2 Monate PJ in Hong Kong - bvmd
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2 <strong>Monate</strong> <strong>PJ</strong> <strong>in</strong> <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong><br />
Motivation<br />
Warum es unbed<strong>in</strong>gt <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> se<strong>in</strong> sollte: Sprachlich kann ich leider nur Englisch und<br />
Französischkenntnisse vorweisen. Es sollte allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Land se<strong>in</strong> <strong>in</strong> dem man ke<strong>in</strong>e<br />
horrenden Summen an Studiengebühren aufbr<strong>in</strong>gen muss. Von e<strong>in</strong>er Asienreise vor 2 Jahren<br />
(Malaysia, S<strong>in</strong>gapore, Indonesien) war ich total begeistert gewesen, und gerade S<strong>in</strong>gapore als<br />
B<strong>in</strong>deglied zwischen der asiatischen und westlichen Welt übte e<strong>in</strong>e starke Fasz<strong>in</strong>ation auf<br />
mich aus. Von <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> hatte ich ähnliches gehört: Frühere Britische Kolonie,<br />
Amtssprache (noch) Englisch, Vere<strong>in</strong>igung westlicher mit ch<strong>in</strong>esischer Kultur, und e<strong>in</strong><br />
sicheres Reiseland mit wenig Krim<strong>in</strong>alität und ohne Tropenkrankheiten.<br />
Bewerbung und Vorbereitung<br />
Die Bewerbung lief über die Universität 1 ¾ Jahre vor Beg<strong>in</strong>n des Tertials und problemlos<br />
erhielt ich mit noch 2 Freund<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>en <strong>PJ</strong> Platz.<br />
Um e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dliche Zusage zu erhalten musste man allerd<strong>in</strong>gs noch e<strong>in</strong>ige<br />
Versicherungsnachweise vorbr<strong>in</strong>gen: Lebensversicherung (als Mitglied des Marburger Bunds<br />
kostenlos erhältlich), Unfallversicherung, Auslandskrankenversicherung, private und<br />
berufliche Haftpflicht (bei MLP im kostenfreien Startup Med Paket erhältlich)<br />
Außerdem musste man e<strong>in</strong> Studentenvisum beantragen. Für die E<strong>in</strong>reise nach <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> ist<br />
als Europäer zwar ke<strong>in</strong> Visum notwendig, allerd<strong>in</strong>gs muss man als Praktikant der Uni e<strong>in</strong>es<br />
vorweisen um dort arbeiten zu dürfen. Dafür musste man e<strong>in</strong>ige Anträge ausfüllen und diese<br />
samt e<strong>in</strong>em Scheck an die Uni schicken, die dann den Antrag abwickelte.<br />
Für das Wohnheim der Uni konnten wir uns ebenfalls schon im Vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> bewerben, Madam<br />
S Ho Residence for Medical Students.<br />
Mediz<strong>in</strong>ische Vorsorge<br />
<strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> hat ke<strong>in</strong>e besonderen Tropenkrankheiten oder Malaria. Man sollte allerd<strong>in</strong>gs die<br />
gängigen Impfungen haben, sowie Hepatitis A, B und eventuell Typhus. Die Mediz<strong>in</strong>ische<br />
Versorgung <strong>in</strong> <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> ist allerd<strong>in</strong>gs ausgezeichnet, so dass man sich darüber ke<strong>in</strong>e<br />
Sorgen machen muss.
Aufbruch<br />
Über e<strong>in</strong> Jahr später war es dann endlich soweit, wir brachen mit etlichen Reiseführern<br />
bewaffnet auf nach <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong>:<br />
Vom Flughafen fuhren wir mit dem Taxi zu unserer<br />
Unterkunft:<br />
Die Madame S Ho Residence for Medical Students, welche<br />
direkt neben der Kl<strong>in</strong>ik liegt. Die Zimmer s<strong>in</strong>d sehr günstig<br />
(unter ca. 4 Euro am Tag) und zweckmäßig:<br />
6qm mit Bett, Schrank, Schreibtisch, Stuhl und<br />
Waschbecken. Gemütlich kann man das nicht gerade nennen,<br />
aber es erfüllt se<strong>in</strong>en Zweck, und wenn man erstmal die<br />
Mieten im Rest von <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> gesehen hat, ist man froh<br />
se<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Zimmerchen so günstig erstanden zu haben.<br />
Außerdem gibt es Internet <strong>in</strong> der ganzen Residence, und e<strong>in</strong> Telefon auf jedem Zimmer auf<br />
dem man sich anrufen lassen kann, oder <strong>in</strong>nerhalb von <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> umsonst telefonieren kann.<br />
Das Schöne daran ist, dass man mit den Studenten aus <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> zusammen wohnt und so<br />
e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong>s ch<strong>in</strong>esische Studentenleben h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>schnuppern kann.<br />
Kl<strong>in</strong>ik<br />
In der Kl<strong>in</strong>ik hatten wir e<strong>in</strong>e sehr nette<br />
Koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong> der Chirurgie, die uns die<br />
Spezialgebiete der Chirurgie zuteilte. Es gibt alles<br />
an Spezialisierungen, besonders renommiert ist die<br />
Lebertransplantation und außerdem waren wir auch<br />
noch <strong>in</strong> der Magenchirurgie (jeweils für 4 Wochen<br />
war man e<strong>in</strong>er Station zugeteilt).<br />
