

dagegen müssen zwingend vor dem<br />

Publikum geschützt werden. Trotzdem<br />

ist Innovation auch unter anderen Umständen<br />

möglich, wenn sie andere Wege<br />

geht. Die Forschungen von Dr. Martin<br />

Tröndle sind ein Beispiel dafür, wie auf<br />

ernsthafte Weise das Erlebnis Museum<br />

wahrnehmungspsychologisch und kulturwissenschaftlich<br />

hinterfragt werden<br />

kann (Seite 9). Häufig bleiben Initiativen,<br />

die die Öffnung des Museums für<br />

neue Besuchergruppen bezwecken,<br />

dagegen an der Oberfläche. Die mittlerweile<br />

bundesweit etablierten „Langen<br />

Nächte der Museen“ etwa setzen auf<br />

den Event-Charakter. Wie viel damit für<br />

das Museum als Bildungseinrichtung<br />

gewonnen ist, bleibt die Frage.<br />

Die Erkenntnis, dass museumspädagogische<br />

Fragen nicht nur Kinder betreffen<br />

und außerdem nicht mit PR verwechselt<br />

werden dürfen, stand auch am Anfang<br />

des Fellowships für Kulturinnovation<br />

von Dr. Carolin Kollewe, das die <strong>Alfred</strong><br />

<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. von 2007 bis<br />

2009 förderte. Zu den Projekten, die sie<br />

bei den Staatlichen Ethnographischen<br />

Sammlungen Sachsen verwirklichte,<br />

gehörte eine Untersuchung zu der Frage,<br />

welche museumspädagogischen<br />

Anforderungen ältere Menschen stellen<br />

und wie diese berücksichtigt werden<br />

können. Das Ergebnis: Spezielle Angebote<br />

für Senioren schrecken eher ab,<br />

denn die negative Konnotation des<br />

Alterns in unserer Gesellschaft hat zur<br />

Folge, dass viele Besucher sich nur un-<br />

25<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Thema<br />

gern dieser Gruppe zurechnen. Ausnahmen<br />

gelten selbstverständlich für<br />

Besucher mit eingeschränkter Mobilität<br />

oder in Details, wie etwa bei der Uhrzeit<br />

des Museumsbesuchs, die aufgrund der<br />

Beiträge von Frau Kollewe nun mit einer<br />

neuen Mittagsführung berücksichtigt<br />

wird. Die übrigen Forderungen, die von<br />

Besuchern höherer Altersgruppen erhoben<br />

werden, kommen allen zugute:<br />

Eine höhere Nutzerfreundlichkeit, klare<br />

Ausschilderung, Sitzgelegenheiten in<br />

den Ausstellungsräumen, Serviceorientierung.<br />

Betrachtet man diese Ergebnisse<br />

auch im Licht der Erfahrungen aus der<br />

Kinderpädagogik, so liegt die Schlussfolgerung<br />

nahe, dass ein auf das Publikum<br />

abgestimmtes und gut konzipiertes<br />

Museum weniger Spezialangebote für<br />

bestimmte Altergruppen benötigt,<br />

sondern vielmehr von vornherein intergenerativ<br />

angelegt ist. Die dennoch<br />

notwendige Differenzierung kann sich<br />

dann von dieser Grundannahme aus<br />

entwickeln. So beschäftigen sich mit<br />

dem Thema der kulturellen Bildung für<br />

SeniorInnen schon jetzt verschiedene<br />

Initiativen, darunter das Institut für<br />

Bildung und Kultur e.V. in Nordrhein-<br />

Westfalen. Der gemeinnützige Verein<br />

koordiniert unter anderem das Europäische<br />

Zentrum für Kultur und Bildung im<br />

Alter („KUBIA“). Und gute Konzepte für<br />

den Museumsnachwuchs bleiben zukünftig<br />

ein wichtiges Thema, wie das<br />

Beispiel der Masterarbeit der <strong>Alfred</strong>-<br />

<strong>Toepfer</strong>-Stipendiatin Katarzyna Warpas<br />

zeigt. Eine Zusammenfassung ihrer<br />

Ergebnisse können Sie in diesem Netzwerkmagazin<br />

finden.<br />

lo<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

LINKS UND LITERATUR<br />

<br />

<br />

<br />

www.garten-der-dinge.de Das Hubertus-Wald-Kinderreich des Museums für<br />

Kunst und Gewerbe Hamburg<br />

www.ses-sachsen.de Die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen<br />

www.ibk-kultur.de Das Institut für Bildung und Kultur e.V.<br />

26<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Horizonte erweitern<br />

Die Sommerakademien des Stipendiatenkollegiums 2009<br />

Projekte<br />

Jedes Jahr im Sommer lädt die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. die Mitglieder ihres Stipendia-<br />

tenkollegiums sowie Stipendiaten der Gerda Henkel <strong>Stiftung</strong> und der Haniel <strong>Stiftung</strong> zu<br />

einer Akademiewoche in das Seminarzentrum Gut Siggen ein. Die vier angebotenen Se-<br />

S<br />

minarkurse, die sich immer auch an fachfremde Studierende wenden, finden in zwei Wo-<br />

W<br />

chen im Juni und Juli statt, auf die sich die Teilnehmenden verteilen. Die folgenden Erfah-<br />

rungsberichte richte geben einen Eindruck von der Struktur und Atmosphäre dieses Angebots,<br />

das einen Kernbestandteil der Stipendiatenförderung im Programm der <strong>Stiftung</strong> tung bildet.<br />

Erste Woche, 22. bis 27. Juni<br />

Vom ostholsteinischen Strand auf die<br />

Ostsee blickend erstreckt sich das typische<br />

Bild norddeutscher Küstenlandschaften:<br />

In alle Richtungen erkennt der<br />

Betrachter kaum den fernliegenden<br />

Horizont, hinter dem sich die Staaten<br />

Skandinaviens und des Baltikums leicht<br />

vermuten lassen. Die Horizonterweiterung,<br />

zu der die sommerlichen Seminare<br />

des Stipendiatenkollegiums der <strong>Alfred</strong><br />

<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. herausfordern,<br />

geht darüber indes noch hinaus: Aus elf<br />

Ländern stammten die 18 teilnehmenden<br />

Mitglieder in der ersten Woche<br />

Mitte Juni und ähnlich differenziert<br />

zeigte sich das im Seminarzentrum Gut<br />

Siggen vertretene Fächerspektrum. Die<br />

Sommerakademien verstehen sich als<br />

Ort, an dem Menschen mit solch unterschiedlichen<br />

Hintergründen sich austauschen<br />

und einander kennenlernen.<br />

Gleichzeitig funktionieren sie als „Blockkurs“<br />

zu einem Thema, das den Blick der<br />

Stipendiaten über den Tellerrand der<br />

eigenen Fachdisziplin fokussiert. In der<br />

ersten Seminarwoche, die Ende Juni<br />

stattfand, beschäftigte sich in diesem<br />

Rahmen eine Gruppe mit der Entwicklung<br />

der Kunst zwischen den Kriegen in<br />

Europa, eine andere mit der Selbstfindung<br />

im autobiographischen Schreiben<br />

in der europäischen Literaturgeschichte.<br />

Auch insofern kam also der Blick über<br />

die Grenzen nicht zu kurz.<br />

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg<br />

verließ die Kunst in vielerlei Hinsicht<br />

bis dahin bestehende Konventionen<br />

und entwickelte zahlreiche neue<br />

Stile und Strömungen. Diese auf sich<br />

wirken zu lassen, zu analysieren und in<br />

ihren größeren Zusammenhang einzuordnen<br />

war der Gegenstand des Seminars<br />

von PD Dr. Walther Lang. Die Viel-<br />

27<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Projekte<br />

falt von Expressionismus, Kubismus,<br />

Dadaismus, Surrealismus, sowjetischer<br />

Kunst und anderer neuer Ausdrucksweisen<br />

der Maler boten mehr als genug<br />

Stoff für die Seminargruppe. Im Seminar<br />

von Prof. Dr. Jürgen Schlaeger waren<br />

stattdessen Texte Gegenstand der Betrachtung,<br />

die allerdings ihrem autobiographischen<br />

Charakter entsprechend oft<br />

nicht minder bildhaft waren, als es ein<br />

Werk der Malerei sein könnte. Die Seminargruppe<br />

konnte über die Vielfalt<br />

der Selbstbekundungen staunen, die<br />

sich zwischen der religiös bestimmten<br />

Schilderung der eigenen Glaubensfestigung<br />

des Kirchenvaters Augustinus und<br />

der schonungslosen Offenheit in Rosseaus<br />

„Confessions“ bewegten.<br />

Die Nachmittage gehörten dann den<br />

Teilnehmenden und gaben Gelegenheit,<br />

eigene Aktivitäten zu organisieren,<br />

diesmal zum Beispiel einen Mini-<br />

Sprachkurs zu den slawischen Sprachen,<br />

ihren Beziehungen und Unterschieden.<br />

Der Abend schließlich war das Forum<br />

der Dozenten: Hier war Einsicht zu<br />

nehmen in die jeweilige Fachdisziplin.<br />

Dr. Lang nahm die Tätigkeit des Voltaire-Stipendiaten<br />

Mikael Serre am<br />

Maxim-Gorki-Theater in Berlin zum<br />

Anlass, über das Leben Maxim Gorkis zu<br />

referieren, dessen Biographie wie die<br />

vieler seiner Zeitgenossen einen Spiegel<br />

der russischen Geschichte auf dem Weg<br />

vom Zarenreich zum Sowjetstaat bildet.<br />

Professor Schlaeger hingegen widmete<br />

sich der evolutionsgeschichtlichen<br />

Bedeutung der Langsamkeit. Am Mittwoch<br />

schließlich brach das gesamte<br />

Seminar zur Exkursion auf, die nach<br />

einer kurzen „Kreuzfahrt“ über die Ostsee<br />

den Besuch einer Ausstellung zum<br />

Werk Horst Janssens im Kloster Cismar<br />

vorsah.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Die Teilnehmenden der ersten Woche<br />

Im Seminar von Prof. Mommsen und Dr. Bajohr<br />

Die abschließende Feedbackrunde<br />

zeigte, dass nicht nur die Lernumgebung<br />

des Seminarzentrums, sondern auch die<br />

gute interkulturelle Atmosphäre die<br />

Sommerakademien des Stipendiatenkollegs<br />

zu einer bereichernden Erfahrung<br />

machen.<br />

lo<br />

28<br />

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Netzwerkmagazin 12|08<br />

Zweite Woche, 6. bis 11. Juli<br />

Was passiert, wenn kreative, neugierige<br />

und überaus talentierte junge Menschen<br />

aus acht verschieden Nationen aufeinander<br />

treffen, eine Woche lang auf dem<br />

Gut Siggen in Ostholstein verbringen<br />

und sich dabei fernab von jeglicher<br />

Zivilisation befinden?<br />

Richtig, sie bauen sich ihre eigene Welt,<br />

ihren eigenen Kosmos. Natürlich gibt es<br />

Dinge, die von außen vorgegeben werden:<br />

Die umfassende Verpflegung, die<br />

Seminarangebote, die Ausflüge, die<br />

Vorträge. Doch es scheinen mehr die<br />

Inhalte zu sein, die ein eigenes Universum<br />

schaffen: Die Gespräche beim Essen,<br />

das Nachdenken und Diskutieren in<br />

den Seminaren, die Art auf fremde<br />

Menschen, fremde Ansichten zuzugehen.<br />

Es sind auch die eigenen Ideen, die<br />

die Stipendiaten der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> F.V.S., der Haniel <strong>Stiftung</strong> sowie<br />

der Gerda Henkel <strong>Stiftung</strong> in das Programm<br />

der Sommerakademie mit einbrachten,<br />

die etwas ganz eigenes geschaffen<br />

haben.<br />

Das Konzert von Sarolta Turkovic (Pianistin,<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> Stipendiatin<br />

