pax 04 08.pdf
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Grenzen des<br />
Kapitalismus<br />
Interview mit dem kritischen<br />
Journalisten Andreas Exner.<br />
Seite 4-5<br />
Zeitschrift der Friedensbewegung Pax Christi Österreich<br />
A Chance for<br />
Change<br />
Neue Möglichkeiten für die<br />
Friedensbewegung in den USA.<br />
Seite 8<br />
Eine neue Wirtschaft ist möglich!<br />
Petra Ziegler und Andreas Exner analysieren die Weltfinanzkrise<br />
und zeigen auf, wie auf alten Trümmern Neues entstehen könnte.<br />
(Interview auf S.4-5 und Artikel auf S.6-7)<br />
Fotoquelle: Gerhard Habring<br />
P.b.b. Verlagspostamt: 4<strong>04</strong>0 Ausgabe 4/08, Jg. 15, Euro 1,5 ZLR: 02Z033127 M<br />
Pax Christi Österreich, Mengerstraße 23, 4<strong>04</strong>0 Linz, www.<strong>pax</strong>christi.at
<strong>pax</strong> - Inhalt<br />
Editorial<br />
Nato-Vorrücken............................S.3<br />
Stellungnahme von Pax Christi Österreich<br />
zum Drehen an der Rüstungsspirale.<br />
Menschen mit Zivilcourage...........S.3<br />
Lydia Aisenberg<br />
Interview mit Andreas Exner.....S.4-5<br />
Der kritische Journalist und Buchautor<br />
zeigt die Grenzen des Kapitalismus.<br />
Der große Crash.........................S.6-7<br />
Forderung nach stärkerer Regulierung der<br />
Weltfinanzmärkte durch ATTAC.<br />
Liebe Leserin,<br />
Lieber Leser,<br />
Licht in der Dunkelheit<br />
A Chance for Change.....................S.8<br />
Dave Robinson zu den Auswirkungen der<br />
US-Wahlen auf die Friedensbewegung.<br />
Einfach zum Nachdenken..............S.9<br />
Sternwünsche 2009<br />
Termine.......................................S.10<br />
Pax Aktivitäten ...........................S.12<br />
... aus der<br />
Redaktion<br />
Es ist relativ schwierig in einer Zeitung,<br />
die nur alle 3 Monate erscheint in einer<br />
Redaktionssitzung, die etwa 2 Monate vor<br />
dem Erscheinen der Zeitung stattfindet<br />
vorherzusehen, welche Themen zum Zeitpunkt<br />
des Erscheinens interessant sein<br />
könnten. Dieses Mal war es gewissermaßen<br />
einfacher, da auch schon Anfang<br />
Oktober klar war, dass uns die Finanzkrise<br />
oder Weltwirtschaftskrise - nach Einschätzen<br />
ihrer Bedeutung - wohl noch<br />
länger beschäftigen wird.<br />
So liegt der Schwerpunkt dieser “Weihnachts”-Nummer<br />
der “<strong>pax</strong>” also auf der<br />
“Krise”. In einem anderen Sinne risikoreich<br />
als die Spekulationen von FinanzmanagerInnen,<br />
war auch die Neugestaltung<br />
der “<strong>pax</strong>”, die wir vor der letzten Nummer<br />
vorgenommen haben. Es freut uns daher<br />
sehr, dass wir viele (positive) Rückmeldungen<br />
zum neuen Gesicht der Zeitung<br />
bekommen. Genauso dankbar sind wir<br />
auch für einige Verbesserungsvorschläge,<br />
die wir bekommen haben und hoffentlich<br />
in dieser Nummer umgesetzt haben.<br />
In diesem Sinn würden wir uns auch über<br />
Rückmeldungen zur <strong>pax</strong> 4/08 freuen.<br />
meint Eure<br />
Redaktion<br />
redaktion@<strong>pax</strong>christi.at<br />
Haben Sie sich - habt Ihr Euch -<br />
nicht gerade gedacht: "Na,<br />
besonders weihnachtlich schaut<br />
die <strong>pax</strong>-Zeitung auf den ersten<br />
Blick aber nicht aus"? Ein Ruinenbild<br />
und Titel vom großen<br />
Crash und den Grenzen des<br />
Kapitalismus rufen nicht gerade<br />
Weihnachtsstimmung hervor.<br />
Die <strong>pax</strong>-Redaktion konnte vor<br />
zwei Monaten noch gar nicht<br />
wissen, wie brennend aktuell<br />
das Thema Wirtschaftskrise<br />
werden würde. In der Zwischenzeit<br />
haben sich aber die<br />
Hiobsbotschaften überschlagen,<br />
und mühsam aufrecht erhaltener<br />
Optimismus muss einer<br />
nüchternen Einschätzung einer<br />
für viele Menschen bedrohlichen<br />
Situation weichen.<br />
Einer bedrohliche Situation<br />
einerseits für die westlichen<br />
Wohlstandsgesellschaften, die<br />
sehr von der internationalen<br />
Wirtschaft abhängen, in einem<br />
aber vielleicht noch größerem<br />
Maße gerade armen Staaten,<br />
die ohnehin tagtäglich unter der<br />
Ungerechtigkeit der Weltwirtschaft<br />
leiden und nun sofort<br />
Kürzungen in den Entwicklungshilfeetats<br />
hinnehmen mussten.<br />
Andreas Exner analysiert im<br />
Interview (Wer Kapitalismus<br />
macht, macht auch seine<br />
Krisen, S.4-5) den langandauernden<br />
Krisenprozess und seine<br />
schlimmen Auswirkungen, weist<br />
aber auch auf bereits sichtbare<br />
Ansätze einer nicht rein profitorientierten,<br />
sondern solidarischen<br />
Wirtschaftsstruktur, wie<br />
sie in einigen Ländern vor allem<br />
Lateinamerikas schon praktiziert<br />
wird, hin - ein Licht in der<br />
Dunkelheit. Dies, so sagt er,<br />
kann aber nur mit einem fundamentalen<br />
Wandel und einer<br />
Ablöse des Kapitalismus als<br />
Weltsystem einhergehen.<br />
Auch Petra Ziegler, Vorstandsmitglied<br />
von ATTAC Österreich,<br />
zeichnet in ihrem Artikel (Der<br />
große Crash, S.6-7) ein düsteres<br />
Bild vom Ende des freien<br />
Kapitalismus, sieht aber Licht<br />
am Ende des Tunnels, wenn wir<br />
alle bereit sind umzudenken<br />
und den notwendigen öffentlichen<br />
Druck erzeugen zu helfen.<br />
"Die Mitte der Nacht ist der<br />
Anfang des Tages, die Mitte der<br />
Not ist der Anfang des Lichts",<br />
heißt es in einem alten christlichen<br />
Hymnus.<br />
Damit sind wir mitten im Weihnachtsgeschehen.<br />
Weihnachtlich<br />
sind die wunderbaren Sternwünsche,<br />
die Klaus Heidegger<br />
uns schenkt (S. 9), weihnachtlich<br />
die kleine, fast in Vergessenheit<br />
geratene Geschichte,<br />
dass der hl. Martin nicht nur<br />
sozial gedacht, sondern sich<br />
auch dem Kriegführen verweigert<br />
hat (S. 8), weihnachtlich<br />
die Friedenshoffnung, die im<br />
Bericht von Dave Robinson (A<br />
chance for change, S.8) globalpolitisch<br />
formuliert und im<br />
Zeugnis von Lydia Aisenberg<br />
(S.3) sehr persönlich und<br />
unmittelbar zum Ausdruck<br />
kommt.<br />
Mit dem Wunsch, dass uns allen<br />
der Stern der Hoffnung auch im<br />
neuen Jahr leuchte, wünscht<br />
Ihnen/Euch ein gesegnetes<br />
Weihnachtsfest<br />
Eure/Ihre<br />
Gotlind Hammerer<br />
redaktion@<strong>pax</strong>christi.at<br />
