Der Lokalisierungs-Bericht von Hofrat Georg Hauer aus dem Jahre ...
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<strong>Der</strong> <strong>Lokalisierungs</strong>-<strong>Bericht</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Hofrat</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>Jahre</strong> 1808<br />
her<strong>aus</strong>gegeben <strong>von</strong> Paul Vogt
DIE REISE GEORG<br />
HAUERS<br />
Am 13. Juni 1808 brach in Wien der fürstliche <strong>Hofrat</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong><br />
zu einer längeren Reise auf, die für die Zukunft des Fürstentums<br />
Liechtenstein <strong>von</strong> grosser Bedeutung werden sollte. Seine Reise hatte<br />
zwei Ziele: Erstens wollte er das Fürstentum Liechtenstein bereisen<br />
und dessen Verwaltung untersuchen. Zweitens wollte er in der<br />
Schweiz Kühe einkaufen, mit denen sich die Rindviehzucht auf den<br />
fürstlichen Herrschaften verbessern Hess. <strong>Hofrat</strong> <strong>Hauer</strong> traf am 19.<br />
Juni in Vaduz ein. Bereits am nächsten Tag begann er mit seiner<br />
«Lokalisierung», die darin bestand, dass er alles, was mit der<br />
Landesverwaltung oder der herrschaftlichen Ökonomie zu tun hatte,<br />
besichtigte und überall nach Verbesserungsmöglichkeiten suchte. Am<br />
ersten Tag nahm er einen Augenschein <strong>von</strong> den herrschaftlichen<br />
Gebäuden und Gütern. Dann besuchte er Triesen und Balzers und am<br />
zweiten und dritten Tag die Alp Sücka. Dabei überanstrengte er sich<br />
und zog sich eine fiebrige Erkältung zu, die ihn für mehrere Tage ins<br />
Bett zwang. Nun wurde seine Laune denkbar schlecht, und er begann<br />
mit seinem Schicksal zu hadern, das ihn in diesen elenden, abgelegenen<br />
Winkel der Welt geführt hatte. Nichts war ihm mehr recht: Es gab<br />
keine vertrauenerweckenden Ärzte und keine richtigen Apotheken<br />
in der Gegend. Die Speisen und Getränke in Vaduz waren für den<br />
hohen Herrn ungeniessbar und ekelerregend. <strong>Der</strong> Gedanke, dass er<br />
Vaduz bald wieder verlassen könne, war sein einziger Trost.<br />
Am 28. Juni - mittlerweile hatte er fünf Tage das Bett gehütet -<br />
ging es ihm wieder etwas besser, so dass er sich in der Lage fühlte,<br />
Einblick in die Tätigkeit des Oberamtes zu nehmen. Dieser Aufgabe<br />
widmete er sich dann auch am nächsten Tag. Die Erkenntnisse, die er<br />
dabei gewann, lassen sich in einem Satz zusammenfassen: Alles<br />
musste <strong>von</strong> Grund auf anders werden. <strong>Der</strong> altgediente Landvogt<br />
Franz Xaver Menzinger sei zwar ehrlich, ansonsten aber alt,<br />
heruntergekommen, verdriesslich und verstehe <strong>von</strong> den Amtsgeschäften<br />
nicht das mindeste. Die Amtsorganisation stamme noch <strong>aus</strong> einer<br />
längst vergangenen Zeit und müsse nach modernen Richtlinien neu<br />
organisiert werden. Für die Institution der beiden Landschaften mit<br />
ihren Landammännern hatte er nicht das geringste Verständnis. Sein<br />
vernichtendes Urteil lautete «Bauernvögte», 1<br />
und damit war die<br />
Sache für ihn auch schon abgetan. Zwischendurch empfing er auch<br />
73
die Untertanen, deren Bitten und Beschwerden er sich anhörte. Er<br />
kam dabei zu einem für das absolutistische Zeitalter erstaunlichen<br />
Ergebnis: «Zwischen Obrigkeit und Unterthanen walten dermal keine<br />
Strittigkeiten ob.» 2<br />
Diese Feststellung beweist, dass Landvogt Menzinger<br />
bei der Durchführung <strong>von</strong> obrigkeitlichen Massnahmen darauf<br />
achtete, dass diese für die Bevölkerung akzeptabel waren. Er schuf<br />
sich keine Schwierigkeiten, in<strong>dem</strong> er die Leute durch absolutistische<br />
Gebärden vor den Kopf stiess.<br />
Am 30. Juni schrieb er den ersten Teil seines <strong>Bericht</strong>es, den er<br />
nach Wien vor<strong>aus</strong>sandte. In den darauf folgenden Tagen besuchte er<br />
noch die Herrschaft Schellenberg. Am 4. Juli hatte er seine Lokalisierung<br />
abgeschlossen und schrieb den zweiten Teil seines <strong>Bericht</strong>s. Am<br />
Tag darauf reiste er wieder ab.<br />
In Liechtenstein sprach sich rasch herum, dass ein hoher Besuch<br />
im Lande weilte. Die Leute wussten aber noch nicht, was dieser<br />
Besuch für sie bedeuten würde. Jakob Heibert schrieb in seiner<br />
Chronik: «Am 18. Brachmonat kam auf Vaduz der liechtensteinische<br />
Kanzlei-<strong>Hofrat</strong> <strong>von</strong> Wien <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>, der viele Sachen besichtigte<br />
und landschäftliche Beschwerden gehört hat. Nach einem 14tägigen<br />
Aufenthalt ist selber in die Schweiz gereist und hat in Bern etlich 40<br />
Schweizerkühe gekauft.» 3<br />
Unüberhörbar kritische Töne schug ein<br />
paar <strong>Jahre</strong> später der Amtsbote Johann Rheinberger in seinem<br />
«Politischen Tagebuch» an: <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> bezeichnete er als einen<br />
Mann, «der die fürstlichen Schaafe (= die Untertanen, der Hrsg.) so<br />
gut zu bescheeren wusste als den besten Fürsten um die Wolle zu<br />
betrügen.» 4<br />
Weiter betitelte er <strong>Hauer</strong> und Schuppler als «Herren<br />
Staatsverderber» 5<br />
und als «zweifache Schurken, die den Staat um sein<br />
Eigenthum zu betrügen und auf Rechnung desselben die fürstlichen<br />
Privatrenten in einen höheren Ertrag zu bringen suchten.» 6<br />
Diese<br />
1 <strong>Bericht</strong> vom 30. Juni 1808, S. 10.<br />
2 <strong>Bericht</strong> vom 28./29. Juni 1808, Punkt 5.<br />
3 Jakob Heibert: Chronik. Hrsg. <strong>von</strong> Johann Baptist Büchel. In: JBL1929, S. 128.<br />
4 Johann Rheinberger: Politisches Tagebuch. Hrsg. <strong>von</strong> Rudolf Rheinberger. In: JBL<br />
1958, S. 234. Die genaue Datierung des «Politischen Tagebuches» ist nicht<br />
möglich. Es enstand um 1815.<br />
5 ebda. S. 237.<br />
6 ebda. S. 236.<br />
74
Beurteilung erfolgte freilich erst einige <strong>Jahre</strong> später in der Rückschau<br />
auf die Ereignisse <strong>von</strong> 1808. Vorerst wussten die Liechtensteiner noch<br />
nicht, was auf sie zukam.<br />
Nach seiner Rückkehr nach Wien unterrichtete <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong><br />
Fürst Johann I. über die Ergebnisse seiner Reise und schlug dabei<br />
einschneidende Reformen vor. Seine Vorschläge fanden die uneingeschränkte<br />
Zustimmung des Fürsten. <strong>Hauer</strong> erhielt den Auftrag, eine<br />
neue Dienstinstruktion <strong>aus</strong>zuarbeiten, die einem neu zu ernennenden<br />
Landvogt in Vaduz als Richtschnur für die zukünftige Organisation<br />
und Tätigkeit des Oberamtes in Vaduz dienen sollte. 7<br />
Die neue<br />
Dienstinstruktion wurde am 7. Oktober 1808 <strong>von</strong> den beiden<br />
liechtensteinischen Hofräten Theobald <strong>von</strong> Walberg und <strong>Georg</strong><br />
<strong>Hauer</strong> unterzeichnet. Sie kam einem völligen «Umsturz» der alten<br />
Ordnung gleich. Obwohl die Unterschrift des Fürsten Johann I. fehlt,<br />
war dieser zweifellos mit allem einverstanden. 8<br />
Die Dienstinstruktion vom 7. Oktober 1808 wurde in der<br />
liechtensteinischen Geschichtsschreibung schon wiederholt dargestellt,<br />
und ihr Text wurde bereits einmal <strong>aus</strong>zugsweise 9<br />
und einmal<br />
vollständig publiziert. 10<br />
Angesichts der Bedeutung, die diesem Dokument<br />
zukommt, ist es sicher gerechtfertigt, den «<strong>Lokalisierungs</strong>-<br />
<strong>Bericht</strong>» <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>s einem breiteren Publikum zugänglich zu<br />
machen. Dieser <strong>Bericht</strong> zeigt, wie die absolutistisch eingestellten<br />
fürstlichen Beamten dachten und unter welchen Gesichtspunkten sie<br />
7 Entwurf der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 in der Handschrift <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>s im<br />
H<strong>aus</strong>archiv der Regierenden Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein, Kopie im Liechtensteinischen<br />
Landesarchiv. <strong>Der</strong> Her<strong>aus</strong>geber bedankt sich auch an dieser Stelle für<br />
wertvolle Hinweise (insbesondere zur Person <strong>von</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>) bei Frau Dr.<br />
Evelin Oberhammer, Archivarin im fürstlichen H<strong>aus</strong>archiv.<br />
8 Die Erklärung dafür, dass die Dienstinstruktion <strong>von</strong> Fürst Johann I. nicht<br />
unterschrieben wurde, ist vermutlich recht einfach: Fürst Johann I. weilte Anfang<br />
Oktober 1808 nicht in Wien. Dies geht <strong>aus</strong> einem Schreiben in ganz anderem<br />
Zusammenhang hervor (Walberg an Schmid-Grollenburg am 5. 10. 1808. HALW<br />
S312).<br />
9 Auszug <strong>aus</strong> der <strong>dem</strong> Landvogt Josef Schuppler erteilten Dienstinstruktion vom 7.<br />
Oktober 1808. Hrsg. <strong>von</strong> Karl <strong>von</strong> In derMaur. In: JBL 1905, S. 203-208.<br />
10 Dienstinstruktionen für Landvogt Josef Schuppler vom 7. Oktober 1808. Hrsg. <strong>von</strong><br />
Alois Ospelt. In: Liechtenstein Politische Schriften Bd. 8, 1981. S. 247 - 258.<br />
75
die Verhältnisse analysierten. <strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> enthält aber auch manche<br />
interessante Bemerkung über Alpen, Mühlen, Jagd, Fischerei usw.<br />
Nicht zuletzt aber ist der <strong>Bericht</strong> eine vergnügliche Reise in eine<br />
Vergangenheit, die uns kaum mehr bekannt ist.<br />
BIOGRAPHISCHE NOTIZEN ZU GEORG HAUER<br />
Die bislang bekannten Daten zu <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> sind nur Bruchstücke,<br />
immerhin geben sie aber einen Einblick in das Leben dieses<br />
Mannes. <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> wurde 1764 in Pritlach (Przikluk) auf der<br />
liechtensteinischen Herrschaft in Mähren geboren. 11<br />
Er stammte <strong>aus</strong><br />
bürgerlichen Verhältnissen. Über seine Ausbildung ist nichts bekannt,<br />
doch ist zu vermuten,dass er die Grammatikaischule besuchte, wo er<br />
auch etwas Latein lernte. Wahrscheinlich sprach er auch Böhmisch.<br />
Weiter lässt sich <strong>aus</strong> seiner beruflichen Laufbahn der Schluss ziehen,<br />
dass er kein Studium durchlaufen hat, sich aber durch seine Tätigkeit<br />
gute Kenntnisse in allen Fragen der herrschaftlichen Ökonomie<br />
erwarb. <strong>Hauer</strong> war ein Mann, der scharf denken konnte. In den<br />
Diensten der Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein durchlief er eine steile<br />
Laufbahn: 12<br />
1780 Burggrafenamtsschreiber in Landskorn<br />
1783 Kanzleischreiber in Eisgrub<br />
1784 Amtschreiber in Trübau<br />
1787 Wirtschaftsbereiter in Trübau<br />
1. März 1794 Burggraf in Hohenstadt<br />
1. Oktober 1800 Amtmann in Eisgrub<br />
1. April 1802 Amtmann in Trübau<br />
1. April 1806 Inspektor in Lundenburg<br />
1. Januar 1808 2. <strong>Hofrat</strong> bei der fürstlich liechtensteinischen<br />
Hofkanzlei in Wien<br />
1. September 1815 vom Dienst freigestellt<br />
1. Januar 1816 pensioniert<br />
11 Mitteilung Frau Dr. Evelin Oberhammer.<br />
12 H<strong>aus</strong>archiv der Regierenden Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein, Wien: Schematismus<br />
sämtlicher fürstlicher Beamten 1786 - 1940 und Beamten-Verzeichnis 1790<br />
(Mikrofilm im Liechtensteinischen Landesarchiv). Zusätzlich Mitteilung <strong>von</strong> Frau<br />
Dr. Oberhammer.<br />
76
Wichtig als Hintergrundwissen für seine «Lokalisierung» in<br />
Liechtenstein waren seine beiden letzten Tätigkeiten. Fürst Johann I.<br />
befasste sich schon bald nach seinem Regierungsantritt im <strong>Jahre</strong> 1805<br />
mit der Reorganisation seiner Herrschaftsverwaltung. So wurde<br />
<strong>Hauer</strong> im Frühjahr 1806 zum Wirtschaftsinspektor in Lundenburg<br />
ernannt. Insgesamt gab es vier solcher Inspektoren, denen die<br />
Inspektion auf den liechtensteinischen Herrschaften in einem bestimmten<br />
Gebiet übertragen war. 13<br />
Fürst Johann I. mass ihnen eine<br />
grosse Bedeutung bei. Nach seinen Worten hing <strong>von</strong> ihnen «das<br />
meiste der besseren oder schlechteren Administration der Herrschaft<br />
schaft» 14<br />
ab.<br />
Im Zuge der Reorganisation der fürstlichen Verwaltung wurden<br />
auf Anfang 1808 Personalveränderungen bei der fürstlichen Hofkanzlei<br />
- der Zentralbehörde in Wien - vorgenommen. <strong>Der</strong> dirigierende<br />
<strong>Hofrat</strong> Haymerle wurde pensioniert, und der bisherige zweite <strong>Hofrat</strong><br />
Theobald <strong>von</strong> Walberg trat an seine Stelle. <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> wurde nun<br />
zum zweiten <strong>Hofrat</strong> ernannt. Theobald <strong>von</strong> Walberg wurden die<br />
Regierungs-, H<strong>aus</strong>- und Forstangelegenheiten übertragen. <strong>Hauer</strong><br />
übernahm die Bereiche Ökonomie, Buchhaltung, Bereisung und<br />
Lokalisierung. 15<br />
Diese Aufgaben führten ihn im Sommer 1808 nach<br />
Vaduz.<br />
1815 wurde die liechtensteinische Verwaltung erneut reorganisiert<br />
und rationalisiert, was wiederum zu zahlreichen Personalveränderungen<br />
führte. Diese erneute Reorganisation war vermutlich <strong>aus</strong>schlaggebend<br />
für das Ende <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong>s Laufbahn: Er wurde im Alter <strong>von</strong><br />
nur 52 <strong>Jahre</strong>n ohne Angabe <strong>von</strong> Gründen auf den 1. September 1815<br />
vom Dienst freigestellt und dann auf den 1. Januar 1816 pensioniert. 16<br />
Seine Pension betrug die respektable Summe <strong>von</strong> jährlich 2000<br />
Gulden und 500 Gulden Teuerungszulage.<br />
13 Oskar Criste: Feldmarschall Johannes Fürst <strong>von</strong> Liechtenstein. Eine Biographie.<br />
Wien 1905, S. 159.<br />
14 ebda. S. 159.<br />
15 ebda. S. 260. Mitteilung <strong>von</strong> Frau Dr. Oberhammer.<br />
16 Mitteilung Fr. Dr. Oberhammer.<br />
77
DER<br />
LOKALISIERUNGSBERICHT<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> <strong>von</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> ist keine abgerundete Beschreibung<br />
des Fürstentums Liechtenstein. Bei der Arbeitsweise <strong>Hauer</strong>s war dies<br />
wohl auch nicht möglich: Er arbeitete (und schrieb) <strong>aus</strong>serordentlich<br />
rasch, vieles skizzierte er bloss, manches tönte er nur an und behielt<br />
sich weitere mündliche Ausführungen vor. <strong>Der</strong> erste Teil des<br />
<strong>Bericht</strong>s entstand am 30. Juni 1808 und umfasste 23 Seiten, der zweite<br />
Teil mit 9 Seiten am 4. Juli 1808. Zum <strong>Bericht</strong> gehörten ursprünglich<br />
eine ganze Reihe <strong>von</strong> Beilagen, <strong>von</strong> denen aber nur noch zwei<br />
vorhanden sind: die Erhebung über die Organisation und die Tätigkeit<br />
des Oberamtes vom 28./29. Juni und eine Zusammenstellung über die<br />
Fronpflichten. <strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> ist nicht nach einer strengen Systematik<br />
gegliedert, vielmehr berichtete <strong>Hauer</strong> in der Reihenfolge seiner<br />
Besichtigungen. Die Lokalisierung <strong>Hauer</strong>s hatte aber System: Er<br />
wusste, worauf er zu achten und in welche Richtung er Fragen zu<br />
stellen hatte.<br />
Das grösste Gewicht mass <strong>Hauer</strong> den Fragen der herrschaftlichen<br />
Ökonomie bei. Ob es sich um den Weinbau, den Wald, die Lehen, die<br />
Zehentabgaben oder die landesherrlichen Regalien handelte: überall<br />
suchte er nach Möglichkeiten, den wirtschaftlichen Nutzen zu<br />
erhöhen. In diesen Belangen war er sehr genau und befasste sich auch<br />
mit Detailproblemen. Die Einstellung des alten Landvogts Menzinger,<br />
dass das Fürstentum Liechtenstein für das Fürstenh<strong>aus</strong> nur ein<br />
«Honorificum» sei und deshalb keinen Ertrag abwerfen müsse, 17<br />
erregte seinen Unmut. Her<strong>aus</strong>zuheben ist aber auch seine grundsätzliche<br />
Überlegung, dass die Verpachtung der fürstlichen Rechte und des<br />
fürstlichen Besitzes wohl die einfachste und gewinnbringendste<br />
Nutzung war, da dadurch der Aufwand sehr klein gehalten werden<br />
konnte: In dieser Einöde, meinte er, sei der trockene Zins schon<br />
immer der sicherste Gewinn gewesen. 18<br />
An die wirtschaftlichen<br />
Entwicklungsmöglichkeiten des armen -Ländchens mochte <strong>Hauer</strong><br />
wohl nicht so recht glauben.<br />
17 <strong>Bericht</strong> vom 30. Juni 1808, S. 3.<br />
18 ebda. S. 10.<br />
78
Bei der Durchleuchtung der Organisation und Tätigkeit der<br />
Amtsverwaltung bewies <strong>Hauer</strong> grosse Routine. Er mass das Oberamt<br />
an den Ämtern auf den andern liechtensteinischen Herrschaften: Die<br />
Verwaltung des Fürstentums Liechtenstein sollte grundsätzlich gleich<br />
organisiert und gleich behandelt werden. Die für die Verwaltung und<br />
Ökonomie der fürstlichen Herrschaften erlassenen Instruktionen<br />
sollten auch im Fürstentum Anwendung finden. Durch eine Reihe<br />
<strong>von</strong> Verwaltungsreformen sollten die wichtigsten Grundsätze des<br />
Absolutismus in Liechtenstein durchgesetzt werden: Die Entscheidungsbefugnisse<br />
sollten straff zentralisiert werden. Alle wichtigen<br />
Fragen mussten der Hofkanzlei vorgelegt werden, das Oberamt<br />
konnte nur in untergeordneten Fragen entscheiden. Den Gemeindebehörden<br />
wurde kaum mehr zugestanden, als ein verlängerter Arm<br />
der Obrigkeit zu sein - «Trabanten des Amtes», wie sie der Amtsbote<br />
Rheinberger spöttisch bezeichnete. 19<br />
Lokale Besonderheiten und<br />
Traditionen wurden im Absolutismus nivelliert und <strong>aus</strong>geräumt. Für<br />
das Bestehen <strong>von</strong> Landschaften und Landammännern gab es unter<br />
solchen Gesichtspunkten keine Existenzberechtigung mehr. Das<br />
erklärte Ziel bestand darin, überall eine «Gleichförmigkeit» zu<br />
erreichen, die als wesentliche Vor<strong>aus</strong>setzung einer geordneten Verwaltung<br />
angesehen wurde. Ein weiterer Wesenszug des Absolutismus war<br />
die beginnende Bürokratisierung der Staatsverwaltung: Ein erster<br />
Schritt in diese Richtung war die Schaffung einer gemeinsamen<br />
Kanzlei für alle Beamten. Dadurch wurde es möglich, die Arbeitsräume<br />
<strong>von</strong> den Wohnräumen eindeutig abzugrenzen, was wiederum die<br />
Einführung <strong>von</strong> «Kanzleistunden» sinnvoll machte. Die Registratur<br />
wurde verbessert, die blosse mündliche Erledigung <strong>von</strong> Geschäften<br />
wurde eingeschränkt, die Schriftlichkeit in der Verwaltung vorangetrieben.<br />
Weiter wurden die Kontrollmechanismen in der Verwaltung<br />
durch die Einführung <strong>von</strong> Registern, Protokollbüchern usw. verstärkt.<br />
All diese Fragen einer Verwaltungsreform wurden im <strong>Lokalisierungs</strong>bericht<br />
<strong>Hauer</strong>s aufgegriffen und dann durch die Dienstinstruktion<br />
<strong>von</strong> 1808 einer vorläufigen Lösung zugeführt.<br />
<strong>Der</strong> «Umsturz» der alten Ordnung beinhaltete auch das Überbordwerfen<br />
der alten Rechtsvorstellungen. An sich wäre zu erwarten<br />
19 Johann Rheinberger: Politisches Tagebuch. In: JBL 1958 S. 235.<br />
79
gewesen, dass bei einer völligen Reorganisation des Fürstentums<br />
juristische Überlegungen berücksichtigt worden wären. Es ist aber<br />
auffallend, dass sowohl im <strong>Lokalisierungs</strong>-<strong>Bericht</strong> als auch in der<br />
Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 juristische Argumentationen fehlen.<br />
<strong>Hauer</strong> kümmerte sich nicht um die Feststellung der rechtlichen<br />
Problematik, er richtete sich allein nach <strong>dem</strong> <strong>aus</strong>, was ihm nützlich<br />
erschien. Für ihn war es ohnehin eine Selbstverständlichkeit, dass der<br />
Fürst alleiniger Souverän war und in absolutistischer Weise alles nach<br />
seinem Gutdünken einrichten konnte. <strong>Hauer</strong> schlug vor, dass<br />
der neue Landvogt in den verschiedensten Rechtsbereichen neue<br />
Gesetze zu Händen der fürstlichen Hofkanzlei und des Fürsten<br />
entwerfen sollte. Er entwickelte jedoch weder Vorstellungen, wie diese<br />
neuen Gesetze <strong>aus</strong>sehen sollten, noch scheint er sich Gedanken<br />
darüber gemacht zu haben, welcher Aufwand und welche Schwierigkeiten<br />
mit der Ausarbeitung eines umfassenden neuen Gesetzwerkes<br />
verbunden sein mussten. Er ging wohl <strong>von</strong> der etwas naiv anmutenden<br />
Idee <strong>aus</strong>, dass die entsprechenden österreichischen Gesetze ohne<br />
grösseren Aufwand für Liechtenstein adaptiert werden könnten - <strong>von</strong><br />
einer systematischen Rezeption der österreichischen Gesetzgebung<br />
sah man vermutlich <strong>aus</strong> Rücksicht auf den Rheinbund vorerst ab. Wie<br />
wenig sich <strong>Hauer</strong> um juristische Bedenken kümmerte, zeigte sich<br />
aber auch im Streit um die Kriegserlittenheiten: Obwohl in diesem<br />
langjährigen Prozess das höchste Urteil kundgemacht war, fühlte er<br />
sich berechtigt, den Fall an Ort und Stelle neu aufzurollen und ein<br />
neues Verfahren einzuleiten. Es zeigt sich hier doch sehr deutlich, dass<br />
sich <strong>Hauer</strong> zwar in Fragen der herrschaftlichen Ökonomie <strong>aus</strong>kannte,<br />
dass er aber in juristischen Fragen wohl weder die nötige Ausbildung<br />
noch die nötige Erfahrung hatte.<br />
Das pragmatische Denken <strong>Hauer</strong>s kommt auch darin zum<br />
Ausdruck, dass er sich nicht mit grundsätzlichen staatsphilosophischen<br />
Überlegungen befasste. Obwohl er nirgends sein Staatsverständnis<br />
explizit formulierte, lässt sich dieses doch <strong>aus</strong> seinen Äusserungen<br />
her<strong>aus</strong>schälen. <strong>Hauer</strong> stand geistesgeschichtlich in der Tradition des<br />
aufgeklärten Absolutismus. Dieser legitimierte die reine monarchische<br />
Staatsform mit der «landesväterlichen Fürsorge», <strong>von</strong> der sich<br />
die Monarchen angeblich beim Regieren leiten Hessen. Die Landesfürsten<br />
waren gemäss dieser Ideologie am besten in der Lage, das<br />
Gesamtwohl ihrer Länder zu gewährleisten und die divergierenden<br />
80
Einzelinteressen abzuwägen. Die «dummen Bauern» hingegen waren<br />
nicht einmal fähig, ihr eigenes Bestes zu erkennen und mussten zu<br />
ihrem Glück gezwungen werden (z.B. durch die Aufteilung und<br />
Kultivierung der Riede, die Einführung des obligatorischen Schulunterrichts,<br />
die Abschaffung <strong>von</strong> Feiertagen usw.). Die «Fürsorge für das<br />
Wohl der Untertanen» veranlasste die absolutistischen Monarchen<br />
zur Einrichtung der ersten staatlichen Fürsorgeeinrichtungen (z.B.<br />
Landesphysikus, Hebammen, Feuerlöscheinrichtungen u.a.).<br />
Diese Herrschaftslegitimation war aber teilweise blosse Schönfärberei.<br />
<strong>Hauer</strong> war ebenso geprägt <strong>von</strong> der Idee des Patrimonialstaates,<br />
wonach die Landeshoheit und die Regalien hatten erworben werden<br />
müssen und damit zum Privatvermögen des Landesherrn gehörten,<br />
über das dieser frei verfügen konnte. Gerade diese Auffassung, die<br />
dazu geführt hat, dass die «Staatsgefälle» (wie Zoll, Weggeld usw.) bei<br />
der Reform des staatlichen Finanzweses zu den fürstlichen Renten<br />
geschlagen worden waren, erregte den Zorn des Amtsboten Rheinberger.<br />
GRUNDSÄTZE FÜR DIE TEXTEDITION<br />
<strong>Der</strong> <strong>Lokalisierungs</strong>-<strong>Bericht</strong> <strong>von</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> war gedacht als<br />
Entscheidungsgrundlage für die Reorganisation des Landes. <strong>Der</strong><br />
Autor hätte sich wohl kaum vorstellen können, dass dieser <strong>Bericht</strong> je<br />
