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Der Lokalisierungs-Bericht von Hofrat Georg Hauer aus dem Jahre ...

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<strong>Der</strong> <strong>Lokalisierungs</strong>-<strong>Bericht</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Hofrat</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Jahre</strong> 1808<br />

her<strong>aus</strong>gegeben <strong>von</strong> Paul Vogt


DIE REISE GEORG<br />

HAUERS<br />

Am 13. Juni 1808 brach in Wien der fürstliche <strong>Hofrat</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong><br />

zu einer längeren Reise auf, die für die Zukunft des Fürstentums<br />

Liechtenstein <strong>von</strong> grosser Bedeutung werden sollte. Seine Reise hatte<br />

zwei Ziele: Erstens wollte er das Fürstentum Liechtenstein bereisen<br />

und dessen Verwaltung untersuchen. Zweitens wollte er in der<br />

Schweiz Kühe einkaufen, mit denen sich die Rindviehzucht auf den<br />

fürstlichen Herrschaften verbessern Hess. <strong>Hofrat</strong> <strong>Hauer</strong> traf am 19.<br />

Juni in Vaduz ein. Bereits am nächsten Tag begann er mit seiner<br />

«Lokalisierung», die darin bestand, dass er alles, was mit der<br />

Landesverwaltung oder der herrschaftlichen Ökonomie zu tun hatte,<br />

besichtigte und überall nach Verbesserungsmöglichkeiten suchte. Am<br />

ersten Tag nahm er einen Augenschein <strong>von</strong> den herrschaftlichen<br />

Gebäuden und Gütern. Dann besuchte er Triesen und Balzers und am<br />

zweiten und dritten Tag die Alp Sücka. Dabei überanstrengte er sich<br />

und zog sich eine fiebrige Erkältung zu, die ihn für mehrere Tage ins<br />

Bett zwang. Nun wurde seine Laune denkbar schlecht, und er begann<br />

mit seinem Schicksal zu hadern, das ihn in diesen elenden, abgelegenen<br />

Winkel der Welt geführt hatte. Nichts war ihm mehr recht: Es gab<br />

keine vertrauenerweckenden Ärzte und keine richtigen Apotheken<br />

in der Gegend. Die Speisen und Getränke in Vaduz waren für den<br />

hohen Herrn ungeniessbar und ekelerregend. <strong>Der</strong> Gedanke, dass er<br />

Vaduz bald wieder verlassen könne, war sein einziger Trost.<br />

Am 28. Juni - mittlerweile hatte er fünf Tage das Bett gehütet -<br />

ging es ihm wieder etwas besser, so dass er sich in der Lage fühlte,<br />

Einblick in die Tätigkeit des Oberamtes zu nehmen. Dieser Aufgabe<br />

widmete er sich dann auch am nächsten Tag. Die Erkenntnisse, die er<br />

dabei gewann, lassen sich in einem Satz zusammenfassen: Alles<br />

musste <strong>von</strong> Grund auf anders werden. <strong>Der</strong> altgediente Landvogt<br />

Franz Xaver Menzinger sei zwar ehrlich, ansonsten aber alt,<br />

heruntergekommen, verdriesslich und verstehe <strong>von</strong> den Amtsgeschäften<br />

nicht das mindeste. Die Amtsorganisation stamme noch <strong>aus</strong> einer<br />

längst vergangenen Zeit und müsse nach modernen Richtlinien neu<br />

organisiert werden. Für die Institution der beiden Landschaften mit<br />

ihren Landammännern hatte er nicht das geringste Verständnis. Sein<br />

vernichtendes Urteil lautete «Bauernvögte», 1<br />

und damit war die<br />

Sache für ihn auch schon abgetan. Zwischendurch empfing er auch<br />

73


die Untertanen, deren Bitten und Beschwerden er sich anhörte. Er<br />

kam dabei zu einem für das absolutistische Zeitalter erstaunlichen<br />

Ergebnis: «Zwischen Obrigkeit und Unterthanen walten dermal keine<br />

Strittigkeiten ob.» 2<br />

Diese Feststellung beweist, dass Landvogt Menzinger<br />

bei der Durchführung <strong>von</strong> obrigkeitlichen Massnahmen darauf<br />

achtete, dass diese für die Bevölkerung akzeptabel waren. Er schuf<br />

sich keine Schwierigkeiten, in<strong>dem</strong> er die Leute durch absolutistische<br />

Gebärden vor den Kopf stiess.<br />

Am 30. Juni schrieb er den ersten Teil seines <strong>Bericht</strong>es, den er<br />

nach Wien vor<strong>aus</strong>sandte. In den darauf folgenden Tagen besuchte er<br />

noch die Herrschaft Schellenberg. Am 4. Juli hatte er seine Lokalisierung<br />

abgeschlossen und schrieb den zweiten Teil seines <strong>Bericht</strong>s. Am<br />

Tag darauf reiste er wieder ab.<br />

In Liechtenstein sprach sich rasch herum, dass ein hoher Besuch<br />

im Lande weilte. Die Leute wussten aber noch nicht, was dieser<br />

Besuch für sie bedeuten würde. Jakob Heibert schrieb in seiner<br />

Chronik: «Am 18. Brachmonat kam auf Vaduz der liechtensteinische<br />

Kanzlei-<strong>Hofrat</strong> <strong>von</strong> Wien <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>, der viele Sachen besichtigte<br />

und landschäftliche Beschwerden gehört hat. Nach einem 14tägigen<br />

Aufenthalt ist selber in die Schweiz gereist und hat in Bern etlich 40<br />

Schweizerkühe gekauft.» 3<br />

Unüberhörbar kritische Töne schug ein<br />

paar <strong>Jahre</strong> später der Amtsbote Johann Rheinberger in seinem<br />