2008) und Nicoleta—Iuliana Radu (Sopranistin,<br />

Herder—Stipendiatin 2008)<br />

zum Beispiel. Die beiden Künstlerinnen<br />

hatten sich vergangenes Jahr zum ersten<br />

Mal in der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

in Hamburg getroffen und gleich die<br />

Idee entwickelt, einmal einen gemeinsamen<br />

Abend zu gestalten. Diese Idee<br />

Projekte<br />

konnten sie nun auf der diesjährigen<br />

Sommerakademie umsetzten. Das Ergebnis<br />

war ein dynamischer Konzertabend<br />

auf musikalisch hohem Niveau.<br />

Auch von der spontanen Kreativität der<br />

Teilnehmer war ich sehr angetan. Es<br />

steht ein schwarzer Steinway Flügel im<br />

Seminargebäude — er wird gespielt.<br />

Operngesang dazu — kein Problem.<br />

Etwas easy listening — etliche Stipendiaten<br />

sind dabei. An einem Abend setzten<br />

sich die Opernsängerin Nicoleta, die<br />

Pianistin Sarolta und der auf dem Gebiet<br />

„Experimentelles Musiktheater“ studierende<br />

Tom Lane (Hanseatic Scholar<br />

2007) unvermittelt an den Steinway<br />

und improvisierten mit großem Spaß<br />

aus der Schatzkiste ihres Könnens. Es ist<br />

toll, Menschen zuzusehen, die ihre<br />

Leidenschaft ausleben.<br />

Doch was wären Geschichtswissenschaftliche<br />

Seminare ohne HistorikerInnen,<br />

die durch abwechslungsreiche<br />

Seminarstunden und ihr Fachwissen die<br />

Teilnehmer herausfordern und zu spannenden<br />

Gesprächen anregen können?<br />

Sicherlich war es nicht für alle Teilnehmer<br />

einfach, Geschichte in deutscher<br />

Sprache zu verstehen. Doch die leitenden<br />

Professoren Dr. Frank Bajohr, Prof.<br />

Dr. Hans und Prof. Dr. Margareta<br />

Mommsen sowie Prof. Dr. Otto Luchterhandt<br />

hatten diese Schwierigkeit<br />

bestens im Blick und konnten die unterschiedliche<br />

Herkunft der TeilnehmerInnen<br />

gut in ihre Seminarthemen integrieren.<br />

29<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

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Projekte<br />

Kann es, bezogen auf den Holocaust<br />

zum Beispiel, eine globale Erinnerungskultur<br />

geben? Lässt sich das Gedenken<br />

internationalisieren? Oder hat doch jede<br />

Nation, jede Stadt, jedes Dorf, jede Familie,<br />

jeder Einzelne eine individuelle Sicht<br />

auf die Geschichte, die sich gar nicht<br />

„globalisieren“ lässt?<br />

Die Antworten waren und bleiben vielfältig.<br />

Der Austausch darüber konnte<br />

mit den Stipendiaten vertieft werden.<br />

Außerdem hatten sie die Möglichkeit,<br />

das Team und die Projektbereiche der<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. besser<br />

kennen zu lernen. Und wer weiß: Vielleicht<br />

wird die gebürtige Rumänin Nicoleta-Iuliana<br />

Radu bald als Nachfolgerin<br />

von Anna Netrebko gefeiert. Dann kann<br />

ich zumindest schon mal ein Autogramm<br />

von ihr vorweisen.<br />

js<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

30<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

Komplex<br />

Projekte<br />

31<br />

Stimmen dringen gedämpft durch das<br />

Grau des Nebels, der den Raum verschluckt.<br />

Ab und zu zeichnen sich<br />

Schatten ab vor einer Wand, die gasförmig<br />

ist und doch massiv wirkt wie Beton.<br />

Manche kommen näher, undeutlich sind<br />

Gesichtszüge zu erkennen, doch sind<br />

sie, bis der Betrachter meint, seinen<br />

Blick hinreichend geschärft zu haben,<br />

schon wieder verschwunden, gespenstergleich<br />

entgeschwebt. Macht sich der<br />

Besucher schließlich orientierungslos<br />

auf die Suche nach Halt und gewöhnt<br />

sich gerade an den Gedanken unabänderlicher<br />

Verlorenheit,<br />

dann erkennt er<br />

in der Ferne<br />

eine Helligkeit,<br />

die stofflos,<br />

ohne Quelle im<br />

Raume zu<br />

schweben<br />

scheint, geht<br />

darauf zu, findet<br />

einen Tisch,<br />

durch einen Glassturz bedeckt, eine<br />

Glühbirne darüber angebracht, drumherum<br />

in alle Richtungen das bloße<br />

Nichts sich erstreckend. Unter dem<br />

Glassturz schließlich entdeckt er ein<br />

Objekt, einen vielfarbigen Stern aus<br />

Papier gefaltet, dessen Strahlen in alle<br />

Richtungen deuten als sei er das einzige<br />

Schaustück in einem geheimnisvollen<br />

Museum der Einsamkeit, das seiner<br />

Funktion beraubte Zentrum eines zu<br />

Staub zerfallenen Universums, einer<br />

materialisierten Erinnerung gleich, die<br />

zu wundersamer Ruhe gefunden hat.<br />

Natürlich lässt sich die Erfahrung der<br />

Rauminstallation, die Elin Hansdóttir<br />

und Darri Lorenzen als Auftakt zu ihrem<br />

langjährig konzipierten Projekt „Komplex“<br />

in einer<br />

Scheune des<br />

Seminarzentrums<br />

Gut Siggen<br />

konzipierten, auch<br />

ganz anders<br />

erleben und<br />

beschreiben. Die<br />

Deutungshoheit<br />

über ihr Werk<br />

geben die<br />

Künstler aber ganz<br />

bewusst aus der Hand: Es bildet den<br />

Startpunkt einer Residenz, die es fortan<br />

jeden Sommer einem Künstler ermöglichen<br />

wird, ein ortsspezifisches Werk in<br />

Siggen zu schaffen und in der Phase des<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

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Projekte<br />

Auf- und Abbaus an anderen Projekten<br />

weiterzuarbeiten. Den geforderten<br />

Bezug zu den lokalen Gegebenheiten<br />

unterstrichen Hansdóttir und Lorenzen,<br />

indem sie sich für ihr Projekt die räumliche<br />

Weite der Siggener Scheune zunutze<br />

machten, die zu den größten ihrer<br />

Art in Norddeutschland zählen. Sie<br />

beschreiben ihr Konzept folgendermaßen:<br />

„Komplex ist ein sich ständig veränderndes<br />

Ganzes, zusammengesetzt aus<br />

zahlreichen verstrickten und miteinander<br />

verwobenen Bestandteilen, die<br />

zueinander in Beziehung stehen. Auf<br />

diese Weise wird sich das Projekt wie<br />

eine organische Struktur von Jahr zu Jahr<br />

kontinuierlich entwickeln. Der gesamte<br />

Komplex wird auf der Homepage sichtbar<br />

gemacht - durch ein Netzwerk aus<br />

Dokumentationen und Bezügen zu den<br />

mit dem Arbeitsprozess verbundenen<br />

Ideen. Je weiter Komplex über die Jahre<br />

wächst, desto mehr wird ein imaginärer<br />

Ort entstehen: locos — ein sich ausdehnender,<br />

grenzenloser Raum. Ein ortsgebundenes<br />

Projekt, das sich dennoch aus<br />

den Fesseln des physischen Raumes<br />

befreit.“ Die nächste Vernissage mit<br />

Ergebnissen der Residenz „Komplex“<br />

wird im Rahmen des Siggener Kultursommers<br />

2010 stattfinden.<br />

lo<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

LINK<br />

<br />

www.komplex.cc Die Homepage zum Projekt<br />

32<br />

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Netzwerkmagazin 12|08<br />

Projekte<br />

„Die <strong>Stiftung</strong> soll eine Plattform für Ideen sein“<br />

Anlässlich des traditionell mit dem Ende des Juni einhergehenden Abschlusses des Ge-<br />

G<br />

schäftsjahres 2008/2009 sprach das Netzwerk<br />

werkmagazin<br />

mit dem Vorstand der <strong>Alfred</strong><br />

<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. über die Auswirkungen der Finanzkrise, die Perspektiven der Stif-<br />

tungstätigkeit im Bildungsbereich und die Grenzen und Chancen gesellschaftlicher Prob-<br />

lemlösung in der Rechtsform von <strong>Stiftung</strong>en.<br />

Netzwerkmagazin<br />

magazin: Herr Wimmer, Herr<br />

Holz, in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit<br />

vom <strong>Stiftung</strong>ssektor ist das<br />

vergangene Geschäftsjahr vor allem von<br />

den Folgen der Finanzkrise bestimmt<br />

worden. Ist die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

F.V.S. von dieser betroffen?<br />

Andreas Holz: Wir sind mittelbar insofern<br />

betroffen, als ein Zeichen der Finanzkrise<br />

historisch niedrige Zinssätze<br />

sind. Das heißt, dass jeder Euro, der hier<br />

zur Anlage im Wertpapierbereich ansteht,<br />

sich schlechter verzinst als vor<br />

fünf Jahren, und bedeutet für alle Kapitalanleger,<br />

dass die Erträge in diesem<br />

Bereich zurückgehen werden. Bei den<br />

Immobilien, die ein Drittel unserer<br />

Vermögenserträge ausmachen, gibt es<br />

bisher keine Auswirkungen, da sind wir<br />

beim Leerstand besser als der Markt. Die<br />

Wirtschaftskrise führt dazu, dass viele<br />

Leute sich selbstständig machen und<br />

dafür ist unser Bürocenterkonzept die<br />

richtige Antwort. Mittelfristig ist das<br />

Niveau der Büromieten allerdings leicht<br />

rückläufig.<br />

NM: Und das Budget für 2009/2010?<br />

AH: Das ist dank unserer vorausschauenden<br />

Dreijahresplanungen erfreulicherweise<br />

finanziert, wir werden also im<br />

laufenden Geschäftsjahr und in den<br />

beiden folgenden keine Einschränkungen<br />

machen müssen. Es wird aber auch<br />

keine Ausweitung des <strong>Stiftung</strong>sprogramms<br />

geben, die mit höheren Zinssätzen<br />

vielleicht möglich gewesen wäre.<br />

Ansgar Wimmer: Uns hilft ebenso wie<br />

vielen anderen <strong>Stiftung</strong>en das Steuerungsinstrument<br />

der freien Rücklage<br />

dabei, das Programm nicht einschränken<br />

zu müssen. Notfalls ermöglicht es außerdem<br />

die Jährlichkeit einiger Programmteile,<br />

Einschränkungen zu machen,<br />

ohne dass dies zulasten individueller<br />

Geförderter geht.<br />

NM: Sind die Probleme, mit denen sich<br />

auch <strong>Stiftung</strong>en konfrontiert sehen, auf<br />

unvermeidliche konjunkturelle Schwankungen<br />

zurückzuführen, oder müssen<br />

daraus auch Lehren für die Anlagepolitik<br />

33<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Projekte<br />

gezogen werden?<br />

AW: In unserem Falle profitieren wir von<br />

einer Weisheit, die nicht unsere eigene<br />

ist, sondern die des Stifters, der selber<br />

Kind von turbulenten Zeiten in den<br />

zwanziger und dreißiger Jahren des<br />

letzten Jahrhunderts war. Er hat deshalb<br />

eine <strong>Stiftung</strong> mit zunächst sehr konservativer<br />

Anlagepolitik aufgestellt.<br />

AH: Meine persönliche Meinung ist,<br />

dass wir noch sehr viel länger ein niedriges<br />

Zinsniveau haben werden, das trotz<br />

möglicher geringer Steigerungen nicht<br />

das auskömmliche Niveau errichen wird,<br />

das es Anfang des Jahrzehnts hatte.<br />

Deshalb wird es auch bei fast allen <strong>Stiftung</strong>en<br />

Einschränkungen geben müssen,<br />

auch wenn die Hoffnung etwa des Bundesverbandes<br />

deutscher <strong>Stiftung</strong>en ist,<br />

dass das Gesamtniveau der Förderungen<br />

durch die stetigen Gründungen neuer<br />

<strong>Stiftung</strong>en nicht sinken wird.<br />

NM: Da Sie den Blick schon in die Zukunft<br />

werfen, möchte ich gerne zum<br />

neuen Programmbereich „Gegenwartsfragen“<br />

kommen. Er soll zum Geschäftsjahr<br />

2010/11 den von vornherein auf<br />

fünf Jahre befristeten „WerteDialog“<br />

ablösen, wie der <strong>Stiftung</strong>srat der <strong>Alfred</strong><br />

<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. vor einiger Zeit<br />

beschlossen hat. Was darf ich mir darunter<br />

vorstellen?<br />

AW: Unter dieser Überschrift werden<br />

wir uns zehn verschiedenen Fragestellungen<br />

widmen, die aus Sicht der <strong>Alfred</strong><br />

<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. zentrale Gegenwartsfragen<br />