publiziert werden könnte. <strong>Hauer</strong> war ein fleissiger, aber auch ein<br />
rascher und manchmal flüchtiger Schreiber: Für den Autor zählten<br />
aber stilistische Unebenheiten oder Schreibfehler wenig, ihn interessierte<br />
nur das Ergebnis, das er möglichst rasch und mit möglichst<br />
kleinem Aufwand erreichen wollte.<br />
Für die Edition ergibt sich durch die sich widersprechenden<br />
Wünsche, einerseits den Text möglichst originalgetreu wiederzugeben<br />
und andererseits doch einen lesbaren Text vorzulegen, ein Konflikt.<br />
Im vorliegenden Fall wurde dieser Konflikt durch folgende Editionsgrundsätze<br />
zu lösen versucht: <strong>Der</strong> Her<strong>aus</strong>geber bemüht sich um eine<br />
möglichst originalgetreue Wiedergabe des Textes. Wörter, die <strong>von</strong> der<br />
heute gebräuchlichen Rechtschreibung abweichen oder <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong><br />
selbst unterschiedlich geschrieben wurden, werden nicht korrigiert.<br />
Falsche oder fehlende Dehnungen und Schärfungen werden ebenfalls<br />
nicht berichtigt. Im Interesse einer leichteren Lesbarkeit werden<br />
81
hingegen folgende Anpassungen vorgenommen: j wird entsprechend<br />
seinem Lautwert als j oder i wiedergegeben. Endungen auf -en und<br />
-em, die <strong>Hauer</strong> nicht unterschied, werden berichtigt. Die Gross- und<br />
Kleinschreibung wird den modernen Regeln angepasst, ebenso die<br />
Interpunktion. Die Getrennt- und Zusammenschreibung folgt der<br />
Vorlage. Substantivische Komposita, die bei <strong>Hauer</strong> oft unverbunden<br />
stehen, werden durch einen Bindestrich zusammengehängt (Vieh-<br />
Transport statt Vieh Transport). Abkürzungen werden aufgelöst, ohne<br />
dies im Text ersichtlich zu machen, sofern sie eindeutig sind, sonst<br />
werden sie in eckigen Klammern aufgelöst. Fehlende Satzteile<br />
werden, sofern dies für die Verständlichkeit des Textes nötig erscheint,<br />
in eckigen Klammern ergänzt. Wörter, die bereits <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong> in<br />
Klammern gesetzt wurden, werden in runden Klammern wiedergegeben.<br />
Textstellen, die nicht sicher lesbar sind, werden mit einem<br />
Fragezeichen in eckigen Klammern versehen. Zusätze am Rand des<br />
Textes, die bei der späteren Arbeit in Wien angebracht wurden,<br />
werden in den Anmerkungen wiedergegeben.<br />
LITERATURHINWEISE<br />
Da die einschlägige Literatur in den Jahrbüchern des Historischen<br />
Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (JBL) <strong>aus</strong>reichend bekannt<br />
ist, kann hier auf ein <strong>aus</strong>führliches Literaturverzeichnis verzichtet<br />
werden. Speziell hingewiesen sei lediglich auf 3 Arbeiten, die nicht in<br />
diesen Jahrbüchern erschienen sind und die weitere Literaturangaben<br />
enthalten:<br />
Büchel Josef: <strong>Der</strong> Gemeindenutzen im Fürstentum Liechtenstein. Triesen 1953.<br />
Ospelt Alois:<br />
Vogt Paul:<br />
Verfassungstexte 1808 - 1918. In: Liechtenstein Politische Schriften.<br />
Bd. 8. Vaduz 1901. S. 245 ff.<br />
Verwaltungsstruktur und Verwaltungsreformen im Fürstentum<br />
Liechtenstein in der ersten Hälfte des 19. Jh. Liz. Arbeit. Zürich<br />
1979.<br />
82
1. TEIL: DER BERICHT VOM 30. JUNI 1808<br />
Meine Reise nach Liechtenstein habe ich im Hieherweg über Ulm<br />
eingeleitet, weil die Bestellung der Schiffe zum Vieh-Transport<br />
vor<strong>aus</strong>gelassen werden musste, ohne <strong>dem</strong> ich mit der Heerde bis zu<br />
Ausfertigung der Schiffe wäre aufgehalten worden oder <strong>von</strong> hier die<br />
Reise nach Ulm besonders hätte machen müssen - so die Auslag auf<br />
die Posten vermehret - mir auch mehrere Täge geraubt hätte. Ich<br />
langte nach diesem Umweeg den 19.ten Juny, folglich den 7.ten Tag<br />
nach meinem Aufbruch <strong>von</strong> Wien, hier an - würde aber ohne einen<br />
Aufenthalt <strong>von</strong> V2 Tag und einer Nacht in München, dann V2 Tag in<br />
Ulm den 5.ten Tag in Vaduz eingetroffen seyn.<br />
Was ich hier antraf, übertraf meine Erwartungen - behalte mir bevor,<br />
das Detail bey meiner Rückkunft mündlich zu relationiren, hier nur<br />
einen kleinen Umriss vor<strong>aus</strong> zu schicken.<br />
Niemand ist vermögend den uncultivierten Zustand der Herrschaft,<br />
der Landesverfassung und der Geschäfts-Ordnung sich vorzustellen,<br />
der hie<strong>von</strong> den Augenschein nicht eingenommen hat. Wenn<br />
der Schöpfer erst voriges Jahr sein Schöpfungswerk vollendet und die<br />
ersten Menschen zur Cultur des Bodens angesetzt hätte, so könnte<br />
man nicht weiter zurückseyn. Und was ist die Ursache dieses wüsten<br />
Zustandes? Die mangelhafte Landesverfassung und die zur Regierungsführung<br />
bestellten Beamten. Es ist noch das Hirtenleben hier das<br />
herrschende, und niemand wirkt hinzu, was das gesellschaftliche Band<br />
und die derzeitigen Bedürfnisse unumgänglich nothwendig machten.<br />
Das Hirtenleben war in erstem Zeit der menschlichen Niederlassung<br />
allenfalls erträglich, aber nicht dermal, wo das gesellschaftliche Band<br />
so viele Bedürfnisse erzeugt hat. Und eben daher mangelt es der<br />
Landschaft an Profesionisten 1<br />
- jeder ist nur Bauer, das väterliche Gut<br />
wird unter die Kinder ohne amtlichen Einfluss in gleiche Teile getheilt<br />
und so ungereimt, dass ein besseres Stück, wenn es auch noch so gering<br />
ist, so viele Abtheilungen erhält, als Erben vorhanden - so auch die<br />
Gütter <strong>von</strong> mitterer und der schlechtesten Eigenschaft, daher einzelne<br />
Besitzungen sich auch nur auf Quadratklafter beschränken und zu<br />
einzelnen Bäumen 5 bis 10 bis 20 Theilnehmer sind. 2<br />
Die Aussicht auf<br />
ein Grundeigenthum verhindert die Professions-Erlernung und<br />
Eruerrung [?]\<br />
2<br />
83
alle Unterthanen bleiben also Bauern, und da der Besitz <strong>von</strong> einigen<br />
Quadratklaftern sie zu ernähren nicht vermag, so ist eben die<br />
Dürftigkeit so sehr herschend, und bey einem <strong>aus</strong>serordentlichen<br />
Missjahr oder Kriegsbeschädigungen müssen die Unterthanen <strong>aus</strong><br />
<strong>dem</strong> Kammerbeutel 4 des Landesherrn gefrätzet 5 werden. Wäre dies<br />
wohl der Fall, wenn die Bauerngütter - wie in Österreich, Mähren und<br />
Böhmen - untrennbar wären? Wo der Landmann immer kräftig bleibt,<br />
bey gehöriger Industrie [in der Lage ist,] sich <strong>aus</strong> einem ihn<br />
betroffenen Unglück zu erholen? <strong>Der</strong> Österreicher Landesfürst müsste<br />
sehr reich seyn, wenn er seine Unterthanen so wie der hiesige<br />
unterstützen müste. Das kleine Fürstenthum restiret 6<br />
über 104000 f<br />
Seiner Durchlaucht, theils an ihm gewährten baaren Unterstützungen,<br />
theils an nicht abgetragenen Schuldigkeiten, die es bisher bei der<br />
Langmuth des Amts willkürlich vorenthalten durfte.<br />
Um <strong>dem</strong> Lande aufzuhelfen, muss das Amt - welches nur den<br />
Namen einer Regierung 7<br />
führet - regulirt und zwekmässig instruirt<br />
werden, dann muss<br />
1. auf die Grundstücke-Vereinigung bis zu einem die Familie zu<br />
nähren vermögenden Stand unabweichlich gedrungen und jede<br />
Verringerung schärfest untersagt werden. 8<br />
2. Müssen die getheilten Gemeindheiten als erbliche, <strong>von</strong> Häusern<br />
untrennbare Entien 9<br />
erkläret werden, wodurch den Gemeinden<br />
kein Nachtheil erwächst, weil die Theilung in gleichen Antheilen<br />
geschehen ist und die einzelnen Glieder das Ganze der Gemeinden<br />
<strong>aus</strong>machen. 10<br />
3. Muss statt <strong>dem</strong> vor 500 <strong>Jahre</strong>n prakticablen Landesgebrauch 11 ein<br />
nach itzigen Umständen anwendbares Gesetzbuch eingeführet,<br />
diese Verfügung auch auf Polizey und peinliche Fälle 12<br />
extendiret,<br />
nicht minder die beim Verfahren zum Leitfaden dienliche Gerichts-<br />
Ordnung 13<br />
vorgeschrieben werden - wobey das Oberamt die l.te<br />
Instanz, die 2.te die Hofkanzley und das Revisorium ein besonderes<br />
Conseil unter Vorsitz Seiner Durchlaucht bilden könnte. 14<br />
4. Mangeln hier die Grundbücher ganz, daher diese zu verfassen,<br />
amtlich zu führen, dann mit einer diesfälligen Tax-Norma zu<br />
versehen seyn werden. 1S<br />
5. Das adelige Richteramt 1Sa kennt man gar nicht, blos werden<br />
3<br />
84
amtlich Vögte oder Vormünder ernannt und diese pflegen ohne<br />
Vorwissen oder Einfluss des Amts die Verlassenschaften und antworten<br />
die Verlassenschaften ein. Hierüber muss eine Instruktion<br />
entworfen, [die Verlassenschaftsabhandlungen] <strong>dem</strong> Amt allein übertragen<br />
und auch eine Tax-Norma vorgeschrieben werden. 16<br />
6. Um all dieses zu bezweken, müssen Beamte voll Kenntniss<br />
der Österreicher Manipulation 17<br />
und mit <strong>dem</strong> besten Willen anher<br />
gesetzt, der sonst ehrliche, aber äusserst schläfrige und decrepite 18<br />
Landvogt 19 - mit ihm der Amtschreiber, 20 der Chyrurgus Grass 21 und<br />
Zollner 22<br />
ihr Spielwerk treiben - so geschwind möglich in den<br />
Ruhestand gesetzt, der Amtschreiber gar entlassen werden. Den<br />
Vorschlag zur Besetzung 23<br />
behalte mir bevor, bei meiner Nachh<strong>aus</strong>kunft<br />
zu erstatten. Die Ausführung dessen wird <strong>von</strong> ungemeinen<br />
wohlthätigen Folgen für den Landesherrn und Unterthan seyn, weil<br />
diese den Landvogt beherrschenden Leute zu viel Unfug treiben und<br />
sich hiebey auf Rechnung des Unterthans bereichern - wo<strong>von</strong> die<br />
Contumacirung 24 bei <strong>dem</strong> Stritt über die Kriegsschäden 2S den<br />
redenden Beweiss liefert und offenbar die sachfälligen Gemeinden<br />
<strong>dem</strong> gänzlichen Ruin <strong>aus</strong>setzen. 26<br />
So wie alles, eben so ist die Kanzley mit ihrer Organisation<br />
bestellet: Keine Schrift wird präsentirt, 27<br />
die Kanzley-Stube gleichet<br />
<strong>dem</strong> elendesten Kerker, und die Unordnung hierin ist unglaublich.<br />
Mit der neuen Amtsorganisierung muss eben die gemeinschaftliche<br />
Kanzley 28<br />
errichtet werden, wozu die Gelegenheit vorhanden ist, und<br />
die Ordnung wird nicht verfehlt seyn - dermal vaciret 29<br />
die Kanzley<br />
immer, der Amtschreiber ist Bürger und H<strong>aus</strong>besitzer und der<br />
Landvogt ein alter, decrepiter, verdrüsslicher Mann, der im Jahr wenig<br />
seine Stube und Ofen verläst und verglichen mit den unwissendsten<br />
unserer Beamten noch ein Tiro 30<br />
ist. Ich wundere mich also nicht,<br />
wenn vor Ankunft des Rentmeisters Smieth 31<br />
das Fürstenthum gar<br />
nichts getragen hat und warum der Rentmeister selbst schon voll<br />
Gram und Missmuth ist. <strong>Der</strong> Landvogt hält das Fürstenthum selbst<br />
nur für ein Honorificum 32<br />
und also nicht für nöthig, dass es auch<br />
Nutzen tragen solle - daher wird niemand zur Zahlung angehalten,<br />
daher dann auch eine sonderbare Gebahrung bey Verlassung der<br />
landesfürstlichen Gründen, der Weinmanipulation etc. an der<br />
Tagesordnung stehet.<br />
85
Die ersten Tage meines Hierseyns habe mit Localisirungen<br />
4<br />
zugebracht und vorsonderlich alle Gemeinheiten, obrigkeitliche<br />
Gebäude, Gründe etc. beaugenscheiniget. Das alte Vaduzer Schloss<br />
hat 2 altfe], römische Wachtthürme, die ich Seiner Durchlaucht bei<br />
Liechtenstein 33<br />
in Österreich wünsche. Die auffallende Bauart, die<br />
riesenmässig ist, wo unentliche Steinmassen das Mauerwerk <strong>aus</strong>machen<br />
und ganz mit Immergrün verwachsen sind, erregen bei <strong>dem</strong><br />
Wanderer Bewunderung und Erstaunen. Hier sind die Steinmassen<br />
ganz anders gereihet, als man zu Eisgrub bei der Hansenburg 34<br />
zu<br />
imitiren getrachtet hat. Das übrige des Schlosses ist blos eine spätere<br />
Zupatzung der bequemeren Wohnung wegen, ist aber eben schon so<br />
schlecht, dass, wenn das Dach nicht unterhalten wird, 35<br />
der darin<br />
bequartirte Jäger und Thorwarter bald <strong>aus</strong>ziehen müssen. 36<br />
Ein Saal<br />
hat noch eine uralte, ganz conservirte Decke mit den Quadratein und<br />
Rosetten, die allenfalls in den Saal der alten Veste Liechtenstein am<br />
Gebirg anwendbar wäre, wenn sie die Kosten des Transports lohnete,<br />
auch die derartigen Thürfutters-Verkleidung und AJmeds [?] 37<br />
<strong>von</strong><br />
Eichenholz sind noch obhanden. Hier im Schloss sind 3 Gewölber,<br />
welche die herrschaftlichen Keller <strong>aus</strong>machen sollen, im Sommer aber<br />
wenig Schutz wider das Eindringen der Sonne gewähren.<br />
Eine sonderbare Manipulation 38 hat man hier mit <strong>dem</strong> Wein, und<br />
[die] ist ganz unnatürlich. Wehrend der Löse 39 wird der Masch 40 im<br />
Torklgebaüd in Bodungen 41<br />
gegeben, dort bis 8 Wochen, da er schon<br />
ganz Essig sauer ist, belassen, die Bedungen 42<br />
selbst sind einige Zoll<br />
stark mit Weinstein überzogen und gleich Essiggefässen eingesäuert,<br />
erst nach so gearteter Vorbereitung wird der Masch gepresst, dann in<br />
die Vässer des Burgkellers verfüllt, die meisten Geschirre nicht voll<br />
gemacht und in Boden eine Menge Zapfen angebracht, hier<strong>aus</strong> dann<br />
gezogen, so oft der Fall des Bedarfs eintritt, wodurch es geschieht, dass<br />
in je<strong>dem</strong> Vass ein Hand dicker Kamm sich bildet und das Verderbniss<br />
des Weines bereitet, um so mehr als man hier keinen Einschlag 43<br />
kennet, also das Geschirr nicht eingebrennt 4311<br />
zu werden pfleget. Ob<br />
bei diesem Verfahren die Weine gut und haltbar seyn können, ist leicht<br />
zu abstrahiren, und eben darum ist man hier <strong>von</strong> der Überzeugung,<br />
dass die Weine<br />
5<br />
86
sich nur durch 1 Jahr asserviren 44<br />
lassen. Ich glaube, der beste Brunnen<br />
müsste bey dieser Manipulation nicht besser als der hiesige <strong>aus</strong>fallen.<br />
Übrigens wird hier keine Controll bey der Weinfechsung 45<br />
und auch<br />
im Keller nicht beobachtet. <strong>Der</strong> herrschaftliche Kiefer oder Bindermeister<br />
hat alles über sich, er treibt zugleich den Ausschank, 46<br />
aber [er]<br />
muss ein äusserst ehrlicher Mann seyn, wenn er bey der souverainen<br />
Gebahrung nicht versucht werden sollte, für sich zu denken. Hier wird<br />
wesentlich nothwendig seyn, den Versuch zum Pressen der hiesigen<br />
Trauben, besonders beim weissen Wein, zu machen, die Geschirre in<br />
Einschlag zu halten, stetts voll zu füllen, die Österreicher Controll bei<br />
der Fechsung, rauhen Füll[ung], dann übrigen Gebahrung zu begründen,<br />
<strong>dem</strong> Kiefer zum Ausschank einen Keller einzuantworten und<br />
<strong>dem</strong>selben die Weine nach Bedarf vorzulegen, zumalen <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />
Kelleramt die Haupt-Revenie 47<br />
gezogen wird.<br />
Die Kieferey ist ein grosses hölzenes Gebäud und hat einen<br />
weitschichtigen Wiesen-, Garten- und Akerbesitzstand. 48<br />
Es wurden<br />
jemals 49<br />
daselbst 12 bis 16 Stük Khüe unterhalten, itzt hingegen sind<br />
diese Gründe verlassen, worunter auch der <strong>dem</strong> Wirth Rheinberger 49 "<br />
verlassene Antheil für 90 f begriffen ist. Kaum würde bey der wenigen<br />
Economie-Käntniss der Beamten die eigene Regie <strong>von</strong> grösserem<br />
Vortheil seyn, besonders da hier immerwehrende Regen zu seyn<br />
pflegen, welche die Einbringung der Früchte erschweren, bei unthätigen<br />
Beamten gar verlohren giengen.<br />
Die Weingärten haben auch eine eigene Manipulation. Sie werden<br />
durch Gruben und Bögen perpetuirlich 50<br />
erhalten und immer sehr<br />
hoch geschnitten. Den Vorteil hat die Obrigkeit, dass die Unterthanen<br />
zu Düngung der Weingärten den Mist - jedes H<strong>aus</strong> [ist] zu einer Fuhr<br />
[verpflichtet] - herbeischaffen müssfen]. 51<br />
Da jedoch das Amt in die<br />
Dunglieferung keine Einsicht nimt, sondern den Weingartenmeistern<br />
überlässt, so wird die Obrigkeit verkürzt - daher ordentliche Register<br />
geführt und, da jedes H<strong>aus</strong> jährlich 1 Fuhr herbeizuschaffen schuldig<br />
ist, auf die Abfuhr nach Bedarf und Reluirung 52 des nicht abführenden<br />
Antheils angestanden, der diesfällige Verrait 53<br />
<strong>von</strong> Beamten geführt<br />
werden sollte, wodurch bey <strong>dem</strong> Werth eines Fahrteis <strong>von</strong> 2 f<br />
6<br />
keine geringe Lösung denen Renten zuwachsen würde.<br />
Unter anderm hat die Obrigkeit auch zwischen Vaduz und Triesen<br />
87
den sogenannten Schweblhof, 54 der bis 150 Metzen 55 Äker und Wiesen<br />
begreift. Dieser wurde anno 1751 nach Art des abschriftlich zuliegenden<br />
Contracts auf Lebenslang der damaligen Pächter und ihrer Erben<br />
verlassen und stehet noch immer in diesen Bedingnissen unter Pacht.<br />
Nach meiner Überzeugung und selbst des Contract Inhalt ist das<br />
obrigkeitliche Eigenthum noch nicht vergeben, und da der stipulirte 56<br />
Zins <strong>dem</strong> Reale nicht angemessen ist, kann hiemit in andere Wege<br />
disponiert werden, und es müsste schlecht gehen, wenn die Gründe<br />
2<br />
nicht um /3tl höher gebracht werden könnten, zumalen sie die<br />
glücklichste Lage aller Gründe im Fürstenthum haben, die Wiesen<br />
ganz der nützlichsten Bewässerung unterliegen und in Vorzeiten mit<br />
Zuhilfenehmung der obrigkeitlichen Alpen jährlich 40 Khüe zu<br />
erhalten vermochten. Ich halte dafür, dass man die dermaligen<br />
Nutzniesser bei ihrem erworbenen Recht belassen, bey je<strong>dem</strong> Sterbfall<br />
aber die weitere Verpachtung im einzelnen nach den itzigen Zeitumständen<br />
vornehmen lassen sollte.<br />
Bey Bereisung der Herschaft habe auch die guttenbergische Güter 57<br />
bey Balzers samt der alten Bergveste in Augenschein genommen,<br />
woher der jährliche Zins <strong>von</strong> 500 f bis zu Austrag des Stritts mit<br />
Beyern 58 in Amts-Deposito 59 genommen worden. Österreich sollte den<br />
Stritt immer behaupten, da es ein Privat-Eigenthum unter der<br />
lichtensteinischen Landeshoheit ist und Österreich in Binden 60<br />
eben<br />
auf diese Art bei Radzins 61 ihr Eigenthum behalten hat, der<br />
vorgreifliche bayerische Commissair also hat abziehen müssen. Wenn<br />
so ein Eingrief in fremdes Eigenthum gerecht wäre, so könte wohl der<br />
hiesige Landesfürst die guttenbergische Gütter eher als Bayern<br />
einziehen - ja er hätte auch die hiesigen St.Johannes Gütter 62<br />
confisciren können, da das Kloster in Turthal [vom] Canton St.Gallen<br />
aufgehoben worden [ist] und kein Landesfürst die Gütterschätze<br />
exportiren läst. Diese Gütter hätten schöne Weinberge, Zehende und<br />
ein solides H<strong>aus</strong> mit Keller <strong>dem</strong> Fürstenthum zugeführt. Wenn nun<br />
Östereich die Guttenberger Gütter und Wolfingerischen Lehen 63<br />
in<br />
Balzers behauptet, so Sölten sie Seine Durchlaucht mit Capital ablösen<br />
und in neuerliche Pacht geben oder veräussern, die sich um die Hälfte<br />
melioriren Hessen.<br />
7<br />
In Triesen nächst Balzers ist ein landesherrlicher Weingarten, der eine<br />
88
zimmlich gute Lage hat, aber schlechten Wein liefert, und sonst in<br />
gutem Zustand ist. Ich begab mich <strong>von</strong> hier auf die fürstliche Alpe<br />
Sicka, die heuer für 180 f 64<br />
verpachtet ist. <strong>Der</strong> Weg dahin ist äusserst<br />
beschwerlich. Ich verbrachte hiebei 2 Tage, kam so ermattet zurück,<br />
dass mich ein Fieber überfiel - so mich schon zweimal heimsuchte.<br />
Dort haben die Bauern <strong>aus</strong> den Örtern ohne eigenthümliche Alpen die<br />
Khüe aufgetrieben, und hatten bey meiner Anwesenheit gerade den<br />
Fecht-Act 65 begangen. Die Khüe wurden nemlich, nach<strong>dem</strong> sie 10<br />
oder 14 Tage aufgetrieben waren, kontrollmässig gemolken, die<br />
Ausbeüte abgewogen und stückweise aufgeschrieben, welches Vermerk<br />
bei Vertheilung der Milchnutzung unter den einzelnen Khüe-<br />
Eigenthümern zum Regulativ dienet. Da die Heerde nur den Hirten,<br />
dann 2 Alpvögten anvertrauet bleibet und diese die Mölkung, dann<br />
Butterung versehen, jeder Khueeigenthümer sich dann begnügen<br />
muss, was diese ihm nach <strong>dem</strong> Resultat der Fechtung abliefern, so<br />
finde ich bey dieser Anstalt nur wenig Beruhigung. Das einzige Gute<br />
liegt in den gesunden Alpen-Kräutern und daher auch in der<br />
Conservirung der Rinder. Die Butter wird in <strong>dem</strong> Alpenh<strong>aus</strong> bis zur<br />
herbstlichen Vertheilung aufbewahret, wird nass und ist oftmalen mit<br />
fingerlangen Schimpl verwachsen. Ich ziehe unsere Manipulation der<br />
hiesigen vor, auch der Nutzen wird bey uns grösser entfallen. Hier hat<br />
die Gebirgslage und die anderwärtig nicht zulässige Benutzung der<br />
Terrains diese Anstalt dictirt. Dort auf der Alpen wachset unzähliger<br />
Enzian. Die Wurzl wird gegraben, wenn sie 7- bis 8-jährig und daher<br />
stark genug ist, hier<strong>aus</strong> dann ein Gesundheits-Branndwein gezogen.<br />
Eine sicherer 66 Johann Schlegel 67 hat sich eine derley Siederey vom<br />
Holz errichtet und zahlt an Wurzlgrabungs-Zins jährlich 7 f in die<br />
Renten, aber jene ganze Fabrication beschränkt sich blos auf jährlich<br />
100 Maas derley Brandwein.<br />
Aus den Alpen gieng ich über das Triesner Bergwaldl <strong>von</strong> 1000<br />
Quadratklaftern, das <strong>von</strong> keiner Bedeutung ist, dann in das Menschenwaldl,<br />
so etwa 8000 Quadratklafter messen könnte, worin aber viel<br />
Wiesflecke sind und eben an den Johann Schlögl <strong>von</strong> Triesen für 5 f<br />
verpachtet sind,<br />
8<br />
hat aber blos krippelhaftes Holz, weil der Vieheintrieb allgemein ist<br />
und nur wenige Stämme sich <strong>von</strong> <strong>dem</strong> Abfressen durchs Vieh in die<br />
89
Höhe heben können. Von da besuchte die 3 Gips Steinbrüche oberhalb<br />
Vaduz. Sie sind unerschöpflich, wie Allabaster weiss und <strong>von</strong><br />
besonderer Gütte, aber in hiesiger Gegend ohne Werth, da in Bünden,<br />
Schweitz und bey Feldkirchen eben derley Brüche sind. Wären diese<br />
Brüche bey Wien, so könten sie 8000 bis 10000 f jährlich abwerfen.<br />
Die zuliegende Berechnung 68<br />
des Arbeitslohns gegen den Verkaufspreis<br />
zeigt den geringen Verdienst, blos das Fuhrlohn des Unternehmens<br />
<strong>von</strong> 44 x nach Abschlag des resultirten Schadens <strong>von</strong> 24 x mit 20 x<br />
ist sein reiner Gewinn, und da er jährlich 800 Faass absetzt, so hat er<br />
266 f 40 x Pferderhaltungs Aushülfe, 69 die er wegen der Wirthschaft<br />
unterhalten muss und bei ruhenden Feldarbeiten zur Zufuhr der<br />
Steine <strong>von</strong> Brüchen nützlich zu verwenden vermag.<br />
Von den Steinbrüchen überging ich in den Bock- und Bergweingarten<br />
beim Schloss, die die beste Lage im Lande haben, gut bestellt sind,<br />
aber durch die fehlerhafte Manipulation eben einen züklenden 70<br />
Wein<br />
liefern und wenigstens mich bald unter die Erde bringen würden,<br />
wenn ich den Essig länger trinken müsste. In <strong>dem</strong> geräumigen Torkel<br />
beim Bock sind 2 Pressen, die collosalisch sind und <strong>von</strong> anno 1527<br />
bestehen, eine eben so ungeschickte Struktur haben, wie man in<br />
diesem Zeitalter überhaupt in allem massiv zu seyn pflegte. Das ganze<br />
Gebäud ist mit Maischbodungen garnirt, die wie Essiggefässe stinken.<br />
<strong>Der</strong> Bockweingarten ist mit [einer] Mauer umfangen, wo<strong>von</strong> eine<br />
grosse Strecke eingestürzt ist, und rings um ist ein wenigstens 3 Klafter<br />