«Politischen Tagebuch» an: <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> bezeichnete er als einen<br />

Mann, «der die fürstlichen Schaafe (= die Untertanen, der Hrsg.) so<br />

gut zu bescheeren wusste als den besten Fürsten um die Wolle zu<br />

betrügen.» 4<br />

Weiter betitelte er <strong>Hauer</strong> und Schuppler als «Herren<br />

Staatsverderber» 5<br />

und als «zweifache Schurken, die den Staat um sein<br />

Eigenthum zu betrügen und auf Rechnung desselben die fürstlichen<br />

Privatrenten in einen höheren Ertrag zu bringen suchten.» 6<br />

Diese<br />

1 <strong>Bericht</strong> vom 30. Juni 1808, S. 10.<br />

2 <strong>Bericht</strong> vom 28./29. Juni 1808, Punkt 5.<br />

3 Jakob Heibert: Chronik. Hrsg. <strong>von</strong> Johann Baptist Büchel. In: JBL1929, S. 128.<br />

4 Johann Rheinberger: Politisches Tagebuch. Hrsg. <strong>von</strong> Rudolf Rheinberger. In: JBL<br />

1958, S. 234. Die genaue Datierung des «Politischen Tagebuches» ist nicht<br />

möglich. Es enstand um 1815.<br />

5 ebda. S. 237.<br />

6 ebda. S. 236.<br />

74


Beurteilung erfolgte freilich erst einige <strong>Jahre</strong> später in der Rückschau<br />

auf die Ereignisse <strong>von</strong> 1808. Vorerst wussten die Liechtensteiner noch<br />

nicht, was auf sie zukam.<br />

Nach seiner Rückkehr nach Wien unterrichtete <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong><br />

Fürst Johann I. über die Ergebnisse seiner Reise und schlug dabei<br />

einschneidende Reformen vor. Seine Vorschläge fanden die uneingeschränkte<br />

Zustimmung des Fürsten. <strong>Hauer</strong> erhielt den Auftrag, eine<br />

neue Dienstinstruktion <strong>aus</strong>zuarbeiten, die einem neu zu ernennenden<br />

Landvogt in Vaduz als Richtschnur für die zukünftige Organisation<br />

und Tätigkeit des Oberamtes in Vaduz dienen sollte. 7<br />

Die neue<br />

Dienstinstruktion wurde am 7. Oktober 1808 <strong>von</strong> den beiden<br />

liechtensteinischen Hofräten Theobald <strong>von</strong> Walberg und <strong>Georg</strong><br />

<strong>Hauer</strong> unterzeichnet. Sie kam einem völligen «Umsturz» der alten<br />

Ordnung gleich. Obwohl die Unterschrift des Fürsten Johann I. fehlt,<br />

war dieser zweifellos mit allem einverstanden. 8<br />

Die Dienstinstruktion vom 7. Oktober 1808 wurde in der<br />

liechtensteinischen Geschichtsschreibung schon wiederholt dargestellt,<br />

und ihr Text wurde bereits einmal <strong>aus</strong>zugsweise 9<br />

und einmal<br />

vollständig publiziert. 10<br />

Angesichts der Bedeutung, die diesem Dokument<br />

zukommt, ist es sicher gerechtfertigt, den «<strong>Lokalisierungs</strong>-<br />

<strong>Bericht</strong>» <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>s einem breiteren Publikum zugänglich zu<br />

machen. Dieser <strong>Bericht</strong> zeigt, wie die absolutistisch eingestellten<br />

fürstlichen Beamten dachten und unter welchen Gesichtspunkten sie<br />

7 Entwurf der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 in der Handschrift <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>s im<br />

H<strong>aus</strong>archiv der Regierenden Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein, Kopie im Liechtensteinischen<br />

Landesarchiv. <strong>Der</strong> Her<strong>aus</strong>geber bedankt sich auch an dieser Stelle für<br />

wertvolle Hinweise (insbesondere zur Person <strong>von</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>) bei Frau Dr.<br />

Evelin Oberhammer, Archivarin im fürstlichen H<strong>aus</strong>archiv.<br />

8 Die Erklärung dafür, dass die Dienstinstruktion <strong>von</strong> Fürst Johann I. nicht<br />

unterschrieben wurde, ist vermutlich recht einfach: Fürst Johann I. weilte Anfang<br />

Oktober 1808 nicht in Wien. Dies geht <strong>aus</strong> einem Schreiben in ganz anderem<br />

Zusammenhang hervor (Walberg an Schmid-Grollenburg am 5. 10. 1808. HALW<br />

S312).<br />

9 Auszug <strong>aus</strong> der <strong>dem</strong> Landvogt Josef Schuppler erteilten Dienstinstruktion vom 7.<br />

Oktober 1808. Hrsg. <strong>von</strong> Karl <strong>von</strong> In derMaur. In: JBL 1905, S. 203-208.<br />

10 Dienstinstruktionen für Landvogt Josef Schuppler vom 7. Oktober 1808. Hrsg. <strong>von</strong><br />

Alois Ospelt. In: Liechtenstein Politische Schriften Bd. 8, 1981. S. 247 - 258.<br />