Seite 2 <strong>pax</strong> 4/08
Rüstungsspirale stoppen!<br />
Zum österreichischen Nationalfeiertag am 26. Oktober spricht sich Pax Christi Österreich<br />
für die Neutralität Österreichs und gegen das Vorrücken der NATO aus!<br />
Der Blick auf die vergangenen Monate<br />
zeigt ein eindeutiges Bild von Krieg,<br />
Aufrüstung und Eskalation. Wie in<br />
einem Puzzle lassen sich die jüngsten<br />
Ereignisse zu einem Ganzen zusammenfügen.<br />
Hinter den Ereignissen<br />
wird dieselbe Zielrichtung erkennbar.<br />
Sie lautet: Sicherung des Zugangs zu<br />
den Ressourcen.<br />
1. Der Krieg in Georgien, dessen<br />
Wurzeln u.a. in den unterschiedlichen<br />
Machtinteressen Russlands und der<br />
USA liegen, brachte wieder unermessliches<br />
Leid für die Zivilbevölkerung.<br />
Beide Länder benützen dabei die<br />
Interessen der Völker vor Ort für ihre<br />
Weltmachtpolitik. Georgien konnte<br />
seinen Angriff auf Städte und Dörfer<br />
in Süd-Ossetien nur durchführen, weil<br />
es in den Jahren zuvor von den USA<br />
aufgerüstet worden war und als strategischer<br />
Partner der USA auf dessen<br />
Unterstützung hoffte. Zu bedenken ist<br />
auch: Die USA möchten Georgien in<br />
der NATO haben. Ein NATO-Mitgliedsland<br />
Georgien hätte tatsächlich auf<br />
Beistand pochen können, womit das<br />
westliche Militärbündnis direkt in<br />
einen Krieg mit Russland verstrickt<br />
worden wäre.<br />
Dies zeigt einmal mehr, wie sehr<br />
Österreich auf der Grundlage der Neutralität<br />
Vorsicht gegenüber einer Integration<br />
in die NATO zeigen muss.<br />
Stellungnahme<br />
von Pax Christi Österreich<br />
2. Das US-Raketenabwehrsystem<br />
in Polen und Tschechien erinnert<br />
an die unseligen NATO-Nachrüstungspläne<br />
zur Zeit des Kalten Krieges. Die<br />
USA stecken Milliardensummen in dieses<br />
Raketen- und Radarsystem.<br />
Schon plant Russland als Reaktion<br />
neuartige Präzisionswaffen in die<br />
Nähe der polnischen Grenze zu verlegen.<br />
Im Jahr 2009 wird Russland den<br />
Verteidigungsetat um ein Viertel<br />
erhöhen. Damit wird einmal mehr<br />
sichtbar, wie sehr das US-Raketenprojekt<br />
in Europa eine weitere Runde<br />
internationaler nuklearer Aufrüstung<br />
provoziert. Es dient damit in keiner<br />
Weise der Sicherheit.<br />
3. Längst ist auch sichtbar geworden,<br />
dass der Afghanistankrieg nicht so<br />
sehr der proklamierten Bekämpfung<br />
des Terrorismus dient. Kriegsziel ist<br />
die Einflussnahme in der ölreichsten<br />
Region der Welt und die Einkreisung<br />
des Iran und Russlands. Auch die<br />
afghanischen Rohstoffe machen das<br />
Land zum Ziel der Begierde.<br />
Es ist Aufgabe unseres Landes, sich<br />
klar von dieser aggressiven Politik der<br />
NATO abzusetzen.<br />
Weitere Stellungnahmen von Pax Christi Österreich finden Sie unter: www.<strong>pax</strong>christi.at<br />
Menschen mit Zivilcourage<br />
Lydia Aisenberg, britische Mitarbeiterin von Givat Haviva in Israel<br />
Mit der engagierten israelischen<br />
Friedensaktivistin wird eine<br />
Fahrt entlang der "Green Line"<br />
(Waffenstillstandslinie von<br />
1949) in der Jezreel Ebene zu<br />
einem anspruchsvollen Unterricht<br />
in lokaler Geographie,<br />
Geschichte und einem Wechselbad<br />
der Gefühle.<br />
Nicht weil sie vom Zionismus überzeugt<br />
war, sondern weil sie als Kind<br />
und junge Erwachsene in ihrer Heimat<br />
Wales antijüdischen Anfeindungen<br />
ausgesetzt war, wollte sie vor<br />
gut 30 Jahren nach Israel. "Lydia,<br />
Du bist Jüdin. Steh auf und erklär'<br />
den anderen Kindern, warum Deine<br />
Familie Jesus umgebracht hat!" Dieser<br />
Ausspruch ihres Lehrers hat sie<br />
so verschreckt, dass sie aus der<br />
Schule fort in die Arme ihres Vaters<br />
rannte und ihn fragte, ob er diesen<br />
Jesus kannte und sie ihn wirklich<br />
umgebracht haben?<br />
Mit ihr unterwegs zeigt sie, wie den<br />
PalästinenserInnen durch die Barriere<br />
ihr Land weggenommen wird.<br />
"Seven Stars" nennt sie die raumgreifend<br />
und mit schönen Gärten<br />
regelmäßig gebauten jüdischen<br />
Siedlungen auf den Hügeln oben.<br />
An den Hängen verdichten sich die<br />
palästinensischen Dörfer, die wenig<br />
Platz zum wachsen haben und<br />
deren Bevölkerung explodiert. An<br />
einer unscheinbaren Stelle der<br />
Straße bleibt sie stehen und fragt<br />
nach der Besonderheit dieses Punktes.<br />
"Wir überschreiten die "Green Line"<br />
und keiner merkt es, keiner weiß<br />
es, nirgends ein Hinweis darauf. Die<br />
Barriere hat sich tief in die Westbank<br />
hinein gewunden. "Hier endet<br />
mein Israel und wir dürfen keinen<br />
Meter mehr beanspruchen!", sagt<br />
sie mit tiefer Überzeugung. Mit Blick<br />
auf das Mittelmeer, dessen Horizont<br />
in gut 20km Entfernung schimmert,<br />
erwähnt sie die ironische Frage<br />
ihrer älteren KibbuzkollegInnen, die<br />
den Krieg von 1948/49 erlebten:<br />
"Kannst Du die Grenze nicht ein<br />
paar Kilometer weiter Richtung Jordanien<br />
verschieben? Die arabischen<br />
Panzer brauchten ja nur die Handbremse<br />
zu lösen und rollten vom<br />
Berg hinunter ans Meer!"<br />
Zurück im Kibbuz führt sie zum<br />
Gedenkort für die Opfer der Shoah.<br />
In Stein gehauen kauert sich ein<br />
kleines Kind Schutz suchend in eine<br />
Steinnische. Diese Kinder, ermordet<br />
in Warschau oder anderswo,<br />
betrauert Lydia. Damit keine Kinder<br />
mehr wie diese umkommen, darum<br />
ist Lydia unermüdlich mit Gruppen<br />
unterwegs, ihnen die Wirklichkeit<br />
des Leben in Israel und in den palästinensischen<br />
Gebieten zu zeigen.<br />
Dabei denkt sie gleichermaßen an<br />
ihre oder ihrer Freunde Kinder, die<br />
im Libanonkrieg Militärdienst leisten<br />
mussten, wie an Kinder in Gaza, die<br />
heute in Mauernischen zerstörter<br />
Häuser Schutz suchen müssen.<br />
"Take care and come again!" grüßt<br />
sie zum Abschied.<br />
Andreas Paul<br />
4/08 <strong>pax</strong> Seite 3
Wer Kapitalismus macht, macht<br />
auch seine Krisen<br />
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde der Kapitalismus als<br />
Sieger der Geschichte gefeiert. Francis Fukuyama sah gar “das Ende der<br />