breiter Waasenboden, den die 2 Weingartenmeister geniessen. Auch<br />
die um die Mauer geziegelten Reben gehören zu ihrem Genuss, die im<br />
ganzen ihre geringe Besoldung zu erheben vermögen. Weiter rückwärts<br />
gegen Schaan stürzt sich ein Bach <strong>von</strong> einem schroffen Felsen<br />
herab, der aufgefangen erstlich auf eine unterthänige Pulver-, dann 3<br />
obrigkeitliche Mahlmühlen, eine Stampf" und Hanfreibe 72<br />
geleitet,<br />
endlich zur Gipsvermahlung benutzt wird. Wie plitzschnell hier die<br />
Mühlen gehen, da der Wasserfall <strong>aus</strong>serordentlich hoch ist, hat meine<br />
Verwunderung erregt. Hier sah ich die Spelzenthülsungs- 73<br />
und<br />
Mahlmühlen. Erstere sind in je<strong>dem</strong> Mahlh<strong>aus</strong>e besonders und mit<br />
einem Windfächer<br />
9<br />
versehen. <strong>Der</strong> untere Mühlstein ist sehr dick, der laufende obere<br />
höchstens 6 bis 8 Zoll stark, nur weich und besonders <strong>aus</strong>gepikt, 74<br />
90
wodurch er nur die Hilsen <strong>von</strong> Körnern ablöst, herunterschaft. <strong>Der</strong><br />
Windfang bläst die Hilsen in einem eigenen Gang her<strong>aus</strong> auf die Erde.<br />
Die Körner hingegen fallen durch die eigends angebrachte Öfnung in<br />
eine unter dieser stehende Bodung. Da jedoch die Enthülsung auf<br />
einen Umtrieb nicht vollendet ist, so werden sie 3 bis 5 mal<br />
aufgegeben, bis die vollendete Entleerung der Hilsen <strong>von</strong> Körnern<br />
merkbar wird. <strong>Der</strong> so gereinigte Spelz wird dann auf die ordentliche<br />
Mahlmühle gebracht und wie in Österreich der Weitz behandelt. Hier<br />
wird gar wenig Korn, Weitz keiner, nur Winter- und Sommer-Spelz,<br />
Türkenweitz, Hanf <strong>von</strong> einer Klafter Höhe, Flachs, viel Gerst, kein<br />
Haber, Kraut, Saubohnen und häufige Erdäpfl gebauet. Die Mühle<br />
trägt 1000 f Zins, würde bei zureichen<strong>dem</strong> Malter 75<br />
in unserm Land<br />
4000 f ertragen, aber hier bestehet das Malter eines Einzelnen selten in<br />
mehr als einem oder 2 Vierteln, 76 höchstens einem Metzen, 77 und so<br />
muss der Müller je<strong>dem</strong> Einzelnen diese Wenigkeit vermählen, wo er<br />
bei completen Maltern 20 mal mehr verdienen könnte, und eben<br />
wegen diesen Verhältnissen ist der Müller, der sonst geschikt und<br />
thätig ist, noch in starken Rentrest. Den Türken und gedörte Erdäpfel<br />
bringen die Landleüte am haüfigsten zur Mühle, welche <strong>dem</strong> Müller<br />
nicht geringe Beschäftigung verursachen und wenigen Gewinn<br />
abwerfen.<br />
Noch an diesem Fluss ist die Rheinbergerische 78<br />
Gipsmühle mit<br />
einem schönen Stockwerk zur Wohnung und beifindiger Bretsäge. Da<br />
letztere aber nicht rentiret, so gedenket er sie in eine Öhlmühle zu<br />
umwandeln, glaubt, dar<strong>aus</strong> mehr Nutzen als <strong>aus</strong> der Bretsääg zu<br />
ziehen. Das Gebäude hat Rheinberger nach gepachtetem 79<br />
Gipsbruch<br />
<strong>aus</strong> eigenen Mitteln mit grossem Aufwand aufgeführt und viele<br />
Gründe zu einem Depot und Garten eingekauft. Indessen machet ihm<br />
der bayerische Zoll ein grosses Hinderniss im vorteilhaften Verschleiss<br />
des Gips, [er] ist daher nur entschlossen, die Pachtung auf den Fall<br />
beizubehalten, wenn er sie nach Abschlag der ihm noch zu Recht<br />
[zukommenden 3 auf weitere 15 <strong>Jahre</strong> erhalten würde, in der Hofnung<br />
für eine bessere Zukunft, weil ihm die Anlag schon so viele Kosten<br />
verursachet hat. Ungeachtet der Zins <strong>von</strong> jährlich 62 f nicht bedeütend<br />
10<br />
ist, so ist doch der Vortheil des Unterthans durch einen gesicherten<br />
Verdienst beim Steinbruch <strong>von</strong> grossem Belang, den der Landesherr<br />
9t
<strong>aus</strong> väterlicher Fürsorge für die Unterthan nicht hemmen sollte.<br />
Wären die Beamten zu[r] Administrirung eines derartigen Regals<br />
geeignet und wolten Seine Durchlaucht die Vor<strong>aus</strong>lagen selbst tragen,<br />
so könnte auf die Einziehung des Regals gedacht werden - aber es<br />
würde eine Goldensteiner Eisenhammer-Fabrique-Regie 80<br />
hier<strong>aus</strong><br />
resultiren und diese die wenigen Thaler, so in die Renten einfliessen,<br />
gar absorbiren, daher in dieser Einöde schon immer der trokene Zins<br />
der sicherste Gewin ist.<br />
Hier in Vaduz ist noch die Wohnung des Landvogts <strong>von</strong> 2<br />
Stockwerken, bestehend in je<strong>dem</strong> Stockwerk <strong>aus</strong> 5 Zimmern, wo in<br />
einem Löchl die sogenannte Kanzley angebracht ist - aber während<br />
meiner Anwesenheit nicht eine Stund im Tag offen stehet, weil man<br />
erstens sich nicht zu beschäftigen weiss: In Dörfern alles <strong>aus</strong>gemacht<br />
wird, die landesherrlichen Jura den Bauern-Vögten 81<br />
übertragen<br />
werden, der Amtschreiber seinen Speculationen nachhängt, der<br />
Landvogt beim Ofen brütet und lange Weile braucht, bis seine<br />
zitternde Hand einen Buchstaben darnieder schreibt, er gar nicht<br />
verstehet, was der Geschäftszug und Ordnung erheischet. Neben <strong>dem</strong><br />
Amtsh<strong>aus</strong>e ist die fürstliche Tafern, ein Holzstoss <strong>von</strong> unentlicher<br />
Massa, worin so viel zu repariren wäre, dass der jährliche Zins auf<br />
<strong>Jahre</strong> verschlungen würde, wenn Hand angelegt werden sollte. Statt<br />
<strong>dem</strong> Keller bestehet hiebei ein gewölbter Einsatz gerade an der<br />
Sonnen-Seite, weil der ganze Berg <strong>aus</strong> einer Steinmasse bestehet [,die]<br />
keinen Keller zu sprengen erlaubt, in der Niederfung] aber blos<br />
Sümpfe und nicht abzuleitende Gewässer diese Anlage verhindern.<br />
Neben der Kirch ist des Rentmeisters Wohnung, ein ganz artiges<br />
Gebäudl mit Garten, unweit diesem das Quartier des Chyrurg Grass<br />
auf einem Stock, endlich die 2 besondern, eben geräumigen Wohnungen<br />
der Schlosskapläne, deren Erhaltung insgesamt denen Renten<br />
obliegen.<br />
Ich schlage vor, 82<br />
den Chyrurgus Grass <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> fürstlichen<br />
Quartier zu schaffen und einen statt des bisherigen Amtschreibers<br />
aufzustellenden Gerichts-Actuar dort zu plassiren, 83<br />
sonst der Zank<br />
und Hader mit <strong>dem</strong> Rentmeister und Chyrurg nie aufhören wird,<br />
11<br />
welcher schon in die böblhaftesten Grobheiten <strong>aus</strong>geartet ist. Auf alle<br />
Fälle muss hier ein Landvogt, Rentmeister und Gerichts-Actuar oder<br />
92
Notar bestehen, 84<br />
unter denen die Administrirung der adeligen, civilen<br />
und peinlichen Justiz, 85 dann Polizey-Pflege, 86 die Rentamts-Verwaltung,<br />
die Steüer-Verrechnung, das einzuführende Conscripitons-<br />
Systeme, 87<br />
die Grundbuchsführung, die Aufsicht auf die Waldungen<br />
und Grundstücke zu untertheilen, sie zum Arbeiten in gemeinschaftlicher<br />
Kanzley zu verhalten und anzuweisen kämen, die Verhandlungen<br />
unter gemeinschaftlichem Beisitz vornehmen zu sollen, damit die<br />
dermaligen so schädlichen, einseitigen Verfügungen und <strong>Bericht</strong>serstattungen<br />
vermieden werden. 88<br />
Die Waldungen, 89<br />
welche nebst den vorgeschriebenen 2 Abtheilungen<br />
noch im Schlossbuden Waldl 90<br />
und Schwöfel[wald] <strong>von</strong> etwa<br />
80 Jochen, 91 in <strong>dem</strong> Tannen- und Fichtenwald Bürst bey Nendlen <strong>von</strong><br />
50 Joch, dann am Schellenberg in Grund-, Krazer-, Poja- und<br />
Burgwald 92<br />
bestehen, endlich im Samina Thal, einer unwegsamen<br />
Gegend, eine ungemessene Wildnuss begriffen, <strong>aus</strong> der bis 14000<br />
Klafter Holz täglich geschlagen werden könnten, sind 3 Individuen<br />
zur Aufsicht anvertrauet. <strong>Der</strong> Revieijäger beobsichtiget die im Saminen<br />
Thal, der Schlossthorwart das Triesner Menschen- und Schlosswaldl,<br />
der Landweibl <strong>von</strong> Mauren die Bürst und Schellenberger Abtheilungen.<br />
Ausser <strong>dem</strong> Deputatholz 93<br />
bezieht die Obrigkeit keinen Nutzen<br />
<strong>aus</strong> den Wäldern. Die Leute holen hier<strong>aus</strong>, was sie brauchen, meistens<br />
zur Verwuhrung der Rheinufer, und so ist die Aufsicht eine zwecklose<br />
Anstalt, wenn das Amt nicht Einfluss nimt und die Mitaufsicht trägt.<br />
Im Samina Thal werden 4000 Klafter ob <strong>dem</strong> Stamm zu 48 x und<br />
10000 Klafter zu 17 x anwöhrbar 94 seyn, [sie] können auf <strong>dem</strong> Samina<br />
Bach an die Gränze <strong>von</strong> Feldkirch geflösst werden. Da das Holz<br />
überständig ist, so sollte der Verkauf nicht gehindert werden. Zum<br />
Bedarf der Herrschaft kann dorther kein Holz erholet werden, weil die<br />
Alpen jede Überfuhr unmöglich machen.<br />
Bis hieher kam ich in ersten Tagen meines Hierseyns, bis mich das<br />
Fiber <strong>von</strong> der Fortsetzung der Localisirung abhielt und das Zimmer zu<br />
hütten nöthigte, wo ich die fieberfreyen Stunden zu Erhebung der<br />
obwaltenden Umstände über die<br />
12<br />
mitgenommenen Acten benutze. Diese sind folgende:<br />
93
N° 1<br />
Betrift die Kriegsschäden-Vergüttungen 95<br />
der strittigen Gemeinden,<br />
<strong>aus</strong> denen schon Deputationen bey mir waren, die ich auf eine<br />
abzuhaltende Zusammentrettung vorbeschied.<br />
N°2<br />
Ist keine Ursach vorhanden, <strong>dem</strong> Chyrurgus Grass die Steyerbefreyung<br />
<strong>von</strong> seinen Capitalien zuzugestehen, [das Gesuch] wäre<br />
abzuweisen und wider denselben bey unrichtiger Fassion nach Strenge<br />
des Gesetzes zu verfahren. 96<br />
Er ist eigentlich derjenige, welcher die<br />
Schwäche des Landvogts zu seinem Vortheil und Druck des Unterthans<br />
benutzet, er ist der l.te Regent des Fürstenthums, und seine<br />
Listen undurchdringlich. Er und einige Consorten sind hier das, was<br />
vormals auf der Herrschaft Ostrau 97<br />
die Juden waren, und eben seine,<br />
dann des Amtsschreibers Einleitungen haben in <strong>dem</strong> Kriegsschäden-<br />
Ersatz-Stritt die für die sachfälligen Gemeinden nachtheilige Contumacirung<br />
98<br />
herbeigeführt.<br />
N2 3<br />
<strong>Der</strong> Anton Jäger 99<br />
ist eben derjenige, welcher <strong>von</strong> 1801 bis 1804 in<br />
Wien die Thierarzney gehöret und fürstliche Unterstützung genossen<br />
hat. 100<br />
Nach seiner Rückkunft kaufte derselbe ein hölzernes H<strong>aus</strong> für<br />
626 f 30 x, fieng die Schmid-Profession und Thierarzney <strong>aus</strong>zuüben<br />
an, da er jedoch bey der Schmide nur an Landvogt, Wirthen<br />
Rheinberger und Zollner zahlbare Kunden hat, derenselben Schmidarbeiten<br />
nicht so <strong>aus</strong>giebig sind, dass ein Meister hie<strong>von</strong> leben könnte,<br />
alle anderen Leute nur auf Kreide oder bezahls Gott arbeiten lassen,<br />
so musste er um so mehr in die Schulden gerathen, als er zum<br />
H<strong>aus</strong>ankauf und Beischaffung des Werkzeugs gleich bis 800 f<br />
übernommen hat, die nebst den Interessen und anderweitigen<br />
Zinsungen schon auf 1200 f angewachsen sind. Sein Eigenthum<br />
beschränkt sich nun blos auf den Besitz des H<strong>aus</strong>es, Werkzeugs und<br />
einiger Quadratklafter Gründe, die kaum die Helfte der Schuld<br />
bedecken werden - wird ihm dies Reale abgenommen, so muss er mit<br />
Weib und 2 Kindern auf der Gasse<br />
13<br />
94
liegen. Da er ein Zögling der fürstlichen Regierung ist, so sollte er<br />
dennoch gewissermassen begnadiget und als der einzige Wissenschaftliche<br />
auf <strong>dem</strong> Fürstenthum durch 3 <strong>Jahre</strong> schuldigkeits- und hierunter<br />
auch interessefrey 101<br />
gehalten werden. Hebt er sich in der Zwischenzeit,<br />
so mag er auf <strong>dem</strong> H<strong>aus</strong> bleiben und die Schuld terminweise<br />
abzahlen, hebt er sich nicht, so wäre kein Ausweeg, und das H<strong>aus</strong> samt<br />
Werkzeug müsten zum besten der Renten versteigert werden, um<br />
wenigstens den V2 oder V3 Theil der Forderung zu vindiciren. 102<br />
NM<br />
Die Holzabgabe zur Ufer-Befestigung des Rheins gründet sich auf<br />
mehrere Erkenntnisse des Rheinoberhaupts 103<br />
und ununterbrochene<br />
Observanz - abgeschlagen kann sie also nicht werden. Aber da nicht<br />
nur die Gemeinden selbst eigene Waldungen besitzen, sondern<br />
einzelne Nachbarn auch eigene Wälderantheile haben, so kann der<br />
Obrigkeit nicht auferlegt werden, den ganzen Bedarf <strong>aus</strong> den geringen<br />
herrschaftlichen Waldungen herbeischaffen zu müssen, würde auch in<br />
der Länge weder zureichen, da die Rheinufer-Beschädigungen manchmal<br />
sehr <strong>aus</strong>gedehnt sind. Das beste ist, denen Gemeinden die<br />
Holzabgabe ein wenig zu erschweren und die Ausweisung unter<br />
Amts-Controll vollziehen zu lassen, wozu aber viele Regulierungen<br />
im Waldweesen vorhergehen müsten. Es bestehet hier weder ein<br />
Zeichbeil, 104<br />
und die Beamten vollziehen eben keine Controlle, weil<br />
der Chef dies Ding weder kennet, daher wird gehauen und geschlagen<br />
nach Lüsten und Bedarf, höchstens dörften die Holzknechte hiebei<br />
einen Trunk für sich gewinnen. <strong>Der</strong> Jäger wird nur als Wildschütz<br />
betrachtet und beobachtet unter einem den Wald im Samine Thal,<br />
aber da dorthin ohne<strong>dem</strong> kein Vogl, minder ein Mensch kommet, so<br />
höret die Ursach der Obsichttragung so lang auf, in wie lang nicht eine<br />
Strecke Wald zum Abholzen verkaufet wird.<br />
Mit <strong>dem</strong> Frohnholz hat es hier seine eigene Beschaffenheit.<br />
Ungeachtet es im Schlosswald geschlagen wird, die Leute also präsent<br />
sind, so kostet in der Frohn die Klafter dennoch 1 f 25V2 x, weil der<br />
14<br />
Frohner täglich 6 xr zu recht hat, daher rechnen sie so viel Tage auf,<br />
dass das Machen <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Taglohn viel niedriger <strong>aus</strong>fallen müste.<br />
95
Noch höher war vormals dies Schlagerlohn, seit der Anwesenheit des<br />
Rentmeisters ist auf den jährlichen Bedarf <strong>von</strong> 42 Klafter Holz ein<br />
P<strong>aus</strong>chale <strong>von</strong> 60 f festgesetzt worden.<br />
N2 5<br />
Die Schulanstalten sind hier Landes sehr schlecht. Um diese<br />
nützliche Anstalt zu begünstigen, so könnte die Gemeinde, da sie den<br />
Bau führen und den Schulmann erhalten will, mit ihrer Bitte erhöret<br />
werden; 105 dies würde kosten: 105 "<br />
6000 Stück Dachziegl ä 15 f 40 xr 93 f<br />
300 Stück Stockziegl ä 19 f 5 f 42 x<br />
40 Stück Hohlziegl ä 4 x 2 f 40 x<br />
14 Vassl Kalch ä 1 f 40 x 23 f 20 x<br />
6 Stamm Holz ä 1 f30x 9f<br />
133 f42x<br />
N2 6<br />
Die Uneinigkeit zwischen den Beamten 106<br />
hat in der zur Natur<br />
gewordenen Gewohnheit des Landvogts und in <strong>dem</strong> collerischen<br />
Temperament des Rentmeisters ihren Grund. 107<br />
Ersterer hat keine<br />
geordnete Amtirung gewohnt - dünkt sich allein Souverain. Letzterer<br />
will auch was wirken, wird aber nicht zugezogen und so entstehet<br />
Handl und Uneinigkeit. Die Prätension 108<br />
des Rentmeisters ist nicht<br />
unrichtig, weil er durch seinen Einfluss die bisher an der Tagesordnung<br />
gestandenen Willkührlichkeiten zu hemmen bemüht ist, besonders<br />
wenn er merkt, dass die Bundes-Lüge 109 die Impulsion 110<br />
hervorgebracht hat. Doch wird sich auch dies heben, wenn die<br />
unvermeidliche Regulirung des Amts vollzogen wird.<br />
N2 7<br />
Nur werden hier Landes bey der itzigen Amtsverwaltung keine<br />
Gründe in eigene Regie genommen, es ist ohnehin alles der Willkühr<br />
überlassen, es würde nicht angebaut noch gefechsnet; daher ganz<br />
recht, dass die Verlassung des langen Ackers 111<br />
bewilligt worden. Auf<br />
<strong>dem</strong> Schlossberg könnten 12 bis 16 Stück Kühe 112<br />
erhalten<br />
15<br />
96
werden, die Pächter der Gründe nähren sie auch dort in dieser Anzahl.<br />
Würden die Gründe zu obrigkeitlichen Händen eingezogen, so müsste<br />
der Viehstand angeschaft und ein Schaffer 113 <strong>aus</strong> Mähren verschrieben<br />
werden, das sich bey der ganzen Viehanzahl nicht wohl nutzbringend<br />
machen Hesse. Übrigens ist es wahr, dass die sogenannte Engering 114 so<br />
viele Verwüstung anzurichten pflegen, hieran ist die Bodeneigenschaft<br />
Ursache, die diese Thiere begünstiget. Die tragbare Erdkrumme<br />
bestehet meistens <strong>aus</strong> vermodertem Holz und Laub, die die Engering<br />
so sehr lieben - selbst im mährischen Gebirg, wo die Walderde öfters<br />
in die Gärten geschaft zu werden pflegt, finden sich derley Insekten<br />
häufig ein, unterlaufen die Pflanzen und vernichten die Hofnung der<br />
Anpflanzung. Hier ist kein Ausweeg, als diese Dungerde benutzen zu<br />
müssen, weil sonst kein Stroh gebauet und das Vieh nie bey H<strong>aus</strong>e<br />
gehalten, also wenig Dünger erzeiget wird. In halbem May oder später,<br />
nach Zulass der Witterung, werden die Heerden auf die Alpen<br />
getrieben, dort unter freyem Himmel bis halben September gehalten.<br />
Da nun die rauhe Witterung mit Schnee eintritt, werden die Kühe in<br />
mässigere Anhöhen abgetrieben, in kleine hölzerne Ställe gestekt und<br />
bleiben so lange, bis der dort <strong>von</strong> den Gebirgswiesen hinterlegte<br />
Heüvorrath aufgezehret ist. Dies trift im December, manchmal im<br />
Jenner [zu]. Darauf senken sie sich wiederum in einen mässigeren<br />
Horizont, wo eben so viele hölzerne Ställchen und Heüschopfen als<br />
Vieheigenthümer vorhanden sind. Dort weilen die Khüe bis Hornung,<br />
dann erst treffen sie bey H<strong>aus</strong>e ein, um die da hinterlegte Futter-Vorräthe<br />
zu verzehren. Nirgends wird was anders unterstreuet als das<br />
Heüfutter, so die Khüe nicht ganz aufnehmen, der Dünger bestehet<br />
blos <strong>aus</strong> den animalischen Excrementen, der in Jauchbehältnissen<br />
gleich neben der Stallthür aufgefangen und in Herbst und Frühjahr ob<br />
den Bergwiesen aufgeschmiret wird. Bei regnerischer Witterung<br />
erzeigt diese Düngungsart auf den Bergwiesen die schönste Vegetation<br />
der Gräser.<br />
16<br />
N°8<br />
a) Rheinbergers Antrag, die eingelösten St. Johannesser Zehende<br />
<strong>dem</strong> Landesherrn für die Tafern samt Zugehör zu überlassen, wäre<br />
nicht verwerflich, 115 falls die Zehend-Fassion 116<br />
sich verificiret. Um<br />
97
diesfalls in die Gewissheit zu kommen, so könnte ein 3jähriger<br />
Versuch mit Bezug des Zehends zu obrigkeitlichen Händen gemacht,<br />
dagegen <strong>dem</strong> Rheinberger der Genuss der Taferne überlassen werden.<br />
Bestättigt sich die Fassion, so könnte der T<strong>aus</strong>ch unbedenklich<br />
exequirt 117<br />
werden. Rheinberger scheint sich des besseren Ertrags<br />
seiner Zehende versichert zu halten, weil er geneigt ist, den 3jährigen<br />
Versuch zu accordiren, aber <strong>dem</strong> stellet sich entgegen, dass die schon<br />
so lang verschobenen Baulichkeiten nicht wiederum auf 3 <strong>Jahre</strong><br />
zurückgesetzt werden können. Die Obrigkeit müste sie gleich <strong>aus</strong>führen,<br />
und so wären 540 f in Wind geworfen, weil das ganze hölzerne<br />
obere Gebäude nothwendig eine ganz andere Struktur erhalten muss,<br />
wenn es nicht einstürzen soll. Da es gewiss ist, dass Rheinberger vom<br />
Churer Domkapittl für die Zehende einen Capitals-Anboth <strong>von</strong> 9000 f<br />
hat, so scheint dasselbe auch vergewissert zu seyn, dass die Zehende<br />
die diesfälligen Zinsen tragen können, und so glaubete [ich], dass<br />
Seiner Durchlaucht der Vortrag zu sogleichem Abschluss des T<strong>aus</strong>ches<br />
gemacht werden sollte. <strong>Der</strong> Weinabsatz kann keine Hinderniss<br />
abgeben, weil der Verschleiss in die Schweitz behände ist, nie in der<br />
Taffern obrigkeitliches Getränk <strong>aus</strong>geschenket worden [ist und] der<br />
Kiefer den Ausschank in grösserer Quantität als in der Taferne treibet,<br />
also um die Anwöhr 118<br />
der Weine keine grosse Sorge seyn darf.<br />
Bey der hiesigen Armuth des Landvolks und vorhandenen wenigen<br />
unternehmenden Leuten wird der Pacht kaum höher als dermal<br />
getrieben werden können. Rheinberger erhielt für die Johanneser<br />
Zehende die Tafferne samt Gaststall und Schöpfen, ein kleines<br />
Küchengartl unterm Wasserkasten, ein Grasgarten neben Ställen und<br />
das sogenannte Haberfeld <strong>von</strong> 14 bis 15 Metzen, das eigentlich eine<br />
sumpfige Wiese ist, mit Ausschluss der Frohnen, auf die<br />
17<br />
er gern verzichtet. Aber in Recognitionem Domini 119<br />
müste er<br />
dennoch zu einem mässigen jährlichen Zins angehalten werden,<br />
der beim Wirtsh<strong>aus</strong> in<br />
10 f<br />
bei <strong>dem</strong> Küchengärtl in<br />
10 x<br />
bei <strong>dem</strong> Grasgartl<br />
20 x<br />
bei <strong>dem</strong> Haberfeld<br />
1 f 30 x<br />
zusammen<br />
12 f<br />
98
estehen könnte, oder verbindlich machen, in Veränderungsfallen zu<br />
einem Lau<strong>dem</strong>ium 120<br />
vom Gulden des Kaufschillings zu 1 x - höher<br />
will er sich nicht einlassen, da sein Zehend den Nutzen des<br />
obrigkeitlichen Regali überwiegt.<br />
b) Die Benutzung der Gipsbrüche zu obrigkeitlichen Händen,<br />
setzet die Erbauung oder Ablösung der Rheinbergerischen Gipsmühle<br />
vor<strong>aus</strong>, so mit<br />
3000 f<br />
nicht bewerkstelliget werden könnte; die Steinbevorräthigung und<br />
Gipsmahlung mit Vässer Beischaffung erfordert eben eine Vor<strong>aus</strong>lage<br />
<strong>von</strong><br />
3000 f<br />
<strong>Der</strong> Gips wird dann bis zum Absatz creditirt, der <strong>von</strong> Zeit zu Zeit auch<br />
einige T<strong>aus</strong>end Gulden verschlingt. Da nun die hiesigen Renten<br />
ohnehin immer plank sind und diese Vor<strong>aus</strong>lagen nicht erschwingen,<br />
die Beamten zur derartigen Werkführung nicht geeignet sind, so rathe<br />
an, den Rheinberger einschliessig der ihm noch gebührenden 3<br />
Contracts-<strong>Jahre</strong> den Pacht auf die gebethene 18 <strong>Jahre</strong> zu verwilligen,<br />
dass er<br />
für den Bruch jährlich<br />
für die Mühle<br />
und für die dabey anlegen wollende Ölpress<br />
12 f<br />
50 f<br />
5 f<br />
zusammen<br />
67 f<br />
zinsen solle. <strong>Der</strong> Vortheil würde hier<strong>aus</strong> erwachsen, dass der dermal so<br />
sehr erschöpfte Unterthan einen unaufhörlichen Verdienst gewöne<br />
und bey verschleissenden 800 Vassl Gips jährlich 4800 f gutes Geld ins<br />
Land geschaft würden. Rheinberger hat 5 Söhne, und blos der<br />
Versorgung seiner Söhne wegen wagt er die grossen Unternehmungen,<br />
hat dabei eben nicht kleine Schulden auf <strong>dem</strong> Hals.<br />
c) Ist dermal gar kein Zeitpunkt, die Märkte einzuführen, 121 und<br />
würden die Versuche, so wie die in früheren Zeiten geschehene,<br />
misslingen, daher mag diese Anstalt bis zu besseren Zeiten verschoben<br />
bleiben.<br />
18<br />
d) Zu meiner Verwunderung musste ich ersehen, dass hier die<br />
Grundstücke in unendlich kleine Theile getrennet werden, dass bei<br />
wenigen Quadratklaftern oft 5 bis 10 Besitzer sind, ja es giebt Bäume,<br />
99
die 29 Inhaber haben, wenn diese sterben, so werden bey zahlreichen<br />
Familien so viel Theilnehmer anwachsen, als Blätter an Bäumen sind.<br />
Das nemliche ist bei Grund und Boden. Kann sich wohl eine Familie<br />
bei so geringem Besitzstand erhalten? Wie soll sie bey <strong>aus</strong>serordentlichen<br />
Kriegsschäden, Missjahren sich fortbringen? Wie die Abgaben<br />
leisten? Ich bin ganz für das vorgeschriebene System der Gründe-<br />
Vereinigung, die aber unter der itzigen Amtsverwaltung niemalen zu<br />