75


die Verhältnisse analysierten. <strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> enthält aber auch manche<br />

interessante Bemerkung über Alpen, Mühlen, Jagd, Fischerei usw.<br />

Nicht zuletzt aber ist der <strong>Bericht</strong> eine vergnügliche Reise in eine<br />

Vergangenheit, die uns kaum mehr bekannt ist.<br />

BIOGRAPHISCHE NOTIZEN ZU GEORG HAUER<br />

Die bislang bekannten Daten zu <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> sind nur Bruchstücke,<br />

immerhin geben sie aber einen Einblick in das Leben dieses<br />

Mannes. <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> wurde 1764 in Pritlach (Przikluk) auf der<br />

liechtensteinischen Herrschaft in Mähren geboren. 11<br />

Er stammte <strong>aus</strong><br />

bürgerlichen Verhältnissen. Über seine Ausbildung ist nichts bekannt,<br />

doch ist zu vermuten,dass er die Grammatikaischule besuchte, wo er<br />

auch etwas Latein lernte. Wahrscheinlich sprach er auch Böhmisch.<br />

Weiter lässt sich <strong>aus</strong> seiner beruflichen Laufbahn der Schluss ziehen,<br />

dass er kein Studium durchlaufen hat, sich aber durch seine Tätigkeit<br />

gute Kenntnisse in allen Fragen der herrschaftlichen Ökonomie<br />

erwarb. <strong>Hauer</strong> war ein Mann, der scharf denken konnte. In den<br />

Diensten der Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein durchlief er eine steile<br />

Laufbahn: 12<br />

1780 Burggrafenamtsschreiber in Landskorn<br />

1783 Kanzleischreiber in Eisgrub<br />

1784 Amtschreiber in Trübau<br />

1787 Wirtschaftsbereiter in Trübau<br />

1. März 1794 Burggraf in Hohenstadt<br />

1. Oktober 1800 Amtmann in Eisgrub<br />

1. April 1802 Amtmann in Trübau<br />

1. April 1806 Inspektor in Lundenburg<br />

1. Januar 1808 2. <strong>Hofrat</strong> bei der fürstlich liechtensteinischen<br />

Hofkanzlei in Wien<br />

1. September 1815 vom Dienst freigestellt<br />

1. Januar 1816 pensioniert<br />

11 Mitteilung Frau Dr. Evelin Oberhammer.<br />

12 H<strong>aus</strong>archiv der Regierenden Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein, Wien: Schematismus<br />

sämtlicher fürstlicher Beamten 1786 - 1940 und Beamten-Verzeichnis 1790<br />

(Mikrofilm im Liechtensteinischen Landesarchiv). Zusätzlich Mitteilung <strong>von</strong> Frau<br />

Dr. Oberhammer.<br />

76


Wichtig als Hintergrundwissen für seine «Lokalisierung» in<br />

Liechtenstein waren seine beiden letzten Tätigkeiten. Fürst Johann I.<br />

befasste sich schon bald nach seinem Regierungsantritt im <strong>Jahre</strong> 1805<br />

mit der Reorganisation seiner Herrschaftsverwaltung. So wurde<br />

<strong>Hauer</strong> im Frühjahr 1806 zum Wirtschaftsinspektor in Lundenburg<br />

ernannt. Insgesamt gab es vier solcher Inspektoren, denen die<br />

Inspektion auf den liechtensteinischen Herrschaften in einem bestimmten<br />

Gebiet übertragen war. 13<br />

Fürst Johann I. mass ihnen eine<br />

grosse Bedeutung bei. Nach seinen Worten hing <strong>von</strong> ihnen «das<br />

meiste der besseren oder schlechteren Administration der Herrschaft<br />

schaft» 14<br />

ab.<br />

Im Zuge der Reorganisation der fürstlichen Verwaltung wurden<br />

auf Anfang 1808 Personalveränderungen bei der fürstlichen Hofkanzlei<br />

- der Zentralbehörde in Wien - vorgenommen. <strong>Der</strong> dirigierende<br />

<strong>Hofrat</strong> Haymerle wurde pensioniert, und der bisherige zweite <strong>Hofrat</strong><br />

Theobald <strong>von</strong> Walberg trat an seine Stelle. <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> wurde nun<br />

zum zweiten <strong>Hofrat</strong> ernannt. Theobald <strong>von</strong> Walberg wurden die<br />

Regierungs-, H<strong>aus</strong>- und Forstangelegenheiten übertragen. <strong>Hauer</strong><br />

übernahm die Bereiche Ökonomie, Buchhaltung, Bereisung und<br />

Lokalisierung. 15<br />

Diese Aufgaben führten ihn im Sommer 1808 nach<br />

Vaduz.<br />

1815 wurde die liechtensteinische Verwaltung erneut reorganisiert<br />

und rationalisiert, was wiederum zu zahlreichen Personalveränderungen<br />

führte. Diese erneute Reorganisation war vermutlich <strong>aus</strong>schlaggebend<br />

für das Ende <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong>s Laufbahn: Er wurde im Alter <strong>von</strong><br />

nur 52 <strong>Jahre</strong>n ohne Angabe <strong>von</strong> Gründen auf den 1. September 1815<br />

vom Dienst freigestellt und dann auf den 1. Januar 1816 pensioniert. 16<br />

Seine Pension betrug die respektable Summe <strong>von</strong> jährlich 2000<br />