sind. Sie betreffen nicht erst<br />

die nächste Generation im Sinne von<br />

Zukunftsfragen, sondern beschäftigen<br />

uns bereits heute. Sie sind auch wie<br />

schon im „WerteDialog“ nicht mit erhobenem<br />

Zeigefinger formuliert, sondern<br />

aus genuiner Neugier heraus. Entsprechend<br />

schlicht sind die Fragen.<br />

Was ist wichtig?<br />

Was wirkt?<br />

Wer bestimmt eigentlich?<br />

Was macht Mut?<br />

Wo findet Erziehung statt?<br />

Was ist gerecht?<br />

Wo ist zuhause?<br />

Wie verstehen wir uns?<br />

Wie funktioniert Bildung?<br />

Wie entstehen Ideen?<br />

Sie erlauben es, zusammen mit Projektpartnern<br />

punktuell in spannende gesellschaftliche<br />

Themen einzutauchen und<br />

beruhen auf der Freiheit, die vielleicht<br />

auch nur eine <strong>Stiftung</strong> hat, Leute zu<br />

diesen Fragen zusammenzuführen und<br />

eine Bearbeitung zu ermöglichen, keine<br />

Beantwortung. Keine der Fragen kann<br />

endgültig gelöst werden, dazu sind sie<br />

zu grundsätzlich. Aber sie sind der Anstoß,<br />

sich als mittelgroße <strong>Stiftung</strong> Vielem<br />

zu stellen und sich insbesondere im<br />

Bildungsbereich Anderes zu erschließen.<br />

NM: Worin sehen Sie denn im Rückblick<br />

Erfolge des Programmbereichs Werte-<br />

Dialog?<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

34<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

AW: Wir haben in einer wenn auch<br />

begrenzten Fachöffentlichkeit Aufmerksamkeit<br />

für das Thema Werterziehung<br />

an Hauptschulen erzeugt und sind der<br />

Ort geworden, an dem das diskutiert<br />

wird. Außerdem konnten wir in einer<br />

klugen Zielgruppe von Schulleitern und<br />

engagierten Lehrern das Nachdenken<br />

dazu anstoßen und Raum zur Vertiefung<br />

in einer Serie von Mentorenseminaren<br />

geben. Ein zweiter Punkt ist, dass wir für<br />

die <strong>Stiftung</strong> das Thema Bildung wieder<br />

aufgeschlossen haben. <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong><br />

fühlte sich als Jugendbewegter ursprünglich<br />

dem Thema Jugend sehr<br />

verbunden, hat sich aber nach der<br />

Gleichschaltung der Jugendbewegung in<br />

der Zeit des Nationalsozialismus auf die<br />

Kulturförderung und die Vergabe von<br />

Kulturpreisen verlegt. So ist das Thema<br />

Jugend aus dem Programm der damaligen<br />

<strong>Stiftung</strong> F.V.S. herausgerutscht,<br />

obgleich es dem Stifter ein besonderes<br />

Anliegen war. Ohne an diese Tradition<br />

anzuknüpfen haben wir über den Programmbereich<br />

WerteDialog das Thema<br />

Schule noch einmal neu für uns entdeckt.<br />

Das wollen wir natürlich auch in<br />

den neuen Programmbereich mitnehmen.<br />

NM: Welche Erfahrungen können Sie<br />

noch übertragen? Gibt es schon konkrete<br />

Projektideen?<br />

AW: Nun, das Nachdenken über konkrete<br />

Projekte beginnt erst. Wir werden das<br />

kommende Geschäftsjahr für Gespräche<br />

mit vielen Partnern und auch anderen<br />

Projekte<br />

<strong>Stiftung</strong>en nutzen. Dass es Sinn hat,<br />

dieses Thema in Kooperationen anzugehen,<br />

haben wir auch beim Bundeswettbewerb<br />

Werterziehung an Hauptschulen<br />

wieder einmal gemerkt, der<br />

zusammen mit dem Bundesverband der<br />

Arbeitgeberverbände organisiert wurde.<br />

Zweitens ist es meist kein besonders<br />

positives Merkmal von <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />

im Bildungsbereich, dass „modische“<br />

Themen aufgegriffen, nach zwei Jahren<br />

aber wieder beiseite gelegt werden.<br />

Unsere Partner sollen sich darauf verlassen<br />

können, dass wir an unseren Projekten<br />

längerfristig dranbleiben.<br />

NM: Ein anderes Thema, indem der<br />

Fokus der <strong>Stiftung</strong> im vergangenen Jahr<br />

geschärft wurde, ist der Bereich der<br />

Lehre an Hochschulen. Stellt dieses<br />

Engagement einen neuen Schwerpunkt<br />

Ihrer Arbeit dar?<br />

AW: Tatsächlich ist das ein Schwerpunkt,<br />

der uns in den letzten drei Jahren<br />

vehement zugewachsen ist. Wir begreifen<br />

ihn auch weiter als Nische, denn es<br />

ist zwar in den vergangenen Jahren eine<br />

Vielzahl von Preisen für gute Lehre<br />

entstanden, aber ohne dass dieses eine<br />

nachhaltige Verbesserung der Lehre an<br />

deutschen Hochschulen erzeugt hätte.<br />

Da haben wir eine Chance, wiederum<br />

nicht als „Platzhirsch“, sondern hochvernetzt<br />

mit anderen <strong>Stiftung</strong>en eine<br />

Allianz zu schmieden, die eine substantielle,<br />

nachhaltige Initiative für gute<br />

Lehre hervorbringt. Unserem Fortbildungsformat,<br />

das wir in den vergange-<br />

35<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Projekte<br />

nen vier Jahren aufgebaut haben, haben<br />

die Teilnehmer attestiert, dass es ihnen<br />

wirklich geholfen hat. Darauf würden wir<br />

mit der Multiplikatorenschulung von<br />

Lehre n gerne aufbauen.<br />

NM: Wird es denn weitere Neuerungen<br />

im kommenden Geschäftsjahr geben?<br />

AW: Ein Detail ist, dass wir die Förderung<br />

der Europäischen Schulwanderstipendien<br />

gegen ein anderes Förderformat<br />

eintauschen werden, das die Hamburger<br />

Schullandschaft befruchtet und<br />

vielleicht auf das Thema Natur hinweist.<br />

Wichtig ist mir aber vor allem, die operative<br />

Arbeit der <strong>Stiftung</strong> weiter zu stärken,<br />

nämlich einen Marktplatz für Ideen<br />

zu schaffen. Das bedeutet, dass die<br />

Kolleginnen nicht nur Förderanträge<br />

bewilligen, sondern dass sie Ansprechpartnerinnen<br />

sind für Ideenträger in den<br />

Bereichen wie etwa Wissenschaft, Kultur,<br />

Naturschutz und Bildung. Auch die<br />

Orte, die wir zur Verfügung stellen, also<br />

das Elbehaus und das Seminarzentrum<br />

Gut Siggen, bilden dafür eine Plattform.<br />

Um von einer Ideenfabrik zu sprechen,<br />

ist die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

sicherlich zu klein, aber wenn wir die<br />

Garage sein können für die eine oder<br />

andere Tüftelei, die da entsteht, dann<br />

wäre das schön.<br />

NM: Und was möchten Sie in Zukunft<br />

verbessern?<br />

AW: Ich würde unseren Geförderten<br />

manchmal gerne noch besser durch die<br />

Schaffung von Publizität auf den Weg<br />

helfen können. Das Ziel, ihnen so Möglichkeiten<br />

zu eröffnen, kann man aber<br />

nicht rein handwerklich erreichen, wenn<br />

man feststellt, dass in der Mediengesellschaft<br />

um die merkwürdigsten Dinge<br />

Hypes entstehen. So etwas können wir<br />

nicht antizipieren und man es auch<br />

nicht sozusagen naturwissenschaftlichmathematisch<br />

planen. Insofern haben<br />

wir gelernt, dass es dafür immer auch<br />

Glück braucht, was ich uns aber für die<br />

Preisträger und für die Stipendiaten<br />

wünschen würde.<br />

AH: Wir haben mit diesem Geschäftsjahr<br />

den Ganzjahresbetrieb im Seminarzentrum<br />

Gut Siggen begonnen. Statt<br />

Veranstaltungen aus Zeitgründen ablehnen<br />

zu müssen haben wir jetzt Fenster,<br />

die sinnvoll zu füllen sind. Wenn wir<br />

da das richtige Händchen haben und<br />

weiter das Niveau eigener Veranstaltungen<br />

halten und die Lücken für die Nutzung<br />

durch Kooperationspartner nutzen<br />

können, dann wäre ich sehr zufrieden.<br />

NM: Wenn wir den Blick wieder auf den<br />

gesamten <strong>Stiftung</strong>ssektor weiten: Gibt<br />

es Themen, die dort bisher vernachlässigt<br />

werden und mehr Beachtung durch<br />

die Arbeit der <strong>Stiftung</strong>en verdienen?<br />

AW: Durch das rapide Wachstum der<br />

<strong>Stiftung</strong>szahl in den vergangenen zehn<br />

bis fünfzehn Jahren ist eigentlich eher<br />

festzustellen, dass es viele Doppelungen<br />

gibt. Da sollen dann mit großer Verve<br />

Themen besetzt werden, die schon<br />

längst besetzt sind. Deshalb geht es<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

36<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

vorrangig darum, sich stärker in Kooperationen<br />

hinein zu begeben, die nicht<br />

nur formaler, sondern auch inhaltlicher<br />

Natur sind. Dabei kommt auch dem<br />

Bundesverband deutscher <strong>Stiftung</strong>en<br />

eine gewisse Rolle zu, ebenso auch der<br />

individuellen Offenheit der in den <strong>Stiftung</strong>en<br />

Verantwortlichen. Ein strukturelles<br />

Problem ist, dass Stifter häufig etwas<br />

tun möchten, das so noch nicht da war,<br />

dann aber wegen unvollständiger Information<br />

oder bei Unterschieden in bloßen<br />

Nuancen thematische Überscheidungen<br />

schaffen. Ich glaube, dass das die<br />

größte Herausforderung ist.<br />

NM: Inwieweit kann denn das <strong>Stiftung</strong>swesen<br />

auch im Hinblick auf die<br />

Umwandlung öffentlicher Institutionen<br />

in <strong>Stiftung</strong>en überhaupt zur Lösung<br />

gesellschaftlicher Probleme beitragen?<br />

Projekte<br />

AW: Solche Umwandlungen sind leider<br />

häufig mit der naiven Vorstellung verbunden,<br />

es komme dadurch von irgendwo<br />

her mehr Geld. Manche Universitäten<br />

oder die Hamburger Museen<br />

sind so ein Beispiel. Das gelingt aber im<br />

seltensten Fall und ich stehe dem sehr<br />

skeptisch gegenüber. Die große Chance<br />

liegt auf dem Feld der Gemeinschaftsstiftungen.<br />

In Deutschland hat es den<br />

letzten zehn Jahren einen rasanten<br />

Anstieg bei den Bürgerstiftungen gegeben.<br />

Zwar gibt es auch da viele, die nicht<br />

besonders wohlhabend sind, aber immer<br />

mehr gewinnen an Wohlstand.<br />

Auch bei atypischen Gemeinschaftsstiftungen<br />

wie etwa der <strong>Stiftung</strong> Polytechnische<br />

Gesellschaft denke ich, dass<br />

gegenüber der klassischen Verfasstheit<br />

als eingetragener Verein für Personenmehrheiten<br />

ein großer Vorteil mit der<br />

Rechtsform der <strong>Stiftung</strong> verbunden ist.<br />

<strong>Stiftung</strong>en sind aber weder ein gutes<br />

Substitut für öffentliche Aufgaben noch<br />

sind sie ein besonders gutes Fundraising-Instrument.<br />

Zur gemeinschaftlichen<br />

Bewältigung von überschaubaren<br />

gesellschaftlichen Aufgaben bieten sie<br />

aber überzeugende Möglichkeiten.<br />

AH: Dort, wo der Staat eine <strong>Stiftung</strong><br />

gründet, möchte er sich zurückziehen<br />

und private Gelder sammeln, eigentlich<br />

also eine versteckte Privatisierung<br />

betreiben. Das kann in der Außenwahrnehmung<br />

die Bereitschaft, private Mittel<br />

beizusteuern, gegenüber der Organisation<br />

als Behörde durchaus steigern, so<br />

dass dieses Vorgehen aus staatlicher<br />

Sicht durchaus Sinn ergibt. Aus der<br />

Perspektive des <strong>Stiftung</strong>ssektors ist es<br />

dagegen verwerflich, denn die vorhandenen<br />

<strong>Stiftung</strong>en möchten den Staat<br />

nicht ersetzen, sondern ihn ergänzen.<br />

Dieser Konflikt wird auch bisher nicht<br />

transparent diskutiert, weshalb ich denke,<br />

dass es zum einen mehr Offenheit<br />

braucht und zum anderen klare Positionen<br />

auf Seiten der <strong>Stiftung</strong>en und des<br />

Staates. Dann könnte es am Schluss<br />

auch Modelle geben, auf die sich beide<br />

Seiten einigen können. Ich glaube allerdings<br />

nicht, dass das kurzfristig möglich<br />

ist.<br />

37<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

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Projekte<br />

NM: Ist die Kooperation der gemeinsamen<br />

Interessenvertretung innerhalb des<br />

<strong>Stiftung</strong>ssektors also verbesserungsfähig?<br />

AH: Ja, bestimmt.<br />

NM: Zum Abschluss möchte ich gerne<br />

noch einmal mit zwei Fragen auf das<br />

vergangene Geschäftsjahr zurückblicken.<br />

Auch in dieser Zeit wurden von<br />

verschiedener Seite die Vorwürfe gegen<br />

die Person <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong>s erneuert.<br />