Stand kommen wird, weil das Oberamt gar keine Einsicht in das<br />
nihmt, was in Dörfern geschieht, die Bauern üben das adeliche<br />
Richteramt <strong>aus</strong>, vertheilen die Gründe, wie sie wollen.<br />
Um den Zweck der Grundvereinigungs-Verordnung zu erreichen,<br />
so muss der Staat in ersten Grundfesten organisiert, eine ganz andere<br />
Verfassung begründet und hiernach die Gesetze vorgeschrieben, die<br />
landesherrlichen Rechte gezeiget und exequiret, auf alle Fälle die<br />
gehörigen Instructionen, besonders die Erbrechts-Ordnung, die Jurisdictions-<br />
und Abhandlungs-Norma fürgeschrieben, hierwegen dann<br />
die Taxen bemessen [und] zu Händen des landesfürstlichen Aerarii 122<br />
treülich verrechnet, dann Grundbücher errichtet, deutlich geführet,<br />
auf die Grundvereinigung besonders vigiliret 123<br />
werden, zu wessen<br />
Bewerkstelligung es immer nothwendig werden wird, statt des<br />
bisherigen Amtschreibers einen geschikten Gerichts-Actuar oder<br />
Notar anzustellen, der mit den Vorkäntnissen der neüen Manipulation<br />
versehen ist.<br />
Auf die Bittschrift der Landamänner wegen Modifizierung] 124<br />
des<br />
Flächenmasses bey der Gründen-Vereinigung, 125 würde ich die<br />
Gewährung nicht anrathen, da ich bei der Organisirung des Amts auf<br />
einen guten Fortgang des Gesetzes zähle. Und wenn Seine Durchlaucht<br />
dennoch geneigt wären, der Bitte zu willfahren, so könnte, um<br />
einmal einen Anfang zu bewirken, die Klafter-Anzahl auf 200<br />
beschränkt werden, 126<br />
nach der Hand lässt sich die Erweiterung<br />
leichter bezwecken als im Anfang die alten Missbräuche ganz<br />
abzustellen.<br />
19<br />
N?9<br />
Die Urbarmachung so vieler Ödungen 127<br />
ist eine der nützlichsten<br />
Anstalten im Land, wozu das müssige Landvolk ohnehin schwer zu<br />
bewegen ist - und nur bei <strong>dem</strong> Drang der vor<strong>aus</strong>gegangenen<br />
100
Umstände, dann der gänzlichen Erschöpfung [wegen] vom Erhaltungstrieb<br />
hiezu verleitet worden ist. Daher ohne weiters den<br />
gegenwärtigen Bittwerbern pro 1807, 1808 und 1809 der Neugutschilling<br />
128<br />
nachzusehen und in Rücksicht der sumpfigen Lage für die Folge<br />
auf 2 xr festzusetzen wäre.<br />
Sehr viele derley Neugereitgründe könnten noch entstehen, wenn<br />
das Amt mitwirken und beharrlich seyn wollte. Diese Gründe liegen<br />
am Rhein, sind mit Gestripp bewachsen und gewähren in <strong>dem</strong> öden<br />
Zustand nieman<strong>dem</strong> einen Vortheil, können aber nach erfolgter<br />
Ausrottung der Gestrippe [und] Durchschneidung mit Gräben die<br />
tragbarsten Gründe werden, sie allein [werden] eine angemessene<br />
Aushilfe zur Güttervermehrung gewähren. Ex officio 129<br />
sollte jeder<br />
Gemeinde die Urbarmachung einer angemessenen Strecke jährlich bis<br />
zur Vollendung auferlegt werden. Die schon geschehenen Rottungen<br />
130<br />
präsentiren die schönsten Fluren im Land und verschaffen eine<br />
Vegetation, die jedermanns Verwunderung erregt.<br />
Hier bei Schaan und Vaduz kommet in Betrachtung zu ziehen, dass<br />
der Landesfürst <strong>von</strong> den Neügereit-Gründen nur ]<br />
/J und das Churer<br />
Domkapitel 2 /3 Zehend bezieht. Es ist schon in alten Zeiten hierüber<br />
ein Streit entstanden, 131<br />
der heilige Vater hat das hiesige Amt wegen<br />
gewagten Eingriffen in Bann gelegt, und die Ausmittlung, um sich der<br />
ewigen Verdammung zu entziehen, wurde auf obige Art getroffen. Dies<br />
konnte nur auf die damaligen Neürisse Bezug haben, nicht auf jene, so<br />
dermal, wo die Bannflüche unwirksam geworden. Daher sollte die<br />
Zehend-Abgabe wenigstens <strong>von</strong> den seit <strong>dem</strong> Pressburger Frieden und<br />
in Hinkunft zuwerdenden Neurissen eingestellt und ganz zu landesfürstlichen<br />
Händen gezogen werden.<br />
20<br />
N2 10<br />
<strong>Der</strong> Rentmeister hat in Wien einige Capitalien. [Er] kann die<br />
Interessen, mit Banco-Zetteln 132<br />
<strong>aus</strong>gezahlt, hier nicht benutzen und<br />
müsste nach <strong>dem</strong> Papier-Geld-Cours den enormen Verlust erleiden.<br />
Da er vorigen Jahrs 22973 f 50'/2xr gutes Geld einbrachte, heuer<br />
wiederum schon bis 9000 f abgeliefert hat, so verdient er eine<br />
<strong>aus</strong>zeichnende Gnade, die in <strong>dem</strong> bestehen könnte, dass ihm erlaubt<br />
würde, 500 f in Banco-Zetteln zu Wien in die Haupt-Cassa abzuführen<br />
101
und diese sich in den hier cursirenden Münzen zu erholen. 133<br />
Er bedarf<br />
dieser Aushülfe, da er nur 524 f Gehalt beziehet und 3 Kinder - unter<br />
diesen einen in Feldkirch mit gutem Erfolg studierenden Sohn - zu<br />
ernähren hat, sein Eifer übrigens in der Amtirung sehr lobenswürdig<br />
ist.<br />
N2 11<br />
<strong>Der</strong> Erblehenzins bey Schaan bestehet in V4 Gerst und 14 xr. 135<br />
1 3 4<br />
Da nun die Gemeinde das Reluitions-Capital 136<br />
sowohl als auch den<br />
Zinsrükstand ins Rentamt bezahlet hat, so trage auf die Bittgewehrung<br />
an - zumalen der <strong>Bericht</strong> des Landvogts eine einseitige Eingabe ist, mit<br />
der die Partheyen niemalen einverstanden waren.<br />
N° 12<br />
Ist ein Stritt de lana caprina, 137<br />
die projectirte Erledigung wäre also<br />
ohne Anstand zur Expedition zu bringen. 138<br />
N2 13<br />
Die Fahne kann <strong>von</strong> rothem oder gelbem Tamast seyn, das Maas<br />
ist in der Nebenlage beschrieben. Nebst <strong>dem</strong> Tamast müssen 5 Stück<br />
Quasten, etwa 12 Ellen seidene Franzen und 5 Ellen derley Schnüre<br />
verfertigt werden. Bild und Stangen sind vorhanden. 139<br />
N2 14<br />
An der Gränz der Schwebelhofgründe gegen Triesen ist eine<br />
eingegangene geräumige Kapelle, 140<br />
die ohne Endzweck da stehet und<br />
das Materiale zur Schule zu liefern vermag, daher nur nöthig ist, die<br />
Bewilligung zu ertheilen, das Material zu<br />
21<br />
<strong>dem</strong> angesinnten Schulbau verwenden zu dürfen. <strong>Der</strong> Dachstuhl ist in<br />
gutem Stand, mit Ziegeln überdekt und geraümig genug, alle<br />
Bedürfnisse für die neüe Schule zu liefern. <strong>Der</strong> Pfarrer selbst verlangt<br />
keinen grösseren Beitrag.<br />
N2 15<br />
Das alte Abdecker-Häusl 141<br />
stehet noch immer, ungeachtet es<br />
gegen die Auflage der Demolirung verkauft worden. 142<br />
Es kann noch<br />
102
50 <strong>Jahre</strong> bestehen, daher der neue Bau eine unnöthige Verschwendung<br />
wäre, die 1200 f gekostet hat. Ich glaube, es soll auf die Demolirung<br />
angestanden werden, und wenn sie binnen 8 Wochen nicht geschieht,<br />
sollen <strong>dem</strong> Käufer die erlegten 30 f restituirt, das Häusl als<br />
obrigkeitliches Eigenthum beibehalten, hierin wiederum der in alle<br />
Weege entbehrliche, gut besoldete und mit vielen Gründen betheilte<br />
Abdecker hinein gesetzt, das neüe H<strong>aus</strong> hingegen zur Bewohnung 4<br />
fürstlicher Grenadiers, die <strong>von</strong> Feldsberg auf einige <strong>Jahre</strong> anher zu<br />
übersetzen wären, gewidmet werden. 143<br />
Die Grenadiers werden zu<br />
Executionen und Schuldeintreibungen höchst nöthig seyn, weil die<br />
Landwaibl und Landamänner diesfalls nichts wirken, sie selbst die<br />
grössten Schuldner sind und ohne rüstigen Exequenten weder ein<br />
Unterthan zum Oberamt gebracht werden kann. Diese Militz könte ja<br />
<strong>aus</strong> der neüen, nach <strong>dem</strong> Maas dieses Aufwands zu erhöhenden Steuer<br />
bezahlt werden. <strong>Der</strong> Rentamts<strong>aus</strong>stand <strong>von</strong> 104000 f lohnet es doch,<br />
dass dieser Aufwand nicht gescheüet werde. Hier ist der Gebrauch,<br />
dass ohne Execution 144<br />
niemand eine Zahlung leistet, und da jene, so<br />
die exequirende 145<br />
Gewalt in Händen haben, die grössten Schuldenmacher<br />
sind, sogar exequirte Gelder vorenthalten, so wachset auch der<br />
Rest<strong>aus</strong>weis immer mehr und mehr an, der grösstentheils uneinbringlich<br />
werden würde, wenn nicht auf die bayerische Art die executive<br />
Gewalt fürgehet. Selbst der saubere Amtschreiber hat schon über 700 f<br />
hinter sich, schaut nur, das Geld in die Hände zu bekommen und lässt<br />
sich endlich nach vielem Geschrey <strong>aus</strong>weisen.<br />
22<br />
N? 16<br />
Wäre <strong>dem</strong> Amt die Emigranten-Ordnung nach <strong>dem</strong> Fuss wie in<br />
den österreichischen Staat[en] vorzuschreiben und das Vermögen<br />
eines Auswanderers zu konfisziren. 146<br />
N2 17<br />
Bin ich nicht für die Bittgewehrung, 147<br />
da es <strong>von</strong> <strong>dem</strong> Fleiss der<br />
Theilnehmer abhing, im ersten Jahr der Vertheilung die Neürisse<br />
einem Ertrag zuzuführen, und Seine Durchlaucht ohnehin eine<br />
mehrjährige Nachsicht verwilliget haben. Künftig wird das Jahr der in<br />
Gang zu setzenden Zinsung immer genau <strong>aus</strong>gedrückt werden müssen,<br />
103
weil ich hier bemerkte, dass man sich willkührliche Ausdeutungen<br />
erlaubet und so die Renten oft um einen ganzjährigen Zins bringt.<br />
Mein Fieber will sich noch immer nicht verlieren, ich also<br />
gezwungen [bin] seit 23.tem Juny das Zimmer zu hütten. Zwar haben<br />
die Anfalle der Kälte aufgehört, aber eine Schwäche zurückgelassen,<br />
die mich meistens im Bette hält. Am 28.ten dies [Monats] hatte ein<br />
wenig ein ruhigeren Tag, an <strong>dem</strong> ich die innere Amtsverwaltung näher<br />
untersuchte, wo<strong>von</strong> der Befund in <strong>dem</strong> nebenliegenden Protocoll 148<br />
enthalten ist und zur vorläufigen Kenntniss gebracht wird, bis bei<br />
meiner Nachh<strong>aus</strong>kunft das Detail mit meinen Bemerkungen und<br />
Vorschlägen werde nachtragen können.<br />
Heüte ist es mir ein wenig besser, werde daher die Unterthanen<br />
über die Kriegsschäden anhören und mir die Mühe der Vergleichsschlichtung<br />
nehmen, da das Oberamt nichts anderes that, als denen<br />
Partheyen beibrachte, dass sie sich binen 14 Tagen zu vergleichen<br />
haben, widrigens der Spruch erfolgt werden würde. Wenn sich die<br />
Leüte ohne amtlicher Mitwirkung und Vorstellung hätten vergleichen<br />
können, so wäre es ja nicht zum Stritt kommen. Indessen wird es itzt<br />
schon schwer halten, da das Final-Urtheil <strong>von</strong> der obersten Behörde<br />
publicirt ist.<br />
Sobald ich noch die niedere Herrschaft werde localisirt haben, gehe<br />
übern Rhein nach Schwitz, Zürch und Bern. Hier rühmt man mir das<br />
Schwitzer als das beste Vieh in der ganzen Schweitz. Das im vorigen<br />
Jahr erkaufte ist eigentlich <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Emmenthal<br />
23<br />
das eben in gutem Ruf stehet. Ins Böhmen werde bei meiner zerritteten<br />
Gesundheit nicht gehen, sondern zu H<strong>aus</strong> eilen. Hier mangelt es an<br />
geschikten Ärzten, ich habe den Kreisphisikus <strong>von</strong> Feldkirch und den<br />
Stadtphisikus gebraucht. Ersterer läst sich die Cur gar nicht angelegen<br />
[sein], letzterer aber zeigt viel mehr Fleiss, wesswegen ich bey ihm<br />
stehen geblieben bin. Aber die Beschaffenheit der Apotheken ist mir<br />
wunderlich, alle Arzneyen sind so noch, als kämen sie <strong>aus</strong> den Händen<br />
der Quaksalber. Hiezu noch die hiesige Kost - Spelzbrod und<br />
Essig-Trunk - so muss der Gesunde Pacient werden, der Kranke<br />
hingegen mag sich nicht zu erholen. Wenn ich Kaffee trinken dürfte,<br />
so wäre das doch was, wodurch das Leben gestärkt werden könte. Aber<br />
104
der Zucker sieht wie mit Ochsenblut überzogen <strong>aus</strong>, ist sauer statt süss,<br />
daher diesfalls keine Reserven zur Erholung. Dass ich doch bald werde<br />
fortkommen können, ist das wichtigste Heilmittl, <strong>von</strong> <strong>dem</strong> ich meine<br />
Gesundheit gewärtige.<br />
Vaduz, den 30.ten Juny 1808<br />
<strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> manu propria 149<br />
ANMERKUNGEN ZUM BERICHT VOM 30. JUNI 1808<br />
1 Professionist: Handwerker.<br />
2 Das geltende Erbrecht war durch das System der Realteilung bestimmt, d.h. der<br />
Besitz und oft sogar einzelne Grundstücke wurden unter den Erbberechtigten<br />
aufgeteilt. Dies führte zu der <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong> beschriebenen extremen Güterzerstückelung.<br />
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts war die Obrigkeit bemüht, durch<br />
verschiedene Massnahmen (Änderung des Erbrechts, Verbot der Güterzerstückelung,<br />
steuerliche Massnahmen, Retraktsrecht usw.) diese Güterzerstückelung zu<br />
bekämpfen.<br />
3 Eru(i)erung (= Erforschung) ist die wahrscheinlichste Leseart.<br />
4 Dass die Untertanen je <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> fürstlichen Privatbesitz ernährt wurden, ist<br />
masslos übertrieben. Um die <strong>von</strong> den Rheinbundstaaten geforderten Truppen<br />
stellen zu können, musste der Fürst <strong>dem</strong> Land beträchtliche Vorschüsse gewähren.<br />
5 fretzen: füttern, fressen machen.<br />
6 restieren: mit Zahlungen im Rückstand sein. Schulden beim Rentamt, das die<br />
fürstlichen Einkünfte verwaltete, bezeichnete man als Rentresten.<br />
7 Die fürstliche Behörde in Vaduz führte bis 1848 den Titel «Oberamt» und nicht<br />
«Regierung». <strong>Hauer</strong> will lediglich <strong>aus</strong>drücken, dass das Oberamt die Politik im<br />
Lande zu wenig bestimmte.<br />
105
8 Am Rande sind die Buchstaben «NB» vermerkt. Die Randvermerke, die hier als<br />
Anmerkungen wiedergegeben werden, wurden bei der Bearbeitung des <strong>Bericht</strong>s in<br />
der fürstlichen Hofkanzlei in Wien angebracht und zeigen, dass das beschriebene<br />
Problem in irgendeiner Art erledigt wurde. Bezüglich der Güterzerstückelung<br />
schrieb Artikel 2 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 in scharfer Form die Grundvereinigung<br />
bis zu einer Mindestgrösse <strong>von</strong> 400 Quadratklaftern vor.<br />
9 Entien: Wesen, Ding (latinisierte Form, gebildet <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Partizip Präsens <strong>von</strong><br />
sum).<br />
10 Randvermerk: «NB». Die Verbindung eines grossen Teils der landwirtschaftlich<br />
nutzbaren Gründe mit bestimmten Häusern erfolgte durch das Grundbuchspatent<br />
vom 1. 1. 1809 und durch eine Nachtragsverordnung zum Grundbuchspatent vom<br />
27.9. 1839.<br />
1 1 Landesgebrauch: Landsbrauch. <strong>Der</strong> Landsbrauch enthielt im frühen 19. Jahrhundert<br />
das Erbrecht, Bestimmungen über das Vorgehen bei Ganten, die Polizeiordnung<br />
<strong>von</strong> 1732 und die Waldordnung <strong>von</strong> 1732. Die beiden letzten Ordnungen<br />
hatten ältere Bestimmungen ersetzt. <strong>Der</strong> Landsbrauch war also im Gegensatz zur<br />
Meinung <strong>Hauer</strong>s nicht während Jahrhunderten unverändert beibehalten worden.<br />
<strong>Der</strong> Landsbrauch wurde in Artikel I der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 aufgehoben.<br />
12 «Polizey» war lange Zeit gleichbedeutend mit «gute Ordnung» im weitesten Sinne;<br />
«peinliche Fälle»: Straffälle.<br />
13 Verfahren: Gerichtsverfahren.<br />
14 Randvermerk: «NB». In Artikel 1 der neuen Dienstinstruktion wurde der<br />
Landvogt beauftragt, ein neues bürgerliches Gesetzbuch, ein neues Strafrecht und<br />
eine neue Gerichtsordnung <strong>aus</strong>zuarbeiten. Obwohl Schuppler teilweise entsprechende<br />
Entwürfe <strong>aus</strong>arbeitete, wurden durch die Verordnung vom 18. 2. 1812 <strong>aus</strong><br />
Osterreich das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch <strong>von</strong> 1811, die allgemeine<br />
Gerichtsordnung vom 1781 und das Strafgesetz <strong>von</strong> 1803 übernommen.<br />
15 Randvermerk: «NB». In Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde der neue<br />
Landvogt angewiesen, die Grundbücher einzuführen und eine entsprechende<br />
Instruktion zu entwerfen. Das neue Grundbuchspatent und die neuen Taxen<br />
wurden bereits auf den 1. 1. 1809 in Kraft gesetzt.<br />
15a adeliges Richteramt: Vormundschaften für Waise und Verwaltung ihrer Vermögen.<br />
16 Randvermerk: «NB». In Artikel 1 der neuen Dienstinstruktion wurde Schuppler<br />
beauftragt, das adelige Richteramt einzuführen.<br />
17 Manipulation: Verfahren, Handhabung.<br />
18 decrepit: heruntergekommen, verlebt.<br />
19 Landvogt Franz Xaver Menzinger (1740 - 1809) kam 1788 als Landvogt nach<br />
Vaduz und wurde auf den 1. Oktober 1808 pensioniert. (Zu den Beamtenbiographien<br />
vgl. Paul Vogt, Verwaltungsstruktur S. 126 ff).<br />
20 Johann Ludwig Kirchthaler (ca. 1773 - 1819) war seit 1801 Amtschreiber in Vaduz,<br />
wurde aber nach <strong>dem</strong> <strong>Bericht</strong> <strong>Hauer</strong>s entlassen. Anlässlich der Massnahmen zur<br />
Reorganisation der fürstlichen Verwaltung im <strong>Jahre</strong> 1815 (also nach der<br />
Pensionierung <strong>Hauer</strong>s) wurde Kirchthaler auf den 1. September 1816 wieder als<br />
Amtschreiber und Hauptzolleinnehmer eingestellt.<br />
106
21 Christoph Grass (1753 - ca. 1821/26) stammte <strong>aus</strong> Braz. Er führte den Titel<br />
«Chyrurgus», war aber kein studierter Arzt, sondern eine Art Barbier. Nebenbei<br />
war er bis zum 1. Oktober 1808 auch Strasseninspektor.<br />
22 Zollner (oder Hauptzolleinnehmer) war Johann Joseph Goldner (1769 - 1846). Er<br />
stammte <strong>aus</strong> Stallehr bei Bludenz. 1794 - 1801 war er Amtschreiber in Vaduz, 1801<br />
- 1816 Hauptzolleinnehmer, 1816 - 1825 Rentschreiber und Grundbuchführer.<br />
1825 wurde er wegen der grossen Ausstände beim Rentamt entlassen.<br />
23 Im Oktober 1808 wurden folgende fürstliche Beamte nach Vaduz versetzt: Josef<br />
Schuppler (1776 - 1833) als Landvogt und Peter Zelinka als Grundbuchführer und<br />
Gerichtsaktuar. Zelinka wurde 1815 zum Rentschreiber befördert, bevor er auf den<br />
1. September 1816 nach Lundenburg versetzt wurde.<br />
24 Contumacierung: Landvogt Menzinger sah sich offenbar <strong>aus</strong>serstande, ein Urteil<br />
zu fällen, worauf die fürstliche Hofkanzlei ohne Anhörung der Betroffenen<br />
entscheiden musste.<br />
25 Die Kriegsereignisse <strong>von</strong> 1794 bis 1802 haben im Land Schäden <strong>von</strong> etwa einer<br />
Million Gulden verursacht. Die Ausgleichung der Schulden führte zu langjährigen<br />
Auseinandersetzungen.<br />
26 Randvermerk: «NB».<br />
27 praesentieren: vorlegen.<br />
28 Randvermerk: «NB». Die Schaffung einer gemeinsamen Kanzlei war ein wichtiger<br />
Schritt zur «Bürokratisierung» der Behörde: Dadurch wurden die Arbeitsräume<br />
<strong>von</strong> den Wohnräumen getrennt, die Kontrollmöglichkeiten über die Amtstätigkeiten<br />
vermehrt, die Schriftlichkeit und der Rationalismus gefördert usw.<br />
29 vaciren: leer stehen, unbesetzt sein.<br />
30 Tiro: Anfänger<br />
31 Ferdinand Adolf Smieth (auch Schmieth, Schmid, Schmidt) wurde um 1766<br />
geboren und kam 1806 als Raitleger (Rentmeister) nach Vaduz, wo er sich<br />
<strong>aus</strong>zeichnete: Er führte nicht nur die Rentamtsbücher vorbildlich, sondern trieb<br />
auch die riesigen Ausstände beim Rentamt ein. Mit den Landvögten Menzinger<br />
und Schuppler verstand er sich nicht gut, da er sich ihnen nicht unterordnete und<br />
gegen sie intrigierte. Wie <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Bericht</strong> <strong>Hauer</strong>s hervorgeht, begleitete er diesen<br />
zumindest zeitweise bei seinen Lokalisierungen. 1815 wurde er in die Buchhaltung<br />
nach Butschowitz versetzt, wo er 1825 zum Oberbuchhalter befördert wurde.<br />
32 Honorificum: etwas Ehrenvolles. Dank <strong>dem</strong> Besitz des Fürstentums Liechtenstein<br />
hatten die Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein im Alten Deutschen Reich Sitz und Stimme<br />
auf <strong>dem</strong> Reichstag in Regensburg und danach seit 1806 den Rang <strong>von</strong> souveränen<br />
Fürsten. Das Fürstentum Liechtenstein war der Juwel unter den zahlreichen<br />
liechtensteinischen Herrschaften. Wirtschaftlich hatte sich der Kauf des Fürstentums<br />
aber nie bezahlt gemacht. Die Erträge reichten nie <strong>aus</strong>, um die Kaufsumme<br />
zu verzinsen.<br />
33 Die Burg Liechtenstein bei Mödling gilt als die Stammburg des H<strong>aus</strong>es<br />
Liechtenstein. Nach<strong>dem</strong> sie gegen Ende des 14. Jahrhunderts in fremden Besitz<br />
gekommen war, kaufte Fürst Johann I. sie 1807 wieder zurück und liess sie<br />
teilweise restaurieren (Criste S. 163, Kraetzl S. 203).<br />
107
34 1807 Hess Fürst Johann 1. in Eisgrub eine Burgruine mit <strong>dem</strong> Namen Hansenburg<br />
bauen, wobei der Stil des 14. Jahrhunderts nachgeahmt wurde. Die Herrschaft<br />
Eisgrub (Lednice) in Mähren war der Sommersitz der Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein<br />
und besass <strong>aus</strong>gedehnte Parkanlagen (Kraetzl S. 161).<br />
35 Randbemerkung: «NB». Das Schloss Vaduz befand sich in einem sehr schlechten<br />
Bauzustand.<br />
36 Auf Schloss Vaduz befanden sich die herrschaftlichen Keller, das Gefängnis und<br />
die Wohnungen für den herrschaftlichen Jäger und den Torwart.<br />
37 Das Wort ist vielleicht als Almer (Kasten) oder Vlme (Seitenwände eines Stollen)<br />
zu deuten.<br />
38 Randvermerk: «NB». Manipulation: Verfahren.<br />
39 Löse: (Trauben-)Lese.<br />
40 Masch: Maische.<br />
41 Bodungen: Bottiche, grosse Holzfässer.<br />
42 Bedungen: Bodungen.<br />
43 Einschlag: Etwas, das in den Wein gehängt wurde, um ihm Farbe und Geschmack<br />
zu geben (gewöhnlich mit Schwefel überzogene Papier- oder Leinenstreifen).<br />
43a Das Einbrennen <strong>von</strong> Fässern gehörte zum Schwefeln des Weins.<br />
44 asservieren: aufbewahren.<br />
45 Fechsung: Ernte.<br />
46 <strong>Der</strong> herrschaftliche Küfer schenkte auf Schloss Vaduz, wo sich der landesherrliche<br />
Weinkeller befand, Wein <strong>aus</strong>. Gelegentlich gab es sogar Klagen, dass die Parteien,<br />
die im 18. Jahrhundert noch aufs Schloss geladen wurden, betrunken vor <strong>dem</strong><br />
Oberamt erschienen.<br />
47 Revenue: Einkommen, Einkünfte.<br />
48 Randvermerk: «NB».<br />
49 jemals: ehemals.<br />
50 perpetuierlich: ständig, fortdauernd.<br />
51 Randvermerk: «NB».<br />
52 Reluierung: Umwandlung einer Naturalabgabe in eine Geldzahlung.<br />
53 Verrait: Verrechnung.<br />
54 Schwefelhof; Randvermerk «NB». Die im Text erwähnte Abschrift des Pachtvertrags<br />
fehlt.<br />
55 1 Metzen = 533>/3 Klafter = 1918,2143 Quadratmeter.<br />
56 stipuliert: vereinbart.<br />
57 Randvermerk: «NB».<br />
58 Beyern: Bayern.<br />
59 Die Burg Gutenberg und ihre Güter waren seit 1314 im Besitz der Habsburger.<br />
Durch den Pressburger Frieden <strong>von</strong> 1805 kamen Tirol und Vorarlberg an Bayern,<br />
worauf dieses auch den Besitz Gutenberg beanspruchte. Darauf nahm das<br />
Oberamt bis zur Klärung dieser Streitfrage die Einkünfte <strong>aus</strong> diesem Besitz in<br />
amtliche Verwahrung. Durch den Wiener Kongress gingen Tirol und Vorarlberg an<br />
Österreich zurück, worauf der Besitz Gutenberg nicht mehr umstritten war. 1824<br />
108
kaufte die Gemeinde Balzers diesen Besitz. - Die Burg Gutenberg stellte einen<br />
österreichischen Vorposten dar und war damit eine Gefahr für die liechtensteinische<br />
Landeshoheit. <strong>Hauer</strong> schlug deshalb <strong>dem</strong> Fürsten vor, diese Güter zu<br />
erwerben.<br />
60 Binden: Graubünden.<br />
61 Radzins: Rhäzüns.<br />
62 Das Kloster St.Johann im Thurtal besass in Vaduz Güter im Schätzwert <strong>von</strong><br />
20000 Gulden und in Mauren <strong>von</strong> 5000 Gulden. Nach der Aufhebung des<br />
Klosters St.Gallen fielen die St.Johanner-Güter an den Kanton St.Gallen. 1807<br />