Gulden und 500 Gulden Teuerungszulage.<br />

13 Oskar Criste: Feldmarschall Johannes Fürst <strong>von</strong> Liechtenstein. Eine Biographie.<br />

Wien 1905, S. 159.<br />

14 ebda. S. 159.<br />

15 ebda. S. 260. Mitteilung <strong>von</strong> Frau Dr. Oberhammer.<br />

16 Mitteilung Fr. Dr. Oberhammer.<br />

77


DER<br />

LOKALISIERUNGSBERICHT<br />

<strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> <strong>von</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> ist keine abgerundete Beschreibung<br />

des Fürstentums Liechtenstein. Bei der Arbeitsweise <strong>Hauer</strong>s war dies<br />

wohl auch nicht möglich: Er arbeitete (und schrieb) <strong>aus</strong>serordentlich<br />

rasch, vieles skizzierte er bloss, manches tönte er nur an und behielt<br />

sich weitere mündliche Ausführungen vor. <strong>Der</strong> erste Teil des<br />

<strong>Bericht</strong>s entstand am 30. Juni 1808 und umfasste 23 Seiten, der zweite<br />

Teil mit 9 Seiten am 4. Juli 1808. Zum <strong>Bericht</strong> gehörten ursprünglich<br />

eine ganze Reihe <strong>von</strong> Beilagen, <strong>von</strong> denen aber nur noch zwei<br />

vorhanden sind: die Erhebung über die Organisation und die Tätigkeit<br />

des Oberamtes vom 28./29. Juni und eine Zusammenstellung über die<br />

Fronpflichten. <strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> ist nicht nach einer strengen Systematik<br />

gegliedert, vielmehr berichtete <strong>Hauer</strong> in der Reihenfolge seiner<br />

Besichtigungen. Die Lokalisierung <strong>Hauer</strong>s hatte aber System: Er<br />

wusste, worauf er zu achten und in welche Richtung er Fragen zu<br />

stellen hatte.<br />

Das grösste Gewicht mass <strong>Hauer</strong> den Fragen der herrschaftlichen<br />

Ökonomie bei. Ob es sich um den Weinbau, den Wald, die Lehen, die<br />

Zehentabgaben oder die landesherrlichen Regalien handelte: überall<br />

suchte er nach Möglichkeiten, den wirtschaftlichen Nutzen zu<br />

erhöhen. In diesen Belangen war er sehr genau und befasste sich auch<br />

mit Detailproblemen. Die Einstellung des alten Landvogts Menzinger,<br />

dass das Fürstentum Liechtenstein für das Fürstenh<strong>aus</strong> nur ein<br />

«Honorificum» sei und deshalb keinen Ertrag abwerfen müsse, 17<br />

erregte seinen Unmut. Her<strong>aus</strong>zuheben ist aber auch seine grundsätzliche<br />

Überlegung, dass die Verpachtung der fürstlichen Rechte und des<br />

fürstlichen Besitzes wohl die einfachste und gewinnbringendste<br />

Nutzung war, da dadurch der Aufwand sehr klein gehalten werden<br />

konnte: In dieser Einöde, meinte er, sei der trockene Zins schon<br />

immer der sicherste Gewinn gewesen. 18<br />

An die wirtschaftlichen<br />

Entwicklungsmöglichkeiten des armen -Ländchens mochte <strong>Hauer</strong><br />

wohl nicht so recht glauben.<br />

17 <strong>Bericht</strong> vom 30. Juni 1808, S. 3.<br />

18 ebda. S. 10.<br />

78


Bei der Durchleuchtung der Organisation und Tätigkeit der<br />

Amtsverwaltung bewies <strong>Hauer</strong> grosse Routine. Er mass das Oberamt<br />

an den Ämtern auf den andern liechtensteinischen Herrschaften: Die<br />

Verwaltung des Fürstentums Liechtenstein sollte grundsätzlich gleich<br />

organisiert und gleich behandelt werden. Die für die Verwaltung und<br />

Ökonomie der fürstlichen Herrschaften erlassenen Instruktionen<br />

sollten auch im Fürstentum Anwendung finden. Durch eine Reihe<br />

<strong>von</strong> Verwaltungsreformen sollten die wichtigsten Grundsätze des<br />

Absolutismus in Liechtenstein durchgesetzt werden: Die Entscheidungsbefugnisse<br />

sollten straff zentralisiert werden. Alle wichtigen<br />

Fragen mussten der Hofkanzlei vorgelegt werden, das Oberamt<br />

konnte nur in untergeordneten Fragen entscheiden. Den Gemeindebehörden<br />

wurde kaum mehr zugestanden, als ein verlängerter Arm<br />

der Obrigkeit zu sein - «Trabanten des Amtes», wie sie der Amtsbote<br />

Rheinberger spöttisch bezeichnete. 19<br />

Lokale Besonderheiten und<br />

Traditionen wurden im Absolutismus nivelliert und <strong>aus</strong>geräumt. Für<br />

das Bestehen <strong>von</strong> Landschaften und Landammännern gab es unter<br />

solchen Gesichtspunkten keine Existenzberechtigung mehr. Das<br />

erklärte Ziel bestand darin, überall eine «Gleichförmigkeit» zu<br />

erreichen, die als wesentliche Vor<strong>aus</strong>setzung einer geordneten Verwaltung<br />

angesehen wurde. Ein weiterer Wesenszug des Absolutismus war<br />

die beginnende Bürokratisierung der Staatsverwaltung: Ein erster<br />

Schritt in diese Richtung war die Schaffung einer gemeinsamen<br />

Kanzlei für alle Beamten. Dadurch wurde es möglich, die Arbeitsräume<br />

<strong>von</strong> den Wohnräumen eindeutig abzugrenzen, was wiederum die<br />