Der Dresscode <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik ist schicker als <strong>in</strong> Deutschland: Herren <strong>in</strong> Anzugshose und Hemd<br />
mit Krawatte, die Damen mit Rock (ke<strong>in</strong>e Flip Flops) und darüber dann der Kittel.<br />
Die Ärzte waren sehr nett zu uns. Jeden morgen um 7:30 war e<strong>in</strong>e Frühbesprechung (auf<br />
Englisch), danach war dann Visite (auf kantonesisch) bei der jedoch je nach Arzt auch viel<br />
übersetzt wurde. Die Aktenführung war ebenfalls auf Englisch, so dass man im Zweifelsfall<br />
auch immer <strong>in</strong> den Akten nachschauen konnte, woran der Patient leidet. Nach der Visite war<br />
dann stets e<strong>in</strong> Frühstück <strong>in</strong> der Cafeteria und danach das jeweilige Programm der Station:<br />
entweder OP, Funktionsdiagnostik oder Polikl<strong>in</strong>ik. Es wurde sich viel Mühe gegeben, dass
wir alles verstehen, auch wenn die Patientengespräche auf kantonesisch stattfanden.<br />
Außerdem hatten wir die Möglichkeit am Studentenunterricht (der wiederum auf Englisch<br />
stattfand) teilzunehmen. So lernte man auch die ch<strong>in</strong>esischen Studenten kennen und hatte<br />
E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> das Studienleben <strong>in</strong> <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong>.<br />
Im OP assistieren (wie es <strong>in</strong> Deutschland üblich ist) konnte man aufgrund des großen<br />
Ärzteaufkommen nicht, allerd<strong>in</strong>gs wurde uns relativ freie Hand gelassen, dass, was uns<br />
<strong>in</strong>teressiert, zu sehen. So konnten wir stets auch bei anderen Operationen zusehen, die nicht<br />
vom Chirurgenteam unserer Station durchgeführt wurden. Alles <strong>in</strong> allem war dieser Teil<br />
unseres <strong>PJ</strong>s e<strong>in</strong> wenig mehr theoretisch als praktisch orientiert, aber es war trotzdem<br />
<strong>in</strong>teressant e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> andere Kl<strong>in</strong>ikabläufe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuschnuppern und von der teilweise 1 zu 1<br />
Betreuung zu profitieren.<br />
Der Chef der Chirurgie war sehr nett und begeistert darüber ausländische Studenten <strong>in</strong> der<br />
Kl<strong>in</strong>ik zu haben, fragte uns stets wie es uns gefällt und lud alle Praktikanten auch zu e<strong>in</strong>em<br />
traditionellen ch<strong>in</strong>esischen Essen e<strong>in</strong>.<br />
<strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> als Stadt ist ebenfalls die Reise wert gewesen: Central, Cheung Wan und<br />
Kowloon mit se<strong>in</strong>en Märkten, Tempeln und Malls. Traditionell neben hochmodern. Die e<strong>in</strong>en<br />
essen Vogelnester und getrocknete<br />
Haifischflossen, die anderen bei Burger<br />
K<strong>in</strong>g. Es ist e<strong>in</strong>e Stadt von krassen<br />
Gegensätzen. Man f<strong>in</strong>det alles, den<br />
ch<strong>in</strong>esischen Wunderheiler und das<br />
Hightech Krankenhaus, den Straßenimbiß<br />
und das Gourmetrestaurant, den<br />
Fischerkahn und das<br />
Kreuzfahrtluxusschiff. Überall kann man<br />
nur staunen, an jeder Ecke gibt es krasse Gerüche, E<strong>in</strong>drücke und Bilder. Überall wo man<br />
h<strong>in</strong>kommt s<strong>in</strong>d die Leute sehr nett und zuvorkommend. Auch wenn Englisch nicht mehr<br />
überall gesprochen wird kommt man doch überall damit durch, und wenn nicht ist es auch<br />
e<strong>in</strong>e schöne Herausforderung sich mal mit Händen und Füßen zu verständigen. Wie haben<br />
den „Kulturschock“ <strong>in</strong> vollen Zügen genossen.<br />
Außerdem bietet <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> mit se<strong>in</strong>er vorgelagerten Inselwelt auch e<strong>in</strong> Kontrastprogramm<br />
zur Großstadt, und wann immer man des Ameisengefühls überdrüssig ist, kann man raus <strong>in</strong><br />
die Natur und Strand und Inselwelten genießen.
Logistische Probleme gibt es ke<strong>in</strong>e, denn <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> ist absolut westlich, man f<strong>in</strong>det überall<br />
Geldautomaten, das Bussystem ist ausgezeichnet und auch sonst erhält man alles, was es auch<br />
hier zu kaufen gibt und noch mehr. Preislich ist <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> etwas billiger als Deutschland,<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht so günstig wie man es sonst von asiatischen Ländern gewohnt ist.<br />
Man hat außerdem die Möglichkeit nach Ch<strong>in</strong>a zu reisen (wofür man allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Visum<br />
braucht), entweder mit dem Zug oder per Fugzeug. E<strong>in</strong> Wochenende waren wir <strong>in</strong> Shanghai<br />
und wurden uns da erst bewusst wie stark der Kontrast noch e<strong>in</strong>mal zwischen <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> und<br />
Ma<strong>in</strong>land Ch<strong>in</strong>a ist. Dort waren wir mit unserem Englisch aufgeschmissen, und der Kontrast<br />
zwischen arm und reich ist erschreckend. Shanghai ist auch e<strong>in</strong>e bee<strong>in</strong>druckende Stadt, aber<br />
me<strong>in</strong> Herz habe ich an <strong>Hong</strong> <strong>Kong</strong> verloren, was vielleicht für westliche Seelen e<strong>in</strong> wenig<br />
zugänglicher ist.