Geschichte” gekommen. Andreas Exner schreibt hingegen in seinem<br />
neuen Buch über die “Grenzen des Kapitalismus” und die massive<br />
Finanzkrise scheint ihm Recht zu geben.<br />
Mit ihm sprach Markus Pühringer<br />
<strong>pax</strong>: In den vergangenen Monaten<br />
sind weltweit große Banken und<br />
Versicherungen gecrasht. Plötzlich<br />
ist die Finanzwelt, die lange Zeit als<br />
Motor der Weltwirtschaft galt, zu<br />
einer Bremse eben dieser Weltwirtschaft<br />
geworden. - Was ist da passiert?<br />
Auf einer tieferen Ebene ist die<br />
"Finanzblasenökonomie" die Folge<br />
eines langandauernden Krisenprozesses.<br />
In den 1970er Jahren kam<br />
der Profit in Bedrängnis. Zugleich<br />
verloren die USA damals ihren ökonomischen<br />
Vorsprung und sie verloren<br />
den Vietnamkrieg. Die USA liberalisierten<br />
die Finanzmärkte - kurz<br />
gesagt - mit dem Effekt, dass ihre<br />
Macht noch einmal konsolidiert werden<br />
konnte. Zugleich erholten sich<br />
im Zuge der "neoliberalen Konterrevolution"<br />
die Profitraten. Beide<br />
Momente führten dazu, dass sich<br />
die Finanzmärkte immer weiter aufblähten.<br />
Die Realwirtschaft wurde<br />
immer abhängiger von den Renditen<br />
auf den Finanzmärkten.<br />
<strong>pax</strong>: Die Finanzkrise hat nun zu<br />
einer Renaissance des Staates<br />
geführt. Er gilt nun als Retter in der<br />
Not? Wie schätzt du seine Möglichkeiten<br />
ein? Kann er diesen Flächenbrand<br />
löschen?<br />
A.E.: Die liegen nicht vorrangig im<br />
ökonomischen Bereich. Der Kapitalismus<br />
verjüngt sich in seinen Krisen.<br />
Der Punkt ist vielmehr, dass<br />
die Ressourcenbasis des Kapitalismus<br />
sich verengt. Das wird zuerst<br />
einmal beim Erdöl spürbar, dessen<br />
Fördermaximum entweder schon<br />
erreicht worden ist oder in den<br />
kommenden Jahren eintreten wird.<br />
Dann sinkt die Förderung Jahr für<br />
Andreas Exner: Ihren unmittelbaren<br />
Ausgangspunkt hat die Krise in<br />
den USA genommen. Nach dem<br />
Platzen der New Economy-Blase<br />
2000/2001 hatte die US-amerikanische<br />
Zentralbank die Zinsen drastisch<br />
gesenkt, um die Kreditaufnahme<br />
zu fördern. Das ist ihr um<br />
den Preis gelungen, dass sich auf<br />
dem Häusermarkt eine neue Blase<br />
bildete. Als 2007 die Zinsen stiegen<br />
und die gering belastbaren Schuldner<br />
das Handtuch warfen, begannen<br />
die Häuserpreise zu fallen, eine<br />
Abwärtsspirale setzte ein. Sie hat<br />
über mehrere Stufen zu einer allgemeinen<br />
Vertrauenskrise in das Bankensystem<br />
geführt.<br />
“Der Punkt ist vielmehr, dass die Ressourcenbasis<br />
des Kapitalismus sich verengt. Das wird<br />
zuerst einmal beim Erdöl spürbar, dessen Fördermaximum<br />
entweder schon erreicht worden<br />
ist oder in den kommenden Jahren eintreten<br />
wird.”<br />
A.E.: Der Staat hat die ganze neoliberale<br />
Periode über massiv interveniert.<br />
Das Neue ist, dass der Staat<br />
nicht bloß einzelne Unternehmen<br />
unter seine Fittiche nimmt oder<br />
Infrastrukturen ausbaut, die das<br />
Kapital benötigt, sondern als "letzte<br />
Sicherheit" der Verwertung überhaupt<br />
einspringt.<br />
Seine Chancen dabei sind in der<br />
mittleren Frist nicht allzu hoch. Die<br />
Staatsverschuldung ist schon jetzt<br />
sprunghaft angestiegen. Das wird<br />
im günstigsten Fall dazu führen, die<br />
sozialen Transfers stark zu kürzen<br />
und die Massensteuern zu erhöhen.<br />
Bei einer wirtschaftlichen Depression<br />
führt das aber nicht zu höheren<br />
Einnahmen.<br />
<strong>pax</strong>: Sind wir, um bei eurem Buchtitel<br />
zu bleiben bei den "Grenzen<br />
des Kapitalismus" angelangt?<br />
Jahr. Auch bei Erdgas und Kohle,<br />
aber auch bei Metallen sind Verknappungen<br />
in Sicht. Das Wirtschaftswachstum<br />
wird daher<br />
zurückgehen. Das Kapitalwachstum<br />
wird sich geografisch immer mehr<br />
zurückziehen und der Kapitalismus<br />
wahrscheinlich in eine tiefe gesellschaftliche<br />
und politische Krise<br />
geraten. Das unterminiert seinen<br />
Bestand als Weltsystem. Ohne eine<br />
irgendwie glaubhafte Wohlstandsperspektive<br />
für alle kann es schwer<br />
überleben.<br />
<strong>pax</strong>: Welche Machtverschiebungen<br />
wird diese Finanzmarktkrise letztendlich<br />
bringen? Ist damit zu rechnen,<br />
dass die USA ihre Vormachtstellung<br />
verlieren wird? Wird der<br />
Dollar seine Funktion als Leitwährung<br />
einbüßen?<br />
A.E.: Die USA haben die Liberalisierung<br />
der Finanzmärkte maßgeblich<br />
bestimmt. Sie haben auch den<br />
größten unmittelbaren Nutzen daraus<br />
gezogen. Die US-amerikani-<br />
Seite 4 <strong>pax</strong> 4/08
Zurückliegende und von der "Association for the Study of Peak Oil" prognostizierte Entwicklung der jährlichen<br />
Produktion von Erdöl und Erdgas (verschiedene Derivate und Fördergebiete), angegeben in Gigabarrels<br />
of Oil Equivalents (Mrd. Tonnen Öl-Äquivalente). Quelle: ASPO-Newsletter No.94, www.aspo-ireland.org<br />
schen Haushalte und der US-Staat<br />
konnten sich exorbitant verschulden.<br />
Davon haben China und Europa<br />
profitiert, insofern sie Waren in<br />
die USA exportierten. Inzwischen<br />
hat sich die Dynamik der Kapitalakkumulation<br />
nach China verlagert.<br />
Die chinesische Währung ist unterbewertet,<br />
der Dollar dagegen überbewertet.<br />
Es ist kaum vorstellbar,<br />
dass diese Situation lange aufrecht<br />
erhalten werden kann. Bei einer<br />
deutlichen Abwertung würde der<br />
Dollar seine Weltgeldfunktion verlieren.<br />
<strong>pax</strong>: Natürlich ist jede Prognose<br />
schwierig: Aber welche neuen globalen<br />
Konfliktkonstellationen und<br />
Kriegsszenarien sind durch diese<br />
Krise nun wahrscheinlicher geworden?<br />
Welche Krisenherde werden<br />
sich u.U. auch entschärfen?<br />
A.E.: Ich fürchte, dass unmittelbar<br />
die Konkurrenz, der Rassismus und<br />
Sexismus, auch der Antisemitismus<br />
zunehmen. Die Krise kann dazu<br />
führen, Ausgrenzung zu verstärken.<br />
Wir müssen daher unsere eigene<br />
Verantwortung an der Krise erkennen.<br />
Wer Kapitalismus macht,<br />
macht auch seine Krisen. Und Kapitalismus<br />
machen wir alle, solange<br />
wir keine tragfähige Alternative entwickelt<br />