Einführung <strong>von</strong> «Kanzleistunden» sinnvoll machte. Die Registratur<br />

wurde verbessert, die blosse mündliche Erledigung <strong>von</strong> Geschäften<br />

wurde eingeschränkt, die Schriftlichkeit in der Verwaltung vorangetrieben.<br />

Weiter wurden die Kontrollmechanismen in der Verwaltung<br />

durch die Einführung <strong>von</strong> Registern, Protokollbüchern usw. verstärkt.<br />

All diese Fragen einer Verwaltungsreform wurden im <strong>Lokalisierungs</strong>bericht<br />

<strong>Hauer</strong>s aufgegriffen und dann durch die Dienstinstruktion<br />

<strong>von</strong> 1808 einer vorläufigen Lösung zugeführt.<br />

<strong>Der</strong> «Umsturz» der alten Ordnung beinhaltete auch das Überbordwerfen<br />

der alten Rechtsvorstellungen. An sich wäre zu erwarten<br />

19 Johann Rheinberger: Politisches Tagebuch. In: JBL 1958 S. 235.<br />

79


gewesen, dass bei einer völligen Reorganisation des Fürstentums<br />

juristische Überlegungen berücksichtigt worden wären. Es ist aber<br />

auffallend, dass sowohl im <strong>Lokalisierungs</strong>-<strong>Bericht</strong> als auch in der<br />

Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 juristische Argumentationen fehlen.<br />

<strong>Hauer</strong> kümmerte sich nicht um die Feststellung der rechtlichen<br />

Problematik, er richtete sich allein nach <strong>dem</strong> <strong>aus</strong>, was ihm nützlich<br />

erschien. Für ihn war es ohnehin eine Selbstverständlichkeit, dass der<br />

Fürst alleiniger Souverän war und in absolutistischer Weise alles nach<br />

seinem Gutdünken einrichten konnte. <strong>Hauer</strong> schlug vor, dass<br />

der neue Landvogt in den verschiedensten Rechtsbereichen neue<br />

Gesetze zu Händen der fürstlichen Hofkanzlei und des Fürsten<br />

entwerfen sollte. Er entwickelte jedoch weder Vorstellungen, wie diese<br />

neuen Gesetze <strong>aus</strong>sehen sollten, noch scheint er sich Gedanken<br />

darüber gemacht zu haben, welcher Aufwand und welche Schwierigkeiten<br />

mit der Ausarbeitung eines umfassenden neuen Gesetzwerkes<br />

verbunden sein mussten. Er ging wohl <strong>von</strong> der etwas naiv anmutenden<br />

Idee <strong>aus</strong>, dass die entsprechenden österreichischen Gesetze ohne<br />

grösseren Aufwand für Liechtenstein adaptiert werden könnten - <strong>von</strong><br />

einer systematischen Rezeption der österreichischen Gesetzgebung<br />

sah man vermutlich <strong>aus</strong> Rücksicht auf den Rheinbund vorerst ab. Wie<br />

wenig sich <strong>Hauer</strong> um juristische Bedenken kümmerte, zeigte sich<br />

aber auch im Streit um die Kriegserlittenheiten: Obwohl in diesem<br />

langjährigen Prozess das höchste Urteil kundgemacht war, fühlte er<br />

sich berechtigt, den Fall an Ort und Stelle neu aufzurollen und ein<br />

neues Verfahren einzuleiten. Es zeigt sich hier doch sehr deutlich, dass<br />

sich <strong>Hauer</strong> zwar in Fragen der herrschaftlichen Ökonomie <strong>aus</strong>kannte,<br />

dass er aber in juristischen Fragen wohl weder die nötige Ausbildung<br />

noch die nötige Erfahrung hatte.<br />

Das pragmatische Denken <strong>Hauer</strong>s kommt auch darin zum<br />

Ausdruck, dass er sich nicht mit grundsätzlichen staatsphilosophischen<br />

Überlegungen befasste. Obwohl er nirgends sein Staatsverständnis<br />

explizit formulierte, lässt sich dieses doch <strong>aus</strong> seinen Äusserungen<br />

her<strong>aus</strong>schälen. <strong>Hauer</strong> stand geistesgeschichtlich in der Tradition des<br />

aufgeklärten Absolutismus. Dieser legitimierte die reine monarchische<br />

Staatsform mit der «landesväterlichen Fürsorge», <strong>von</strong> der sich<br />

die Monarchen angeblich beim Regieren leiten Hessen. Die Landesfürsten<br />

waren gemäss dieser Ideologie am besten in der Lage, das<br />

Gesamtwohl ihrer Länder zu gewährleisten und die divergierenden<br />

80


Einzelinteressen abzuwägen. Die «dummen Bauern» hingegen waren<br />

nicht einmal fähig, ihr eigenes Bestes zu erkennen und mussten zu<br />

ihrem Glück gezwungen werden (z.B. durch die Aufteilung und<br />

Kultivierung der Riede, die Einführung des obligatorischen Schulunterrichts,<br />

die Abschaffung <strong>von</strong> Feiertagen usw.). Die «Fürsorge für das<br />