kaufte der Löwenwirt Johann Rheinberger die St. Johanner-Güter in Vaduz, Vgl.<br />
Alois Ospelt, Wirtschaftsgeschichte, JBL 1972, S. 88/89.<br />
63 Einen Teil der zur Burg Gutenberg gehörenden Güter erhielt Welti Wolfinger 1474<br />
als Lehen. Dieses Wolfingersche Lehen wurde bis 1789 immer wieder bestätigt. Als<br />
die Gemeinde Balzers 1824 Gutenberg kaufte, waren die Wolfingerschen Erblehen<br />
da<strong>von</strong> <strong>aus</strong>geschlossen. Vgl. Johann Baptist Büchel, Gutenberg, JBL 1914, S. 38 ff<br />
und S. 98.<br />
64 Randbemerkung: «Pachtrate (. . .) einzuholen.»<br />
65 Fecht-Act: Pfächte (kontrollmässige Messung des Milchquantums, damit später<br />
der Ertrag gerecht verteilt werden konnte).<br />
66 sicher: zahlungsfähig.<br />
67 Johann Schlegel (1744 - 1823) war Wirt in Triesenberg. Er war früher mehrmals<br />
wegen unerlaubten Enzianwurzelgrabens bestraft worden. Die Schlegel waren das<br />
bedeutendste und angesehenste Geschlecht am Tnesenberg. Vgl. Engelbert Bucher,<br />
Schlegel-Stammbaum (Manuskript).<br />
68 Die Berechnung fehlt.<br />
69 <strong>Hauer</strong> legte seiner Berechnung einen Reingewinn <strong>von</strong> 20 Kreuzer pro Fass Gips<br />
zugrunde (1 Gulden = 60 Kreuzer).<br />
70 züklend: Die Herkunft und Bedeutung dieses Wortes konnte nicht ermittelt<br />
werden.<br />
71 Stampf: Mühle zum Enthülsen der Gerste.<br />
72 Hanfreibe: Vorrichtung zum Reiben des Hanfs, bestehend <strong>aus</strong> einer hölzernen<br />
Unterlage und einem Stein, der sich darauf dreht.<br />
73 Spelz: Getreideart.<br />
74 piken: umgangssprachlich für stechen.<br />
75 Malter: hier die Menge des auf einmal zu malenden Getreides.<br />
76 1 Viertel = 14,14724 1.<br />
77 Metzen: altes Getrei<strong>dem</strong>ass unterschiedlicher Grösse. In Österreich hatte ein<br />
Metzen 61,48 1, in Bayern 37,06 1.<br />
78 Johann Rheinberger (1763 - 1815) war der Wirt im Gasth<strong>aus</strong> Löwen und ab 1809<br />
auch in der herrschaftlichen Taverne, <strong>aus</strong>ser<strong>dem</strong> betrieb er den Gipssteinbruch<br />
und die Mühlen. 1807 kaufte er die ehemaligen St.Johanner-Güter. Er war<br />
zweifellos der angesehenste und wohlhabendste Vaduzer Bürger.<br />
79 nach<strong>dem</strong> er den Pachtvertrag abgeschlossen hatte.<br />
109
80 Goldenstein: liechtensteinische Herrschaft in Mähren. Es ist bekannt, dass<br />
zahlreiche Versuche <strong>von</strong> Adeligen, Industriebetrieben aufzubauen, scheiterten.<br />
81 Bauernvögte: mit dieser abschätzigen Bezeichnung waren die Landammänner und<br />
Richter gemeint.<br />
82 Randvermerk: «NB».<br />
83 plassiren: plazieren.<br />
84 Randvermerk: «NB».<br />
85 adelige, Civil- und peinliche Justiz: Vormundschaften, Zivilrechtspflege und<br />
Strafjustiz.<br />
86 «Polizey» umfasste alles, was man unter einer «guten Ordnung» verstehen konnte.<br />
87 Conscription: Volkszählung.<br />
88 Zwischen den Landvögten und Rentmeistern kam es im 18. Jahrhundert häufig zu<br />
Auseinandersetzungen. Häufig schrieb der eine an die übergeordnete Hofkanzlei,<br />
ohne <strong>dem</strong> andern Einblick zu gewähren, und intrigierte dabei gegen den andern.<br />
Aus diesem Grunde war schon in den Dienstinstruktionen des 18. Jahrhunderts die<br />
Bestimmung enthalten, dass allen Beamten Einsicht in die abgehende und<br />
eintreffende Post gegeben werden müsse. Rentmeister Smieth ging offenbar in<br />
gleicher Weise gegen Menzinger vor wie seine Vorgänger.<br />
89 Randvermerk: «NB».<br />
90 Schlossbuden-Wald: als Flurname nicht bekannt.<br />
91 1 Joch = 0,574642 ha.<br />
92 Krazer: Kratzera; Poja: Boja; Burgwald: Herrenwald (Herrenbüchel).<br />
93 Deputatholz: bestimmte Holzmenge, die einen Bestandteil des Lohns darstellte.<br />
94 anwehren: an sich bringen. Randvermerk: «NB» wegen Dorf und Eisenherz».<br />
95 Vgl. Anm. 25.<br />
96 Randvermerk: «expedirt».<br />
97 Ostrau: liechtensteinische Herrschaft in Mähren.<br />
98 Vgl. Anm. 24.<br />
99 Johann Anton Jäger (geb. 1777) war Schmied in Vaduz.<br />
100 Randvermerk: «expedirt. H. Secretair Haymerle».<br />
101 interessefrey: zinsfrei.<br />
102 vindiciren: der Eigentümer verlangt die Her<strong>aus</strong>gabe einer Sache, die ein anderer<br />
besitzt.<br />
103 Rheinoberhaupt: gemeint sind vermutlich die Landesherren.<br />
104 Zeichbeil: Beil zum Anzeichnen der zum Fällen bestimmten Bäume.<br />
105 Randvermerkung: «expedirt. H. Secretair <strong>Hauer</strong>».<br />
105a In der folgenden Zusammenstellung stimmen die Preisberechnungen für Dachziegel<br />
und Stockziegel nicht.<br />
106 Vgl. Anm. 88.<br />
107 Randvermerk: «nichts zu endern».<br />
108 Praetension: Behauptung, Anspruch.<br />
110
109 Die Bedeutung des Wortes «Bundes-Lüge» lässt sich ohne genaue Untersuchung<br />
des Konfliktes zwischen <strong>dem</strong> Landvogt und <strong>dem</strong> Rentmeister nicht klären.<br />
110 Impulsion: Impuls, Anregung.<br />
111 Randvermerk: «ist erledigt wegen des langen Ackere.<br />
112 Vermerk: «bleibt».<br />
113 Schaffer: Verwalter.<br />
114 Engering: Engerling.<br />
115 Randvermerk: «zum Vortrag». Zu den St. Johanner-Güter vgl. Anm. 62.<br />
116 Fassion: Steuererklärung.<br />
117 exequieren: hier: durchführen (eigentlich: Schulden eintreiben).<br />
118 Anwöhr: Anbringung.<br />
119 Recognitionem Domini: in Anerkennung eines Herrn.<br />
120 Lau<strong>dem</strong>ium: Abgabe an den Herrn bei Handänderungen.<br />
121 Im 18. Jahrhundert war wiederholt angeordnet worden, in Vaduz einen Markt<br />
einzuführen. Dieser war aber nicht lebensfähig.<br />
122 ärarii: Aerar (= Staatsvermögen).<br />
123 vigilieren: aufpassen, wachsam sein.<br />
124 Durch die Verordnung betreffend das Verbot der Güterzerstückelung vom 6.<br />
Dezember 1806 war für alle Grundstücke, die kleiner als 400 Klafter waren, eine<br />
Sondersteuer <strong>von</strong> jährlich 1 Gulden eingeführt worden. Die Untertanen hatten um<br />
die Aufhebung dieser Bestimmung oder mindestens eine Herabsetzung der<br />
Mindestgrösse gebeten.<br />
125 Randvermerk: «in suspenso». Die Sondersteuer war noch nicht in Kraft getreten.<br />
126 Artikel 2 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb schliesslich eine Mindestgrösse<br />
<strong>von</strong> 400 Quadratklaftern vor.<br />
127 Randvermerk: «zum Vortrag».<br />
128 Neugutschilling (= Neugereutzins): In der ehemaligen Grafschaft Vaduz mussten<br />
die Untertanen für Grundstücke in den Rheinauen, die angepflanzt wurden, <strong>dem</strong><br />
Landesherrn einen Zins entrichten.<br />
129 ex officio: <strong>von</strong> Amts wegen.<br />
130 Rottungen: Rodungen.<br />
131 Nach der Erhebung der beiden Herrschaften Vaduz und Schellenberg zum<br />
Reichsfürstentum Liechtenstein versuchte Fürst Anton Florian, verschiedene<br />
Rechte (z.B. beim Zehend, bei den Rheinauen usw.) geltend zu machen. <strong>Der</strong><br />
Jurist Stephan Christoph Harpprecht war nach Vaduz gesandt worden, um alle<br />
Fragen im Zusammenhang mit der Reorganisation der Landesverwaltung und der<br />
herrschaftlichen Ökonomie zu prüfen. Darauf entstand ein heftiger Streit<br />
zwischen der Landesobrigkeit einerseits und der Kirche und den Untertanen<br />
andererseits, in dessen Verlauf die fürstlichen Beamten exkommuniziert wurden.<br />
Vgl. Kaiser/BüchelS. 511 ff.<br />
132 Banco - Zetteln: bankmässige Währung.<br />
133 Randvermerk: «zum Vortrag».<br />
111
1 34<br />
3<br />
A: drei Viertel (1 Viertel = 14,1 1).<br />
135 Es ist unklar, um welchen Erblehenzins es sich hier handelte. ,<br />
136 Reluition: Ablösung.<br />
137 de lana caprina: wörtlich ein Streit um Ziegenwolle, im übertragenen Sinn ein<br />
Streit um des Kaisers Bart. Worum es in diesem Streit ging, ist nicht zu ermitteln.<br />
138 Randvermerk: «expedirt».<br />
139 Randvermerk: «expedirt». Die erwähnte Beilage fehlt.<br />
140 Randvermerk: «Secretaire Haymerle». Fürst Johann 1. stimmte <strong>dem</strong> Antrag<br />
<strong>Hauer</strong>s zu und bewilligte, dass die St.Wolfgangskapelle, die vermutlich zum<br />
Meierhof und damit <strong>dem</strong> Landesherrn gehörte, abgerissen und das Material zum<br />
Schulbau verwendet werden durfte. Dieser Beschluss wurde aber nicht durchgeführt.<br />
Vgl. Poeschel S. 136.<br />
141 Abdecker: Berufsbezeichnung für einen, der verendete Tiere abdeckt.<br />
142 Randvermerk: «H. v. Kronenfels».<br />
143 Randvermerk: «S. Durch, bewilligen die Grenadiers wozu . . .» Die Grenadiere<br />
kamen aber nicht nach Vaduz, statt dessen wurde Paul Boss als «Rentamts-<br />
Exequent» eingestellt. Seine Aufgabe bestand darin, die Ausstände beim Rentamt<br />
einzutreiben.<br />
144 Execution: Pfändung.<br />
145 exequieren: pfänden, eintreiben.<br />
146 Randvermerk: «M. Kreiser». Das neue Auswanderungspatent vom 15. März 1809<br />
enthielt ein grundsätzliches Auswanderungsverbot. Arme Leute und Frauen,<br />
die ins Ausland heiraten wollten, konnten vom Oberamt eine Ausnahmebewilligung<br />
erhalten, allen übrigen Personen musste diese <strong>von</strong> der Hofkanzlei erteilt<br />
werden. Ein Auswanderer musste <strong>von</strong> seinem<br />
entrichten.<br />
147 Randvermerk: «expediert».<br />
148 Vgl. S. 126 fr.<br />
149 manu propria: mit eigener Hand (unterschrieben).<br />
Vermögen eine hohe Taxe<br />
112
2. TEIL: DER BERICHT VOM 4. JULI 1808<br />
Durchlauchtigster Fürst!<br />
Gnädigster Herr Herr!<br />
Die Nebenlage ist die Fortsetzung meiner Lokalisirung, in der<br />
mich die getroffene Krankheit sehr zurück gesetzt hat, ohne welchen<br />
leidigen Umstand ich schon im Stand wäre, <strong>aus</strong> Bern Eüerer<br />
Durchlaucht eine Nachricht vom Vieheinkauf zuerstatten.<br />
Morgen beginne meine weitere Reise in die Schweitz und, weil ich<br />
nicht kräftig genug bin, über die Gebürge zu gehen und die Seen <strong>von</strong><br />
Wallenstadt und Zirch zu befahren, so werde Schwitz nicht berühren,<br />
sondern über St. Gallen nach Zirch und so weiter bis Bern der<br />
gemächlicheren Strasse nachfahren.<br />
Eüere Durchlaucht nehmen nicht ungnädig, wenn ich <strong>von</strong> Ulm<br />
<strong>aus</strong> rewertire, 1 da ich mich auf den weiteren Weeg nacher Rumburg 2<br />
etc. noch nicht getraue und dahin zu gelegener Zeit <strong>von</strong> Wien <strong>aus</strong><br />
gelangen kann.<br />
In tiefester Ehrfurcht ersterben<br />
Vaduz, am 4.ten July 1808<br />
Eüerer Durchlaucht<br />
unterthänigster<br />
Geor <strong>Hauer</strong> manu propria<br />
1<br />
FORTSETZUNG DER UNTERM 30.TEN JUNY 1808<br />
LOCALISIRUNGS-RELATION<br />
ABGEBROCHENEN<br />
Den l.ten dieses Monats versammelten sich der Landamann<br />
unteren Antheils, und die Gemeind-Vorsteher <strong>von</strong> Rugell und<br />
Gamperin, welche unterm 30.ten May dieses <strong>Jahre</strong>s die Super<br />
Revision des rechtlichen Spruchs über die Kriegsschäden-Ausgleichungen<br />
eingebracht haben, so auch die den Stritt gewonnenen<br />
Gemeinden Eschen und Mauern. Obzwar nach kundgemachtem<br />
Revisions-Urtheil kein Vergleichsversuch mehr üblich und angemessen<br />
seyn konte, 3<br />
so jedoch, weil ich hier anwesend war und die<br />
Bittschrift der Erledigung zugeführt werden musste - der Trost der<br />
möglichsten Einwirkung den Unterthanen doch nicht benommen<br />
113
werden konte -, habe [ich] mich <strong>dem</strong> Vergleichsversuche unterzohen.<br />
Ich glaubte mich hiezu umso mehr berechtigt, als ich hier die<br />
Gelegenheit hatte, die sonderbaren Data zu sammeln, welche das<br />
Contumaz-Urteil 4<br />
hervorgebracht haben. Die Gemeinden Ruggel und<br />
Gamperin erklärten, willig alles das aufzunehmen, was ich für billig<br />
anerkennen werde, und obzwar ich das Bewusstseyn hatte, dass diese 2<br />
Gemeinden eben so viel Kriegsschäden erlitten haben als Eschen und<br />
Mauern, sie vielmehr an Vorspann noch mehr leisten mussten als<br />
diese, so jedoch habe zu Huldigung <strong>dem</strong> 5 [als] Praejudicat 6 erkannt,<br />
dass der Erlass eines Drittels <strong>von</strong> <strong>dem</strong> zuerkannten Ersatz das billigste<br />
Ebenmass abgebe, die streitenden Gemeinden <strong>aus</strong>zugleichen. Die<br />
Gemeinden Gamperin und Ruggel erklärten sich <strong>dem</strong>e zu fügen, wenn<br />
die Gegenpart <strong>von</strong> Eschen und Mauren es acceptirt. <strong>Der</strong> anwesende<br />
Landamman und [die] Deputirten <strong>aus</strong> diesen Gemeinden würden<br />
ihrer Seits den Vergleichs-Anboth sogleich acceptirt haben, wenn ihre<br />
Vollmacht sich dahin erstreket hätte. Aus Mangel der <strong>aus</strong>gedehnteren<br />
Vollmacht musste ich denenselben eine Frist bis zur nächsten<br />
Zusammentrettung in ihren Gemeind-Versammlungshäusern zugestehen,<br />
die dann gelobten, nach einvernohmenen einzelnen Bürgern die<br />
Final-Erklärung unbeschadet der rechtlichen Erkäntniss einbringen<br />
zu wollen. Da ich diese nicht abwarten kann, so trug ich <strong>dem</strong> Oberamt<br />
auf, die einlangenden Erklärungen nachschiken zu sollen, lege<br />
einstweilen die mitgenommenen Acten nebst der Schäden-Ersatz-<br />
Rechnung hier zurück. 7<br />
Gestern machte meine weitere Localisirungs-Reise über die<br />
Herrschaft Schellenberg, wobey ich den Nendler obrigkeitlichen<br />
2<br />
Ziegl- und Kalkofen, dann die Leimstätte beaugenscheinigte. Die<br />
Zieglhütte und Ziegel-Ofen ist ganz <strong>von</strong> Stein, solid und in allen<br />
Theilen zwekmässig, geräumig gebauet, hat den Vortheil der bequemen<br />
Wasserleitung, ist durch<strong>aus</strong> unter Ziegldach. Gerade wurde ein Brand<br />
Kalch eingelegt und die Ziegl eingeführt, der Ofen nimt unten die<br />
Kalchsteine auf und obig diesen 25000 Mauer- und meistens<br />
Dachziegl, welche eine Festigkeit erhalten, die wenig seines gleichen<br />
zählt, der Kalch hingegen hat wegen Fürtreflichkeit der Steineigenschaft<br />
eine ungemeine Bindigkeit und Ausgiebigkeit. <strong>Der</strong> einzige<br />
114
Fehler hiebey ist dieser, dass die Zieglscheüer und Ofen entfernt <strong>von</strong><br />
der Thonstätte und selbst vom Wald Pürst hergestellt worden ist,<br />
wodurch bey jedwe<strong>dem</strong> Brand bis 60 f Fuhrlohnskösten verursachet<br />
werden, die auf die Zufuhr des Thons <strong>aus</strong>gelegt werden. <strong>Der</strong> hiesige<br />
Ziegelthon ist mächtig unterschieden <strong>von</strong> jenem, den man in Mähren<br />
und Österreich zu haben pflegt, er wird nemlich in den sogenannten<br />
Rieden oder Sumpfgegenden, der 8 mit einer Menge Vegetabilien 9<br />
verwachsen ist und zum Torf dienen könte, erholet, und dennoch ist<br />
die Eigenschaft der Ziegin die vollkommenste. Da die hiesigen<br />
Bauernhäuser meistens mit Ziegeln gedekt sind, so ist der Absatz sehr<br />
häufig und könnten 6 Brände jährlich verschlissen 10<br />
werden, wenn,<br />
wie ich schon jüngsthin angeführt, der Ziegler mehr angetrieben und<br />
die Manipulation vom Amte controliret würde.<br />
In dortiger Situation ist der obrigkeitliche Wald Pürst, der durch<br />
die Kriegsvorfallenheit gewaltsamme Beschädigungen erhalten hat,<br />
sich jedoch bei seiner vortreflichen Vegetation bald erholen würde,<br />
wenn die Einhüttung <strong>von</strong> Nendeln nicht immerwährend wäre. Pferd,<br />
Khüe und Ziegen treiben daselbst ihren Unfug, und nur jene Pflanzen<br />
gewinnen ein Fortkommen, die in Dörner-Gesträuchen emporsprossen,<br />
wozu das Vieh keinen Zutritt nehmen kann. <strong>Der</strong> Walt enthält<br />
fürtrefliche Tannen und Fichten, die übrig gebliebene[n] Stämme<br />
liefern die stärksten Bretklötzer und auch Bauholz. Eine Befriedigung<br />
11 mit Stangen zu Abwehrung der Einhüttung, [die] Wundmachung<br />
12<br />
der leeren Grasplätze, [die] Ausrottung der Dörner und<br />
[die] schlagweise Holzung des ohnehin überständigen Holzes würde<br />
<strong>dem</strong> Wiederwuchs dieses Waldes sehr gnediglich seyn, besonders<br />
wenn auch die Abgabe des jährlichen Wuhrholzes<br />
3<br />
unter der unmittelbaren Amtsaufsicht und jener des Jägers, der<br />
angewiesen werden sollte, allen Holzknechten öfters nachzusehen und<br />
über den Befund <strong>dem</strong> Oberamt den Raport zu erstatten, vollzogen<br />
würde.<br />
Aus diesem Pürst-Wald überging ich nach Mauern, besichtigte die<br />
da anno 1787 gebaute Pfarrey, [die] gegenwärtig neü aufgeführte<br />
Schule, [die] Kirche, die herrschaftliche^] Weinberge und das<br />
Torkelgebäude. Die Pfarrey ist in gutem B<strong>aus</strong>tand. Die Schule [ist]<br />
115
vollends noch nicht <strong>aus</strong>gefertigt, [sie] bedarf noch [einer] Untermauerung<br />
der Schrotwände. 13<br />
Die Kirche hingegen ist ein elendes, im Dach<br />
beschädigtes Gebäude, wo<strong>von</strong> die Deke schon ganz durchmodert und<br />
daher <strong>aus</strong> der Kirche der Himmel frey zu sehen ist. Das Patronatsrecht<br />
stehet <strong>dem</strong> Feldkircher Magistrat 14<br />
zu, und der Landesherr hat nur als<br />
Grundobrigkeit einen Beytrag zu leisten.<br />
Die Weingärten sind in einer schönen Somerlage. [Sie] haben eine<br />
beträchtliche Extension, aber mitten in selben hatte das Stift Otto<br />
Bayern 15<br />
- und nunmehr der König <strong>von</strong> Bayern - seine Weingärten,<br />
das viel Unangenehmes enthält, weil im Herz der landesfürstlichen<br />
Besitzung ein fremder Eigenthümer sich eingenistet hat. Die Weingärten<br />
sind auf die Art der Vaduzer bestellt, [sie] werden gegen die Hälfte<br />
der Fechsung bearbeitet. Diesem ungeachtet traf ich eine Abtheilung,<br />
die ganz verödet und unbebaut da stunde, wo ich <strong>dem</strong> Rentmeister<br />
auftrug, <strong>dem</strong> Arbeiter diesen Theil sogleich abnehmen und einem<br />
fleissigeren [zu] übertragen, ihn sofort der Antheilnehmung an der<br />
diesjährigen Fechsung verlustigt erklären zu sollen. Übrigens haben<br />
viele Abtheilungen wüste Grasplätze, die nur die Einnahme der<br />
Torkelmeister vermehren, durch den Aussatz aber zu landesfürstlichem<br />
Nutzen gebracht werden könnten. Auch viele <strong>aus</strong>gestorbene<br />
Stöcke zeigen sich, die durch Bögen versetzt werden sollten. <strong>Der</strong><br />
Nichtbefolg kann nur der Sorglosigkeit des Amts zur Last gelegt<br />
werden.<br />
<strong>Der</strong> Torkel ist ein uraltes, hölzernes Gebäude mit den massiven,<br />
gespaltenen Schindlspenen gedekt und stat der Schindlnägeln mit<br />
massiven Steinen beschwert, dessen neüe Aufführung bald an die<br />
Bauordnung kommen dörfte. Hiebey wird stat der hölzernen Schrotwand<br />
eine steinene Mauer geführt werden müssen, weil der um die<br />
Weinlöse 16 gewöhnliche Fehn 17 oder Sirocco-Wind 18 directe einzudringen<br />
vermag und die Gährung des Mostes sogleich verursachet, so<br />
die hiesigen Leute für sehr nachtheilig erklären.<br />
Von Mauern übergieng ich nacher Eschen, wo der herrschaftliche<br />
Torkell ganz neu gebaut da steht und solid <strong>von</strong> Steinen mit Ziegeln<br />
4<br />
eingedekt ist. Die hiesigen Weingärten sind in 3 Abtheilungen: die<br />
grösste und beste Abtheilung ist nächst <strong>dem</strong> Torkl, die zweite in der<br />
116
Leimgrube 19<br />
<strong>von</strong> geringem Belang und die letzte auf der Anhöhe <strong>von</strong><br />
Schellenberg - im ganzen nicht <strong>von</strong> der Stärke jener <strong>von</strong> Mauern, die<br />
nur mittlmässigen Wein liefern.<br />
<strong>Der</strong> Seelsorger ist ein Ordensglied vom Kloster Pfeffers, 20 der den<br />
Titel als Staathalter 21<br />
führt, ein mittlmässiges Gebäud bewohnet und<br />
eine zimlich gut conservirte Kirche hat; die Praesentation 22<br />
übt das<br />
Stift Pfeffers <strong>aus</strong>. Weiter abwärts ist das Dorf Bendern mit einer ganz<br />
ordentlichen Kirche und Residenz des Bestellten der Abtey Bendern, 23<br />
die an Oranien 24<br />
übergieng und nunmehr königlich bayerisch ist; hier<br />
und [in] Ruggel ist eine Rheinüberfahrt.<br />
Auf der Herrschaft Schellenberg besitzt der Landesherr blos die<br />
Schupflehen, 25<br />
die künftiges Jahr zu vergeben kommen, wobei eine<br />
Steigerung zulässig seyn wird, dann die kleinen Wälderabtheilungen<br />
am Schellenberg, welche gar keinen Nutzen abwerfen, aber bey<br />
thätiger Nachsicht das Amts und Jägers, dann ordentlicher Eintheilung<br />
einem <strong>dem</strong> Flächeninhalt angemessenen Ertrag zugeführt werden<br />
könnten.<br />
Zwischen der Herrschaft Vaduz und ringsum der Herrschaft<br />
Schellenberg 26<br />
liegen die sogenannten mosigten Riede, die unermesslich<br />
sind, einen grösseren Flächeninhalt als das hiesige urbare Land<br />
enthalten und unter der Benennung Gemeinheit in ihrem wüsten<br />
Zustand seit der Schöpfung liegen, weder zur Viehweide noch zu<br />
einem anderen Endzweck dienen. Sie sind freylich mit Sumpf und<br />
Gewässern geschwängert, können aber bey gehöriger Sachkenntniss<br />
und Nivellierung durch Grabenziehung getrocknet werden, wodurch<br />
<strong>dem</strong> Land der halbe Werth zugebracht werden könnte, aber da es eine<br />
Gemeinheit ist und keinen directen Eigenthümer hat, so bleibt der<br />
unermessliche Terrain immer in seinem rohen Zustand der Natur. Bey<br />
Trokenlegung dieser Sümpfe muss <strong>von</strong> einem zweifachen Gesichtspunkt<br />
<strong>aus</strong>gegangen werden: Den grössten Theil derley Sümpfe<br />
verursachen die vorliegenden Gebürge, deren Gewässer am Fuss am<br />
Tag 27<br />
vorquellen und ohne Abzapfung unübersehbare Ebenen in<br />
Sumpf umwandeln; aber da der Fall 28<br />
bis an [den] Rhein vom Fuss der<br />
Gebürge sehr beträchtlich ist, so ist die Abzapfung des grössten Theils<br />
nur ein Spielwerk für den denkenden und beflissenen Bürger, welche<br />
Trokenlegung durch Regierungs-Verfügung officios auferlegt werden<br />
könte.<br />
5<br />
117
<strong>Der</strong> zweite, minder beträchtliche Theil der Sümpfe muss <strong>dem</strong><br />
theilweise seichten Rinnsall des Rheins zugeschrieben werden. Dieser<br />
wird mit mehr Schwierigkeiten als ersterer getrocknet werden könen,<br />
wenigstens bey Ergiessung des Rheins ist die Überziehung mit Wasser<br />
dieser Streken unverhinderlich. Aber wenn sie Gräben durchschneiden,<br />
so wird die Überschwemmung nur vorübergehend, die Fläche<br />
vielmehr durch die Grabenaufwürfe erhöhet und also dennoch<br />
nutzbar gemacht. So lang sie hingegen eine Gemeinheit bleiben und<br />
der Landesfürst zur Zertheilung und Cultivirung nicht die gesetzliche<br />
Auflage macht, [wird] nichts <strong>dem</strong> Ziele zugeführt. Auch <strong>von</strong> Lindau<br />
bis Feldkirch machen einer Seits die Bergabhänge, andererseits der<br />
Bodensee derley sumpfige Riede, aber die Regierungsauflage, sie zu<br />
cultiviren, hat die dortigen ungeheüren Strecken <strong>aus</strong> ihrem Schlummer<br />
der Unnutzbarkeit geweckt. Ich sähe schon unzählige, theils<br />
breite, theils schmale Gräben geführt, auf den Zwischenräumen die<br />
herrlichsten Früchte gepflanzt und so das der vorigen Regierung<br />
unmöglich geschienene möglich gemacht. Selbst Seine Kaiserliche<br />
Hoheit der Prinz Johann 29<br />
fragten anno 1805 bey Anblick der<br />
unermesslichen, unnutzbaren Riede <strong>von</strong> Balzers abwärts durch die<br />
ganze Herrschaft Vaduz, dann ringsum der Herrschaft Schellenberg:<br />
ob es dann keine Menschen auf diesen Herrschaften gebe, dass so<br />
enorme Strecken uncultivirt in <strong>dem</strong> rohen Naturszustand belassen<br />
werden, wo doch sichtbar ist, dass der cultivirte Terrain sehr<br />
unbedeütend 30<br />
ist?<br />
Selbst der regierende Landvogt beantwortete die Frage mit <strong>dem</strong><br />
wichtigen Argument, dass die Strecken eine Gemeinheit <strong>aus</strong>machen<br />
und der Bürger zur Cultivirung nicht zu bewegen wäre. Diesfalls also<br />