haben. Vor dem Hintergrund<br />
der Ressourcenverknappung ist<br />
schließlich zu befürchten, dass die<br />
Vielverbraucher verstärkt auf Waffengewalt<br />
setzen, um ihre natürlichen<br />
Produktionsgrundlagen, zum<br />
Beispiel das Öl zu sichern. Zeitgleich<br />
wird die Zahl der Klimaflüchtlinge<br />
zunehmen.<br />
<strong>pax</strong>: "Wo Gefahr ist, wächst auch<br />
das Rettende", sagt Hölderlin. Wo<br />
könnte deiner Meinung nach in dieser<br />
Situation das Rettende erwachsen?<br />
A.E.: Daraus, dass sich der Kapitalismus<br />
erschöpft. Deshalb ist die<br />
Krise auch die Möglichkeit eines viel<br />
besseren Lebens.<br />
<strong>pax</strong>: Welche Rolle sollten da Friedensgruppen<br />
und soziale Bewegungen<br />
spielen?<br />
A.E.: Wir müssen jetzt damit beginnen,<br />
eine solidarische Ökonomie<br />
aufzubauen. Es gibt in Brasilien, in<br />
Deutschland, aber auch in Österreich<br />
bereits sichtbare Ansätze<br />
dazu. Dabei geht es darum, die Produktion<br />
unter die Kontrolle der<br />
Menschen zu stellen. Es gilt, für die<br />
konkreten Bedürfnisse nach Essen,<br />
Kleidung, Wohnung, Selbstentfaltung<br />
zu produzieren, nicht für den<br />
Profit. Selbst das Ziel der "Kostendeckung"<br />
ist da hinderlich. Wir<br />
müssen den Tausch durch Kooperation,<br />
den Markt durch bewusste<br />
Absprache und die staatliche Politik<br />
durch gesellschaftliche Selbstbestimmung<br />
ersetzen.<br />
Die Friedensbewegung hätte nicht<br />
zuletzt die lebenserhaltende Aufgabe,<br />
für eine Abschaffung aller Atomwaffen<br />
und der Kernkraft, die nicht<br />
kontrolliert für "friedliche" Zwecke<br />
eingesetzt werden kann, zu werben<br />
und zu kämpfen.<br />
<strong>pax</strong>: Danke für das Interview.<br />
Andreas Exner, geb. 1973 in Niederösterreich.<br />
Studium der Ökologie.<br />
Gesellschaftskritischer Publizist.<br />
In den 1990ern Öko- Aktivist. Von<br />
2000 bis 2005 bei Attac. Seit 2003<br />
Mitglied der Redaktion der Streifzüge.<br />
Engagiert bei<br />
www.social-innovation.org und<br />
www.grundeinkommen.at.<br />
Mitherausgeber von "Losarbeiten-<br />
Arbeitslos. Globalisierungskritik und<br />
die Krise der Arbeitsgesellschaft"<br />
(Unrast-Verlag, 2005) und "Die<br />
Grenzen des Kapitalismus. Wie wir<br />
am Wachstum scheitern"<br />
(Ueberreuter-Verlag, 2008)<br />
4/08 <strong>pax</strong> Seite 5
Quelle: ATTAC Österreich<br />
Der große Crash<br />
Jahrelang schienen die Renditen auf den internationalen Finanzmärkten<br />
schier unbegrenzt immer weiter wachsen zu können. Mit der großen<br />
Finanzkrise zeigt sich eindrucksvoll, dass der Traum vom unbegrenzten<br />
Wachstum wohl nur ein Wunschtraum war.<br />
von Petra Ziegler<br />
INFO BOX<br />
ATTAC<br />
Attac ist eine internationale Bewegung,<br />
die sich für eine demokratische<br />
und sozial gerechte Gestaltung<br />
der globalen Wirtschaft einsetzt.<br />
Attac ist parteiunabhängig und<br />
finanziert sich über Spenden und<br />
Mitgliedsbeiträge.<br />
Für die wichtige politische Arbeit<br />
braucht Attac Unterstützung. Mehr<br />
unter www.attac.at/engagieren<br />
Was mit Zahlungsausfällen im amerikanischen<br />
Subprime-Hypothekensektor<br />
seinen Anfang nahm, wirkt in<br />
Schockwellen um den gesamten<br />
Globus. Unregulierte und unbeaufsichtigte<br />
Finanzgeschäfte, die selbst<br />
für die VerkäuferInnen und Käufer-<br />
Innen nicht mehr durchschaubar<br />
waren, haben das Ende einer Ära<br />
des freien Finanzkapitalismus eingeläutet.<br />
Die Schätzungen über die weltweiten<br />
Kosten der Finanzkrise liegen<br />
mittlerweile im astronomischen<br />
Bereich. Von den USA über Europa,<br />
bis Asien werden die Wachstumsprognosen<br />
nach unten korrigiert.<br />
Millionen von Menschen weltweit<br />
droht Arbeitslosigkeit und Armut.<br />
Wie so oft in Zeiten wachsender<br />
wirtschaftlicher Instabilität werden<br />
große Mengen an Kapital aus den<br />
Schwellenländern abgezogen.<br />
Obwohl in keiner Weise an den<br />
Ursachen des Konjunkturabschwungs<br />
beteiligt, werden die<br />
Menschen in den betroffenen Gebieten<br />
einmal mehr zu Leidtragenden.<br />
Lange Zeit wurde die Krise massiv<br />
unterschätzt. Diejenigen, die stets<br />
die Effizienz liberalisierter Märkte<br />
gepredigt haben, sind kleinlaut<br />
geworden. Selbst eingefleischte<br />
BörsianerInnen vertrauen angesichts<br />
der Situation statt auf die<br />
"unsichtbare Hand" des Marktes lieber<br />
auf die schützende Hand des<br />
Staates - Stichwort Bankenrettung.<br />
Hier zeigt sich ein altbewährtes<br />
Muster: Verluste aus den Spekulationsgeschäften<br />
sollen von der Allgemeinheit<br />
aufgefangen werden, die<br />
zuvor eingefahrenen Gewinne bleiben<br />
in privaten Taschen.<br />
Radikaler Umbau notwendig<br />
Die Logik der Finanzmärkte, die<br />
Seite 6 <strong>pax</strong> 4/08
kurzfristige Jagd nach hohen Renditen,<br />
gab in den letzten 30 Jahren<br />
zunehmend die Rahmenbedingungen<br />
für Politik, Gesellschaft und<br />
Wirtschaft vor. Der völlig freie Kapitalverkehr<br />
erwies sich dabei als hervorragendes<br />
Instrument, die Interessen<br />
der Konzerne und Kapitaleigner<br />
durchzusetzen. Die Dominanz<br />
der Finanzmärkte, die Herausbildung<br />
immer größerer Spekulationsblasen<br />
ist auch das Ergebnis jahrzehntelanger<br />
Ungleichverteilung.<br />
Die Schließung dieser "rechtsfreien"<br />
Zonen, bzw. wirtschaftliche Sanktionen<br />
gegen Steueroasen wären<br />
ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung<br />
des internationalen Finanzsystems.<br />
Verantwortlichkeit stärken!<br />
Banken und Fonds müssen wieder<br />
wirkungsvoll reguliert, Finanzprodukte<br />
(etwa Derivate), ähnlich wie<br />
Medikamente einer Zulassungspflicht<br />
unterworfen werden - unabhängige,<br />
öffentliche Rating-Agenturen<br />
könnten diese Aufgabe übernehmen.<br />
Kapitalanlagegesellschaften<br />
(Hegde-<br />
und<br />
Private-<br />
Equity-<br />
Fonds)<br />
sollten<br />
EU-weit<br />
einheitlich<br />
geregelt<br />
werden, sie sollten für ihre<br />
Spekulationsgeschäfte keine Kredite<br />
erhalten dürfen.<br />
“Verluste aus den Spekulationsgeschäften<br />
sollen von der Allgemeinheit<br />