Wohl der Untertanen» veranlasste die absolutistischen Monarchen<br />

zur Einrichtung der ersten staatlichen Fürsorgeeinrichtungen (z.B.<br />

Landesphysikus, Hebammen, Feuerlöscheinrichtungen u.a.).<br />

Diese Herrschaftslegitimation war aber teilweise blosse Schönfärberei.<br />

<strong>Hauer</strong> war ebenso geprägt <strong>von</strong> der Idee des Patrimonialstaates,<br />

wonach die Landeshoheit und die Regalien hatten erworben werden<br />

müssen und damit zum Privatvermögen des Landesherrn gehörten,<br />

über das dieser frei verfügen konnte. Gerade diese Auffassung, die<br />

dazu geführt hat, dass die «Staatsgefälle» (wie Zoll, Weggeld usw.) bei<br />

der Reform des staatlichen Finanzweses zu den fürstlichen Renten<br />

geschlagen worden waren, erregte den Zorn des Amtsboten Rheinberger.<br />

GRUNDSÄTZE FÜR DIE TEXTEDITION<br />

<strong>Der</strong> <strong>Lokalisierungs</strong>-<strong>Bericht</strong> <strong>von</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> war gedacht als<br />

Entscheidungsgrundlage für die Reorganisation des Landes. <strong>Der</strong><br />

Autor hätte sich wohl kaum vorstellen können, dass dieser <strong>Bericht</strong> je<br />

publiziert werden könnte. <strong>Hauer</strong> war ein fleissiger, aber auch ein<br />

rascher und manchmal flüchtiger Schreiber: Für den Autor zählten<br />

aber stilistische Unebenheiten oder Schreibfehler wenig, ihn interessierte<br />

nur das Ergebnis, das er möglichst rasch und mit möglichst<br />

kleinem Aufwand erreichen wollte.<br />

Für die Edition ergibt sich durch die sich widersprechenden<br />

Wünsche, einerseits den Text möglichst originalgetreu wiederzugeben<br />

und andererseits doch einen lesbaren Text vorzulegen, ein Konflikt.<br />

Im vorliegenden Fall wurde dieser Konflikt durch folgende Editionsgrundsätze<br />

zu lösen versucht: <strong>Der</strong> Her<strong>aus</strong>geber bemüht sich um eine<br />

möglichst originalgetreue Wiedergabe des Textes. Wörter, die <strong>von</strong> der<br />

heute gebräuchlichen Rechtschreibung abweichen oder <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong><br />

selbst unterschiedlich geschrieben wurden, werden nicht korrigiert.<br />

Falsche oder fehlende Dehnungen und Schärfungen werden ebenfalls<br />

nicht berichtigt. Im Interesse einer leichteren Lesbarkeit werden<br />

81


hingegen folgende Anpassungen vorgenommen: j wird entsprechend<br />

seinem Lautwert als j oder i wiedergegeben. Endungen auf -en und<br />

-em, die <strong>Hauer</strong> nicht unterschied, werden berichtigt. Die Gross- und<br />

Kleinschreibung wird den modernen Regeln angepasst, ebenso die<br />

Interpunktion. Die Getrennt- und Zusammenschreibung folgt der<br />

Vorlage. Substantivische Komposita, die bei <strong>Hauer</strong> oft unverbunden<br />

stehen, werden durch einen Bindestrich zusammengehängt (Vieh-<br />

Transport statt Vieh Transport). Abkürzungen werden aufgelöst, ohne<br />

dies im Text ersichtlich zu machen, sofern sie eindeutig sind, sonst<br />

werden sie in eckigen Klammern aufgelöst. Fehlende Satzteile<br />

werden, sofern dies für die Verständlichkeit des Textes nötig erscheint,<br />

in eckigen Klammern ergänzt. Wörter, die bereits <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong> in<br />

Klammern gesetzt wurden, werden in runden Klammern wiedergegeben.<br />

Textstellen, die nicht sicher lesbar sind, werden mit einem<br />

Fragezeichen in eckigen Klammern versehen. Zusätze am Rand des<br />

Textes, die bei der späteren Arbeit in Wien angebracht wurden,<br />

werden in den Anmerkungen wiedergegeben.<br />

LITERATURHINWEISE<br />

Da die einschlägige Literatur in den Jahrbüchern des Historischen<br />

Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (JBL) <strong>aus</strong>reichend bekannt<br />

ist, kann hier auf ein <strong>aus</strong>führliches Literaturverzeichnis verzichtet<br />

werden. Speziell hingewiesen sei lediglich auf 3 Arbeiten, die nicht in<br />

diesen Jahrbüchern erschienen sind und die weitere Literaturangaben<br />

enthalten:<br />

Büchel Josef: <strong>Der</strong> Gemeindenutzen im Fürstentum Liechtenstein. Triesen 1953.<br />

Ospelt Alois:<br />

Vogt Paul:<br />

Verfassungstexte 1808 - 1918. In: Liechtenstein Politische Schriften.<br />

Bd. 8. Vaduz 1901. S. 245 ff.<br />

Verwaltungsstruktur und Verwaltungsreformen im Fürstentum<br />

Liechtenstein in der ersten Hälfte des 19. Jh. Liz. Arbeit. Zürich<br />

1979.<br />

82


1. TEIL: DER BERICHT VOM 30. JUNI 1808<br />

Meine Reise nach Liechtenstein habe ich im Hieherweg über Ulm<br />

eingeleitet, weil die Bestellung der Schiffe zum Vieh-Transport<br />

vor<strong>aus</strong>gelassen werden musste, ohne <strong>dem</strong> ich mit der Heerde bis zu<br />

Ausfertigung der Schiffe wäre aufgehalten worden oder <strong>von</strong> hier die<br />

