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Wie viel Eiweiß-Geiz geht wirklich? - Swissmilk

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Fütterung<br />

<strong>Wie</strong> <strong>viel</strong> <strong>Eiweiß</strong>-<strong>Geiz</strong><br />

<strong>geht</strong> <strong>wirklich</strong>?<br />

Kann man die <strong>Eiweiß</strong>versorgung von Milchkühen deutlich senken? Über einen aktuellen<br />

Fütterungsversuch berichten Dr. Thomas Jilg und Jessica Weltin, Aulendorf.<br />

Milcherzeuger müssen noch schärfer<br />

rechnen, denn bei Futterkosten<br />

von 39 €/dt für Soja- und<br />

knapp 28 €/dt für Rapsextraktionsschrot<br />

gibt es nichts zu verschenken. Dabei bietet<br />

die <strong>Eiweiß</strong>versorgung in der Milchviehfütterung<br />

noch erhebliche Einsparpotenziale.<br />

Erhebliche Reserven: Das wird an<br />

folgendem Beispiel deutlich: Wird die<br />

ruminale Stickstoff-Bilanz um 25 g<br />

N/Kuh reduziert, kann bereits auf 156 g<br />

Rohprotein verzichtet werden. Diese<br />

Menge entspricht 450 g Rapsextraktionsschrot<br />

oder 350 g Sojaextraktionsschrot.<br />

Auf eine Herde von 100 Kühen<br />

umgerechnet sind das Einsparungen zwischen<br />

4600 und 4900 € jährlich'<br />

Durch eine übertriebene Proteinfütterung<br />

wird außerdem der Stoffwechsel<br />

des Tieres belastet, was sich wiederum<br />

negativ auf die Fruchtbarkeit auswirkt.<br />

Nicht zu vergessen: Der überschüssige<br />

Übersicht 1: Zwei<br />

Rationen im Vergleich<br />

Komponenten In kg FM<br />

mmm<br />

Gerstenstroh 0,6 0,6<br />

Rapsextraktionsschrot 2.75 2.75<br />

Getreide-Mix 6 6<br />

Mineralfutter 0,15 0,15<br />

Natriumbicarbonat 0,1 0,1<br />

Futterharnstoff 0,12<br />

Grassilage 11 11<br />

Maissilage 16 16<br />

Summe 36,6 36,7<br />

TM (kg) 19,6 19,7<br />

NEL (MJ/kg TM) 6.98 6,98<br />

nXP (g/kg) 179 180<br />

RN B (g/kg) -2,57 0.24<br />

RNB (g N/ Tag) -50,5 4,8<br />

Oie Rationen unterschieden sich nur in<br />

der ruminalen Stickstoffbilanz.<br />

Proteinstickstoff wird auch wieder mit<br />

dem H arn ausgeschieden und belastet<br />

Stallklima und Umwelt in Form von Ammoniak.<br />

Es spricht also <strong>viel</strong> für eine proteinreduzierte<br />

Fütterung. Aber wie wirkt sie<br />

sich auf die Milchleistung aus? Das<br />

Landwirtschaftliche Zentrum (LAZBW]<br />

in Aulendorf hat dazu einen Fütterungsversuch<br />

durchgeführt.<br />

Zwei Rationen verglichen: Zwei<br />

Gruppen laktierender Fleckviehkühe<br />

bekamen verschiedene Rationen vorgelegt,<br />

die sich rechnerisch nur in ihrer<br />

ruminalen Stickstoffbilanz (RNB) unterschieden.<br />

D ie Versuchsration RN B- aus<br />

Gras- und Maissilage hatte dabei eine<br />

negative RNB von -50,7 g N, im Pansen<br />

Legt also ein Defizit an Stickstoff zur<br />

Versorgung der Pansenmikroben vor. D ie<br />

Kontrollration RNB+ wurde mit 120 g<br />

Futterharnstoff pro Kuh dagegen so<br />

ergänzt, dass eine positive RNB von 4,8 g<br />

N vorlag (Übersicht 1).<br />

An dem Versuch waren 30 Kühe beteiligt,<br />

die in einem gemeinsamen Liegeboxenlaufstall<br />

gehalten wurden. Die Futteraufnahme<br />

wurde an Einzelwiege-<br />

Das im Versuch<br />

eingesetzte<br />

Ergänzungsfuttermittel<br />

zur<br />

Erhöhung der<br />

RN B hatte einen<br />

Harnstoffant eil<br />

von 90 %.<br />

trögen mit transpondergesteuertem<br />

Zugang tierindividuell erfasst. Neben der<br />

Untersuchung des Futters auf relevante<br />

Nährstoffe umfasste die Datenerfassung<br />

auch die tägliche Mi1chmengenmessung<br />

im Melkstand. Außerdem wurde wöchentlich<br />

Harnsto~ Fett- und <strong>Eiweiß</strong>gehalt<br />

der Milch ermittelt.<br />

Die Stickstoff-Ausscheidungen der<br />

Kühe sind mit dem sogenannten<br />

niederländischen Verfahren nach Bannink&H<br />

indle errechnet worden. Dies<br />

hat den Vorteil, dass mit Milchleistung,<br />

Milcheiweiß und Milchharnstoffgehalt<br />

alle Parameter bekannt sind.<br />

Dieses Verfahren ist in einigen Bundesländern<br />

auch für die Erstellung der<br />

Nährstoffbilanz nach der Düngeverordnung<br />

zugelassen. Flächenknappe Betriebe,<br />

die proteinreduziert füttern und ihren<br />

Nährstoffvergleich nach dieser Formel<br />

berechnen, kommen mit der<br />

170 kg-N·Grenze nicht so schnell in<br />

Konflikt, da die Gülle weniger Stickstoff<br />

enthält.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse: Der Fütterungsversuch<br />