aufgefangen werden, die zuvor eingefahrenen<br />
Gewinne bleiben in privaten<br />
Taschen.”<br />
Die einzelnen Beiträge beleuchten<br />
die Rolle mächtiger Fonds und die<br />
Machtverschiebung zu Gunsten der<br />
AktienbesitzerInnen (Shareholder),<br />
sowie die Folgen und Risiken der<br />
Verlagerung der öffentlichen Pensionssysteme<br />
auf die Finanzmärkte.<br />
Neben einer Palette von Vorschlägen<br />
zur Re-Regulierung, werden<br />
auch notwendige Maßnahmen im<br />
Bereich der Steuerpolitik und der<br />
gesamtgesellschaftlichen Umverteilung<br />
benannt.<br />
Keine der vorgeschlagenen Maßnahmen<br />
ist das Wundermittel, das<br />
die Lösung aller Probleme verspricht,<br />
aber jede für sich ist ein<br />
Schritt zu einer wirtschaftlich effizienteren<br />
und sozial gerechteren<br />
Gestaltung der Finanzmärkte.<br />
Während das explodierende Kapital<br />
auf der Suche nach immer wahnwitzigeren<br />
Renditen immer wahnwitzigere<br />
Risiken einging, fehlen<br />
ebendiese Gelder für reale Investitionen,<br />
für Ausgaben in Bildung,<br />
Gesundheit und Infrastruktur. Verantwortlich<br />
für diese Entwicklungen<br />
ist die Politik der Deregulierung seit<br />
den 1970er Jahren.<br />
Neue Regelungen für die Märkte<br />
Dementsprechend liegt es auch in<br />
der Hand der politischen EntscheidungsträgerInnen,<br />
die Spielregeln<br />
erneut zu ändern und effektive<br />
Regulierungen umzusetzen. Die<br />
Vorschläge dafür liegen längst auf<br />
dem Tisch. Globalisierte Finanzmärkte<br />
brauchen globale politische<br />
Regulierung: Seit Jahren fordern<br />
GlobalisierungskritikerInnen wie<br />
Attac und ÖkonomInnen außerhalb<br />
des Mainstreams die Einführung<br />
einer Steuer auf Finanztransaktionen.<br />
Damit soll die Spekulation eingedämmt<br />
und die Kurzfristorientierung<br />
der Märkte verringert werden.<br />
Ebenso alt wie dringlich ist daher<br />
die Forderung nach Einrichtung<br />
einer internationalen Aufsichtsbehörde.<br />
In den letzten Jahrzehnten<br />
wurden Finanzgeschäfte zunehmend<br />
außerhalb der Reichweite<br />
nationaler Bankenaufsichten abgewickelt.<br />
Das VerursacherInnen-Prinzip muss<br />
auch auf Schäden, die durch die<br />
FinanzmarktakteurInnen ausgelöst<br />
werden, ausgedehnt werden.<br />
Demokratische Politik darf sich<br />
daher nicht länger von den Finanzmärkten<br />
die Regeln diktieren lassen,<br />
sondern muss selbst den Rahmen<br />
vorgeben. Die Finanzmärkte<br />
müssen auf ihre eigentliche Aufgabe,<br />
die Finanzierung der Realwirtschaft,<br />
zurückgeführt werden. Leider<br />
zielen die bisherigen Vorschläge<br />
auf internationaler und EU-Ebene<br />
vorrangig auf Schadensbegrenzung<br />
im Interesse der Finanzindustrie.<br />
Dies bewiesen auch die inhaltsleeren<br />
Absichtserklärungen des "Weltfinanzgipfels"<br />
der G-20 RegierungschefInnen<br />
Mitte November in Washington,<br />
der ohne die Beteiligung<br />
der Mehrheit der Länder über die<br />
Bühne ging. Ob eine wirklich substanzielle<br />
Veränderung in der Architektur<br />
der internationalen Finanzmärkte<br />
erreicht werden kann, wird<br />
freilich auch vom öffentlichen Druck<br />
von uns allen abhängen.<br />
Neues Attac-Buch:<br />
"Crash statt Cash"<br />
Argumentationshilfe dafür bietet<br />
das neue Buch von Attac: "Crash<br />
statt Cash - Warum wir die globalen<br />
Finanzmärkte bändigen müssen".<br />
Das Buch zeigt die zunehmende<br />
Verselbständigung der Finanzmärkte<br />
seit der Liberalisierung und die<br />
Mechanismen, über die Finanzmärkte<br />
zur zunehmenden sozialen<br />
Ungleichheit und zur wirtschaftlichen<br />
Ineffizienz beitragen.<br />
ATTAC<br />
Buchtipp<br />
Attac: "Crash statt<br />
Cash - Warum wir<br />
die globalen<br />
Finanzmärkte bändigen<br />
müssen"<br />
ÖGB-Verlag EUR<br />
19,90 194 Seiten.<br />
ISBN: 978-3-7035-<br />
1348-0<br />
Quelle: ATTAC Österreich<br />
Petra Ziegler ist Vorstandsmitglied<br />
von ATTAC Österreich.<br />
Weitere Informationen zum<br />
Thema: www.attac.at<br />
Falls Sie das Buch bestellen, mehr<br />
über Attac wissen oder Attac unterstützen<br />
wollen, kontaktieren Sie:<br />
verwaltung@attac.at oder<br />
01/544 00 10.<br />
4/08 <strong>pax</strong> Seite 7
quergedacht<br />
von<br />
Kurt Remele<br />
A Chance for Change<br />
von Dave Robinson<br />
Vor dreißig Jahren hielt der deutsche<br />
Theologe Johann Baptist Metz auf dem<br />
KatholikInnentag in Freiburg eine<br />
bemerkenswerte Rede über das Verhältnis<br />
von Christentum und Judentum nach<br />
Auschwitz. Er beklagte das Schweigen<br />
der Kirche(n) zu den an den Jüdinnen<br />
und Juden verübten Verbrechen im Dritten<br />
Reich und betonte, dass diese<br />
Schuld sich auf unser gegenwärtiges<br />
Verhältnis zum Staat Israel auszuwirken<br />
habe: "Wir müssten jedenfalls die letzten<br />
sein, die den Juden, nachdem sie in<br />
der jüngsten Geschichte unseres Landes<br />
an den Rand der totalen Vernichtung<br />
gebracht wurden, nun ein übertriebenes<br />
Sicherheitsbedürfnis vorwerfen."<br />
Metz sprach auch von einer christlichen<br />
Verantwortung "nicht nur für das, was<br />
wir tun oder nicht tun, sondern auch für<br />
das, was wir zulassen, dass es anderen<br />
… geschehe." Zahlreiche Mitglieder von<br />
Pax Christi, die das Elend der PalästinenserInnen<br />
hautnah miterlebt haben,<br />
scheuen sich heute nicht, die Politik<br />
Israels zu kritisieren. Sie tun dies nicht<br />
gegen das jüdische Volk, sondern<br />
gemeinsam mit regierungskritischen<br />
Jüdinnen und Juden.<br />
Pax Christi muss die Erinnerung an<br />
Auschwitz wach halten. Pax Christi kann<br />
die Leiden der PalästinenserInnen nicht<br />
ignorieren. Beides zu tun, ist schwierig,<br />
führt zu internen Diskussionen und zu<br />
verzerrten Fremdwahrnehmungen. Wir<br />
bemühen uns trotzdem darum.<br />
Das frühchristliche Zitat<br />
Martin v.Tours (317-397) zum Kaiser:<br />
"Bis heute habe ich dir gedient. Gestatte<br />
nun, dass ich jetzt Gott diene. Dein<br />
Geschenk mag nehmen, wer in die<br />
Schlacht ziehen will. Ich bin Soldat Christi,<br />
es ist mir nicht erlaubt zu kämpfen."<br />
...man nahm ihn fest, damit er am nächsten<br />