Reise nach Ulm besonders hätte machen müssen - so die Auslag auf<br />

die Posten vermehret - mir auch mehrere Täge geraubt hätte. Ich<br />

langte nach diesem Umweeg den 19.ten Juny, folglich den 7.ten Tag<br />

nach meinem Aufbruch <strong>von</strong> Wien, hier an - würde aber ohne einen<br />

Aufenthalt <strong>von</strong> V2 Tag und einer Nacht in München, dann V2 Tag in<br />

Ulm den 5.ten Tag in Vaduz eingetroffen seyn.<br />

Was ich hier antraf, übertraf meine Erwartungen - behalte mir bevor,<br />

das Detail bey meiner Rückkunft mündlich zu relationiren, hier nur<br />

einen kleinen Umriss vor<strong>aus</strong> zu schicken.<br />

Niemand ist vermögend den uncultivierten Zustand der Herrschaft,<br />

der Landesverfassung und der Geschäfts-Ordnung sich vorzustellen,<br />

der hie<strong>von</strong> den Augenschein nicht eingenommen hat. Wenn<br />

der Schöpfer erst voriges Jahr sein Schöpfungswerk vollendet und die<br />

ersten Menschen zur Cultur des Bodens angesetzt hätte, so könnte<br />

man nicht weiter zurückseyn. Und was ist die Ursache dieses wüsten<br />

Zustandes? Die mangelhafte Landesverfassung und die zur Regierungsführung<br />

bestellten Beamten. Es ist noch das Hirtenleben hier das<br />

herrschende, und niemand wirkt hinzu, was das gesellschaftliche Band<br />

und die derzeitigen Bedürfnisse unumgänglich nothwendig machten.<br />

Das Hirtenleben war in erstem Zeit der menschlichen Niederlassung<br />

allenfalls erträglich, aber nicht dermal, wo das gesellschaftliche Band<br />

so viele Bedürfnisse erzeugt hat. Und eben daher mangelt es der<br />

Landschaft an Profesionisten 1<br />

- jeder ist nur Bauer, das väterliche Gut<br />

wird unter die Kinder ohne amtlichen Einfluss in gleiche Teile getheilt<br />

und so ungereimt, dass ein besseres Stück, wenn es auch noch so gering<br />

ist, so viele Abtheilungen erhält, als Erben vorhanden - so auch die<br />

Gütter <strong>von</strong> mitterer und der schlechtesten Eigenschaft, daher einzelne<br />

Besitzungen sich auch nur auf Quadratklafter beschränken und zu<br />

einzelnen Bäumen 5 bis 10 bis 20 Theilnehmer sind. 2<br />

Die Aussicht auf<br />

ein Grundeigenthum verhindert die Professions-Erlernung und<br />

Eruerrung [?]\<br />

2<br />

83


alle Unterthanen bleiben also Bauern, und da der Besitz <strong>von</strong> einigen<br />

Quadratklaftern sie zu ernähren nicht vermag, so ist eben die<br />

Dürftigkeit so sehr herschend, und bey einem <strong>aus</strong>serordentlichen<br />

Missjahr oder Kriegsbeschädigungen müssen die Unterthanen <strong>aus</strong><br />

<strong>dem</strong> Kammerbeutel 4 des Landesherrn gefrätzet 5 werden. Wäre dies<br />

wohl der Fall, wenn die Bauerngütter - wie in Österreich, Mähren und<br />

Böhmen - untrennbar wären? Wo der Landmann immer kräftig bleibt,<br />

bey gehöriger Industrie [in der Lage ist,] sich <strong>aus</strong> einem ihn<br />

betroffenen Unglück zu erholen? <strong>Der</strong> Österreicher Landesfürst müsste<br />

sehr reich seyn, wenn er seine Unterthanen so wie der hiesige<br />

unterstützen müste. Das kleine Fürstenthum restiret 6<br />

über 104000 f<br />

Seiner Durchlaucht, theils an ihm gewährten baaren Unterstützungen,<br />

theils an nicht abgetragenen Schuldigkeiten, die es bisher bei der<br />

Langmuth des Amts willkürlich vorenthalten durfte.<br />

Um <strong>dem</strong> Lande aufzuhelfen, muss das Amt - welches nur den<br />

Namen einer Regierung 7<br />

führet - regulirt und zwekmässig instruirt<br />

werden, dann muss<br />

1. auf die Grundstücke-Vereinigung bis zu einem die Familie zu<br />

nähren vermögenden Stand unabweichlich gedrungen und jede<br />

Verringerung schärfest untersagt werden. 8<br />

2. Müssen die getheilten Gemeindheiten als erbliche, <strong>von</strong> Häusern<br />

untrennbare Entien 9<br />

erkläret werden, wodurch den Gemeinden<br />

kein Nachtheil erwächst, weil die Theilung in gleichen Antheilen<br />

geschehen ist und die einzelnen Glieder das Ganze der Gemeinden<br />

<strong>aus</strong>machen. 10<br />

3. Muss statt <strong>dem</strong> vor 500 <strong>Jahre</strong>n prakticablen Landesgebrauch 11 ein<br />

nach itzigen Umständen anwendbares Gesetzbuch eingeführet,<br />

diese Verfügung auch auf Polizey und peinliche Fälle 12<br />

extendiret,<br />

nicht minder die beim Verfahren zum Leitfaden dienliche Gerichts-<br />

Ordnung 13<br />

vorgeschrieben werden - wobey das Oberamt die l.te<br />

Instanz, die 2.te die Hofkanzley und das Revisorium ein besonderes<br />

Conseil unter Vorsitz Seiner Durchlaucht bilden könnte. 14<br />

4. Mangeln hier die Grundbücher ganz, daher diese zu verfassen,<br />

amtlich zu führen, dann mit einer diesfälligen Tax-Norma zu<br />

versehen seyn werden. 1S<br />

5. Das adelige Richteramt 1Sa kennt man gar nicht, blos werden<br />

3<br />

84


amtlich Vögte oder Vormünder ernannt und diese pflegen ohne<br />

Vorwissen oder Einfluss des Amts die Verlassenschaften und antworten<br />

die Verlassenschaften ein. Hierüber muss eine Instruktion<br />

entworfen, [die Verlassenschaftsabhandlungen] <strong>dem</strong> Amt allein übertragen<br />