Muss die Biographie des Stifters im<br />

Zuge dessen an der einen oder anderen<br />

Stelle neu bewertet werden?<br />

AW: Die kontinuierliche Auseinandersetzung<br />

mit der Geschichte des Stifters<br />

und der <strong>Stiftung</strong> gehört zur Identität der<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. heute und<br />

alle die für sie arbeiten sind in besonderer<br />

Weise sensibilisiert. Wir leben damit,<br />

dass sich inzwischen Leute an der <strong>Stiftung</strong><br />

abarbeiten ohne sie genau zu kennen.<br />

Und es ist auch seit der Forschung<br />

der Historikerkommission keine wirklich<br />

neue Erkenntnis dazugekommen, es<br />

wird allerdings das, was wir wissen und<br />

auch offensiv kommunizieren, immer<br />

mal wieder dramatisch neu verpackt.<br />

Auch damit versuchen wir respektvoll<br />

umzugehen und wenn uns ernsthafte<br />

Fragen erreichen auch denen nachzugehen.<br />

Gleichzeitig muss man sagen, dass<br />

an vielen Stellen die Grenze der Seriösität<br />

weit überschritten ist und häufig<br />

unsicher bleibt, welche Eigeninteressen<br />

mit manchen Kampagnen gegen die<br />

<strong>Stiftung</strong> verfolgt werden.<br />

NM: Schließlich: Gab es einen Moment<br />

im Jahr 2008/2009, den sie aus Ihrer<br />

persönlichen Sicht als Höhepunkt bezeichnen<br />

würden?<br />

AW: Man ist immer versucht, dabei an<br />

die Preisverleihungen zu denken, weil<br />

man diese Moment natürlich gerne<br />

festhalten würde, in Wirklichkeit geht es<br />

aber um die vielen Begegnungen mit<br />

den individuell Geförderten. Wir merken<br />

immer wieder, dass das Konzept<br />

erfolgreich ist, als mittelgroße <strong>Stiftung</strong><br />

den Menschen zugewandt zu sein, danach<br />

zu fragen, wo nicht nur mit Geld,<br />

sondern auch mit Kontakten und Ideen<br />

oder durch ein Netzwerk auf den Weg<br />

geholfen werden kann. Als Momente<br />

sind zum Beispiel die Stipendiatentreffen<br />

zu nennen und auch die anderen<br />

Veranstaltungen in Siggen, diesem Ort,<br />

der immer wieder seinen Charme entfaltet<br />

und Leute in den Bann schlägt. Das<br />

sind rein atmosphärisch gesprochen die<br />

Augenblicke, in denen man das Gefühl<br />

gewinnt, dass die <strong>Stiftung</strong> da eine ganz<br />

spezielle Existenzberechtigung hat. Die<br />

knüpft durchaus auch an die positiven<br />

Seiten des Stifters an, der eben auch<br />

neugierig auf Menschen war und versucht<br />

hat, diese zu fördern.<br />

NM: Herzlichen Dank für dieses Gespräch.<br />

Interview: lo<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

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Netzwerkmagazin 12|08<br />

Texte publik gemacht<br />

Repräsentant des „anderen Deutschland“<br />

Claus Graf Schenk von Stauffenberg und der deutsche Widerstand<br />

Prof. Dr. Hans Mommsen, Feldafing<br />

Zum Programm der Sommerakademien des Stipendiatenkollegium der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> F.V.S. gehören auch abendliche Vorträge der Dozenten zu Themen ihres Fachge-<br />

biets, losgelöst von den Inhalten der morgendlichen Seminararbeiten. Im Folgenden geben<br />

wir mit freundlicher Genehmigung von Herrn Professor Mommsen sein Referat zu Claus<br />

Graf Schenk von Stauffenberg wieder, das er während der zweiten Akademiewoche im<br />

Seminarzentrum Gut Siggen gab.<br />

Der Stauffenberg-Film mit Tom Cruise<br />

in der Hauptrolle hat das Interesse auf<br />

Claus Schenk Graf von Stauffenberg<br />

gelenkt, der mit Recht als Repräsentant<br />

der deutschen Opposition gegen Hitler<br />

gilt. Hätte sein Attentat auf Hitler Erfolg<br />

gehabt, hätten viele Millionen Tote, die<br />

der sinnlosen Fortsetzung eines längst<br />

verlorenen Krieges geopfert wurden,<br />

überlebt und wären weite Teile Ost- und<br />

Mitteleuropas von der Zerstörung teils<br />

durch die deutsche Strategie der „verbrannten<br />

Erde“, teils durch die alliierten<br />

Flächenbombardements, teils durch die<br />

Kriegshandlungen selbst verschont<br />

geblieben.<br />

Während Hitler die Explosion in der<br />

Lagebaracke in der Wolfschance mit<br />

leichten Verletzungen überstand, wurde<br />

Stauffenberg zusammen mit Friedrich<br />

Olbrichts, Albrecht Ritter Merz von<br />

Quirnheim und Werner von Haeften im<br />

Hof des Bendlerblocks von einem eilig<br />

zusammengestellten Hinrichtungskommando<br />

standrechtlich erschossen.<br />

Auch danach ruhte der Diktator nicht,<br />

ihr Andenken auszulöschen. Heinrich<br />

Himmler ließ die in der Nacht auf dem<br />

St. Matthei-Friedhof in Berlin bestatteten<br />

Leichen durch ein SS-Kommando<br />

ausgraben und verbrennen und ihre<br />

Asche über die Felder verstreuen. Eine<br />

Gedenktafel im Friedhof erinnert daran.<br />

Die Absicht, die Erinnerung an die Verschwörer<br />

zu zerstören und ihre Familien<br />

auszulöschen, schlug ins Gegenteil um.<br />

Heute wird Stauffenberg als der mutige<br />

Attentäter und Führer des Umsturzversuchs<br />

vom 20. Juli 1944 als Repräsentant<br />

des „Anderen Deutschland“ und<br />

Bewahrer der nationalen Ehre gefeiert.<br />

39<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

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Texte publik gemacht<br />

Stauffenberg war der Sprössling eines<br />

angesehenen schwäbischen Adelsgeschlechts,<br />

leidenschaftlicher Soldat und<br />

zugleich ein Verehrer Stefan Georges,<br />

dessen Dichtungen das deutsche Verhängnis<br />

vorhersagten. Er gehörte zu den<br />

begabtesten Generalstabsoffizieren der<br />

Deutschen Wehrmacht. Er begrüßte<br />

den 30. Januar 1933, rückte aber bald in<br />

innere Distanz zum NS-Regime, übte<br />

frühzeitig Kritik an Hitler und dessen<br />

Führungsstil und war sich seit dem<br />

Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni<br />

1941 darüber im klaren, dass Deutschland<br />

in eine militärische Niederlage<br />

hineintrieb. Sarkastisch äußerte er<br />

schon 1939 „Der Narr macht Krieg“,<br />

aber er hoffte noch, dass es möglich sein<br />

werde, mit der „braunen Pest“ nach dem<br />

gewonnenen Krieg aufzuräumen. Noch<br />

nach der verlorenen Schlacht vor Moskau<br />

hoffte er, dass die Fehlentscheidungen<br />

Hitlers bei Anspannung aller Kräfte<br />

noch korrigiert werden könnten.<br />

Dazu gehörte aber auch, dass die bisherige<br />

Unterdrückung der Ostvölker beendet<br />

und Hitlers Vorhaben, nicht nur<br />

das sowjetische Herrschaftssystem,<br />

sondern auch den russischen Staat zu<br />

zerschlagen und einen Rassenvernichtungskrieg<br />

zu führen, fallen gelassen<br />

wurde. In der Überzeugung, dass der<br />

Krieg nicht länger gegen das russische<br />

Volk geführt werden dürfe, stimmte<br />

Stauffenberg mit Generalmajor Henning<br />

von Tresckow, der zunächst als Ia der<br />

Heeresgruppe Mitte, dann als Chef der<br />

Operationsabteilung tätig war, überein.<br />

Gegen den erklärten Willen des Diktators<br />

bauten beide Offiziere eine russische<br />

Hilfswilligenarmee mit dem Ziel<br />

auf, die Völker der Sowjetunion für<br />

einen Befreiungskampf gegen das verhasste<br />

bolschewistische System zu<br />

gewinnen. Sie verlangten zugleich eine<br />

bessere Behandlung der russischen<br />

Zivilbevölkerung und der russischen<br />

Kriegsgefangenen, die in den Stalags zu<br />

Hunderttausenden verhungerten. Insbesondere<br />

Stauffenberg wandte sich gegen<br />

die Menschenjagden für die Deportation<br />

von Zwangsarbeitern. Sie drangen<br />

mit ihren Vorstellungen jedoch nicht<br />

durch. Erst als die militärische Lage sich<br />

extrem verschlechtert hatte, kam es zu<br />

Verhandlungen mit dem kriegsgefangenen<br />

russischen General Alxeji Wlassow<br />

zur Aufstellung einer Freiwilligenarmee,<br />

doch kam der Zusammenbruch der<br />

Ostfront dem zuvor.<br />

Den Hintergrund für diese Bemühungen<br />

bildete die Erkenntnis, dass die nach der<br />

Niederlage von Moskau gleich bleibenden<br />

Verluste immer weniger ausgeglichen<br />

werden konnten, so dass eine<br />

militärische Niederlage schon auf Grund<br />

des demographischen Faktors unausweichlich<br />

war. Daher waren auch die<br />

300 000 russischen Hilfswilligen für das<br />

Ostheer, das verglichen mit Juni 1941<br />

nur noch über die Hälfte des ursprünglichen<br />

Mannschaftsbestandes verfügte,<br />

unentbehrlich.<br />

Stauffenberg hatte den Angriff auf die<br />

Sowjetunion für einen Verlegenheits-<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

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<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de