müssen die landesherrlichen Gesetze der Culturs-Sucht den Schwung<br />
verschaffen, und der Besitzstand des Unterthans wird aufs Vierfache<br />
erhöhet seyn. Etwas ist zwar seit <strong>dem</strong> durch die neüe Rötungen,<br />
besonders bey Balzers, Triesen, Vaduz und Schaan, geschehen, aber<br />
immer noch viel zu wenig, um das grosse Werk für vollendet zu halten.<br />
Einigen leichtet zwar der Vortheil der Neürissen schon ein, wie dies die<br />
nebenliegende, 31<br />
mir übergebene Bitte einiger Nachbarn <strong>von</strong> Vaduz<br />
bewähret, aber die gute Sache hat noch zu viele Widersacher, daher die<br />
Macht der Regierung implosirt 32<br />
werden muss, was doch jeder<br />
einsichtige Bürger <strong>von</strong> selbst ergreifen sollte.<br />
6<br />
118
Bey Ruggel Hesse sich der Rheinzoll durch Erweiterung der Riedstrasse<br />
bis gegen den Nowelser Bart 33<br />
sehr mächtig erhöhen, da die<br />
Frachtwägen mehrere Stunden ersparen könten. Durch ein landesfürstliches<br />
Gebot könnte die Gemeinde, die meist im Bedarf dieser<br />
Strasse ist und sie der sumpfigen Lage wegen nicht befahren kann,<br />
verhalten werden, sie herstellen zu sollen, und [dies] würde bey<br />
Anwendung vereinter Kräften kaum 2 Tage Arbeit verursachen. Ich<br />
selbst bin die Strasse zwischen Mauern und Nendeln gefahren, die<br />
durch einen Sumpf führt und vom kaiserlichen Militär während der<br />
Kriegszeit herzustellen anverlangt worden ist, aber die Unterthanen<br />
wollten sich nicht dazu bequemen. <strong>Der</strong> Landvogt wusste und<br />
verstünde sie nicht dazu zu bestimmen. Ein kaiserlicher Hauptmann,<br />
der des Ansuchens schon müde war, fragte den Landvogt: ob derselbe<br />
nichts dagegen hätte, wenn er die Strasse selbst herstellen Hesse?<br />
<strong>Der</strong>selbe war froh, dies Geschäft einem andern überlassen zu können.<br />
<strong>Der</strong> Hauptmann verordnete daher in der Gemeinde, dass Tags darauf<br />
alle bespante 34<br />
Bauern zum Stein- und Schotterführen, alle Fussleute<br />
zum Steinladen <strong>aus</strong>rücken sollen, commandirte zur Aufsicht V2<br />
Compagnie, und in 24 Stunden war der Weeg auf die solideste Art<br />
hergestellt. Die Bauern fluchten zwar in geheim, danken aber itzt<br />
ingedenk der vorigen Unbequemlichkeiten für diese solide Weegbesserung,<br />
und so wären hier sehr viele Strecken durch die Sümpfe zu<br />
machen, wenn der Amtirende Einsicht und Schärfe genug besäss, was<br />
Nützliches durchzusetzen. Selbst die Landstrasse könnte wie in<br />
Österreich und Bayern durch Aufgeboth der Concurrenz 35<br />
unentgeltlich<br />
beschottert und in fahrbarem Stand erhalten werden, das<br />
gegenwärtig der Herrschaft ganz allein mit Verschlingung der Zölle<br />
und Maüten überlassen bleibt. Kann dies dort geschehen, wo der<br />
Unterthan [für] alle Post genug hohe Mauten entrichten muss, warum<br />
nicht auch hier, wo derselbe keine Mauten zahlt und wegen den vielen<br />
Sümpfen keine andere als die Landstrasse zu befahren vermag.<br />
<strong>Der</strong> geheime Rath Wibecking 36<br />
war den l.ten dieses Monats auf der<br />
Strassen-Bereisung bis Nendeln [gekommen], und es beliebte ihm,<br />
<strong>dem</strong> bayerischen Landrichter <strong>von</strong> Feldkirch zu verordnen, dass die<br />
Strass sogleich in besser fahrbaren Stand gesetzt und Magazin-<br />
Haüfeln 37<br />
in doppelter Reihe bevorräthiget werden. <strong>Der</strong> Landrichter<br />
klärte ihn<br />
7<br />
119
auf, dass die Strecke liechtensteinisch wäre. Daher befahl er, <strong>dem</strong><br />
Oberamt die Auflage schriftlich machen zu sollen. <strong>Der</strong> Landrichter<br />
bemerkte weiters, dass das Fürstenthum souveraine wäre und er mit<br />
selben nicht befehlen könne. [Er] glaubte <strong>dem</strong> Herrn geheimen Rath<br />
eröfnen zu müssen, dass ein fürstlicher Abgeordneter in Vaduz gerade<br />
anwesend wäre, er also an mich das TNöthige selbst erlassen wolle -<br />
aber er blieb die Ausführung seiner Anordnung schuldig und soll<br />
einen Sprung in die Schweitz gemacht haben. Ich traf ihn bei meiner<br />
Hieherreise in Lindau an, wo er auch rasende Wasser-Projecte im<br />
Schild führte und bey Praegenz 38<br />
einen Berg abzutragen beabsichtigte,<br />
da jedoch der Nervus 39<br />
hiezu fehlet, dörften alle seine Projekte das<br />
Schiksal jener der Einmündung der March erhalten. Die Wunderbrücken<br />
bey München und Augsburg, die er gebawet hat, habe [ich]<br />
gesehen, unser Kern 40<br />
würde sie ohne Lärm mit weniger Kosten<br />
hergesteilet haben. Ungeachtet in Zeitungen gestanden, dass im vollen<br />
Trapp darübergefahren werden dörfe, so stehen doch die Warnigungs-<br />
Tafeln auf je<strong>dem</strong> End der Brücke, dass bey Strafe langsam gefahren<br />
und geritten werden müsse.<br />
Was übrigens über die hier herrschende Missbräuche zu erinnern<br />
und besondere Vorschläge zu Abstellung und Begründung zwekmässiger<br />
Anstalten 41<br />
zu erstatten seyn werden, behalte mir bevor, mündlich<br />
in Vortrag zu bringen, um sie mit der un<strong>aus</strong>weichlichen Universall-<br />
Regulierung der hiesigen Verfassung in Einklang zu setzen.<br />
Einsweilen soll ich nach Ordre des Feldkircher Arztes noch einen<br />
Tag hier zu bringen, um Stärke zur Fortsetzung der vorhabenden Reise<br />
zu samlen, daher meine Absicht dahin gehet, Dienstag den S.ten July<br />
nach der Schweitz aufzubrechen, wo ich den König <strong>von</strong> Würtemberg<br />
zu treffen hoffe, da er eben eine Reise nach Hofwyl im Schild führet<br />
und schon in Altdorf nächst Weingarten 42<br />
eingetroffen seyn soll. Die<br />
ehemals schöne und reiche Abtey Weingarten habe [ich] angesehen,<br />
sie hat ein stolzes Gebäude und [eine] noch stolzere Kirche, [das]<br />
beweiset den Reichthum des ehemaligen Stifts. Oranien hat den Rahm<br />
abgenommen, nun ist Würtemberg der Landesherr - Oranien, nur<br />
[noch] Vasal, 43 hat seine Beamte zu Einziehung der Gefälle 44 da. Es<br />
sollen 14 Gerichte dahin gehören, die vormals<br />
8<br />
120
130000 f eingebracht haben sollen, dermal aber - nach Abtrennung<br />
<strong>von</strong> Blumeneck und anderen Appertinentien, dann Benehmung der<br />
Landeshoheit - noch bis 80000 f tragen können, wo<strong>von</strong> jedoch 17<br />
Priester, jeder mit 500 f, erhalten werden müssen. Die grossen<br />
Weinvorräthe, Gelder und Capitalien sind jedoch schon verschwunden.<br />
Die Meinung ist allgemein, Oranien werde sich im Besitz nicht<br />
behaupten, weil er unter preussischer Fahne gegen Frankreich<br />
gedienet hat, daher auch Fulda 45 <strong>dem</strong> Primas 46 vergeben und mit<br />
Weingarten anderweitig disponiret werden solle. Zu wünschen, dass<br />
die Wahl bey Vergebung Weingartens auf Liechtenstein] entfallen<br />
möchte.<br />
Die zuliegende Bittschrift 47<br />
des Triesner Pfarrers bestättiget, dass,<br />
wie ich jüngsthin erwähnte, 48<br />
die Gemeinde Triesen zufrieden seyn<br />
würde, wenn sie auf die Bitte um Materialien-Passirung zum<br />
vorhabenden Schulbau mit der Verwilligung zur Demolirung der<br />
Wolfgangs-Kapelle begnädiget wird, daher ich die mir überreichte<br />
Bittschrift unverweilt nachtrage.<br />
Die Steüeranliegenheit 49<br />
nähert sich zimlich <strong>dem</strong> Abschluss, aber<br />
oberamtlicher Seits ist man so fremde gegen diese gesetzliche Anstalt,<br />
als betrefe die Anliegenheit den Mogol 50 <strong>von</strong> Indien. <strong>Der</strong> Amtsboth 51<br />
ist der einzige Gelehrte in dieser Anliegenheit - zugleich das Lastthier,<br />
das alles <strong>aus</strong>arbeiten und mundiren 52<br />
muss, das keine Kleinigkeit bey<br />
so unendlich geringen Besitzungen ist, die individualiter 53<br />
beschrieben<br />
und geschätzt werden musten. Die Beantwortungen aller diesfälligen<br />
Fragen muste vom Amtsboth erholen. Die Fassion 54<br />
wird just nicht<br />
übertrieben hoch <strong>aus</strong>fallen, dies macht eben nicht so viel zur Sache, da<br />
das Steuer-Simplum 55<br />
bis zur Bedekung der Staatsnothdurften vermehret<br />
werden kann. Ganz anders trift es die Geistlichkeit, die mit den<br />
Zehenden und Zuflüssen, dann derselben Multiplicirung mit 20<br />
ungemein höher daran kommen. 56<br />
Sie gaben mir eine Vorstellung ein,<br />
die ich hier zulege 57<br />
und einer Überlegung, dann Vortrags an Seine<br />
Durchlaucht würdig ist. <strong>Der</strong> Geistlichen sind hier unstreitig zu viele,<br />
aber bey der Menge <strong>von</strong> Feüertagen 58<br />
haben sie für ihre geringe<br />
Einkünfte<br />
9<br />
Beschäftigung genug - hierwegen wird auch eine Reform zur Sprache<br />
kommen müssen. Das Prozessionsführen und derley Gaukeleyen<br />
121
haben kein Ende, die Fahnen werden stark strapatzirt, die Avantgarde<br />
einer Prozession wird durch einen Fahnenträger geführt, die Hauptarmee<br />
führen dann schon 3 Fähnriche und unzählige Stäblmeisters S9<br />
an, und da giebt es Freüden bey so einer Solenität 60<br />
- immer ein<br />
Seelsorger besuchet zum Frühstück seinen Nachbarn in dieser<br />
Bekleitung, und der Nachbar ist so manirlich, dass er im nemlichen<br />
Apparat mit allen seinen Kirchenkindern den Besuchenden heimbegleitet,<br />
wo eine doppelte Fahnen- und Stäblanzahl zusammen<br />
kommet. Dies wird für sehr auferbaulich gehalten, und die Pfarrers<br />
wollen nicht eine Handbreit da<strong>von</strong> abweichen, wozu vorzüglich ihr<br />
Bischof, der Baron Poul, 61<br />
die Stimmung giebt und zu erhalten bemüht<br />
ist. Bayern wollte <strong>dem</strong> Ding nicht zusehen, hat ihn <strong>von</strong> Meran <strong>aus</strong><br />
Tyrol unter militärischer Bekleitung ins Binden bis an Luziensteig<br />
exportiren lassen.<br />
Hier 62<br />
ist noch eine Bitte der Gemeinde Triesen, die keiner so<br />
eiligen Vorbescheidung unterliegt und das Eigenmächtige aufdekt, das<br />
man sich oberamtlich erlaubte, wo man die Kriegsschäden an die<br />
hiesigen Würthe und Blutigeln mit fürstlichen Forderungen <strong>aus</strong>geglichen<br />
und diese einer Gemeinde schon anno 1802 zugewiesen hat, die<br />
sich selbst nicht erhalten kann, minder dass auf eine Kapitals-<br />
Abzahlung gedacht werden könte. Die Gemeinde übernahm diese<br />
Schulden in der Erwartung der sicheren Nachsicht, und auf diesen Fall<br />
wären Seine Durchlaucht der Zahler jener Schulden, welche die<br />
Wirthe mit lOfacher Kreide aufgemahlen haben - mündlich das<br />
Mehrere hie<strong>von</strong>. Es giebt zu viele Sonderheiten in dieser Kriegsschaden-Anliegenheit,<br />
welche der Chyrurg Grass und Amtschreiber am<br />
besten zu entwikeln vermögeten, wenn sie eine Generalbeicht ablegen<br />
wollten - bede hatten grosse Forderungen in Berechnungen, ohne<br />
einen Kreützer Unkosten getragen zu<br />
10<br />
haben. Letzterer hat <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Contumaz-Stritt noch 1400 f zu<br />
bekommen, und ins Rentamt restirt er so viele Hunderte. Dies konten<br />
sie ungehindert thun, weil der Vorgesetzte ihre Puppe war, mit der sie<br />
nach Willkühr spielen durften.<br />
Vaduz, am 4.ten July 1808<br />
<strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> manu propria<br />
122
ANMERKUNGEN ZUM BERICHT VOM 4. JULI 1808<br />
1 rewerteriren: revertieren (zurückkehren).<br />
2 Rumburg: liechtensteinische Herrschaft in Böhmen.<br />
3 Vgl. Anm. 25, S. 107.<br />
4 Contumaz - Urteil: Gerichtsurteil in Abwesenheit der Parteien. Die fürstliche<br />
Hofkanzlei in Wien fällte ihre Urteile notwenigerweise ohne Anhören der Parteien<br />
bloss aufgrund der Akten. Dies führte nach <strong>Hauer</strong>s eigener Ansicht zu «sonderbaren<br />
Data».<br />
5 zu Huldigung <strong>dem</strong>: in Berücksichtigung dessen.<br />
6 praejudicatum: Vorentscheidung.<br />
7 Die erwähnten Akten fehlen.<br />
8 «der» bezieht sich auf Sumpf.<br />
9 Vegetabilien: Pflanzen.<br />
10 verschleissen: in kleinen Mengen absetzen.<br />
11 Befriedigung: Eingehung.<br />
12 wund machen: aufhacken, damit Baumsamen gesät werden kann.<br />
13 Schrot: Bezeichnung für Zimmerwerk an Gebäuden.<br />
14 Die Patronatsrechte in Mauren gehörten im 17. Jahrhundert <strong>dem</strong> Priorat<br />
St.Johann in Feldkirch, das seinerseits <strong>dem</strong> Kloster Weingarten gehörte. 1695<br />
kaufte die Stadt Feldkirch das Priorat St.Johann. Während die Stadt aber das<br />
Priorat bereits im Jahr darauf an das Benediktinerstift Ottobeuren verkaufte,<br />
behielt Feldkirch die Patronatsrechte bis 1918.<br />
15 Das Benediktinerstift Ottobeuren wurde 1802 <strong>von</strong> Bayern aufgehoben, wobei auch<br />
der Besitz des Priorats St.Johann an Bayern überging. In der Folge verkaufte<br />
Bayern die «Herrenbündt» in Mauren für 700 Gulden (vgl. J.B. Büchel, Bilder <strong>aus</strong><br />
der Geschichte <strong>von</strong> Mauren, JBL 1915, S. 79 ff).<br />
16 Weinlöse: Traubenlese.<br />
17 Fehn: Föhn.<br />
18 Schirokko: warmer Mittelmeerwind.<br />
19 Leimgrube: Lehmgrube.<br />
20 Pfeffers: Pfäfers. Im 17. und frühen 18. Jahrhundert versahen zeitweise auch<br />
Weltpriester den Pfarrdienst in Eschen (vgl. J.B. Büchel, Geschichte der Pfarrei<br />
Eschen, JBL 1926, S. 20 ff).<br />
21 Staathalter: Statthalter (= Stellvertreter). Die Verwendung dieses Begriffs weist<br />
daraufhin, dass der Statthalter nicht nur Priester, sondern auch Domänenverwalter<br />
war.<br />
22 Paesentationsrecht: Vorschlagsrecht für die Besetzung einer frei gewordenen Stelle.<br />
23 Die Pfarrei Bendern war seit 1194 im Besitz des Prämonstratenserklosters St. Luzi<br />
in Chur. Durch den Reichsdeputationshauptschluss kam der Besitz des Klosters<br />
St. Luzi in Liechtenstein und Vorarlberg an Oranien. 1804 gingen diese Güter durch<br />
T<strong>aus</strong>chvertrag an Österreich. 1805 kamen sie durch den Pressburger Frieden an<br />
Bayern und 1814 durch den Wiener Kongress wieder an Österreich.<br />
123
24 Die Oranier gehörten zu den bedeutendsten Adelsgeschlechtern in Europa und<br />
waren zeitweise Statthalter in den Generalstaaten (Niederlanden). Beim Reichsdeputationshauptschluss<br />
1803 wurden sie für den Verlust ihrer niederländischen<br />
Würden mit Fulda, Weingarten u.a.m. entschädigt. Bei der Gründung des<br />
Rheinbundes verloren sie diese Gebiete ebenso wie ihre Stammgebiete.<br />
25 Schupflehen: zeitlich befristetes Lehen. In bestimmten Zeitabständen wurde es<br />
vom Grundherren zurückgenommen und neu verliehen.<br />
26 Mit «Herrschaft Schellenberg» ist hier der Eschnerberg gemeint.<br />
27 am Tag vorquellen: zu Tage treten.<br />
28 Fall: Gefälle, Neigung.<br />
29 Erzherzog Johann <strong>von</strong> Österreich (1782 - 1859) war im 3. Koalitionskrieg <strong>von</strong> 1805<br />
Befehlshaber der in Tirol stehenden Österreichischen Truppen.<br />
30 Landvogt Franz Xaver Menzinger meinte 1805, dass etwa ein Drittel des<br />
landwirtschaftlich nutzbaren Bodens kultiviert seien, während zwei Drittel «wüst<br />
und öde» da lägen. (Büchel, Gemeindenutzen S. 30).<br />
31 Die erwähnte Beilage fehlt.<br />
32 implosiren: einsetzen (latinisierte Form).<br />
33 Nowelser Bart: Nofelser Bad.<br />
34 bespant: mit einem (Pferde-)Gespann versehen.<br />
35 Concurrenz: Aufbietung eines Zwangsverbandes (z.B. Gemeinde) zur Erledigung<br />
einer gemeinsamen Verwaltungsaufgabe.<br />
36 Ritter Carl Friedrich <strong>von</strong> Wiebeking (1762 - 1842) war Architekt und Ingenieur. Er<br />
wurde 1805 als Chef der Ministerial-Sektion für Strassen- und Wasserbau nach<br />
München berufen. Er baute zahlreiche Brücken in Bayern, die aber wegen ihrer<br />
schlechten Konstruktion nicht lange hielten. 1811 plante er den Ausbau des<br />
Lindauer Hafens.<br />
37 Magazin-Haüfeln: Schotterhaufen beidseits der Strassen.<br />
38 Praegenz: Bregenz.<br />
39 nervus: hier scherzhaft für Geld.<br />
40 Kern: konnte nicht identifiziert werden.<br />
41 Anstalten kann hier sowohl im Sinn <strong>von</strong> Anordnungen als auch <strong>von</strong> Einrichtungen,<br />
Institutionen verstanden werden.<br />
42 Das Benediktinerkloster Weingarten (nördlich des Bodensees bei Ravensburg)<br />
wurde 1802 säkularisiert. <strong>Der</strong> Abteiname wurde 1865 auf die bis dahin Altdorf<br />
genannte heutige Stadt Weingarten übertragen.<br />
43 Oranien: vgl. Anm. 24 oben.<br />
44 Gefälle: Zinsen und andere Abgaben.<br />
45 Die Abtei Fulda, die 1752 zum Bistum erhoben worden war, wurde 1803<br />
säkularisiert und <strong>dem</strong> H<strong>aus</strong> Nassau-Oranien als Fürstentum zugeteilt. Nach<strong>dem</strong><br />
aber Wilhelm <strong>von</strong> Nassau-Oranien gegen Napoleon die Waffen ergriff, wurde<br />
Fulda mit andern Gebieten Karl Theodor <strong>von</strong> Dalberg übergeben. Aus den alten<br />
und neuen Gebieten Dalbergs entstand 1810 das Grossherzogtum Frankfurt.<br />
124
46 Karl Theodor <strong>von</strong> Dalberg (1744 - 1817) war der letzte Kurfürst <strong>von</strong> Mainz und<br />
wurde 1806 <strong>von</strong> Napoleon zum Fürstprimas im Rheinbund ernannt.<br />
47 Die erwähnte Bittschrift fehlt. Am Rand ist die Bemerkung «Ff. Secretaire<br />
Haymerle expedirt» angebracht.<br />
48 Vgl. oben S. 102.<br />
49 Aufgrund <strong>von</strong> Artikel 4 der Steuerverordnung vom 22. 4. 1807 mussten alle<br />
Grundstücke nach ihrem Wert geschätzt werden.<br />
50 Mogol: Mogul (Herrscherdynastie mongolischer Herkunft in Indien).<br />
51 Amtsbote war Johann Rheinberger (1764 - 1828). Vgl. Das «Politische Tagebuch<br />
<strong>von</strong> Johann Rheinberger, JBL 1958, S. 227 ff.<br />
52 mundi(e)ren: ins reine schreiben.<br />
53 individualiter: einzeln (latinisierte Form).<br />
54 Fassion: Steuererklärung.<br />
55 Steuer-Simplum: einfacher Steuersatz. Das Steuer-Simplum konnte so oft erhoben<br />
werden, bis die Staats<strong>aus</strong>gaben gedeckt waren.<br />
56 Bei der Schätzung des Werts des Zehentsrechtes ging man <strong>von</strong> der Überlegung <strong>aus</strong>,<br />
dass Kapitalien gewöhnlich mit 5 % verzinst wurden. Wenn man daher den<br />
Geldwert der Abgaben mit 20 multiplizierte, so erhielt man eine Wertangabe für<br />
das ganze Zehentbezugsrecht.<br />
57 Die Bittschrift fehlt.<br />
58 Feüertage: Feiertage.<br />
59 Stäblmeister: Kreuzträger.<br />
60 Solennität: Feierlichkeit.<br />
61 Karl Rudolf <strong>von</strong> Buol-Schauenstein (1760 - 1833) war der letzte Fürstbischof <strong>von</strong><br />
Chur. Beim Einmarsch der Franzosen flüchtete er 1799 nach Meran, das damals<br />
noch mit Tirol und Vorarlberg zur Diözese Chur gehörte. Nach <strong>dem</strong> Anschluss<br />
Tirols an Bayern (1805) geriet er mit der bayerischen Regierung wegen deren<br />
josephinischer Kirchenpolitik in Konflikt und wurde deshalb am 25. Oktober 1807<br />
gewaltsam über die Grenze zurückgebracht. Von Chur <strong>aus</strong> führte er den Kampf<br />
gegen die bayerische Kirchenpolitik weiter, bis Tirol 1809 der Diözese Brixen<br />
zugeteilt wurde. Buol errichtete 1808 das Priesterseminar St. Luzi in Chur. (HBLS)<br />
62 Die Bittschrift fehlt.<br />
125
BERICHT VOM 28. JUNI 1808 ÜBER DIE TÄTIGKEIT DES<br />
OBERAMTES (Beilage 4 zum <strong>Bericht</strong> vom 30. Juni 1808)<br />
ACTUM VADUZ, DEN 28. JUNY 1808<br />
Zu Erhöbung der innerlichen Beschaffenheit der Amts-Verwaltung<br />
wurden mehrere Fragen an das beisitzende Amts-Personale 1<br />
gemacht,<br />
worüber der folgende Befund erhoben worden:<br />
1. tens Wird bestättigt, dass die erfliessenden fürstlichen oder<br />
hochfürstlichen Hofkanzley-Rescripte 2<br />
wechselseitig comunicirt<br />
werden.<br />
2. tens Das Archiv oder [die] Registratur ist in so weit in der<br />
Ordnung, dass solche bis auf gegenwärtige Zeiten den<br />
Materien nach fasciculiert 3 und mit einem Index 4 versehen<br />
ist, der aber nicht in alphabetischer Ordnung, sondern nur<br />
den Materien nach in der Eintheilung 1. Principaliora, 5 2.<br />
Regalien 6 und Cameralien, 7 3. Territoralien 8 oder Jurisdictionalien,<br />
9 4. Polizey, 10 5. Landschaft," 6. Gemeinden [und<br />
7.] Unterthanen geführet wird, wodurch das Aufsuchen der<br />
einzelnen Materien ohne gänzlicher Durchsehung der unter<br />
ein oder andere Rubrique gehörigen Acten nicht möglich ist,<br />
daher die Überarbeitung der Registraturs-Ordnung nach der<br />
in Wien bestehenden Ordnung eine un<strong>aus</strong>weichliche Nothwendigkeit<br />
wird.<br />
2<br />
3. tens Exhibiten- oder Einreichungsprotokoll 12 wird weder in<br />
gerichtlichen noch in politischen Verfahren geführt, daher<br />
die auf den Majorat-Herrschaften 13<br />
geführte Ordnung auch<br />
hier zu appliciren seyn wird.<br />
4. tens Controll-Register 14 werden hier keine geführt, weder über<br />
das eingehende Wildpret, weder über die Weinfechsung,<br />
weder über die Wein- und Getreide-Zehend, weder über den<br />
Abdrusch, [die] Ziegelproduktion und [den] Verschleiss<br />
[noch über die] Bretklötzer. Bios über die Fechsung der<br />
Vaduzer Weingärten nimt der Rentmeister die Überzeügung<br />
ein, <strong>von</strong> den <strong>aus</strong>wärtigen Weingärten bei Triesen, Mauern<br />
126
und Eschen pflegen die Torkelmeister die Anhersendung<br />
mittelst Zetteln zu bewerkstelligen.<br />
<strong>Der</strong> Rentmeister entwirft hienach das Fechsungs- oder Visier-<br />
Register, 15 und der Torkelmeister führt sohin hierüber den Verrait 16<br />
und betreibt zugleich den Ausschank, ungeachtet er 3 und viererley<br />
Preise vorgeschrieben hat. Da diese Manipulazion nicht beruhigend<br />
ist, so wäre die in Österreich wohl geführte Ordnung auch hier zu<br />
begründen. 17<br />
3<br />
5.tens<br />
Zwischen Obrigkeit und Unterthanen walten dermal keine<br />
Strittigkeiten ob.<br />
ö.tens Da die wenigen Taxen, welche nach einer Cynosur 18 <strong>von</strong><br />
anno 1702, die hier in Abschrift vorliegt, <strong>von</strong> Herrn<br />
Landvogt bezohen werden dörfen, so sind bisher keine<br />
Tax-Register geführt worden. 19<br />
7.tens<br />
Die Verlassenschafts-Abhandlungen pflegen die Ortsrichter.<br />
Die Vögte oder Vormünder werden amtlich bestättigt, aber<br />
in die Verhandlung keine Einsicht genohmen, dahero auch<br />
keine diesfällige[n] Taxen amtlich bezohen werden können.<br />
20<br />
Grundbücher bestehen keine, vormals war die Ordnung,<br />
dass die Schuldverschreibungen wo immer <strong>aus</strong>gefertigt<br />
werden konnten, wodurch es geschähe, dass manches Reale<br />
2-3 mal verpfendet worden. Zu Vorbeugung der hier<strong>aus</strong><br />
erwachsenden Inconvenienzen hätte der Herr Landvogt<br />
verfügt, dass die Verschreibungen immer nur der älteste<br />
Richter des Orts leiten und diese zur amtlichen Ausfertigung<br />
und Inprotocollirung im amtlichen Pfandsprotocoll bringen<br />
solle.<br />
4<br />
Man verlangte die Einsicht eines derley Pfand-Protokolls und fand<br />
dasselbe in nachstehende Rubriquen eingetheilt:<br />
127
Dalum u. Schuldner Creditor Unterpfand AnstÖsscr AnstÖsscr Anstösser Anstösser<br />
Schuld aufwärts abwärts rheinwärts bergwä'rts<br />
1789.den Peter Jungfrau ein Stück Zill Wein <strong>Georg</strong> Schuldner Schuldner<br />
I5.ten Matt Maria Heügut garten Matt<br />
Jänner und Antonia<br />
Weltin in<br />
aufden<br />
Butscher<br />
100 f Anna Chur ein Stuk Schuldner Herrn<br />
250 f Mescherin Frau Regina<br />
Konstanz ia<br />
<strong>von</strong> Guglberg<br />
Mayenfeld<br />
Aker auf<br />
Gallibusch<br />
<strong>Georg</strong><br />
Malt<br />
Schuldner Franz<br />
Josef<br />
Malt<br />
Wenn die Schuld gezahlt wird, so wird in diesem Protokoll blos<br />
angemerkt: Dieses Capital ist abgezahlt laut Schein A.<br />
Das Muster einer diesartigen Schuldverschreibung liegt ad 7 bey. 21<br />
Falls die Schuldverschreibungen dergestalten anwachsen, dass das<br />