Tag in der ersten Schlachtreihe sich<br />
waffenlos den Barbaren entgegenstelle;<br />
doch kam es zu Verhandlungen und zum<br />
Frieden.<br />
Bei seiner Antrittsrede erinnerte<br />
uns der gewählte Präsident Obama,<br />
dass "dieser Sieg nicht<br />
schon der Wechsel ist, den wir<br />
suchen - Er ist nur die Chance<br />
für uns, diesen Wechsel herbeizuführen."<br />
Wir schrieten voran<br />
und sehen uns erschreckenden<br />
Herausforderungen gegenüber,<br />
die vor uns liegen: die Kriege im<br />
Irak und in Afghanistan beenden,<br />
unsere Abhängigkeit von<br />
fossilen Energieträgern und die<br />
Gewalt, die diese Abhängigkeit<br />
begleitet, aufkündigen, eine zerbrochene<br />
Weltwirtschaft stabilisieren,<br />
Gerechtigkeit für die<br />
arbeitende Bevölkerung herstellen<br />
und die Armut überwinden,<br />
und uns auf eine wirkliche nationale<br />
Diskussion über Rasse und<br />
Privilegien einlassen.<br />
Die bahnbrechende Wahl des<br />
ersten Afro-Amerikaners zum<br />
Präsidenten der USA hat die<br />
Kraft der Hoffnung zur Überwindung<br />
von Angst und Trennung<br />
bestätigt. Diese Hoffnung muss<br />
uns jetzt allen die Kraft zum<br />
Handeln geben. Während wir<br />
unsere Hoffnung auf eine Nation<br />
setzen, die durch das historische<br />
Ergebnis im November 2008<br />
verändert wurde, bleiben wir<br />
bescheiden vor der Wirklichkeit,<br />
dasstrotz des Überwindens einer<br />
großen Barriere, der Rassismus,<br />
der diese Barriere geschaffen<br />
hat, eine gefährliche Realität<br />
bleibt. Unsere Arbeit der letzten<br />
zehn Jahre, Pax Christi USA zu<br />
einer anti-rassistischen, multikulturellen<br />
Bewegung für<br />
Gerechtigkeit und Frieden auszuformen,<br />
bietet uns einen Blick<br />
auf die liebevolle Gemeinschaft,<br />
zu der Dr. King uns aufgerufen<br />
hat. In den kommenden Jahren<br />
muss dieser Blick sich zu einer<br />
Klarheit und Vision vertiefen,<br />
wie Gewaltlosigkeit - in der richtigen<br />
Beziehung - unsere Bewegung<br />
zu einer noch größeren<br />
Kraft für Gerechtigkeit und Frieden<br />
aufbauen kann.<br />
Dave Robinson ist Executiv-Direktor<br />
von Pax Christi USA<br />
Die Bemühungen von Pax Christi<br />
USA während der Kampagne zur<br />
Präsidentenwahl, Krieg und Rassismus<br />
den Kampf anzusagen,<br />
werden fortgeführt werden,<br />
indem wir unsere Bemühungen<br />
verdoppeln, grundsätzliche Veränderungen<br />
der US Politik in der<br />
neuen Administration und im<br />
Kongress herbeizuführen. Als<br />
Senator Obama zum Präsidenten<br />
gewählt wurde, hat die ganze<br />
Welt auf ihn geschaut. Aller<br />
Augen ruhten auf dem Mann,<br />
nannten ihn den "Führer in die<br />
Umgestaltung", über dessen<br />
Wahl die ganze Welt sich freute<br />
und große Hoffnung schöpfte.<br />
Während seiner Kampagne sagte<br />
Senator Obama: "Es ist nicht<br />
genug, den Krieg im Irak zu<br />
beenden. Wir müssen die Gesinnung<br />
verwerfen, die zu diesem<br />
Krieg geführt hat." Diese Gesinnung<br />
ist die Idee, dass die Vereinigten<br />
Staaten allein mit noch<br />
nie da gewesener Gewalt agieren<br />
können, um ihre eigenen<br />
gebündelten Interessen in jeder<br />
Region der Erde durchsetzen zu<br />
können, wann immer sie wollen.<br />
Wir stehen jetzt vor einer neuen<br />
Wende in den Beziehungen zum<br />
Rest der Welt. Ich erwarte, dass<br />
die USA abrückt von ihrer unilateralen,<br />
sich selbst angemaßten<br />
und egoistischen Haltung<br />
gegenüber unserer verstörten<br />
Welt und statt dessen eine neue,<br />
internationale, multilaterale Politik<br />
aufbaut, die unsere Beziehungen<br />
zu langfristigen Verbündeten<br />
stärken kann, während sie<br />
eine neue, positive Partnerschaft<br />
mit der größeren globalen<br />
Gesellschaft entwickelt.<br />
(Übers.: Gerhilde Merz)<br />
Seite 8 <strong>pax</strong> 4/08
Sternwünsche für 2009<br />
von Klaus Heidegger<br />
Einfach zum Nachdenken<br />
Dass du wie die Sterndeuter aus dem Morgenland<br />
die Sehnsucht nach Gott, nach Befreiung und Heil in dir spürst:<br />
die Sehnsucht, dass eine andere Welt möglich ist,<br />
in der kein Krieg und keine Unterdrückung mehr sein werden<br />
und Konflikte nicht mit Gewalt gelöst werden;<br />
in der nicht neue Kriege vorbereitet werden,<br />
sondern Gewaltverzicht eingeübt wird;<br />
in der niemand mehr hungern muss und<br />
die Reichtümer dieser Welt gerecht verteilt sind,<br />
weil die Menschen das Geschenk der Solidarität entdeckt<br />
haben und in der niemand mehr wider seinen Willen abgeschoben<br />
wird<br />
und auf der Flucht vor Not und Verfolgung im Meer ertrinken muss,<br />
Klaus Heidegger ist Mitglied<br />
von Pax Christi Tirol<br />
sondern die Herbergen der Reichen für die Habenichtse offen stehen;<br />
in der nicht die Umwelt mutwillig oder unachtsam zerstört wird,<br />
sondern mit den Ressourcen dieser Welt achtsam umgegangen<br />
und der ökologische Fußabdruck zur Richtschnur des Handelns wird.<br />
Dass du wie die Weisen aus dem Morgenland<br />
den Stern entdeckst, der dir die Richtung weist:<br />
dass die Botschaften der Weisen und weisen Bücher dir Orientierung geben: die Bhagavadgita,<br />
Buddha, LaoTse, das Gesetz und die Propheten des Alten Bundes, Jesus Christus<br />
und die Evangelien, der Koran und das Vorbild des Propheten Muhammad,<br />
Maria Magdalena und mit ihr viele Apostelinnen,<br />
Franz von Assisi und mit ihm viele Heiligen,<br />
Mahatma Gandhi und mit ihm viele gewaltfrei Kämpfende;<br />
dass dir auch heute Orientierungssterne in deinem Leben aufgehen:<br />
Sie mögen dir in den dunklen Stunden Mut geben;<br />
sie mögen stärker leuchten als die verführerischen und trügerischen "Stars" und "Starlets" dieser Welt.<br />
Dass du wie die Magier nicht allein aufbrechen musst,<br />
sondern zu dritt, in Gemeinschaft mit anderen,<br />
in Freundschaften oder mit deiner Familie,<br />
einander stärkend, wenn irgendwer den guten Stern aus den Augen verliert,<br />
einander Kritik gebend, wenn irgendwer dem schlechten Stern verfällt,<br />
einander Mut zusprechend, wenn irgendwer die Sehnsucht bedroht.<br />
Dass du wie die Heiligen Drei Könige<br />
den Mensch gewordenen Gott im Stall entdeckst:<br />