Netzwerkmagazin 12|08<br />

schritt und unverzeihlichen Fehler Hitlers<br />

gehalten und betonte wiederholt,<br />

dass der Feldzug auch bei besserer<br />

Führung nicht durchgestanden werden<br />

konnte. Noch vor Stalingrad plädierte er<br />

nachdrücklich dafür, einen Friedensschluss<br />

herbeizuführen, solange die<br />

militärische und politische Handlungsfähigkeit<br />

des Reiches noch gegeben war.<br />

Da er im Generalstab nicht zuletzt für<br />

die Bereitstellung von „Ersatz“ angesichts<br />

der eskalierenden Verluste der<br />

Wehrmacht, die mehr als 100 000<br />

Mann im Monat umfassten, zuständig<br />

war, bedrückte ihn die Last der Mitverantwortung<br />

dafür, täglich viele Tausende<br />

in den Tod zu schicken, ohne dass eine<br />

Perspektive zur Beendigung der Kampfhandlungen<br />

sichtbar war.<br />

Durch die Berufung in den Generalstab<br />

des Heeres gelangte Stauffenberg in das<br />

militärische Entscheidungszentrum,<br />

und er erkannte zunehmend, dass die<br />

von Hitler befohlenen Strategien die<br />

vorhandenen Kräfte immer mehr überforderte.<br />

Die Bestrebungen Henning<br />

von Tresckows als Ia der Heeresgruppe<br />

Mitte, durch Einwirkung auf die Armeebefehlshaber<br />

eine Reform der Spitzengliederung<br />

zu erreichen, die Hitler den<br />

direkte Einfluss auf die operativen Entscheidungen<br />

nehmen sollte, wurde von<br />

Stauffenberg voll geteilt, der am 18.<br />

Januar 1943 in einer denkwürdigen,<br />

aber völlig fehlgehenden Unterredung<br />

mit Feldmarschall Erich von Manstein<br />

im gleichen Sinn intervenierte. Manstein,<br />

der ihn abwies und an die Front<br />

Texte publik gemacht<br />

schicken wollte, bemerkte abschätzig:<br />

„er hat mir weismachen wollten, der<br />

Krieg sei verloren“, während Stauffenberg,<br />

von dem das geflügelte Wort von<br />

„den Teppichlegern im Generalsrang“<br />

bereits die Runde machte, kommentierte:<br />

„Das ist nicht die Antwort eines<br />

Generalfeldmarschalls“.<br />

Stauffenberg gab sich keinerlei Illusionen<br />

mehr hin, dass eine Reform der<br />

Spitzengliederung nicht erreichbar war.<br />

Ebenso wie Henning von Tresckow, mit<br />

dem er in diesen Monaten Kontakt<br />

aufnahm, war er davon überzeugt, dass<br />

die einzige realistische Chance, einen<br />

totalen militärischen Zusammenbruch<br />

abzuwenden, in der Ausschaltung Hitlers<br />

im Wege eines Attentats lag. Die<br />

verbreitete Vorstellung, Hitler durch<br />

gemeinsame Demarchen der Generalität<br />

zum Nachgeben zu bringen, hielt er<br />

mit Recht für völlig illusorisch, ebenso<br />

wie er später entsprechende Vorschläge<br />

Carl Friedrich Goerdelers als absurd<br />

verwarf.<br />

Auf Grund der Untätigkeit der Generalfeldmarschälle<br />

sah Stauffenberg nur<br />

noch den Ausweg, den Diktator umzubringen,<br />

und äußerte zu einem seiner<br />

Mitarbeiter schon im Spätsommer<br />

1942, Hitler sei “der eigentliche Verantwortliche.<br />

Eine grundsätzliche Änderung<br />

ist nur möglich, wenn er beseitigt<br />

wird. Ich bin bereit, es zu tun“. In dieser<br />

Überzeugung stimmte Hitler mit Henning<br />

von Tresckow überein, der seit dem<br />

Frühsommer 1942 ein Netzwerk oppo-<br />

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<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

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Texte publik gemacht<br />

sitionell eingestellter Offiziere ins Leben<br />

gerufen hatte, das sich dem Ziel verschworen<br />

hatte, Hitler im Wege eines<br />

Attentats auszuschalten. Diese im Umkreis<br />

der Heeresgruppe Mitte entstehende<br />

zweite Opposition stand anfänglich<br />

nur mit der Widerstandsgruppe um<br />

Hans Oster in der Militärischen Abwehr<br />

in Verbindung, doch nahm Tresckow<br />

schon im Herbst 1941 über Fabian von<br />

Schlabrendorff Kontakte zu Beck, dem<br />

ehemaligen Generalstabschef, auf, damals<br />

noch in der Absicht, die Chancen<br />

einer eventuellen Verständigung mit<br />

Großbritannien auszuloten. Seit 1943<br />

knüpfte Tresckow, der nun auch Stauffenberg<br />

im Generalstab zu seinen Gesinnungsgenossen<br />

zählte, enge Verbindungen<br />

zu Ludwig Beck, und über ihn<br />

zur zivilen Opposition um Goerdeler.<br />

Stauffenberg hatte einen Moment lag<br />

gezögert, sich durch die Versetzung an<br />

die Front dem auf ihm lastenden Entscheidungsdruck,<br />

der ihm als Chef der<br />

Operationsabeilung zufiel, zu entziehen,<br />

doch blieb er im Zentrum der militärischen<br />

Entscheidungen. Als er überraschend<br />

zum Ia der 10. Panzerdivision in<br />

Tunis ernannt wurde, nahm er an den<br />

schweren Kämpfen in Nordafrika teil,<br />

doch endete die Abordnung schon nach<br />

wenigen Wochen am 7. April 1943 mit<br />

seiner schweren Verwundung. Die<br />

schweren Verletzungen änderten nichts<br />

an seiner Entschlossenheit, sich für eine<br />

Ausschaltung Hitlers aktiv einzusetzen.<br />

Obwohl nur unzureichend wiederhergestellt,<br />

trat er als Chef des Stabes beim<br />

Allgemeinen Heeresamt im Bendlerblock<br />

am 1. Oktober 1943 rasch in<br />

den Mittelpunkt der inzwischen von<br />

Tresckow und Olbricht unter dem<br />

Deckmantel der Operation „Walküre“<br />

vorangetriebenen Putschvorbereitungen.<br />

Die knappe Zeit seiner Genesung hatte<br />

Stauffenberg in seiner Überzeugung<br />

bestärkt, dass der Krieg ohne weiteren<br />

Verzug beendigt werden müsse, In einem<br />

Gespräch mit seinem Onkel, Graf<br />

Uxküll, erklärte er im Mai 1943: „Nachdem<br />

die Generäle bisher nichts erreicht<br />

haben, müssen sich nun die Obersten<br />

einschalten“, und er teilte Olbricht<br />

brieflich mit, in drei Monaten „zur Verfügung“<br />

zu stehen. Schon im August<br />

weihten ihn Olbricht und Tresckow in<br />

den von ihnen konzipierten Umsturzplan<br />

ein, der in der Ausnützung des für<br />

den Fall eines Aufstandes unter den acht<br />

Millionen im Reichsgebiet lebenden<br />

Zwangsarbeiter entwickelten Einsatzplan<br />

des Ersatzheeres bestand — dem<br />

Unternehmen „Walküre“. Diese geniale<br />

Tarnung des Umsturzvorhabens ermöglichte<br />

es, Teile des militärischen Apparats<br />

in die logistischen Vorarbeiten<br />

einzuschalten. Als Tresckow im November<br />

an die Front versetzt wurde, lag die<br />

Vorbereitung des Umsturzes in erster<br />

Linie bei Stauffenberg, der trotz seiner<br />

Verletzungsfolgen eine ungewöhnliche<br />

Energie und Tatkraft an den Tag legte<br />

und zum Kern der Verschwörung wurde.<br />

Stauffenberg begriff die geplante Ver-<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