dauerte zwölf Wochen.<br />

Und folgendes kam dabei heraus:<br />

R 16 top agrar 3/2013


Schnell gelesen<br />

• Zu<strong>viel</strong> Protein in der Ration<br />

belastet den Geldbeutel, den<br />

Stoffwechsel der Kühe und<br />

die Umwelt.<br />

• Die RNB der Kühe kann bei<br />

-25 bis -50 g N/Kuh/Tag<br />

liegen, ohne dass es zu<br />

Leistungseinbußen kommt.<br />

• Mit sinkender Proteinaufnahme<br />

fallen auch die N-Ausscheidungen<br />

über Urin- und<br />

Milchharnstoff.<br />

• Mit der Versuchsration<br />

wurden knapp 33 €/Kuh/Jahr<br />

durch den Wegfall des<br />

Futterharnstoffs eingespart.<br />

ration (RNB+) sign ifikant um 0,05 %<br />

bzw. 91 mg/Liter erhöht .<br />

• N-Ausscheidungen: Die Stickstoff­<br />

Ausscheidungen über den Harn waren in<br />

der Versuchsvariante deutlich geringer.<br />

So ergab die Berechnung eine Ausscheidung<br />

von 370 glTag. Dem gegenüber<br />

wird mit der Kontrollration 56 g Stickstoffrrag<br />

mehr ausgeschieden. Auf das<br />

kg Milch umgerechnet sind das 12,5 g<br />

Stickstoff bei proteinreduzierter Fütterung<br />

und 14,9 g Stickstoff bei der KontroUration.<br />

Durch Reduzierung der ruminalen<br />

N-Bilanz können also bis zu 15 %<br />

des Harn-Stickstoffs eingespart werden.<br />

•<br />

• Milchleistung: Es gab keinen signifikanten<br />

Einfluss der negativen RNB auf Futteraufnahme<br />

und Milchmenge. Mit rund<br />

23 kg TMfTag bzw. 30 kg Milchleistung<br />

lag beides auf gleichem Niveau. Auch<br />

hinsichtlich der energiekorrigierten<br />

Milchleistung (ECM) gab es mit 30,5 kg<br />

keine Unterschiede (Übersicht 2).<br />

• Milchinhaltsstoffe: Lediglich der <strong>Eiweiß</strong>gehalt<br />

und der Harnstoffgehalt der<br />

Milch wurden durch die zusätzliche<br />

Gabe an Futterharnstoff in der Kontroll-<br />

Übers. 2: Milchleistung bleibt konstant<br />

Parameter<br />

.'iiii:6Ui1ii'i:i'GM<br />

Futteraufnahme<br />

(kg TM/Tag) 23 22,6<br />

Milchmenge<br />

<strong>Eiweiß</strong><br />

Fett<br />

Menge ECM<br />

Milchharnstoffgehalt<br />

kg /Tag<br />

%<br />

%<br />

kg/Tag<br />

mg/Liter<br />

29,9<br />

3.71 a<br />

4,05<br />

30,5<br />

302'<br />

30,1<br />

3,6Gb<br />

4,03<br />

30,6<br />

213 b<br />

a, b: bei unterschiedlichen Buchstaben signifikante Unterschiede<br />

Signifikante<br />

Unterschiede gab<br />

es lediglich beim<br />

<strong>Eiweiß</strong>- und Harnstoffgehalt<br />

der<br />

Milch.<br />

Einsparungen sind möglich. Die<br />

Ergebn.isse aus Aulendorf zeigen, dass die<br />

ruminale Stickstoffbilanz ohne Leistungseinbußen<br />

durchaus im negativen<br />

Bereich von -50 g Nffag liegen kann.<br />

Denn die Kuh kann dieses D efizit an<br />

Stickstoff für die Mikroben in einem<br />

gewissen Rahmen durch den Harnstoff­<br />

Rückfluss über den Speichel ausgleichen .<br />

Im Vergleich zur Kontrollvariante<br />

konnten mit der Versuchsration 120 g<br />

Futterharnstoff pro Kuh und Tag eingespart<br />

werden. Bei einem Preis von<br />

75 Centlkg würden so knapp 33 €IKuh<br />

und Jahr zusammenkommen.<br />

Für die Praxis empfehlen wir allerdings,<br />

die ruminale StickstoffbiJanz nicht<br />

unter -25 g N/Kuh und Tag zu senken,<br />

weil Leistungseinbußen trotzdem dauerhaft<br />

nicht ausgeschlossen sind. Für den<br />

Milchharnstoffgehalt können 200 mg/liter<br />

als Zielwert angestrebt werden.<br />

Wichtig ist, dass bei der Rationsgestaltung<br />

bei hohen Milchleistungen die Futteraufnahme<br />

kontrolliert werden sollte,<br />

um die Höhe der RNB sowie Abweichungen<br />

der Ration vom Energie- und<br />

Proteinbedarf feststellen zu können.<br />

top agrar 3/2013 R 17

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