im Stallgeruch dieser Welt, in den Gebrochenheiten und Unvollkommenheiten<br />
den Anbruch von Gottes Reich erkennen kannst.<br />
Dass es dir gelingt, etwas von dem weiterzuschenken, was dir geschenkt ist,<br />
jenen, die im Stall liegen und dich brauchen: den Weihrauch deiner Begabungen,<br />
das Gold deiner Fertigkeiten und die Myrrhe deiner Herzlichkeit.<br />
Dass du wie Caspar, Melchior und Balthasar<br />
den Mächtigen und Machthabern dieser Welt nicht auf den Leim gehst,<br />
sondern im Widerstand leben kannst gegen das,<br />
was diese Welt und dich kaputt macht.<br />
Dass du gestärkt von der Begegnung mit dem,<br />
was du in der Krippe gefunden hast,<br />
hinausgehen kannst in die Welt als Sternträger für eine Welt,<br />
die besser sein wird als die jetzige.<br />
Dass in deinen Augen der Glanz des Sterns von Betlehem widerstrahlt und<br />
allen Hoffnung gibt, die dir in diesem Jahr begegnen werden.<br />
(*Zeichnungen von der DKA der Kath. Jungschar)<br />
4/08 <strong>pax</strong> Seite 9
Termine<br />
Pax Christi Salzburg:<br />
Nächstes Pax Christi Salzburg<br />
Treffen findet am Dienstag,<br />
den 20. Jänner 2009 um 13 Uhr<br />
in St. Ursula 5061 Salzburg<br />
(Linie 7) statt.<br />
(vorher gemeinsames Mittagessen<br />
möglich)<br />
Nähere Infos unter:<br />
<strong>pax</strong>christisalzburg@gmail.com<br />
***<br />
Pax Christi Oberösterreich:<br />
Workshop “Umgang mit<br />
aggresivem Verhalten in der<br />
Friedensarbeit”<br />
Der Pax Christi interne Workshop<br />
findet am 6. Februar 2009 von<br />
ca. 14.00-19.00 Uhr im Pastoralamt<br />
in Linz statt.<br />
Leiten wird den Workshop der<br />
bekannte Friedensforscher Dr.<br />
Reiner Steinweg.<br />
Anmeldung unbedingt erbeten<br />
unter:<br />
<strong>pax</strong>.christi@dioezese-linz.at<br />
oder (0732) 7610/3251<br />
***<br />
LEHRGANG DE-ESKALTAION<br />
Das Friedensbüro Salzburg veranstaltet<br />
beginnend mit März 2009 einen Lehrgang<br />
unter dem Motto: “Kompetenzen<br />
im Umgang mit eskalierten Konflikten<br />
entwickeln”. In drei Modulen, die<br />
jeweils im Seminarzentrum Schloss Goldegg<br />
stattfinden, werden theoretische<br />
und praktische Fähigkeiten im Umgang<br />
mit offener Eskalation vermittelt.<br />
Informationen und Anmeldungen:<br />
Friedensbüro Salzburg<br />
ronacher@friedensbuero.at<br />
www.friedensbuero.at<br />
LEHRGANG GEWALTFREIHEIT<br />
Anlässlich der Internationalen<br />
Dekade für eine Kultur des Friedens<br />
und der Gewaltfreiheit<br />
von 2001 - 2010 veranstaltet der<br />
Internationale Versöhnungsbund von<br />
März bis November 2009 einen Lehrgang<br />
mit den Schwerpunkte aktive<br />
Gewaltfreiheit, eigenes Konfliktverhalten,<br />
konstruktive Konfliktlösung, uvm.<br />
Nähere Informationen erhalten Sie<br />
unter:<br />
Email: office@versoehnungsbund.at<br />
www.versoehnungsbund.at<br />
Tel., Fax: 01 - 408 53 32<br />
Pax Christi Österreich<br />
Generalversammlung<br />
Die Generalversammlung 2009 findet<br />
heuer am 13. und 14. März 2009 in<br />
der KHG in Linz statt. Nähere Infos<br />
werden noch bekannt gegeben.<br />
Anmeldungen und Anfragen unter:<br />
office@<strong>pax</strong>chisti.at oder auf<br />
www.<strong>pax</strong>christi.at<br />
***<br />
Pax Christi Wien:<br />
Friedensgebet<br />
Jeden 1. Mittwoch im Monat um<br />
19.00 Uhr in der Alten Burse<br />
Begegnungszentrum der Jesuiten<br />
- Großer Saal - Wien 1, Sonnenfelsgasse<br />
19<br />
***<br />
Pax Christi Burgenland:<br />
Friedensgebet<br />
Jeden 1 Mittwoch<br />
im Monat im Dom in Eisenstadt<br />
***<br />
Pax Christi Tirol:<br />
Pax Christi Tirol-<br />
Monatstreffen<br />
im Haus der Begegnung, Innsbruck:<br />
Beginn jeweils um 19.30 Uhr mit<br />
einem Friedensgebet.<br />
Nächste Termine:<br />
15. Jänner 2009, 19. Februar<br />
2009, 19. März 2009, 16. April<br />
2009<br />
***<br />
Impressum:<br />
Herausgeber, Eigentümer und Verleger:<br />
Pax Christi Österreich, A-4<strong>04</strong>0 Linz, Mengerstr. 23, Tel.: +43(0)732/244011<br />
DW 67, Fax: DW 72; e-mail: office@<strong>pax</strong>christi.at; Homepage:<br />
http://www.<strong>pax</strong>christi.at<br />
Redaktion: Mag. Gerhard Lehrner, Dr. Peter Öfferlbauer, Mag. Markus<br />
Pühringer, Stephan Pühringer, Mag. Tom Roßgatterer,<br />
Alle: Mengerstr. 23, A-4<strong>04</strong>0 Linz; email: redaktion@<strong>pax</strong>christi.at<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht notwendigerweise die<br />
Meinung der Redaktion wiedergeben.<br />
Pax Christi Spendenkonto<br />
373019<br />
bei Hypo OÖ (BLZ:<br />
54.000)<br />
Besuchen Sie unsere Homepage:<br />
www.<strong>pax</strong>christi.at<br />
Seite 10 <strong>pax</strong> 4/08
Ich bin bei Pax Christi, weil...<br />
... ich während eines Einsatzes im kriegsgeschädigten Kroatien<br />
erkannt habe, dass bewaffnete Auseinandersetzungen nur VerliererInnen<br />
hervorbringen, jedoch durch vertrauensbildende Maßnahmen und<br />
Strategien gewaltloser Konflikttransformation verhindert werden können.<br />
Frieden und Verteilungsgerechtigkeit sind<br />
Seiten einer Medaille.<br />
Unsolidarische, auf ungezügelten Wettbewerb<br />
und schnellen Profit ausgerichtete Ökonomien<br />
bergen das Potential kriegerischer Auseinandersetzungen<br />
in sich.<br />
Das Bewusstsein für diese Zusammenhänge zu<br />
schärfen und für Abrüstung sowie den gerechten<br />
Zugang zu Ressourcen und Lebenschancen<br />
aller einzutreten, ist ein wichtiges Anliegen von<br />
Helga Tiffinger<br />
PC und auch von mir.<br />
Wir stellen vor:<br />
Pax Christi Steiermark<br />
Auf dem Foto sind folgende AktivistInnen: P. Johannes König, KHG<br />
Seelsorger Alois Kölbl, Franz Wallner, Helga Tiffinger, Dieter Kurz,<br />
Rudolf Jopp, Waltraud Pritz, Wolfgang Himmler, Herbert Ruthofer,<br />
Walter Tiffinger. (Nicht auf dem Foto: Kurt Remele)<br />
Nach dem unerwarteten Tod unseres langjährigen Vorsitzenden<br />
Hans-Anton Ederer bewahren wir Bewährtes und wagen uns an Neues.<br />
Die folgenden Arbeitsgruppen zeigen unsere Schwerpunkte:<br />
Das ökumenische Friedensgebet, das 3x jährlich in jeweils einer<br />
anderen christlichen Kirche mit MitchristInnen verschiedener<br />
Bekenntnisse stattfindet, die schon zur Tradition gewordenen interreligiösen<br />