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Netzwerkmagazin 12|08<br />

schwörung nicht als „Widerstand“ — er<br />

vermied es, diesen Ausdruck zu gebrauchen<br />

— sondern als „nationale Erhebung“,<br />

und dabei stand ihm das Vorbild<br />

August Neithard von Gneisenaus, des<br />

preußischen Militärreformers, auch<br />

vermittelt durch die Ideengänge Stefan<br />

Georges, klar vor Augen. Zusammen mit<br />

seinem an dem Umsturz beteiligten<br />

Bruder Berthold erwog er eine umfassende<br />

Erneuerung, die „in ganz andere<br />

Lebensschichten reichen sollte als die<br />

Revolutionen von 1918 und 1933“. Er<br />

ging von der Überzeugung aus, es sei<br />

notwendig, dass der Krieg, der gerade<br />

nicht für eine konstruktive Neuordnung<br />

geführt wurde und daher ein „sinnloses<br />

Verbrechen“ darstelle, noch zu einem<br />

Zeitpunkt beendet wurde, der vor der<br />

alliierten Landung in Frankreich lag und<br />

zu dem die militärische Handlungsfähigkeit<br />

des Reiches noch nicht verloren<br />

gegangen war.<br />

Stauffenberg begriff sich in erster Linie<br />

als Soldat, und militärische Erwägungen<br />

bildeten den Ausgangspunkt seines<br />

Handelns. Aber die militärischen Beweggründe,<br />

die Stauffenberg veranlassten,<br />

sich rückhaltlos für die Verschwörung<br />

und schließlich für die Durchführung<br />

des Attentats zu entscheiden,<br />

verknüpften sich aufs engste mit humanitären<br />

Erwägungen. Er übte bittere<br />

Kritik an der Gesinnungslosigkeit seiner<br />

Offizierskollegen, die im Vertrauen auf<br />

den Führer ihren Urlaub und ihre Beförderung<br />

genossen, sonst aber über den<br />

„Dienst im Gliede“ nicht hinwegkamen.<br />

Texte publik gemacht<br />

Mit größter Schärfe protestierte er<br />

gegen die Versklavung der Ostarbeiter,<br />

die beginnende Auslöschung der jüdischen<br />

Bevölkerung und die unmenschliche<br />

Behandlung der sowjetischen<br />

Kriegsgefangenen durch die Wehrmacht.<br />

Dass die verbrecherische Vernichtungspolitik<br />

des NS-Regime im<br />

Osten nicht nur militärisch kontraproduktiv<br />

war, sondern auch die Ehre der<br />

Nation verletzte, drängte ihn dazu, unverzüglich<br />

zu handeln.<br />

Aus seiner militärischen Grundhaltung<br />

heraus betonte er die politische und<br />

gesellschaftliche Verantwortung des<br />

Offiziers, den er als Staatsdiener und<br />

nicht als Professionellen betrachtete,<br />

und erblickte im Offizierskorps „den<br />

wesentlichen Träger des Staates und die<br />

eigentliche Verkörperung der Nation“.<br />

Diese an der idealistischen Sicht der<br />

preußischen Reform entspringende<br />

„Militarismus“ stellte das gerade Gegenteil<br />

dessen dar, was er angesichts des<br />

Verfalls der preußischen Militärtradition<br />

an Brutalisierung und moralischer Indifferenz<br />

täglich erlebte. In Reminiszenz an<br />

Gneisenau lehnte Stauffenberg das<br />

verbreitete Bild vom Offizier als bloßem<br />

Militärtechniker nachdrücklich ab und<br />

hob dessen Verpflichtung zu öffentlichem<br />

Handeln und Verantwortung<br />

nachdrücklich hervor.<br />

Gegenüber dem ihm befreundeten<br />

Freiherrn von Thüngen erhob er für die<br />

Armee den Anspruch auf Teilhabe an<br />

der politischen Führung; wie er umge-<br />

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Texte publik gemacht<br />

kehrt das Versagen der Generalität<br />

geißelte, die ihm das bittere Wort von<br />

den „Teppichlegern“ im Generalsrang<br />

entlockte. Demgegenüber begründete<br />

er den Anspruch der Militärs, an die<br />

Spitze des Umsturzes zu treten und<br />

nicht nur deren Handlanger zu sein,<br />

offensiv und betonte: „Wir sind auch die<br />

Führung des Heeres und auch des Volkes,<br />

und wir werden diese Führung in die<br />

Hand nehmen“. Dieses mit Willenskraft<br />

gepaarte Selbstbewusstsein Stauffenbergs,<br />

seiner Brüder und seiner Mitverschwörer<br />

stellte einen entscheidenden<br />

Faktor dafür das, dass der Umsturzversuch<br />

trotz aller innerer und äußerer<br />

Widrigkeiten Wirklichkeit wurde.<br />

Stauffenbergs Vorstellung von der Verankerung<br />

der Armee in der Bevölkerung<br />

erinnerte an die preußische Erhebung,<br />

die auch für Julius Leber, mit dem er<br />

bald in eine enge Gesinnungsfreundacht<br />

eintrat, historischen Vorbildcharakter<br />

besaß und eine Schlüsselphase in der<br />

deutschen Geschichte darstellte, im<br />

Unterschied zu Goerdeler und dessen<br />

engeren Mitstreitern, die auf das Vermächtnis<br />

der preußischen Reform zurückgriffen.<br />

Stauffenbergs romantisierende<br />

Sicht der bewaffneten Macht<br />

schlug sich in der Erwägung nieder, dass<br />

das Offizierskorps nicht wie im November<br />

1918 versagen und sich die Initiative<br />

aus der Hand nehmen lassen dürfe.<br />

Die Wehrmacht, argumentierte Stauffenberg,<br />

sei schließlich „in unserem<br />

Staat die konservativste Einrichtung“,<br />

die aber „gleichzeitig im Volk verwurzelt“<br />

sei. Aus dieser Sicht heraus sah er<br />

die legitime Aufgabe der Wehrmacht<br />

nicht nur darin, die drohende Niederlage<br />

abzuwenden, sondern auch den Staat<br />

vor dem Zerfall zu bewahren. Daraus<br />

folgte die Notwendigkeit, die Rückkehr<br />

zu Recht und Ordnung mittels eines<br />

vorübergehenden militärischen Ausnahmezustandes<br />

sicherzustellen, um die<br />

zu erwartenden Gegenkräfte gegen die<br />

angestrebte Übergangsregierung zu<br />

neutralisieren.<br />

Andererseits lag eine unerkennbare<br />

Schwäche der Umsturzplanung darin,<br />

dass deren Erfolg in erster Linie davon<br />

abhing, dass die militärische Befehlskette<br />

und Unterstellungsverhältnisse intakt<br />

blieben. Dies war in Paris und in Wien,<br />

wo der militärische Ausnahmezustand<br />

ohne größere Widerstände durchgesetzt<br />

werden konnte, der Fall, nicht<br />

jedoch im Reichsgebiet, wo die Wehrkreisbefehlshaber<br />

die trotz des gescheiterten<br />

Attentats ergehenden Befehle<br />

der Zentrale nicht oder nur schleppend<br />

befolgten.<br />

Es war kennzeichnend, dass die „politischen<br />

Beauftragten“, entgegen den<br />

Vorstellungen Helmuth von Moltkes,<br />

den Militärbefehlshabern untergeordnet<br />

waren und dass gleichsam die Vorschriften<br />

des preußischen Ausnahmezustands<br />

von 1860 erneut umgesetzt<br />

wurden. Es handelte sich soweit um eine<br />

Militärrevolution von oben. Es gab auch<br />

ansatzweise keine Vorbereitungen, um<br />

die Bevölkerung, aber auch die einfa-<br />

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chen Soldaten für den Umsturz, der<br />

anfänglich der Fiktion einer Ermordung<br />

Hitlers durch „frontfremde Parteiführer“<br />

folgen sollte, zu mobilisieren. Die Erörterungen<br />

der zivilen Verschwörer, eine<br />

überparteiliche Volksbewegung ins<br />

Leben zu rufen, fanden bei Stauffenberg<br />

und Beck, die in der Endphase auf engste<br />

zusammenarbeiteten, keine Resonanz.<br />

Unter bestehenden Bedingungen bestand<br />

wohl auch keine Möglichkeit,<br />

anders als durch den Rekurs auf den<br />

militärischen Obrigkeitsstaat zu verfahren,<br />

zumal die Verschwörer zunächst<br />

noch hofften, die Ostfront aufrechtzuerhalten<br />

Nach dem Scheitern der ersten Attentatspläne<br />

Anfang 1943 rückte Stauffenberg<br />

immer mehr in das Zentrum der<br />

Verschwörung, vor allem auch nach der<br />

Verhaftung von Helmuth James von<br />

Moltke im Januar 1944. Dies hing auch<br />

mit der immer kritischer werdenden<br />

militärischen Lage und der damit korrespondierenden<br />

Radikalisierung des<br />

NS-Regimes nach innen und nach außen<br />

zusammen. Sie bewog namentlich<br />

die Mitglieder des Kreisauer Kreises, im<br />

Gegensatz zu ihrer ursprünglichen<br />

Intention, nicht an den konkreten Attentatsvorbereitungen<br />

beteiligt zu sein -<br />

Moltke hatte in der Unterredung der<br />

verschiedenen Verschwörergruppen<br />

Anfang 1943 die Zeit für den Umsturz<br />

für noch nicht reif gehalten -, mit Stauffenberg<br />

Verbindung aufzunehmen und<br />

dessen Attentatsvorhaben aktiv zu<br />

unterstützen. Adam von Trott, York von<br />

Texte publik gemacht<br />

Wartenburg, Fritz-Dietlof von der Schulenburg,<br />

und nicht zuletzt Julius Leber<br />

gehörten nun zum engsten Zirkel der<br />

Verschwörer.<br />

Zugleich übernahm Ludwig Beck die<br />

Führung des in sich zersplitterten zivilen<br />

Verschwörerkreises. Beck hatte sich<br />

nach Stalingrad endgültig zur Konsequenz<br />

des Tyrannenmordes durchgerungen<br />

und stellte sich voll hinter die<br />

Umsturzplanung Olbrichts und Tresckows.<br />

Über Olbricht knüpfte sich zu<br />

Stauffenberg, dem ehemaligen Untergebenen,<br />

eine enge persönliche Beziehung<br />

und weitgehende Gesinnungsgemeinschaft.<br />

In ihrer Auffassung von der<br />

politischen Führungsrolle der Wehrmacht<br />

stimmten beide Persönlichkeiten,<br />

trotz so unterschiedlicher Herkunft,<br />

völlig überein, und so konnte Beck zum<br />

Hauptverbindungsmann Stauffenbergs<br />

zur zivilen Verschwörergruppe werden<br />

und den Führungsanspruch des eigenwilligen<br />

Goerdeler begrenzen,, der seine<br />

Aufgabe auch darin erblickte zu verhindern,<br />

„dass die Generäle etwas Politisches<br />

unternehmen“.<br />

Stauffenberg nutzte die Verzögerung,<br />

die infolge des wiederholten Scheiterns<br />

des Attentatsvorhabens eintrat, um die<br />

Basis der Verschwörung im militärischen<br />

Apparat auszuweiten und<br />

zugleich die Kontakte zur zivilen Opposition<br />

zu intensivieren. Es fehlte anfänglich<br />

nicht an Mißverständnissen. So rief<br />

seine Äußerung gegenüber Hermann<br />

Maaß, den Vertrauensmann Wilhelm<br />

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Texte publik gemacht<br />

Leuschners, dass „die geschichtlichen<br />

Leistungen des Adels“ nicht über Bord<br />

geworfen werden sollten, erhebliches<br />

Misstrauen hervor, während die Zusicherung<br />

Josef Wirmers, dass „nach keiner<br />

Richtung alte Zustände wieder<br />

aufgewärmt werden sollten“, bei Stauffenberg<br />

deutliche Beruhigung auslöste.<br />

Unzweifelhaft lehnte Stauffenberg die<br />

Rückkehr zu „Weimarer Verhältnissen“,<br />

damit den parteienstaatlichen Parlamentarismus,<br />

nachdrücklich ab. Er war<br />

stark von korporatistischen Vorstellungen<br />

geprägt und näherte sich neokonservativen<br />

Ideengängen, wie sie im Kreisauer<br />

Kreis vorherrschten. Mit dem Blick<br />

auf Gneisenau erwog er, „einen staatstragenden<br />

Stand zu schaffen und so<br />

stark zu machen, dass er eine weise und<br />

feste Führung auszuüben fähig sei“. Es<br />

ist offen, wie weit diese paternalistischen<br />

Züge, die in den Beratungen des<br />

Lautlinger Kreises im Vordergrund<br />

standen, später zurücktraten. Mit der<br />

Hervorhebung der sozialen Komponente<br />

wies sein politisches Weltbild eine<br />

gewisse Verwandtschaft mit der Idee des<br />

„preußischen Sozialismus“ auf.<br />

Indessen vermieden Stauffenberg wie<br />

Beck ,sich direkt in die Pläne der zivilen<br />

Oppositionsgruppen einzuschalten. Für<br />

beide stand — darin waren sie sich mit<br />

dem Sozialdemokraten Julius Leber<br />

einig — die Notwendigkeit des Handelns<br />

im Vordergrund. Daher vermieden<br />

sowohl Beck wie Stauffenberg, die zunehmenden<br />

Spannungen mit Carl Friedrich<br />

Goerdeler, der als Reichskanzler<br />

vorgesehen war, auszutragen. Der Leipziger<br />

Ex-Oberbürgermeister sah in den<br />

Militärs ein bloßes Vollzugsorgan der<br />

bürgerlichen Opposition, was auf einer<br />

fragwürdigen Bewertung des Verhältnisses<br />

von Politik und Kriegführung beruhte.<br />

Goerdelers blauäugige Verkennung<br />

des schwindenden außenpolitischen<br />

Handlungsspielraums der Verschwörung,<br />

zugleich deren Gefährdung durch<br />

dessen „geräuschvolles“ Auftreten<br />

stießen bei Stauffenberg auf Unverständnis.<br />

Er blieb gleichwohl darum<br />

bemüht, Goerdeler weiterhin einzubinden,<br />

obwohl dieser noch immer das<br />

Attentat ablehnte und sich in der Haft<br />

zu der Vorstellung verstieg, in dessen<br />

Scheitern ein Gottesurteil zu erblicken.<br />

Stauffenberg hatte ursprünglich die<br />

Zusammensetzung der Umsturzregierung<br />

in Rücksicht auf den zu erwartenden<br />

Einfluss der KPD stärker nach links<br />

auszurichten. Die Loyalität Wilhelm<br />

Leuschner und auch Julius Leber, den<br />

Stauffenberg für die Position des<br />

Reichskanzlers anstelle von Goerdeler<br />

favorisierte, bewirkten, dass dieser an<br />

ihm weiterhin festhielt. Trotzdem fühlte<br />

sich Goerdeler politisch isoliert und<br />

betrachtete Stauffenberg mit zunehmendem<br />

Misstrauen, der seinerseits aus<br />

guten Gründen weitere Zusammenkünfte<br />

im Blick auf die Gestapoüberwachung<br />

vermied. Das führte dazu, dass<br />

Goerdelers Vertrauensmann Hans-<br />

Bernd Gisevius, der eine führende Stelle<br />

in der künftigen Umsturzregierung<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

46<br />

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anstrebte, gegen Stauffenberg intrigierte<br />