vorhandene Protokoll die Vormerkung nicht mehr aufzunehmen<br />
vermag, werden neüe Bögen eingeschoben. Über das Ganze bestehet<br />
aber kein Repertorium oder Index, sondern über jedes Ort wird ein<br />
eigenes Protokoll geführt, und jeder Schuldner hat sein eigenes Blat. 22<br />
8. tens Depositen können nur in Streitfällen in amtliche Verwahrung<br />
gelangen, die bey Ausgang des Streits an die Partheyen<br />
zurückgestellt werden. Depositen waren nie gewohnlich,<br />
daher keine Taxen üblich. Bey Einführung der Verlassenschafts-Abhandlung<br />
an Seite des Oberamts würde die in<br />
Österreich<br />
5<br />
eingeführte Ordnung, dann Depositen-Tax-Abnahme angewendet<br />
werden können. 23<br />
9. tens Die Gränzen der Herrschaft sind einer Seits durch den Rhein<br />
und anderer Seits durch in Felsenköpfe eingehauene Steine<br />
bemerkt, welche in den Urbarien und in <strong>dem</strong> Originalbrief<br />
des Kaiser Maximilian <strong>aus</strong>gezeichnet sind. Im <strong>Jahre</strong> 1780<br />
wurde eine Reambulation 24<br />
angefangen, die aber <strong>dem</strong> Ende<br />
nicht zugeführt worden ist. Strittig ist blos eine Streke an der<br />
128
Feldkircher Granz am sogenannten Haselbach 25<br />
und Spirz-<br />
Bach, 26<br />
begreift eine sumpfige Gegend, die nicht bedeütend<br />
ist, bey entschiedenem Stritt aber zum Nutzen gebracht<br />
werden könte. Das beyrische Dorf Altenstädt und Banks 27<br />
sind eben die Widersacher, weswegen das fürstliche Oberamt<br />
mit <strong>dem</strong> beyrischen Landrichter in Feldkirch sich ins<br />
Einvernehmen zu setzen und zu Beendigung des Stritts das<br />
möglichste zu wirken hätte. 28<br />
6<br />
10. tens Bisher wurden über Gesuche oder Wirtschafts-Gegenstände<br />
keine besondere Sitzungen gehalten oder schriftliche Conferenzen<br />
geführt, daher für die Zukunft ein amtliches Conferenz-Buch<br />
zu verfassen, hierin in gedrängtem Inhalt der<br />
Gegenstand einzuschalten und das Gutachten <strong>von</strong> Herrn<br />
Rentmeister aufwärts zu inseriren und hiernach, falls sie sich<br />
in der Meinung vereinigen, das Gutachten zu erstatten, oder<br />
in diversen Gesinnungen mit Beilegung des Rentmeisters<br />
Gutachten der vorsteherliche <strong>Bericht</strong> zu erstatten seyn wird.<br />
11. tens Die Landesordnung vom Jahr 1732 enthält die Ordnung in<br />
Polizey-Sachen, nach der bisher die Beobachtung gemacht<br />
worden, nebst dieser besteht der sogenannte Landsbrauch,<br />
der uralt seyn muss, da die letzte Abänderung hieran <strong>von</strong><br />
200 <strong>Jahre</strong>n sich herschreibt. 29<br />
7<br />
Handwerks- und Zunfts-Generalien sind keine, daher es<br />
wohl nothwendig wird, <strong>dem</strong> Land eine <strong>dem</strong> Geiste der<br />
Zeiten anwendbare Zunftordnung einzuführen. 30<br />
In Criminalsachen wird sich nach der Peinlichen Ordnung<br />
Karl des 5 ten gehalten, die eben den itzigen Zeitumständen<br />
nicht mehr die angemessenste ist.<br />
12. tens Die Numerazion der Häuser ist im Lauf des Kriegs bey<br />
einigen Ortschaften geschehen, aber schon wieder grösstentheils<br />
eingegangen. Eine verlässliche Seelen-Beschreibung<br />
bestehet nicht, anno 1789 wurde sie einmal vorgenohmen,<br />
129
daher die Numerirung und Conscribirung gesetzlich vorgeschrieben<br />
und in Ausführung gebracht werden solle. 31<br />
13. tens Dienstbothen-Ordnung bestehet eben keine, dahero dann<br />
auch keine Gesindsgestellung üblich ist. 32<br />
14. tens Die Körnerpreise werden hier nach <strong>dem</strong> Ausschlag der<br />
Feldkircher Marktpreise reguliert. 33<br />
15. tens Gemeind-Rechnungen sollen zwar gelegt werden, aber sie<br />
werden beim Amte nicht abgegeben noch revidiert, daher<br />
das Oberamt diesfalls keine Evidenz hat. Zu Bezwekung der<br />
guten Ordnung wären die Rechnungen nach den zu gebenden<br />
Mustern jährlich zu legen und zur oberamtlichen<br />
Revision zu bringen. 34<br />
8<br />
lö.tens<br />
Buchhalterey-Mängl-Protokollen und derselben Beantwortung<br />
wurden bisher nicht geführt, daher in Hinkunft ein<br />
derley Protokoll <strong>aus</strong> unbeschriebenem Papier zusammen zu<br />
binden, hierin bey Anlangung der Mängl dieselbe halbspaltig<br />
zu copiren, auf der entgegengesetzten Spalte die Beantwortung<br />
einzuschalten, hier<strong>aus</strong> dann die Erleüterung ins<br />
Original zu übertragen und das Protokoll amtlich aufzubewahren<br />
ist, um bey Anlangung der Super-Mängeln die<br />
Evidenz der früheren Erleüterungen zu erlangen. 35<br />
17. tens Über die Waldfreveln wird kein eigenes Schadenersatz-<br />
Protokoll geführt, sondern bey Vortritt einer derley Beschädigung<br />
der Thäter einberuffen und mit <strong>dem</strong>selben besonders<br />
die Verhandlung gepflogen, der Ersatz aber den Renten<br />
zugewiesen. 36<br />
18. tens Die Weinpreise werden nach Umständen amtlich <strong>von</strong> Zeit<br />
zu Zeit regulirt, die Körner nach Ausschlag des Feldkircher<br />
Markt-Preises, die Hühner und Eyer, Zinse <strong>von</strong> Schupflehen<br />
in der untern Herrschaft haben ihre Bemessung; da aber die<br />
Lehenkontrakte künftigen Jahrs expiriren, 363<br />
so wird die neue<br />
Bemessung <strong>von</strong> der Bestimmung des Landesfürsten abhangen.<br />
Überhaupt<br />
9<br />
130
lassen sich rüksichtlich dieser Schupflehen künftiges Jahr<br />
bey der neüen Verlassung anderweitige Modificationen<br />
vorschreiben, die sich mit den itzigen Zeitumständen mehr<br />
vereinbaren, daher zur Übersicht derselben die Beschreibung<br />
nebst einigen Bemerkungen über die Erhöhung gegen<br />
Zurückstellung hier beigeschlossen werden. 37<br />
19. tens Holzprotokoll nach Art der mährischen Herrschaften wird<br />
hier keines geführt, daher es vorzuschreiben wäre, um den<br />
Ertrag eines jeden Waldantheils zu ersehen. Überhaupt<br />
verdienten die hiesigen obrigkeitlichen Waldungen einer<br />
forstamtlichen Übersicht, Schätzung und Vermessen, um<br />
hienach statt der bisherigen willkührlichen eine forstmässige<br />
Holzung einzuführen. 38<br />
Selbst die unterthännigen Waldungen, die nicht unbeträchtlich<br />
sind, verdienen eine ordentliche Aufsicht, da diese blos<br />
denen Ortsgeschworenen übertragen ist. 39<br />
20. tens Erbsteüer ist hier nicht gesetzlich eingeführt, blos nach <strong>dem</strong><br />
Urbarium und Landsbrauch sind jene Gütter verfallen,<br />
wozu keine bestirnte Erben sind oder wo Bastarden oder<br />
Hurenkinder als Erben eintretten oder Nachlassenschaften<br />
hinterlassen; in gleichen <strong>von</strong> Selbstmördern. 40<br />
21. tens Die Kirchenkassen befinden sich bei den Pfarreyen, die<br />
Rechnungen werden <strong>von</strong> den Kirchenpflegern unter Beytritt<br />
der Pfarrer gelegt.<br />
10<br />
Das Oberamt nimmt nur bey der Schaaner, Triesner,<br />
Triesnerberger und Vaduzer Kirche in die Rechnung Einsicht.<br />
Die Kirchen-Capitalien sind weder versichert, noch<br />
[sind] hierüber ordentliche Schuldbrief vorhanden, so <strong>aus</strong>zufertigen<br />
und mit der erforderlichen Sicherheit zu versehen<br />
seyn werden.<br />
Bey den Kirchen Balzers, Eschen, Mauern und Bendern hat<br />
das Oberamt bisher keine Rechnung eingesehen, weil sie<br />
fremden Patronaten unterliegen. Da jedoch der Landesfürst<br />
das Recht hat, hierüber die Einsicht zu nehmen, so wäre<br />
auch darauf zu stehen, dass die Rechnungen jährlich<br />
exhibirt und in ordentlichen Gang gesetzt werden. 41 131
22. tens Kein Localaugenschein über die Behandlung der in Bestand<br />
stehenden obrigkeitlichen Gründe wurde bisher eingenohmen,<br />
sondern blos auf den Ruf, dass die Lehensträger und<br />
Zinsler die Streüh oder Dung veräussern, wurde ihnen<br />
gedrohet, sie vom künftigen Genuss <strong>aus</strong>schliessen zu wollen.<br />
Für die Zukunft wird öfters im Jahr der Augenschein<br />
einzunehmen und sich zu überzeugen seyn, ob die Bedungung<br />
und Bestellung der Gründe ordentlich geschehe. 42<br />
23. tens Die Obstbaumzucht wird seit einer Zeit weniger berücksichtiget,<br />
und die Bestandler der Schweblhofgründe [werden]<br />
nicht verhalten, den kontraktmässigen Aussatz zu machen,<br />
daher <strong>dem</strong> Oberamt die erforderliche Vigilanz empfohlen<br />
wird. 43<br />
11<br />
24. tens Bey der Auen-Vertheilung zu Vaduz gebührten der Obrigkeit<br />
gleiche Abtheilungen auf die besitzende Haüser der Landvogtey,<br />
Landschreiberey, Taffern, Mühlen und Schloss, nun<br />
sind aber <strong>dem</strong> Herrn Landvogt nur 2 Theile, dann <strong>dem</strong><br />
Rentmeister nomine des Schlosses 1 Theil zugewiesen<br />
worden. <strong>Der</strong> Mühle und Tafern hingegen nur V2 Theil,<br />
daher diese noch zu ergänzen seyn. 44<br />
25. tens Zu Schwingung der executiven Gewalt werden statt den<br />
bisherigen 2 Landamännern und Landweibln bey Abänderung<br />
der Landesverfassung 4 fürstliche Grenadiere hier zu<br />
Stationiren seyn, welche der Gerichtsstelle sowohl als auch<br />
<strong>dem</strong> Rentamt bey Kanzleydiensten und Geldeintreibungen<br />
an Händen gehen sollen. 45<br />
26. tens Obrigkeitliche Züge sind keine aufgestellt, blos der Herr<br />
Landvogt hat auf 2 Pferde die normalmässige 46<br />
Passierung<br />
und Pferdsbeitrag. <strong>Der</strong> Rentmeister wird bey Amtsverrichtungen<br />
für Bezahlung geführt, und da kein Wirtschaftskallesch<br />
vorhanden, so ist derselbe genöthiget, sein eigenes<br />
zu gebrauchen. 47<br />
27. tens Noch zu cultivirende Hutweiden oder Riede befinden sich<br />
bei der Gemeinde Balzers, etwas weniges bey Triesen, bey<br />
Vaduz obern Bock und beim Buchwald, 48<br />
bey Schaan die<br />
132
sogenannten Riede, Bendern wenig, Ruggel und Gamperin<br />
beträchtliche<br />
12<br />
Ried und Aue nebem Rhein, zu wessen Urbarmachung den<br />
Gemeinden eine angemessene Streke ex officio bestirnt<br />
werden, so weit die Abzapfungen es gestatten. 49<br />
28. tens Bey Verlassung der herrschaftlichen Realitäten läst sich<br />
<strong>aus</strong>ser den Schupflehen und Schweblhof keine Erhöhung<br />
bezweken. Bey <strong>dem</strong> Schweflhof noch langsam, da die<br />
Verleihung auf lebenslang bedungen ist, mithin eine Abänderung<br />
nur bey Absterben eines betheilten Nutzniessers<br />
zulässig ist. 50<br />
29. tens Da nach <strong>dem</strong> Urbario <strong>von</strong> je<strong>dem</strong> H<strong>aus</strong>haber ein Fahrtl<br />
Dunger für den Triesner Weingarten <strong>aus</strong> der Triesner und<br />
Balzner Gemeinde, ingleichen <strong>von</strong> je<strong>dem</strong> Vaduzer und<br />
Schaaner H<strong>aus</strong>halter für den Bocker- und Marina-Weingarten,<br />
51<br />
mehr für die Eschner und Maurer Weingarten jeder<br />
H<strong>aus</strong>haber <strong>von</strong> Eschen, Mauren und Bendern jährlich<br />
abzuführen schuldig sind, diesen ganzen Bedarf die Weingärten<br />
aber nicht haben, so sollte über die richtige Abgabe des<br />
Düngers eine ordentliche Verrechnung geführt, die Verwendung<br />
notirt und der nicht abführende Dünger-Antheil in<br />
Geld ersetzt werden, worüber künftig das Amt statt <strong>dem</strong><br />
Weingartenmeister die Einsicht zu nehmen haben wird. 52<br />
30. tens Die Frohnen sind <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Urbario in<br />
13<br />
<strong>dem</strong> zuliegenden Auszug sub V. 5 3<br />
enthalten. Da dieselben<br />
gegenwärtig bei verpachten Gründen in natura nicht benutzt<br />
werden können und daher denen Pächtern überlassen<br />
werden, diese hingegen da<strong>von</strong> wegen schlechter Arbeit<br />
keinen Gebrauch machen, so wäre es nützlicher, mit den<br />
Unterthanen ein Convention über Reluirung 54 dieser Schuldigkeit<br />
zu negociren und dagegen die lästigen Bewirthungen<br />
und baare Verabreichungen ä 6 und 12 x zu beseitigen. 55 133
31. tens Rüksichtlich der Inleüten oder Hindersässen besteht die<br />
Ordnung, dass der eingeworbene Inmann erstlich sich beim<br />
Richter meldet, und wird er <strong>von</strong> der Gemeinde aufgenommen,<br />
so solte er sich über diese Aufnahme mit einem Zettl<br />
beim Oberamt legitimiren, unterläst er diese Legitimation,<br />
so entgeht der Herrschaft der Hintersässzins in der obern<br />
Herrschaft mit 1 f 30 x und in der untern 2 f jährlich, so durch<br />
die jährliche Conscription oder Seelenbeschreibung gesichert<br />
werden könte. 56<br />
32. tens Eine obrigkeitliche Zieglhütten und Ofen bestehet bey<br />
Nendlen, die Schöpfen geräumig mit Ziegeln gedeket, der<br />
Ofen gewölbet, mit Zieglers Wohnung. Die dort fabrizirten<br />
Ziegeln <strong>von</strong> bester Qualität wird das T<strong>aus</strong>end Maurerziegel<br />
zu 19 f 30 x, Dachziegeln 15 f 40 x, die Ortziegeln das Stück ä<br />
2 x und die Hohlziegel ä 4 xr<br />
14<br />
verkauft. Ein Brand Ziegl bestehet <strong>aus</strong> 24650 Stück Ma'uerund<br />
Dachziegel, dann einigen Hohl- und einigen Dachblatten,<br />
mit deren Zuschlag der Brand beiläufig 25000 Stück<br />
beträgt. Unter einem werden beyläufig 100 Mäss 57<br />
Kalk, die<br />
etwas mehr als niederösterreichisch 100 M[ass] 58<br />
repräsentieren,<br />
gebrändt. <strong>Der</strong> Ziegler empfangt hiefür:<br />
fürs Lehm stechen per Brand<br />
12 f<br />
für Zurichtung der Kalchsteine zum Brand<br />
9 f<br />
fürs Fuhrwerk des Lehms zur Schupfen, des<br />
Holzes und der Kalksteine<br />
60 f<br />
fürs Einlegen der Kalksteine<br />
5 f 30 x<br />
fürs Holzspalten zum Brand, fürs Brennen<br />
und Ausführen<br />
52 f<br />
fürs Macherlohn <strong>von</strong> Dachziegeln und Bodensteinen<br />
per 1000 Stück ä 5 f<br />
123 f 15 x<br />
für 103 Stück Hohlziegel ä 1 x<br />
1 f 43 x<br />
für 336 Stück Dachblatten ä Vi x<br />
2 f 48 x<br />
nebst <strong>dem</strong> per Brand 2 Viertl 59 Wein ä 1 f 2 f<br />
Zusammen<br />
268 f 16 x<br />
134
Hierzu fürs Auszählen per 1000 Stück<br />
ä 24 x<br />
<strong>von</strong> 100 Maass Kalk ä 1 x<br />
Hierauf werden auf einen Brand 14 Klafter<br />
Holz erforderlich ä 3 f 30 x<br />
Total Summa<br />
10 f<br />
1 f 40 x<br />
49 f<br />
328 f 56 x<br />
Hier<strong>aus</strong> erwächst eine Lösung in die Renten:<br />
3000 Stück Mauerziegel ä 19 f 57 f<br />
21 650 Stück Dachziegeln ä 15 f 40 x 339 f 20 x<br />
103 Stück Hohlziegl ä 4 x 6 f 52 x<br />
336 Stück Blatten ä 2 x 11 f 12 x<br />
für 100 Maass Kalk ä 40 x<br />
66 f 40 x<br />
Zusammen 481 f 4 \<br />
15<br />
Dahero resultiren beym Brand 152 f 8 xr Nutzen.<br />
Bey der Übernahm der Ziegl und Kalkbrände wird keine<br />
Control beobachtet, sondern der Ziegler verschaft das Holz,<br />
besorgt den Verschleiss der Ziegeln und des Kalks<br />
und<br />
berechnet mit Ende des Jahrs mit <strong>dem</strong> Rentamt, womit die<br />
Angabe über die Brände seinem Ermessen überlassen<br />
werden muss.<br />
Die vorjährige Berechnung hat der Ziegler erst im März<br />
dieses <strong>Jahre</strong>s gepflogen, restirte hiebei 322 f und hat seit <strong>dem</strong><br />
180 f hier<strong>aus</strong> abgestossen. Da derselbe der Feldkircher<br />
Stadtziegler ist, so ist über derley Ausstand nicht volle<br />
Sicherheit vorhanden. Die Reparationen und Erhaltung des<br />
B<strong>aus</strong>tands der Zieglhütte und der Inventari-Geräthschaften<br />
liegt der Obrigkeit ob, die jährlich einen Aufwand <strong>von</strong> 30 f<br />
erfordern dörften. Hierwegen die angemessenen Dispositionen<br />
zu verfügen.<br />
Ob die herrschaftlichen Waldungen den Bedarf zur Zieglhütte<br />
jährlich abzugeben vermögen, wird bey Regulierung des<br />
Wälderstandes erhoben werden können.<br />
<strong>Der</strong> Absatz sowohl an Ziegl als Kalk wäre behend und<br />
135
gesichert, wenn der Ziegler nur in der Fabrikazion behender<br />
wäre,<br />
15<br />
der höchstens zwischen 3 und 5 Bränden erzeugt. 60<br />
33. tens Ausser weniger Wasserämpern 6 ' existiren im Fürstenthum<br />
keine Feuer-Requisiten und dahero auch keine Spritzen.<br />
Eine Feuerlöschordnung ist bisher nicht vorgeschrieben. 62<br />
34. tens <strong>Der</strong> Rentresten-Ausweis wird hier individualiter beigeschlossen,<br />
um im ganzen sowohl als einzelnen Partheyen die<br />
Rückstände entnehmen zu können, und da hierunter viele<br />
zahlungsfähige Individuen begriffen sind, so wird <strong>dem</strong><br />
Ober- und Rentamt die nachdruksame Eintreibung vorzüglich<br />
<strong>von</strong> den Vermöglicheren schärfest aufgetragen. 62<br />
35. tens <strong>Der</strong> Rentmeister wird den Ausweiss über jene Schuldposten<br />
besonders einbringen, worüber nicht befriedigende Schuldscheine<br />
vorliegen, und diesen Ausweis <strong>dem</strong> Oberamt zur<br />
Exequirung ordnungsmässiger Schuldbriefe zustellen. 64<br />
36. tens Da hierorts das adeliche Richteramt <strong>von</strong> der Obrigkeit nicht<br />
behandelt noch administrirt wird, so bestehen keine Weisenkassen<br />
und werden auch keine Rechnungen geführt, blos die<br />
Weisenvögte besorgen die<br />
16<br />
Waisenvermögen und legen denen Weisen bei der Vogtbarkeit<br />
bei den Richtern die Rechnung. 65<br />
37. tens Ein Empfangs- und Ausgabs-Büch wird beim Rentamt<br />
geführt, das aber blos der Rentmeister zu seiner Richtschnur<br />
eingeführt hat. Die meisten Auszahlungen geschehen mittels<br />
Kontn, die der Herr Landvogt adjustirt und das Rentamt<br />
<strong>aus</strong>zahlet. 66<br />
38. tens Die väterlichen Erbe, sie mögen in Grundstücken oder<br />
Haüser bestehen, pflegen nach der Anzahl der Erben in<br />
gleichen Theilen in natura vertheilt zu werden, daher an<br />
einzelnen Haüsem stehts mehrere Partheyen Antheil nehmen<br />
und die Grundstücke in unzählig kleine Theile<br />
zerstükelt sind. 67<br />
136
39.tens<br />
40.tens<br />
Zu Sicherung des Rentschulden-Ausweises hat der Rentmeister<br />
Inividual-Bücheln mit je<strong>dem</strong> Schuldner eingeführt,<br />
worin der Zuwachs und die Abfälle stets fürgemerkt<br />
werden. 68<br />
Weder die obrigkeitlichen Wiesen und Äcker, noch die<br />
Waldungen sind geometrisch vermessen und wäre wünschenswert,<br />
wenn die ganze Herrschaft nebst <strong>dem</strong> unterthänigen<br />
Besitzstand ordentlich aufgenommen werden wolte.<br />
Es ist zwar eine General -<br />
18<br />
41.tens<br />
42.tens<br />
Charta vom inneren Theil des Reichfürstenthum Liechtenstein<br />
vom 28.ten Oktober 1756, aufgenommen durch den<br />
Obrist Lieutnant Kohleffel und copirt durch den Josepf<br />
Hartmuth anno 1790, vorhanden, aber es scheint vielmehr<br />
ein Ideal- als wirkliche Aufnahme zu seyn, und die Gebürge<br />
und Waldungen [sind] offenbar irrig gezeichnet. Das diesfällige<br />
Original muss bey der Wiener Registratur vorfindig<br />
seyn, ansonsten der Joseph Hartmuth anno 1790 dasselbe<br />
nicht copiren und anhero schiken konnte. 69<br />
Die ganze Herrschaft durchströmt der Rhein und macht die<br />
Granze zwischen der Schweitz und <strong>dem</strong> Reichsfürstenthum<br />
Liechtenstein. Die Hauptfischerey im Rhein behaupten seit<br />
alters die Schweitzer, mit Schnur und Angel hingegen ist<br />
nach laut des Urbarii die hiesige Herrschaft die Fischerey<br />
<strong>aus</strong>zuüben berechtigt.<br />
Nebst diesem ist noch bey Balzers der sogenannte Silberbach<br />
ein Forellenwasser, das Vaduzer sogenannte Herkules Wasser,<br />
in der untern Herrschaft die Esch und hinterm Gulmen<br />
der Samina-Bach, die jährlich 31 f den Renten an Pacht<br />
abwerfen.<br />
In obrigkeitlichen Waldungen geniesst der Jäger und die<br />
Forstknechte keine Wiesfleck, nur der Plankner Forstknecht<br />
hat nebst <strong>dem</strong><br />
137
Genuss <strong>von</strong> 10 f Solarii 70<br />
einen obrigkeitlichen Wiesflek in<br />
unterthänigen Waldungen unter <strong>dem</strong> Namen eines Wildstands<br />
zum Genuss, der aber unbedeütend ist.<br />
43. tens <strong>Der</strong> Revierjäger hat in Händen ein ordentliches Schusslohn-<br />
Register, welches das Rentamt der Ordnung nach führet und<br />
hernach das Schusslohn berechnet. <strong>Der</strong> Schusslohn ist noch<br />
nach der alten Methode, wie es auf den fürstlichen<br />
Herrschaften bestehet, bemessen.<br />
Über das Schädliche wird auf die nemliche Art wie beim<br />
Nützlichen verfahren, dasselbe zu Ende des Jahrs vorgezeigt,<br />
hierüber die Berechnung gepflogen und die Zeugen dann<br />
verbrennt.<br />
44. tens Schüttboden 71 existirt obig der herrschaftliche Stadl und ist<br />
der hiesigen geringen Erndte angemessen.<br />
45. tens Die Zehend-Einahm bei Vaduz und Schaan wird durch den<br />
Amtsboth 72 unter Beitritt der Mitinteressenten 73 der Zehende<br />
beschrieben, vertheilt und eingetrieben. Bey Mauern ist<br />
ein gewisser Schreiber 74<br />
obrigkeitlicher Zehendknecht, der<br />
die nemlichen Geschäfte vollführt und die dortige Zehende<br />
in die Scheüne alda eingeführt. Die übrigen<br />
20<br />
Zehendgefälle sind verpachtet. <strong>Der</strong> Abdrusch des Maurer<br />
Zehends wird der Discretion des Zehendknechts bis zur<br />
Abfuhr überlassen, und [dieser] kann nur dadurch zur<br />
ehrlichen Gebahrung bewogen werden, weil er vom Malter<br />
des abführenden Zehends 48 x bezieht und hiezu eigends<br />
beeidiget ist. 75<br />
46. tens <strong>Der</strong> Abdrusch wird durch Lohnarbeiter verricht und je<strong>dem</strong><br />
Dröscher per Tag 38 x bezahlt.<br />
47. tens Die Steüer-Fassionen 76 nach <strong>dem</strong> letzten Patent sind <strong>von</strong><br />
den Gemeinden bereits <strong>dem</strong> Oberamte übergeben, die der<br />
Amstboth nun in die gedrukten Bögen überträgt. Da aber<br />
hierin viele Fassionen unvollständig vorkommen, so wird<br />
das Oberamt diese Mängeln nachzuholen beflissen seyn,<br />
hierüber gemeinweis die Sumarien verfassen und zur<br />
Genehmigung und [zu] weitern Verfügungen einbringen.<br />
Nur ist die Beschwerlichkeit bei Völlendung der Steüerfas-<br />
138
21<br />
sion diese, dass viele fremde Unterthanen an Waldungen,<br />
Rieden, Wiesen und Äkem einen Besitzstand hier Landes<br />
haben, diese sich der Fassion nicht unterziehen wollen. Da<br />
nun die meisten <strong>aus</strong> den Waldungen und Rieden<br />
jährlich keinen Nutzen ziehen, eine grundbücherliche<br />
Zuschreibung auch nicht vorliegt, so können die Eigenthümer<br />
schwer oder gar nicht eruirt werden, daher der<br />
Abschluss der Steüer-Fassionen sehr erschwert wird, welches<br />
bei cultivirten Gründen als Wiesen, Weingärten und<br />
Äkern, da sie jährlich benutzt und die Eigenthümer dadurch<br />
bekant werden, nicht erschweret werden kann. Die Geistlichkeit<br />
hat zwar die Fassion schon abgegeben, aber eben<br />
unvollendet, weil dieselbe wegen Fatirung 77<br />
des Zehends<br />
und sonstigen Einkommens zu hoch gegen die Grundholden<br />
in die Versteüerung kämen, daher dieselbe mit Einreichung<br />
der Fassionen ihre unterthänige Vorstellung an Seine<br />
Durchlaucht gelangen lassen will.<br />
Da alle diese Umstände sich doch leicht beheben lassen, so<br />
wurde <strong>dem</strong> Oberamt die baldige Behöbung derselben<br />
empfohlen, um das schon anno 1807 zu beendigen gewesene<br />
Geschäft <strong>dem</strong> Ende zuzuführen. 78<br />
Einstweilen wurden pro 1807 die <strong>aus</strong>geschrieben gewordene<br />
6000 f bis auf einen Betrag <strong>von</strong> 343 f 10 V2 x eingehoben, und<br />
da pro 1808 bey noch nicht abgeschlossenem neüem<br />
22<br />
Steuerfuss keine neüe Steüer gefordert worden, so werden<br />
die fürstlichen diesfälligen Befehle gewärtiget.<br />
48. tens Die Vaduzer Weingärten werden dermalen für baares Geld<br />
gearbeitet, die übrige gegen die halbscheidige 79<br />
Fechsung.<br />
49. tens Die Weinzehend-Gerechtigkeit 80 hat die Obrigkeit bey<br />
Vaduz mit 73, bei Schaan und bey Triesen <strong>von</strong> Neurissen V3.<br />