Begegnungen in Graz-St. Lukas mit Juden, Muslimen und<br />
BuddhistInnen (Advent, Fastenzeit und Mai), die immer unter einem<br />
anderen Thema stehen, der neue Friedensraum im Haus der Stille<br />
(Heiligenkreuz/Wasen), bei dessen Ausstattung wir mithalfen, die<br />
langjährige Integrationsarbeit mit MigrantInnen, die Studien-und<br />
Aktionsgruppe "Gerecht Wirtschaften", die Fragen der Verteilungsgerechtigkeit<br />
und einer solidarischen Ökonomie behandelt wie auch<br />
Veranstaltungen mit FachreferentInnen organisiert.<br />
Nach wie vor begleiten und unterstützen wir Projekte in Kroatien und<br />
Peru: In Gorski kotar/ Kroatien die Workshops der Friedensschule<br />
(Skola mira), helfen bei der weiteren Ausgestaltung des Friedenshauses<br />
als Begegnungszentrum und ermöglichen einkommensschaffende<br />
Programme in benachteiligten gemischtethnischen Regionen sowie<br />
Weiterbildung in Landwirtschaft und Handwerk durch Einladen von<br />
Experten und durch Exkursionen in österreichische Betriebe. Indigenen<br />
Frauen in Peru helfen wir durch den Verkauf ihrer Produkte in der<br />
Steiermark.<br />
Frieden im Alltag<br />
von<br />
Elisabeth<br />
Jungmeier<br />
Die Eröffnung der "Bibliothek der Zivilcourage"<br />
im Dietrich-Bonhoeffer-Studentenheim<br />
in Linz lieferte mir das<br />
Stichwort für meine Kolumne in der<br />
"<strong>pax</strong>": Zivilcourage.<br />
Im Evangelischen Studentenheim will<br />
man den HeimbewohnerInnen nicht nur<br />
ein Zuhause während ihres Studiums<br />
geben, sondern auch Werte anbieten.<br />
Zivilcourage sei immer eine Frage der<br />
Werte, sagte Bischof Michael Bünker bei<br />
der Eröffnung. "Es ist keine Sache der<br />
Zivilcourage, gegen Ausländer zu hetzen<br />
oder Auschwitz zu verharmlosen."<br />
In der Bibliothek der Zivilcourage sollen<br />
mutige Menschen präsentiert werden,<br />
historisches neben aktuellem zivilcouragiertem<br />
Engagement.<br />
Mit der Biografie von Robert Bernardis,<br />
"Österreichs Stauffenberg", wird ein<br />
Mann vorgestellt, der davon überzeugt<br />
war, "dass nur aktiver Widerstand Sinn<br />
hat". Er hatte eine Schlüsselstellung<br />
beim Hitlerattentat vom 20. Juli 1944<br />
und wurde wenige Tage danach in Berlin<br />
hingerichtet. Obwohl er Bonhoeffer<br />
nie begegnet war, handelte er so, wie<br />
Bonhoeffer 1943 über Zivilcourage<br />
geschrieben hatte: "… nach der Grunderkenntnis<br />
von der Notwendigkeit der<br />
freien, verantwortlichen Tat auch gegen<br />
Beruf und Auftrag."<br />
Auch mir bietet sich jeden Tag die Möglichkeit<br />
für Zivilcourage: Indem ich die<br />
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte<br />
offen und ohne Rücksicht auf<br />
eigene Nachteile vertrete.<br />
Filmtipp<br />
Let´s make Money<br />
von Erwin Wagenhofer, dem Ressigeur<br />
von “We feed the wolrd”<br />
Infos zum Film: Erwin Wagenhofer lässt<br />
eindrucksvolle Bilder erklären, welche<br />
Absurditäten und Unmenschlichkeiten<br />
unser westliches Wirtschafts- und Finanzsystem<br />
weltweit verursacht. Gleichzeitig zeigt<br />
er aber auch die ProtagonistInnen dieser<br />
Weltordnung und ihren frappanten Mangel<br />
an jeglichem Unrechts- und Verantwortungsbewusstsein.<br />
4/08 <strong>pax</strong> Seite 11
Pax Christi aktiv<br />
20 Jahre PCOÖ<br />
Botschafter des Frieden<br />
Pax Christi Oberösterreich feierte am Dienstagabend, 14. Oktober<br />
2008 in der Linzer Martin Luther-Kirche das 20-jährige Bestehen.<br />
Am 7. Oktober 1988 wurde bei der Gründungsversammlung in<br />
Mauthausen die Oberösterreichische Landesgruppe von Pax Christi<br />
als ökumenische Gruppe gegründet. Bei einem Gottesdienst mit<br />
Bischof Maximilian Aichern, Superintendent Herwig Karzel und<br />
Superintendent Helmut Nausner wurde die Landesgruppe unter dem<br />
Motto "Für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung"<br />
installiert. Pax Christi hat sich seit der Gründung in Oberösterreich<br />
in Politischen Friedensgebeten, Mahnwachen für aktuelle Friedensthemen<br />
und Aktionen eingesetzt. Daher sind einige Pax Christi<br />
AktivistInnen auch Mitglieder der Friedensinitiative der Stadt Linz.<br />
Aufgrund ihres langjährigen Einsatzes für<br />
Frieden und Gerechtigkeit wurde Pax<br />
Christi Tirol am 12. Oktober zum Botschafter<br />
der Friedensglocke des Alpenraums<br />
2008 ernannt. Diese Auszeichnung<br />
stellt eine besondere Anerkennung<br />
der Friedensarbeit von Pax Christi Tirol<br />
dar.<br />
Neutralitätslauf<br />
Gedenkweg Reichspogromnacht<br />
Die ökumenische Landesgruppe Pax Christi Tirol veranstaltete am 9.<br />
November zum Gedenken an die Opfer des Novemberpogroms 1938<br />
einen Besinnungsweg durch die Stadt Innsbruck. Die Innsbrucker<br />
NS-Szene war besonders fanatisiert, so dass die Innsbrucker Ausschreitungen<br />
mit 4 Toten, zahlreichen Verletzten und massiven Zerstörungen<br />
in der Synagoge und in Wohnungen von jüdischen MitbürgerInnen<br />
zu den blutigsten im ganzen "Reich" gehörten. Am<br />
Besinnungsweg, der zu ehemaligen Wohnhäusern der Opfer und zur<br />
Synagoge führte, aber auch eine Station vor dem ehemaligen SSund<br />
SA-Hauptquartier einschloss, nahmen zusammen mit Bischof<br />
Manfred Scheuer überraschend viele Menschen Teil.<br />
Dankeschön<br />
Auf diesem Weg möchten wir uns bei allen unseren fördernden Mitgliedern<br />
und UnterstützerInnen bedanken, die durch ihre Spenden<br />
unsere Friedensarbeit erst ermöglichen - Danke!<br />
Auch in diesem Jahr nutzte Pax Christi<br />
Oberösterreich den Linzer Citylauf am<br />
26. Oktober, dem österreichischen Nationalfeiertag,<br />
um in einem Neutralitätslauf<br />
ein Statement für die österreichische<br />
Neutralität abzugeben. Die AktivistInnen<br />
liefen in Neutralitäts-T-Shirts und verteilten<br />
auch Sticker.<br />
O Schlusspunkt<br />
Ein Weltwirtschaftssystem, das in den<br />
letzten Jahren unreflektiert als Synonym<br />
für menschlichen Fortschritt gesehen<br />
wurde, hat durch seine schwere Krise die<br />
Welt an einen Scheidepunkt geführt.<br />
Die Zukunft wird zeigen, welchen Weg<br />
wir einschlagen werden.<br />
Zuletzt bleibt aber noch die Hoffnung -<br />
Eine andere Wirtschaft ist möglich!<br />
Seite 12 <strong>pax</strong> 4/08