und ihn bei dem amerikanischen Geschäftsträger<br />

in Bern, Allen Welch Dulles,<br />

anschwärzte, sich für eine „Ostlösung“<br />

einzusetzen und die Bildung einer<br />

„Arbeiter- und Bauernregierung“ anzustreben.<br />

Das ging bestenfalls auf Missverständnisse<br />

in einer Unterredung mit<br />

Stauffenberg zurück.<br />

An derlei später von der DDR-<br />

Geschichtswissenschaft aufgebauschten<br />

Spekulationen war nur so viel wahr, dass<br />

Stauffenberg, der das Auftreten des<br />

Nationalkomitees Freies Deutschland<br />

als politisches Warnsignal auffasste, der<br />

Initiative Julius Lebers und Adolf Reichweins<br />

zustimmte, mit der illegalen<br />

Reichsleitung der KPD Kontakt aufzunehmen,<br />

um sie zu einer Politik des<br />

Stillhaltens gegenüber der Umsturzregierung<br />

zu bewegen. Auf der gleichen<br />

Linie lag der Versuch Helmuth James<br />

von Moltkes, Ende 193 mit Vertretern<br />

der US-Diplomatie zusammenzutreffen<br />

und um größeres Verständnis der westlichen<br />

Alliierten für die angestrebte<br />

Linksorientierung des Übergangskabinetts<br />

zu werben. Hingegen war Stauffenberg<br />

zu keinem Zeitpunkt bereit, ein<br />

Arrangement mit der Sowjetunion<br />

ernsthaft ins Auge zu fassen und hoffte,<br />

die Ostfront bis zum Eintreffen der<br />

Westmächte stabilisieren zu können.<br />

Texte publik gemacht<br />

Aber die Erwägungen, den Westen doch<br />

noch zu einem Entgegenkommen zu<br />

bewegen, und die im letzten Moment<br />

über Madrid aufgenommenen Kontaktversuche<br />

scheiterten auf der ganzen<br />

Linie. Die vage Hoffnung auf eine Öffnung<br />

der Westfront musste abgeschrieben<br />

werden. Im Gegensatz zu dem noch<br />

immer in außenpolitischen Illusionen<br />

befangenen Goerdeler war sich Stauffenberg<br />

über die mangelnden diplomatischen<br />

Erfolgsaussichten, von denen<br />

auch Adam von Trott immer noch<br />

träumte, völlig im klaren, und er war<br />

darin durch Otto John bestärkt, der eine<br />

ernüchternde Lageanalyse vorlegte.<br />

Trotz allem musste der Umsturz um des<br />

Ansehens Deutschlands willen in der<br />

Welt gewagt werden. Mit Ludwig Beck<br />

stimmte er in der Überzeugung überein,<br />

dass ein Attentat, auch wenn die Erfolgsaussichten<br />

äußerst gering waren,<br />

„schon aus sittlichen Gründen für die<br />

deutsche Zukunft“ unternommen werden<br />

musste.<br />

In einer Aufzeichnung, die Stauffenberg<br />

am 20. Juli 1944 bei sich trug und die in<br />

einer Zusammenfassung durch die<br />

Gestapo überliefert ist, wies es darauf<br />

hin, „das derzeitige Regime habe kein<br />

Recht, das ganze deutsche Volk mit in<br />

seinen Untergang hineinzuziehen. Nach<br />

einem Regimewechsel sei es das wichtigste<br />

Ziel, dass Deutschland noch einen<br />

im Spiel der Kräfte einsetzbaren Machtfaktor<br />

darstelle.“ Die Denkschrift, die<br />

offenbar vor dem 6. Juni 1944, dem<br />

Tage der alliierten Landung in Nordfrankreich<br />

entstand, zog ein Fazit aus<br />

dem Versagen der NS-Führung: „Den<br />

Anfang vom Ende der gesamten militärischen<br />

Entwicklung bilde der russische<br />

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Texte publik gemacht<br />

Feldzug, der mit dem Befehl zur Tötung<br />

aller Kommissare begonnen habe und<br />

mit dem Verhungernlassen der Kriegsgefangenen<br />

und der Durchführung von<br />

Menschenjagden zwecks Gewinnung<br />

von Zivilarbeitern fortgesetzt worden<br />

sei“. In anderem Zusammenhang wies<br />

Stauffenberg auf die Ermordung der<br />

Juden hin und die Gewaltpolitik gegen<br />

ethnische Minderheiten. Die als „Memorandum“<br />

überschriebene Aufzeichnung<br />

lässt die innere Einheit des militärischen<br />

und des humanitären Motivs für<br />

sein Handeln klar hervortreten. Eine der<br />

Wurzeln dafür bestand in dem Bekenntnis<br />

zum „wahren Preußentum“, mit dem<br />

der „Begriff der Freiheit“ untrennbar<br />

verbunden war, wie er seinen Söhnen<br />

auf den Lebensweg mitgab. Die Verantwortung<br />

für die ihm untergebenen<br />

Soldaten, aber auch sein Gefühl für<br />

nationale Ehre, zugleich moralische<br />

Empörung gegen die sich häufenden, in<br />

der Person Hitler kulminierenden, aber<br />

dem System innewohnenden Korruption<br />

und Gewaltverherrlichung trieben<br />

ihn zum Handeln. Ohne seinen unbeugsamen<br />

Tatwillen, seine moralische Energie<br />

und die Bereitschaft, sein Leben für<br />

Deutschland zu opfern, wäre das Attentat<br />

des 20. Juli 1944 nicht erfolgt, und<br />

den Nachlebenden bleibt nur, ihn in<br />

Ehrfurcht und Stolz in lebendiger Erinnerung<br />

zu halten.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Prof. Dr. Hans Mommsen übernahm 1968 den Lehrstuhl für Neuere Geschichte an der<br />

Ruhr-Universität Bochum und begründete dort das Institut für die Geschichte der europäischen<br />

Arbeiterbewegung. Seitdem war er u. a. Fellow des Institute for Advanced Study in<br />

Princeton, Visiting Professor an der Harvard-University und an der University of Berkeley<br />

sowie Gastprofessor an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Der mittlerweile emeritierte<br />

Historiker erhielt 1998 den Carl Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg.<br />

LITERATUR<br />

<br />

<br />

Mommsen, Hans, Alternativen zu Hitler. Studien zur Geschichte des deutschen<br />

Widerstandes, München 2000<br />

Hoffmann, Peter, Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Die Biographie, München<br />

2007<br />

48<br />

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Netzwerkmagazin 12|08<br />

Child Inclusive Exhibition Design<br />

Texte publik gemacht<br />

Supplementing the Needs of Children in Conventional Exhibitions<br />

Katarzyna Warpas, Hildesheim<br />

How to let museums better perform their role as a “motor for the learning society” is a<br />

leading question throughout this issue of the Netzwerk<br />

werkmagazin<br />

magazin. . In the following summary<br />

of her Master Thesis, submitted at the University of Applied Arts and Science in Hilde-<br />

sheim, Katarzyna Warpas outlines her design concept for an exhibition at the Römer<br />

R<br />

mer- und<br />

Pelizaeus Museum Hildesheim. It aims at conveying the culture of ancient Peru to the<br />

younger museum visitors who become users through well-directed<br />

interaction.<br />

tion.<br />

Museums are often seen as irrelevant,<br />

rigid, boring and stuffy, especially by the<br />

youngest generation. Often they are<br />

indeed like that. However, these features<br />

are not included in the definition of<br />

museum and are rather part of attitude<br />

which has developed during last fifty<br />

years. Now more than ever, in a fast<br />

developing, globalised modern society,<br />

museums are under pressure to motivate<br />

young visitors to examine their past<br />

in order to understand current issues<br />

better and to shape the future with<br />

greater awareness. Although children<br />

constitute a major part of the museum<br />

audience, their needs, perspectives and<br />

museum experiences are still largely<br />

ignored. The main aim of my master<br />

thesis was to examine the importance of<br />

including children’s needs into the<br />

planning of conventional exhibitions.<br />

This work should also form a basis for<br />

future design research in this field.<br />

An example of an information board to an exhibit<br />

49<br />

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Texte publik gemacht<br />

Modern museum m as a user-driven place<br />

James Bradbourne, the director of the<br />

Museum für Angewandte Kunst in<br />

Frankfurt am Main, stated that “Now<br />

more than ever, society needs to use its<br />

museums as a ‘motor for the learning<br />

society’ — and if we fail to meet this<br />

challenge, museums risk becoming<br />

marginalised and irrelevant.” The modern<br />

museum is expected not only to<br />

allow a continuous knowledge gain but<br />

also interaction between visitors. In<br />

other words, the visitor must be seen no<br />

longer as an observer but as a user. Supporting<br />

interaction, rather than communication<br />

of facts, results in conversion<br />

from an exhibition to an informal<br />

learning environment. In this context, a<br />

museum becomes a user-driven place,<br />

where the visitors make choices rather<br />

than being merely presented with information.<br />

As an example, consider a<br />

showcase with a collection of Peruvian<br />

ceramics and a label ‘Moche Ceramic —<br />

100 AD’. This involves the visitor<br />

much less than the same<br />

showcase with a label ‘One of this<br />

items is a fake’, which confronts<br />

visitors with a task and automatically<br />

drives them to examine the<br />

objects more carefully. What<br />

does this mean as far as child<br />

visitors are concerned?<br />

of their age or developmental stage. First<br />

of all, children use the present as an<br />

initial point of all their activities. From<br />

this standpoint, they investigate the past<br />

and the future. Additionally, children<br />

learn mostly through their senses.<br />

Touching, smelling and tasting are as<br />

important as listening and observing.<br />

The third important issue is the need of<br />

children for active participation and<br />

interaction. Games in particular play a<br />

significant role in this process. Unlike<br />

other user groups, children undergo<br />

continuous and some times rapid<br />

change. For this reason, it is advisable to<br />

consider them according to different<br />

age groups. These groups are: Infants<br />

and Toddlers, Small children, Children<br />

and Adolescents. Some children, however,<br />

develop much faster than others.<br />

For that reason, clear borders between<br />

particular groups do not exist and this<br />

division is only a generalisation. To fully<br />

include children in museums, it is essential<br />

not only get to know their physical<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Needs change as children grow<br />

There are features that can be<br />

applied to all children regardless<br />

A sketch of the hands-on exhibit on the subject of the Nazca<br />

lines<br />

50<br />

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Netzwerkmagazin 12|08<br />

capabilities and limits, but also to examine<br />

their ability to learn and the ways it<br />

develops. Because children’s cognition is<br />

mostly based on experiences of here and<br />

now, it is important to choose subjects<br />

that are essential and current for them.<br />

In order to become a lifelong learning<br />

environment, museums should try to<br />

encourage children to everyday use of<br />

the museum. To involve children, the<br />

museum has to find a way to consider<br />

their various needs in exhibition planning.<br />

A solution to this problem might<br />

be child inclusive exhibition design.<br />

What is child inclusive e exhibition de-<br />

d<br />

sign?<br />

It is an approach to the design of exhibitions<br />

that are accessible to and usable by<br />

not only adults but also children with all<br />

their limits, capabilities and needs.<br />

This derives from inclusive design,<br />

which is a model mostly considered in<br />

relation to elderly and disabled people.<br />

According to this model, a person is<br />

excluded by design, when the demands<br />

of a product usage go beyond the capabilities<br />

of the user. In the museum context,<br />

this model also relates to children<br />

who do not comply with common design<br />

standards and are therefore often<br />

excluded. There are several ways of<br />

improving museum learning in the<br />

terms of design requirements including<br />

the creation of child friendly environments,<br />

preparing clear orientation and<br />

labelling system, organisation of child<br />

Texte publik gemacht<br />

suitable spaces, usage of different media<br />

and senses, and advertising campaigns<br />

for children and child centred web design.<br />

Strategic concept<br />

Taking these suggestions into consideration<br />

and working in cooperation with<br />

the Roemer- und Pelizaeus Museum<br />

Hildesheim, I have developed an additional<br />

layer for children for the permanent<br />

exhibition ‘Ancient Peru: Cultures<br />

in the realm of the Incas’. This exhibition<br />

aims to give an impression of the cultural<br />

diversity of old Peru over the centuries.<br />

It is targeted to adults, mostly to<br />

specialists interested in the subjects and<br />

well informed citizens. Children are<br />

considered only in the terms of school<br />

groups or as participants of workshops.<br />

For this reasons, the main focus of my<br />

project lays on attracting the attention<br />

of children and families to the exhibition<br />

as well as awakening an interest in different<br />

cultures and nations. It is also<br />

essential to make the old Peru exhibition<br />

more appealing by the involvement of<br />

different senses and media. By following<br />

these goals, the position of the museum<br />

as a lifelong learning environment can<br />

be established and strengthened.<br />

The project is targeted to the group of 8<br />

to 12 year olds. This age group is already<br />

able to actively participate and understand<br />

the subjects presented. Through<br />

supplementing the needs of children in<br />

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Texte publik gemacht<br />

an exhibition primarily directed towards<br />

adults, families will be included as an<br />

important visitor group. In order to<br />

encourage autonomous exploration by<br />

the young visitors in the museum, several<br />

design solutions were taken into<br />

consideration: interactive stations, child<br />

suitable labels, exhibition guide, worksheets<br />

designed to be fun to use, redesigned<br />

website and an advertising campaign.<br />

The network<br />

A test run of the prototype of the exhibit<br />

“Vermessung der Nazca-Welt”<br />

All of these elements will be integrated<br />

into the network, which should encourage<br />

the audience to actively participate<br />

in the exhibition and museum’s life. This<br />

network connects the analogue world of<br />

the museum space and digital world of<br />

internet. Such a network might be created<br />

around an online platform accessible<br />

at home and at the museum. The<br />

main idea is to motivate children to take<br />

part in a knowledge expedition, where<br />

typical steps of an adventure have to be<br />

taken: preparation, journey and report.<br />

The preparation starts on the e-learning<br />

platform, where the children can choose<br />

the destination of their journey, learn<br />

basic terminology, geography and names.<br />

After completing the first level<br />

they are asked to continue their journey<br />

in the museum. The exhibition area<br />

shows them not only artefacts, but also<br />

provides them with learning aids such as<br />

interactive stations and worksheets. The<br />

last part of the journey is an online quiz,<br />

which checks the level of the knowledge<br />

gained, and sharing with other users in<br />

the online forum. Such a model creates a<br />

community around the museum. The<br />

name of the network is Reiselogie as it<br />

underlines the idea of children who<br />

explore the world of knowledge in a free<br />

and playful way.<br />

Hands-on!<br />

After completing the preparation level,<br />

children are encouraged to continue<br />

their journey by visiting the exhibition in<br />

the museum. There they can find interactive<br />

stations on the chosen subject. I<br />

have developed ten ideas for hands-on<br />

exhibits. Of the ten, the exhibit ‘Vermessung<br />

der Nazca Welt’ was chosen to<br />

be realised as a prototype. The lines of<br />

the Nazca consist of a series of designs<br />

which are up to nine kilometres long.<br />

Visitors learn about scale of the pictures<br />

by using their own feet as measuring<br />

tools. As learning aids models of an<br />

elephant, whale and a bus can be used.<br />

As they are exactly in the same scale as<br />

the pictures, the scale can be better<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

