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Semantischer Test zur Volitionalität

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<strong>Test</strong>: Intentionalität (<strong>Volitionalität</strong>)<br />

absichtlich-<strong>Test</strong><br />

Wenn sich die Verbphrase durch absichtlich modifizieren lässt, ist dies ein Hinweis für<br />

Intentionalität bzw. <strong>Volitionalität</strong>, d. h. der (i.d.R. durch das Nom-Argument denotierte) Referent<br />

ist in der Lage, die verbale Situation/das verbale Ereignis nach freiem Willen herbeizuführen:<br />

(1) Er kletterte absichtlich auf den Baum.<br />

Schon etwas seltsamer sind die folgenden Sätze:<br />

(2) Er fiel absichtlich vom Baum.<br />

(3) Er brach sich absichtlich ein Bein.<br />

Hier wird durch die Modifikation mit absichtlich eine volitionale Lesart erzwungen, die wir in<br />

einem neutralen Kontext nicht wählen. Satz (2) lässt sich kausativ paraphrasieren: Er ließ sich<br />

absichtlich vom Baum fallen.<br />

Dagegen ist der folgende Satz ungrammatisch, weil er keine volitionale Lesart zulässt:<br />

(4) * Er gefiel ihr absichtlich.<br />

Hinzufügung eines Zwecks<br />

Ein ähnlicher Effekt kann durch das Hinzufügen eines Zwecks (mit um zu) erreicht werden:<br />

(5) Er kletterte auf den Baum, um weiter sehen zu können.<br />

(6) Er fiel vom Baum, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.<br />

(7) Er brach sich absichtlich ein Bein, um nicht mitwandern zu müssen.<br />

(8) ?? Er gefiel ihr, um sie wiedersehen zu können.<br />

Katarina Klein Argumentstruktur 1/3


Gegenproben und der wollen-<strong>Test</strong><br />

<strong>Test</strong>: Intentionalität (<strong>Volitionalität</strong>)<br />

Eine Gegenprobe mit obwohl X das nicht wollte bzw. obwohl das nicht X’s Absicht war oder aus Versehen<br />

ist möglich:<br />

(9) ?? Er kletterte auf den Baum, obwohl er das nicht wollte.<br />

?? Er kletterte aus Versehen auf den Baum.<br />

(10) Er fiel vom Baum, obwohl er das nicht wollte.<br />

Er fiel aus Versehen vom Baum.<br />

(11) Er brach sich ein Bein, obwohl er das nicht wollte.<br />

(12) Er gefiel ihr, obwohl er das nicht wollte.<br />

Er gefiel ihr, obwohl das nicht seine Absicht war.<br />

?? Er gefiel ihr aus Versehen.<br />

Beim wollen-<strong>Test</strong> ist Vorsicht geboten, da wollen nicht nur eine Absicht, sondern auch einen<br />

Wunsch ausdrücken kann (vgl. Bsp. (12)). Ob die Verwirklichung des Wunschs im<br />

Einflussbereich des Wünschenden liegt oder nicht, spielt hierbei keine Rolle. Insbesondere kann<br />

der <strong>Test</strong> auf <strong>Volitionalität</strong> nicht durch eine wollen-Paraphrase erfolgen:<br />

(13) Er wollte ihr gefallen.<br />

Aber auch die Gegenprobe ist mit Vorsicht zu behandeln. Satz (9) ist ohne weiteres pragmatisch<br />

zu reparieren, vgl. den folgenden Satz:<br />

(14) Er kletterte mit ihr auf den Baum, obwohl er das nicht wollte.<br />

Obwohl das in Satz (14) ausgedrückte Ereignis ohne den Handlungswillen des Kletternden nicht<br />

stattfinden kann, scheint die Gegenprobe erfolgreich zu sein. Satz (14) impliziert, dass der<br />

Kletterer gegen seinen Wunsch handelt, jedoch nicht, dass er gegen seinen Willen handelt (den<br />

schwierigen und sprachlich weniger interessanten Fall einer möglichen Hypnose oder<br />

Zwangshandlung lassen wir an dieser Stelle unberücksichtigt).<br />

Bei semantischen <strong>Test</strong>s ist also die Kontrolle der aktuell möglichen Lesarten notwendig.<br />

Bei der Überprüfung der Grammatikalität von Sätzen ist es notwendig,<br />

die intendierte und die aktuelle Lesart zu beachten!<br />

Klassifizierung in Bezug auf <strong>Volitionalität</strong><br />

Es gibt in Bezug auf die <strong>Volitionalität</strong> mindestens drei Klassen von Verben:<br />

1) Verben, die ein volitionales Agens voraussetzen (wie klettern),<br />

? lassen absichtlich als Modifikator zu<br />

? lassen aus Versehen usw. nicht zu<br />

2) Verben, die eine volitionale Lesart erlauben, aber nicht voraussetzen (wie fallen),<br />

? lassen absichtlich als Modifikator zu (erzwingt eine volitionale Lesart)<br />

? lassen aus Versehen usw. zu (erzwingt nicht-volitionale Lesart)<br />

denkbar sind hier drei Varianten:<br />

a) Verben, die wir in neutralem Kontext volitional interpretieren<br />

b) Verben, die wir in neutralem Kontext nicht volitional interpretieren (fallen)<br />

2/3 Argumentstruktur Katarina Klein


c) Verben ohne Präferenz in neutralem Kontext (treffen?)<br />

3) Verben, die keine volitionale Lesart erlauben (wie gefallen).<br />

? lassen absichtlich als Modifikator nicht zu<br />

? lassen aus Versehen usw. nicht zu<br />

Katarina Klein Argumentstruktur 3/3

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