Die Zehend-Control wird blos durch die Mittheilnehmer<br />
gepflogen, in einen Zehendtorkl durch einen Zehendmann<br />
zusammengetragen und dort nach <strong>dem</strong> Verhältnis der<br />
Zehendgebühr vertheilet.<br />
139
50. tens Die neüe Zollordnung 81 ist erst [kürzlich] der Nachbarschaft<br />
bekant gemacht worden und wird mit 1. July ihren Anfang<br />
nehmen. Das Oberamt hält die Zohl<strong>aus</strong>mass im Ganzen<br />
nicht übertrieben, nur allein bey <strong>dem</strong> <strong>aus</strong> Beyern häufig<br />
nach Graubünden passierenden Salz zu hoch gespannt,<br />
worauf das Oberamt per Fass 4 x Zohl projectirt hat, bei<br />
Ausfertigung der Zollordnung unter die Zentner per 3 x<br />
geworfen worden ist. Da nun ein derley Salzfass 5 bis 6<br />
Zentner wiegt,<br />
23<br />
so würde der neu gesetzte Zohl per Fass 15 bis 18 x betragen,<br />
welches bei einer Passage <strong>von</strong> 10830 Klaftern 82<br />
offenbar<br />
übertrieben wäre und daher auf die amtlich <strong>aus</strong>gesetzte<br />
Ausmass herabgesetzt werden sollte, um die Fuhrleute und<br />
Spediteurs nicht auf die Schweizer Seite <strong>aus</strong> Beyern zu<br />
leiten.<br />
51. tens Die Rothordung vom <strong>Jahre</strong> 1704, 83 nach welcher alle Fracht<br />
vom Bodensee bis ins Italien durch Bünden und Schweitz<br />
spedirt wird, hat durch die letzten Fridensschlüsse und<br />
Abänderung der Landeshoheiten ihre Endschaft erreicht, da<br />
die neüen Souveraine die Verbindlichkeiten aufgehoben<br />
haben, wesswegen die Kornhändler und Salz-Spediteure das<br />
Frachtlohn vom Bodensee bis Bünden zu vermindern<br />
getrachtet haben. Da <strong>dem</strong> hiesigen Unterthan ohnehin bei<br />
<strong>dem</strong> alt bemessenen Fuhrlohn kein Gewin übrig bleibt, so<br />
kann sich derselbe in diese Fuhrlohns-Verminderung nicht<br />
fügen. Daher wird es nothwendig, dass sich die Souverains<br />
über eine neü[e] Rothordnung vereinigen und solche nach<br />
einem gehörigen Verhältnis in Ausführung bringen lassen.<br />
Da nichts weiter zu erinnern wäre, wurde die Sitzung geschlossen.<br />
Vadutz, am 29.ten Juny 1808<br />
<strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> manu propria<br />
Menzinger, Landvogt, manu propria<br />
Smieth manu propria<br />
140
ANMERKUNGEN ZUM BERICHT VOM 28. 6. 1808<br />
1. Bei der Erhebung waren <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>, Landvogt Franz Xaver Menzinger und<br />
Rentmeister Ferdinand Adolf Smieth anwesend. Vgl. Unterschriften am Schluss.<br />
2 Reskript: Verfügung, Erlass.<br />
3 faszikulieren: zusammengehörige Schriftstücke bündeln<br />
4 Index: Verzeichnis. Die <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong> festgestellte Einteilung liegt bis heute der<br />
Ordnung des ältesten Aktenbestandes (bis 1808) beim Liechtensteinischen<br />
Landesarchiv zugrunde.<br />
5 Principaliora: wichtigste Gegenstände. Dahin gehörten Grenzverträge und andere<br />
wichtige Verträge, gesetzliche Verordnungen, Instruktionen u.ä.<br />
6 Regalien: nutzbare Hoheitsrechte. Darunter fielen die Zölle, Weggelder, Konzessionsgelder<br />
für Gewerbe u.ä.<br />
7 Cameralien: Angelegenheiten der Domänenverwaltung (Weinberge, Wälder,<br />
Zehnten, Fronen, Lehen usw.).<br />
8 Territorialien: Angelegenheiten, die die Landeshoheit betrafen, z.B. Pfarreien,<br />
<strong>aus</strong>ländische Güterbesitzer, Rechtshilfeersuchen usw.<br />
9 Jurisdictionalien: Angelegenheiten, die die Gerichtsbarkeit betrafen. In der<br />
Menzinger-Registratur folgt hier noch ein eigener Abschnitt Criminalia.<br />
10 «Polizey» ist bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit «gute Ordnung» im weitesten<br />
Sinn gleichzusetzen. Hierunter fielen Wahlen, Schulen, Religion, Armenwesen,<br />
Sanität u.ä.<br />
11 Unter der Überschrift «Landschaft» sind alle Angelegenheiten zu finden, die die<br />
Verwaltung der beiden Landschaften betrafen (Steuern, Kontingent u.ä.).<br />
12 Das Exhibitenprotokoll war ein chronologisches Verzeichnis aller eingehenden<br />
Schriftstücke, in <strong>dem</strong> auch die Art der Erledigung und die Registraturnummer<br />
ersichtlich waren. Das liechtensteinische Oberamt bzw. die Regierung führte ab<br />
1808 bis 1930 Exhibitenprotokolle.<br />
13 Majorat - Herrschaften: jene Herrschaften, die als unverkäuflicher Familienbesitz<br />
galten und die immer an den Thronfolger vererbt werden mussten.<br />
14 Das Bemühen, die Nutzung der Herrschaften zu verbessern, erforderte überall die<br />
Einführung <strong>von</strong> Kontrollmassnahmen, um eine willkürliche oder missbräuchliche<br />
Verwendung der Gelder zu verhindern. Diese Kontrollen gaben auch Hinweise auf<br />
mögliche Rationalisierungsmassnahmen.<br />
15 Visier-Register: Kontrollregister.<br />
16 Verrait: Verrechnung.<br />
17 Artikel 16 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb die Einführung <strong>von</strong> Kontron-<br />
Registern vor, wie sie auf den fürstlichen Herrschaften zu führen waren.<br />
18 Taxnorm vom 5. I. 1702.<br />
19 Artikel 17 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb vor, dass ab 1. 1. 1809 alle Taxen<br />
und Gebühren in die landesfürstlichen Renten fliessen sollten und verrechnet<br />
werden mussten. Taxen und Gebühren wurden ab 1809 als Staatseinkünfte<br />
behandelt.<br />
141
20 Artikel 1 und 21 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieben bei den Verlassenschaftsabhandlungen<br />
die Einführung des auf den fürstlichen Herrschaften gebräuchlichen<br />
Verfahrens vor. Die Abhandlung <strong>von</strong> Hinterlassenschaften wurde zu einer Aufgabe<br />
des Oberamtes.<br />
21 fehlt.<br />
22 Artikel 1 und 20 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieben die Einführung des<br />
Grundbuches vor, wobei sich das Oberamt an die entsprechende Instruktion für die<br />
fürstlichen Herrschaften zu halten hatte.<br />
23 Artikel 23 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb beim Rentamt die Schaffung<br />
eines Depositenamtes nach <strong>dem</strong> Vorbild der übrigen fürstlichen Herrschaften vor.<br />
Untertanen konnten nun Gelder gegen Verzinsung in obrigkeitliche Verwahrung<br />
geben.<br />
24 Reambulation: Begehung.<br />
25 Haselbach: Hasenbach.<br />
26 Spirz-Bach: Spiersbach.<br />
27 Banks: Bangs.<br />
28 Artikel 23 der Dienstinstruktion beauftragte das Oberamt, die umstrittene<br />
Landesgrenze im Einvernehmen mit <strong>dem</strong> bayrischen Landrichter in Feldkirch zu<br />
regeln.<br />
29 In Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurden der «Landesgebrauch und<br />
derley hergebrachte Gewohnheiten» auf den 1. 1. 1809 aufgehoben. Vgl. S. 106.<br />
Anm. II.<br />
30 In Artikel 6 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 erhielt Landvogt Schuppler den<br />
Auftrag, «Zunfts-Generalien» (eine Zunftordnung) <strong>aus</strong>zuarbeiten. Schuppler<br />
unterliess die Ausarbeitung einer solchen Ordnung.<br />
31 Artikel 1 der Dienstinstruktion schreibt die Numerierung der Häuser und eine<br />
jährliche Seelenbeschreibung (= Volkszählung) vor. Die Numerierung der Häuser<br />
wurde durchgeführt, die jährlichen Volkszählungen wurden unterlassen.<br />
32 In Artikel 1 der Dienstinstruktion wurde der Landvogt beauftrag, eine Dienstbotenordnung<br />
<strong>aus</strong>zuarbeiten. Diese Arbeit unterblieb.<br />
33 Artikel 24 der Dienstinstruktion schreibt den Verkauf des Getreides zu den<br />
Feldkircher Marktpreisen vor.<br />
34 Artikel 13 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 verpflichtete die Ortsgerichte (Gemeindebehörden)<br />
zur jährlichen Rechnungslegung zu Händen des Oberamtes.<br />
35 In Butschowitz (Mähren) befand sich die zentrale Buchhaltung für den gesamten<br />
fürstlichen Besitz. Diese hatte die Aufgabe, alle Rechnungsbücher der verschiedensten<br />
Herrschaftsämter zu kontrollieren und zu revidieren. Artikel 25 der<br />
Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 bestimmte, wie die Rechnungsbemängelungen der<br />
fürstlichen Buchhaltung vom Oberamt zu beantworten waren.<br />
36 In Artikel 26 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurden das Oberamt und die Jäger<br />
beauftragt, vermehrt auf Waldschäden zu achten und Waldfrevel exemplarisch zu<br />
bestrafen.<br />
36a expirieren: den Geist aufgeben, hier: <strong>aus</strong>laufen.<br />
142
37 Die erwähnte Übersicht über die Schupflehen fehlt. Artikel 27 der neuen<br />
Dienstinstruktion bestimmte, dass die Weinpreise vom Oberamt bestimmt werden<br />
mussten. Die Weinpreise, nach denen das Umgeld (Getränkesteuer) berechnet<br />
wurde, waren früher <strong>von</strong> den Vorstehern bestimmt worden. Vgl. Alois Ospelt,<br />
Wirtschaftsgeschichte, JBL 72, S. 405/6.<br />
38 Artikel 26 der Dienstinstruktion schrieb für die obrigkeitlichen Wälder die<br />
Einführung <strong>von</strong> Holzprotokollen vor, in die jeder Holzverkauf und jede<br />
Holzabgabe (z.B. für Wuhrbauten) einzutragen war.<br />
39 Artikel 29 der Dienstinstruktion übertrug <strong>dem</strong> Oberamt die Aufsicht über die<br />
«eigenthümlichen Waldungen», mit denen im wesentlichen die Gemeindewaldungen<br />
gemeint waren.<br />
40 In Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde der Landsbrauch aufgehoben<br />
und Landvogt Schuppler beauftragt, eine neue Intestat- und Erbfolgeordnung<br />
<strong>aus</strong>zuarbeiten. Diese wurde dann bereits auf den 1. 1. 1809 in Kraft gesetzt.<br />
41 Artikel 10 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 unterstellte die Verwaltung der<br />
Kirchenvermögen der Aufsicht des Oberamtes. Diese Verordnung wurde nicht<br />
durchgeführt.<br />
42 Artikel 30 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 bestimmte, dass durch regelmässige<br />
Kontrollen der verpachteten Gründe darauf geachtet werden sollte, dass keine<br />
Wertminderung durch eine nachlässige Bewirtschaftung eintrat.<br />
43 Artikel 31 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb vor, dass die Pächter des<br />
Meierhofs jährlich 30 veredelte Obstbäume anpflanzen sollten. Darüber hin<strong>aus</strong><br />
sollten die Untertanen angehalten werden, vermehrt Obstbäume zu pflanzen.<br />
44 Artikel 32 der neuen Dienstinstruktion schrieb vor, dass die landesfürstlichen<br />
Gebäude bei der Aufteilung der Gemeinheiten jeweils einen eigenen Teil zu<br />
bekommen hatten.<br />
45 Die Stationierung <strong>von</strong> 4 fürstlichen Grenadieren wird in der neuen Dienstinstruktion<br />
nicht erwähnt. Dies ist der einzige wichtige Vorschlag <strong>Hauer</strong>s, der nicht in die<br />
Dienstinstruktion aufgenommen wurde.<br />
46 normalmässig: den Normalien (= Vorschriften) entsprechend. Zahlreiche Bereiche<br />
der fürstlichen Verwaltung, so auch die Bezüge der Beamten, waren durch<br />
Normalien geregelt.<br />
47 Bei der Bearbeitung des <strong>Bericht</strong>s <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong> in Wien wurde am Rand folgende<br />
Bemerkung angebracht: «Muss alles nach den höchsten Feldkircher Marktpreisen<br />
beigeschaft werden, so zimlich hoch zu stehen kommet und mit Aufstellung 1 Paar<br />
obrigkeitlicher Pferde viel an derStrass zugerichtet werden könnte. Dagegen fielen<br />
die vielen Gründe, so der Landvogt genoss (?), zu Verpachten nehmen(?).»<br />
48 «obern Bock» und «Buchwald» sind als Flurnamen in Vaduz nicht bekannt,<br />
gemeint war wohl das Gebiet oberhalb des Bockwingerts (heute «Villenquartien>).<br />
Offenbar befand sich dort damals ein Buchenwald.<br />
49 Die Artikel 3 und 4 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 bestimmten, dass die Riede ins<br />
Privateigentum aufgeteilt und anschliessend entwässert und melioriert werden<br />
sollten.<br />
143
50 Artikel 31 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb vor, dass die Gründe des<br />
Schwefelhofes nicht mehr auf Leibgeding verpachtet, sondern beim Tod eines<br />
Pächters eingezogen werden sollten. Die neuen Pachtverträge sollten zeitlich<br />
befristet werden.<br />
51 Marina: Maree (Ospelt. Liechtensteinische Orts- und Flurnamen, JBL 1911, S. 72).<br />
52 Artikel 33 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 bestimmte, dass über die Abgabe <strong>von</strong><br />
Dünger an die landesherrlichen Weinberge ein Register geführt werden musste und<br />
der nicht beanspruchte Dünger in Geld abgelöst werden sollte.<br />
53 Diese Übersicht ist wiedergegeben S. 146 ff.<br />
54 Reluirung: Ablösung durch Geldzahlungen.<br />
55 In Artikel 35 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde die Ablösung der Fronen durch<br />
jährlich zu leistende Geldzahlungen angeordnet.<br />
56 Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb eine jährliche «Seelenbeschreibung»<br />
(= Volkszählung) vor.<br />
57 1 Mass: vermutlich 1 Mass 1 (= 1,714 1 bei rauher Frucht und 1,544 1 bei glatter<br />
Frucht).<br />
58 1 Wiener Mass: 1,4147 1.<br />
59 1 Viertel = 14,14724 1.<br />
60 Die Reorganisation der Ziegelbrennerei in Nendeln wurde in Artikel 36 der neuen<br />
Dienstinstruktion angeordnet. Im wesentlichen ging es dabei darum, dass das<br />
Oberamt sich vermehrt um den Absatz der Ziegel kümmern sollte und alle<br />
Einnahmen und Ausgaben genau zu verrechnen waren.<br />
61 Aemper: Eimer.<br />
62 Artikel 37 der Dienstinstruktion schrieb die Ausarbeitung einer Feuerlöschordnung<br />
und die Anschaffung <strong>von</strong> Feuerlöschgeräten (Eimer, Leitern und Haken) vor.<br />
63 Randbemerkung: «Ist zu voluminös, wird mitist Post Wangen folgen.» In Artikel<br />
38 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde das Oberamt ernstlich ermahnt, in<br />
Zukunft beim Rentamt keine rückständigen Zahlungen mehr zu dulden.<br />
64 In Artikel 39 der neuen Dienstinstruktion wird angeordnet, dass alle Schuldscheine<br />
darauf zu überprüfen waren, ob <strong>aus</strong>reichende Sicherheiten vorhanden waren.<br />
65 In Artikel 40 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde das Oberamt verpflichtet, über<br />
die Vermögen <strong>von</strong> Waisen Rechnungen zu führen. Eine diesbezügliche Instruktion,<br />
an die man sich auch auf den andern fürstlichen Herrschaften zu halten hatte,<br />
wurde <strong>dem</strong> Oberamt in Vaduz vorgeschrieben.<br />
66 Nach Artikel 18 der neuen Dienstinstruktion hatte der Rentmeister die Rentamtsbücher<br />
«nach Art der Majorat - Herrschaften» zu führen. <strong>Der</strong> Landvogt musste alle<br />
Geldanweisungen signieren.<br />
67 Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb die Ausarbeitung einer neuen<br />
Erbfolgeordnung und die Ausarbeitung eines Grundbuchspatents vor. Darin wurde<br />
die Zuschreibung eines Teils der Gründe zu den Häusern vorgeschrieben und die<br />
weitere Aufteilung der Güter bei Erbschaften verboten.<br />
68 vgl. Anm. 63.<br />
69 «Special Charte <strong>von</strong> <strong>dem</strong> inneren Theil des Reichs-Fürstenthums Liechtenstein<br />
144
nebst Anzeigen dessen Landes-Beschaffenheit, auf gnädigsten Befehl des regierenden<br />
Herrn Fürsten Joseph Wenzel <strong>von</strong> und zu Liechtenstein aufgenommen und<br />
verfertigt vom 28. ten Octobris bis ultimo Decembris Anno 1756 durch Kolleffel,<br />
Obristlieutnant.» Die Karte befindet sich heute in der Kartensammlung der<br />
Zentralbibliothek Zürich. Über die hier erwähnte Kopie <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Jahre</strong> 1790 ist<br />
nichts bekannt.<br />
70 Solarii: Gehalt.<br />
71 Schüttboden: Getreidespeicher.<br />
72 Amtsbote war Johann Rheinberger (1764 - 1828) <strong>aus</strong> Vaduz. Vgl. dazu: «Das<br />
politische Tagebuch des Amtsboten Johann Rheinberger <strong>von</strong> Vaduz», hrsg. <strong>von</strong><br />
Rudolf Rheinberger. JBL 1958, S. 225 -238.<br />
73 Mitinteressenten: Mitbezüger <strong>von</strong> Zehenden.<br />
74 Johann Baptist Schreiber (geb. 1763) war Weingartenmeister und Zehenteinnehmer<br />
in Mauren. Vgl. Tschugmell, Beamte 1681 - 1840. JBL 1947, S. 87.<br />
75 1 Malter: 219, 385 1 bei rauher Frucht und 197, 703 1 bei glatter Frucht. Artikel 41<br />
der neuen Dienstinstruktion bestimmte, dass in Zukunft die Zehenteinnahmen<br />
unter amtlicher Kontrolle erfolgen und darüber genau Buch geführt werden müsse.<br />
76 Steuer-Fassion: Steuererklärung.<br />
77 Fatirung: Angaben über den Wert machen, für die Steuererklärung.<br />
78 Am 22. April 1807 war eine neue Steuerordnung erlassen worden, die auf <strong>dem</strong><br />
Grundsatz aufgebaut war, dass das Land für alle Kosten der inneren und äusseren<br />
Staatsverwaltung aufzukommen hatte. Sämtliche Vermögen im Lande wurden der<br />
Steuerpflicht unterstellt. Die Steuerprivilegien der Grundherren wurden abgeschafft.<br />
Die Reorganisation des Steuerwesens verlangte eine Schätzung des Werts<br />
der Güter, die vom Amtsboten Johann Rheinberger vorgenommen wurde.<br />
79 halbscheidig: gegen den halben Ertrag.<br />
80 Weinzehend-Gerechtigkeit: Rechtsanspruch auf den Weinzehent.<br />
81 Durch die Verordnung vom 5. 6. 1808 über Zölle, Umgelder und Mauten wurden<br />
die entsprechenden Tarife erhöht.<br />
82 1 Klafter = 1,896484 m. Die Länge der ganzen Landstrasse wurde also auf 20,5 km<br />
berechnet.<br />
83 Die Rodordnung <strong>von</strong> 1704 ist nicht bekannt, hingegen werden in der Literatur<br />
spätere Rodordnungen <strong>von</strong> 1756 und 1782 erwähnt. Vgl. Alois Ospelt, Wirtschaftsgeschichte<br />
JBL 1972, S. 328 ff. Rodordnungen enthielten Bestimmungen für das<br />
Fuhrwesen und legten fest, wer auf welchen Strassenabschnitten die Ware (gegen<br />
Entgelt) transportieren durfte.<br />
145
ZUSAMMENSTELLUNG DER FRONDIENSTE<br />
(Beilage zum <strong>Bericht</strong> vom 28. Juni 1808)<br />
Fürstenthum<br />
Liechtenstein<br />
AUSZUG<br />
AUS DEM DIESHERRSCHAFTLICHEN URBARIO 1<br />
über die <strong>von</strong> denen Unterthanen zu leisten habenden Frohndienste,<br />
als:<br />
Urbar<br />
folio<br />
8 Jeder Insass der Grafschaft Vadutz ist 2 Tage zu jagen<br />
schuldig, doch ist man ihnen schuldig zu essen zu geben.<br />
8 v Die Triesnerberger sind im Nothfall einem Herrn jagen zu<br />
helfen schuldig. Mehr sind sie schuldig, Wald oder Zimmerholz,<br />
so man zum Schloss nothdürftig ist, zu hauen und zu<br />
führen an Ort und End, wo man es mit Wägen oder Rädigen<br />
holen mag, da ist man ihnen einen guten Marent (Vesperbrod-Imbis)<br />
zu geben schuldig, und die im Land führen<br />
solches darnach mit ihren Mähninen (Zugvieh) auf das<br />
Schloss oder wo es <strong>von</strong>nöthen.<br />
Und was zum Schloss zu führen, zum Gebräu gehörig,<br />
sollen sie führen, und wann ein Hofhaltung im Schloss ist,<br />
soll man ihnen die Speis samt <strong>dem</strong> Trunk geben, wann aber<br />
keine Hofhaltung dort ist, sollen sie <strong>von</strong> jeder Fuhr geben<br />
6 xr.<br />
Und wann im Gebürg Wildprät geschossen wird, so soll den<br />
Waisern (Triesenbergern, Ansiedler <strong>aus</strong> Wallis), so solchs<br />
her<strong>aus</strong>tragen, wann ein Hofhaltung da wäre, zu essen und<br />
ein Trunk gegeben werden, wann aber keine da wäre, soll<br />
jedermann ein Batzen (4 x) für seine Mühe empfahen und<br />
volgends soll solch Wildprät mit einem Ross stracks zu der<br />
Hofhaltung geliefert werden.<br />
13 v Schaan und Vadutzer sind Brennholz zur Mühle zu hauen<br />
und zu führen schuldig, dagegen ist man ihnen einmal zu<br />
essen zu geben schuldig. 2<br />
146
14 Zu <strong>dem</strong> Vadutzer Weingarten Bock und jenem Stückl<br />
2<br />
Urbar<br />
folio<br />
Weingarten am Weg zum Schloss ist jede Vadutzer und<br />
Schaaner H<strong>aus</strong>haltung der Herrschaft 1 Fuder Dung zu<br />
geben und zuzuführen schuldig, dann auch die Weinstecken<br />
zuzuführen gehalten, doch nur so weit her, dass sie in einem<br />
Tag wieder heim kommen mögen, dann soll man ihnen<br />
einmal zu essen geben.<br />
Mehr sollen diese 2 Tag, der gemeine Mann 1 Tag in diesen<br />
Weingärten hauen und gruben, da soll man ihnen den Imbis,<br />
den Marent und zu Nacht je<strong>dem</strong> ein Hofbrod geben.<br />
Ferner sollen sie den Wein <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Pressh<strong>aus</strong> im Bockweingarten<br />
aufs Schloss führen, da soll man Leut und Vieh zu<br />
essen geben.<br />
14 v Zu <strong>dem</strong> Triesner untern Weingarten soll jeder, der im<br />
Balzerer Kirchspiel sitzt, jährlich ein Fuder Dung zu geben<br />
und führen schuldig, dagegen soll ihnen ein Herr einmal zu<br />
essen geben. Desgleichen auch die Weinstecken führen, so<br />
wie beim Weingarten Bock gedacht. Dann sollen sie diesen<br />
Weingarten wohl verzäunen, ferners diesen Weingarten<br />
hauen und gruben, da soll man ihnen den Imbis, Marent<br />
und zu Nacht je<strong>dem</strong> ein Hofbrod geben. Sollen auch die<br />
Trauben <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Weingarten in den Torkl und der Wein <strong>aus</strong><br />
<strong>dem</strong> Torkel ins Schloss führen, da soll man ihnen zu essen<br />
geben. Und so wie die im Balzerer Kirchspiel gesessenen mit<br />
<strong>dem</strong> untern Weingarten in Triesen zu thun schuldig sind, so<br />
sollen alle, die im Dorf Triesen gesessen, mit <strong>dem</strong> obern<br />
Weingarten in Triesen auch thun, dagegen soll man ihnen zu<br />
essen geben wie vor gesagt.<br />
15 Es werden aber diese Weingarten derzeit um halben Wein zu<br />
bauen verliehen.<br />
15 v Vadutz und Schaaner sind schuldig jährlich 3 Tag die<br />
Schlossgüter zu pflügen und zu hauen (statt eggen), da soll<br />
man Leut und Vieh 2 mal zu essen geben und zu Nachts<br />
je<strong>dem</strong> 1 Hofbrod.<br />
147
16 Die zu Triesen im Dorf gesessenen seyn schuldig, wann ein<br />
Herr im Mayerhof bauen lassen will, 1 Tag mit 2 Pflügen zu<br />
bauen; da soll man Leut und Vieh zu essen geben. Mehr, so<br />
ist das halbe Dorf zu Triesen schuldig, im Mayerhof 1 Tag zu<br />
mähen und das andere halbe Dorf zu heuen; da soll man<br />
ihnen zu essen geben.<br />
Auch haben die Vadutzer und Schaaner einem Herrn die<br />
Wiese in der Au (gewiss das Haberfeld ?) zu zäunen, mähen,<br />
heuen und Heu zu führen; da soll man ihnen zu jeglichem<br />
Werk zu essen geben.<br />
SCHELLENBERGER HERRSCHAFT<br />
BETREFFEND<br />
8 Jeder in der Herrschaft Gesessener thut der Herrschaft<br />
jährlich 1 Tagwerk. 3<br />
Was für Zimmer und Bauholz zu führen der Herrschaft<br />
Nutz an Ort und End, wo mans begehrt, dagegen man ihnen<br />
zu essen und ein Trunk giebt. 4<br />
Korn und Wein <strong>aus</strong> dieser Herrschaft auf das Schloss Vadutz<br />
zu liefern, da man auch zu essen giebt, wann aber kein<br />
Hofhaltung daselbsten, soll für jede Fuhr 3 Batzen (12 x)<br />
bezahlt werden. 5<br />
3<br />
Zu hagen (zäunen) und zu jagen. 6<br />
Ittem die Früchte, so bishero <strong>aus</strong> der untern Grafschaft bis<br />
zum Pawre 7<br />
auf <strong>dem</strong> Wasser geführt, <strong>von</strong> Früchten oder<br />
anderen, dasselbig <strong>von</strong> dar gen Vadutz zu führen schuldig.<br />
148
ANMERKUNGEN ZU DEN FRONDIENSTEN<br />
1 Die Seitenzahlen beziehen sich auf die Abschriften <strong>von</strong> 1701 für das Urbar der<br />
Grafschaft Vaduz und <strong>von</strong> 1698 für das Urbar der Herrschaft Schellenberg.<br />
Vgl. LUB 1/4 S. 327 ff und S. 445 ff.<br />
2 Schwer lesbare Anmerkung: «(. ..) nach <strong>dem</strong> Contract der Müller.»<br />
3 Anmerkung: «wird nicht gebraucht».<br />
4 Anmerkung: «geschieht ä 6 xr fürs Paar Zugvieh».<br />
5 Anmerkung: «Geschieht eben ä 6xr fürs Paar Zugvieh und beim Weinführen den<br />
Trunk.»<br />
6 Anmerkung: «wird nicht genutzt».<br />
7 Pawren: Bauern bei Altach, Vorarlberg.<br />
Vgl. LUB 1/4, S. 468, Anm. 1.<br />
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