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understood. I also developed an example<br />

of information board and worksheet for<br />

this exhibit.<br />

Summary<br />

Texte publik gemacht<br />

In conclusion, this thesis reveals several<br />

empirical results, which are relevant to<br />

the future life of museums. First of all, an<br />

analysis of conventional museums and<br />

related child-orientated institutions<br />

revealed that children’s needs are still<br />

not focused on by museums. For that<br />

reason, these institutions are perceived<br />

by the youngest part of modern society<br />

as irrelevant and boring. This unwelcoming<br />

impression and negative attitude is<br />

strengthened by subjects unrelated to<br />

daily life, stiff atmosphere, antiquated<br />

methods of education and high entrance<br />

fees. As a result, the museum not only<br />

loses in competition with a huge edutainment<br />

industry, but also barely exists<br />

in the consciousness of the local society.<br />

In order to avoid such a situation for the<br />

future, museums have to make an effort<br />

to get to know modern society and the<br />

ways of communication most appropriate<br />

for it. The keywords in this discussion<br />

are networking and interactivity.<br />

The ideas presented in this thesis are<br />

conceptually developed to the point<br />

that they can be produced and tested in<br />

real museum life. Moreover, some of the<br />

parts of the project might be applied to<br />

other museums or even developed into<br />

a national system, which connects many<br />

museums in the country. As far as the<br />

theoretical work is concerned, this thesis<br />

reveals an urgent need for design<br />

research in the field of exhibition design<br />

for conventional museums. As for exhibition<br />

design practice, an attempt has<br />

been made to draw the attention of<br />

designers and planners to the issue of<br />

design inclusion, understood broadly as<br />

supplementing the needs of different<br />

people. It also thematises the child as an<br />

equal and essential user. This work<br />

opens the following questions for future<br />

discussion; Are we able to design for<br />

broader audiences? How can a designer<br />

support an individual’s process of learning?<br />

How can interactivity and noninteractive<br />

museum objects work together?<br />

What design requirements are<br />

there for multigenerational usage?<br />

Katarzyna Warpas was born in Goldap / Poland and studied Intermedia at the Nicolaus<br />

Copernicus University in Torun. In 2005, she came to Hildesheim as an exchange Student<br />

to the design Faculty of HAWK Hildesheim, where she received a diploma in Graphic Design.<br />

At the same university, she has just finished her Master Studies.<br />

53<br />

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Texte publik gemacht<br />

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Termine<br />

17. September 2009 — Vernissage zu „Wand(lungen)“<br />

Die Ausstellung „Wand(lungen)“ ist eine fotografische Revision<br />

bzw. Weiterführung des kuratorischen Projektes „Ri-Pikturim“<br />

(Re-Paintings), das von Sonja Lau, <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> Fellow für Innovation<br />

in der Kultur 2008/2010, in Zusammenarbeit mit André<br />

Siegers im September 2008 an der Nationalgalerie Tirana, Albanien,<br />

entstand. Dort wurde die grundlegende Renovierung des<br />

Ausstellungsgebäudes genutzt, um auf den roten Wandflächen<br />

temporäre Gemälde entstehen zu lassen. Albanische Künstler waren<br />

eingeladen, eines ihrer Werke aus der kommunistischen Zeit<br />

des Landes neu zu interpretieren. Im Zuge der fortschreitenden<br />

Renovierungsarbeiten verschwanden die neuen Werke wie in einer<br />

umgekehrten kulturellen Archäologie unter dem neuen weißen<br />

Anstrich der Galerie und markierten das Ende der Ausstellung.<br />

Das Bemalen der Wände wurde so zu einer symbolischen<br />

Geste: zu einem Kommentar über das Erscheinen und Verschwinden,<br />

zu parallelen Kunst(ge)schichten und nicht zuletzt zu einer<br />

Reflexion über das Persönliche und das Institutionelle. Die Ausstellung<br />

„Wand(lungen)“, die bis 9. Oktober in der Galerie im Georgshof<br />

gezeigt werden wird, ist eine fotografische Dokumentation<br />

des Projekts.<br />

Links<br />

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Links<br />

15. Oktober 2009 — Eröffnung der Ausstellung „Reflexionen“<br />

In der Ausstellung „Reflexionen“ werden Darstellungen einer<br />

noch wenig berührten Natur mit Aufnahmen kontrastiert, die die<br />

immer noch fortschreitende Zerstörung bisher intakter Ökosysteme<br />

in Bulgarien dokumentieren. Hinter der Ästhetik des Motivs,<br />

die alle Fotografien verbindet, verbirgt sich eine Entwicklung unkontrollierten<br />

wirtschaftlichen Wachstums und häufiger Gesetzesmissachtung,<br />

die die verbliebenen bulgarischen Naturlandschaften<br />

bedroht. Ziel der Ausstellung ist es, diese Problematik ins<br />

Bewusstsein der lokalen Öffentlichkeit zu heben. Sie ist Kern des<br />

Projekts „Stolen Heritage“, das der Forstwissenschaftler Angel<br />

Ispirev im Rahmen des Projekts „NatuRegio“ in Zusammenarbeit<br />

mit dem mehrfach ausgezeichneten bulgarischen Fotografen Alexander<br />

Ivanov, dessen künstlerischer Schwerpunkt Naturfotografie<br />

ist, verwirklichte. Die Ausstellung wird in der Galerie im Georgshof<br />

gezeigt.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

28. Oktober 2009 — Konzert von „Siggen Brass“<br />

Der Kultursommer in Siggen, dessen Saison unter der Überschrift<br />

„Auswärtsspiel“ steht, geht in die Verlängerung mit dem Bläserensemble<br />

„Siggen Brass“. Näheres unter<br />

www.toepfer-fvs.de/kultursommer.html<br />

Öffnungszeiten der Galerie im Georgshof: Mo — Do: 14 — 17 Uhr,<br />

Fr: 14 — 16 Uhr. Eine Einladung zur Ausstellungseröffnung wird<br />

Ihnen auf Wunsch zugesendet, Kontakt: luthe@toepfer-fvs.de<br />

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Links zu interessanten Projekten in Europa<br />

Links<br />

An dieser Stelle werden Links zu Förderprogrammen und Organisationen<br />

mit den Schwerpunkten Kultur und Europa gesammelt.<br />

1989 — 20 Jahre danach<br />

Das Netzwerk n-ost beleuchtet die politische Wende von 1989 aus unterschiedlichen<br />

Blickwinkeln in mehreren Artikelserien.<br />

www.n-ost.de/1989<br />

KULTUR-Programm der Europäischen Union<br />

Das über sieben Jahre laufende Förderrahmenprogramm (2007 —<br />

2013) ist mit 400 Millionen Euro dotiert.<br />

www.ccp-deutschland.de<br />

European Cultural Foundation<br />

Die unabhängige Organisation fördert grenzüberschreitende Projekte<br />

in Europa.<br />

www.eurocult.org<br />

Jugend in Aktion<br />

Fast eine Milliarde Euro stellt die EU im Rahmen dieses Programms für<br />

europäische Jugendarbeit zur Verfügung<br />

www.jugend-in-aktion.de<br />

Eurozine<br />

Das Netzwerk verbindet über 70 Kulturmagazine aus ganz Europa.<br />

www.eurozine.org<br />

euro|topics<br />

Hier präsentiert sich die Bundeszentrale für politische Bildung mit einem<br />

aktuellen europäischen Themenportal.<br />

www.eurotopics.net<br />

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Links<br />

Ploteus<br />

Die EU-Kommission fasst hier sämtliche europäischen Programme<br />

zum Bildungsaustausch und zum Lernen in Europa zusammen.<br />

http://ec.europa.eu/ploteus<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Kulturstiftung des Bundes<br />

Die Kulturstiftung des Bundes fördert bundesweit internationale Kulturprojekte<br />

im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes.<br />

www.kulturstiftung-des-bundes.de<br />

Deutsches Informationszentrum Kulturförderung<br />

Die umfangreiche Datenbank versammelt kulturelle Förderprogramme<br />

aus allen Bereichen.<br />

www.kulturfoerderung.org/de<br />

Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde<br />

Unter Leitung von Dr. Rita Süssmuth engagiert sich die Gesellschaft für<br />

den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch mit Osteuropa.<br />

www.dgo-online.org<br />

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Netzwerkmagazin 12|08<br />

Wir freuen uns über Ihre Beiträge.<br />

Ihre Projekte<br />

Das Netzwerkmagazin soll ein möglichst breites Bild von allen Aktivitäten<br />

rund um die <strong>Stiftung</strong> vermitteln. Deshalb freuen wir uns<br />

über Hinweise auf Ihre Projekte. Auch Links und Terminankündigungen<br />

sind interessant.<br />

Ihr Beitrag im Magazin<br />

Haben Sie eine Idee für einen Bericht, eine Reportage? Gibt es für<br />

die Alumni interessante Neuigkeiten aus Sofia, London, Zagreb,<br />

Warschau, Paris . . . ? Möchten Sie Auszüge aus Ihrem literarischen<br />

Schaffen veröffentlichen, eine Ausstellung, Veranstaltung oder ein<br />

Wissenschaftsprojekt ankündigen? Das Magazin lebt von Ihren Beträgen.<br />

Senden Sie uns Ihre Texte oder kontaktieren Sie uns, um<br />

Ihren Beitrag abzusprechen.<br />

Ihre Texte publik gemacht<br />

Unter der Rubrik Texte publik gemacht veröffentlicht die <strong>Alfred</strong><br />

<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. regelmäßig ausgewählte Vorträge, Reden<br />

und Texte aus dem <strong>Stiftung</strong>sgeschehen sowie Abstracts wissenschaftlicher<br />

Arbeiten. Hier können Sie auch Auszüge und Abstracts<br />

Ihrer Studienarbeiten und Dissertationen veröffentlichen.<br />

Gern nehmen wir Ihre Vorschläge und Texte entgegen.<br />

Wir informieren ebenfalls gern über Buchveröffentlichungen der<br />

<strong>Toepfer</strong>-Alumni. Wenn Sie etwas veröffentlicht haben, senden Sie<br />

bitte eine kurze Notiz.<br />

59<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

www.toepfer-fvs.de


Ihre Anregungen und Kritik<br />

Was können wir besser machen? Welche Angebote wünschen Sie<br />

sich als Ehemalige der <strong>Stiftung</strong>? Von Ihren Wünschen und Anregungen<br />

profitiert das Netzwerk. Teilen Sie uns gerne Ihre Kommentare<br />

mit.<br />

Netzwerkmagazin 12|08<br />

Kontakt: aye@toepfer-fvs.de<br />

60<br />

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Redaktion:<br />

Beiträge<br />

Herausgeberin:<br />

Bildnachweise:<br />

Lutz Ohlendorf (lo)<br />

Dr. Antje Mansbrügge<br />

Julia Schwerbrock (js)<br />

<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />

Georgsplatz 10, 20099 Hamburg<br />

Christian Enger (Titel, 15, 20) | André Lützen<br />

(5) | Kirsten Haarmann (6, 30) | Anja<br />

Klafki (6) | Dr. Martin Tröndle (9, 10, 12) |<br />

Klingendes Museum Hamburg e.V. (16) |<br />

MENTOR — Die Leselernhelfer HAMBURG<br />

e.V. (17) | <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. (19)<br />

| [Fotos zu Museumspädagogik] (20) | [Fotos<br />

zu Museumspädagogik] (23) | Lutz Ohlendorf<br />

(30) | Elín Hansdottir (33) | Katarzyna<br />

Warpas (51, 52, 54, 56) | kim czuma (60)<br />

Kontakt: (040) 33 402 26<br />

aye@toepfer-fvs.de<br />

61<br />

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