und auch eine Tax-Norma vorgeschrieben werden. 16<br />

6. Um all dieses zu bezweken, müssen Beamte voll Kenntniss<br />

der Österreicher Manipulation 17<br />

und mit <strong>dem</strong> besten Willen anher<br />

gesetzt, der sonst ehrliche, aber äusserst schläfrige und decrepite 18<br />

Landvogt 19 - mit ihm der Amtschreiber, 20 der Chyrurgus Grass 21 und<br />

Zollner 22<br />

ihr Spielwerk treiben - so geschwind möglich in den<br />

Ruhestand gesetzt, der Amtschreiber gar entlassen werden. Den<br />

Vorschlag zur Besetzung 23<br />

behalte mir bevor, bei meiner Nachh<strong>aus</strong>kunft<br />

zu erstatten. Die Ausführung dessen wird <strong>von</strong> ungemeinen<br />

wohlthätigen Folgen für den Landesherrn und Unterthan seyn, weil<br />

diese den Landvogt beherrschenden Leute zu viel Unfug treiben und<br />

sich hiebey auf Rechnung des Unterthans bereichern - wo<strong>von</strong> die<br />

Contumacirung 24 bei <strong>dem</strong> Stritt über die Kriegsschäden 2S den<br />

redenden Beweiss liefert und offenbar die sachfälligen Gemeinden<br />

<strong>dem</strong> gänzlichen Ruin <strong>aus</strong>setzen. 26<br />

So wie alles, eben so ist die Kanzley mit ihrer Organisation<br />

bestellet: Keine Schrift wird präsentirt, 27<br />

die Kanzley-Stube gleichet<br />

<strong>dem</strong> elendesten Kerker, und die Unordnung hierin ist unglaublich.<br />

Mit der neuen Amtsorganisierung muss eben die gemeinschaftliche<br />

Kanzley 28<br />

errichtet werden, wozu die Gelegenheit vorhanden ist, und<br />

die Ordnung wird nicht verfehlt seyn - dermal vaciret 29<br />

die Kanzley<br />

immer, der Amtschreiber ist Bürger und H<strong>aus</strong>besitzer und der<br />

Landvogt ein alter, decrepiter, verdrüsslicher Mann, der im Jahr wenig<br />

seine Stube und Ofen verläst und verglichen mit den unwissendsten<br />

unserer Beamten noch ein Tiro 30<br />

ist. Ich wundere mich also nicht,<br />

wenn vor Ankunft des Rentmeisters Smieth 31<br />

das Fürstenthum gar<br />

nichts getragen hat und warum der Rentmeister selbst schon voll<br />

Gram und Missmuth ist. <strong>Der</strong> Landvogt hält das Fürstenthum selbst<br />

nur für ein Honorificum 32<br />

und also nicht für nöthig, dass es auch<br />

Nutzen tragen solle - daher wird niemand zur Zahlung angehalten,<br />

daher dann auch eine sonderbare Gebahrung bey Verlassung der<br />

landesfürstlichen Gründen, der Weinmanipulation etc. an der<br />

Tagesordnung stehet.<br />

85


Die ersten Tage meines Hierseyns habe mit Localisirungen<br />

4<br />

zugebracht und vorsonderlich alle Gemeinheiten, obrigkeitliche<br />

Gebäude, Gründe etc. beaugenscheiniget. Das alte Vaduzer Schloss<br />

hat 2 altfe], römische Wachtthürme, die ich Seiner Durchlaucht bei<br />

Liechtenstein 33<br />

in Österreich wünsche. Die auffallende Bauart, die<br />

riesenmässig ist, wo unentliche Steinmassen das Mauerwerk <strong>aus</strong>machen<br />

und ganz mit Immergrün verwachsen sind, erregen bei <strong>dem</strong><br />

Wanderer Bewunderung und Erstaunen. Hier sind die Steinmassen<br />

ganz anders gereihet, als man zu Eisgrub bei der Hansenburg 34<br />

zu<br />

imitiren getrachtet hat. Das übrige des Schlosses ist blos eine spätere<br />

Zupatzung der bequemeren Wohnung wegen, ist aber eben schon so<br />

schlecht, dass, wenn das Dach nicht unterhalten wird, 35<br />

der darin<br />

bequartirte Jäger und Thorwarter bald <strong>aus</strong>ziehen müssen. 36<br />

Ein Saal<br />

hat noch eine uralte, ganz conservirte Decke mit den Quadratein und<br />

Rosetten, die allenfalls in den Saal der alten Veste Liechtenstein am<br />

Gebirg anwendbar wäre, wenn sie die Kosten des Transports lohnete,<br />

auch die derartigen Thürfutters-Verkleidung und AJmeds [?] 37<br />

<strong>von</strong><br />

Eichenholz sind noch obhanden. Hier im Schloss sind 3 Gewölber,<br />

welche die herrschaftlichen Keller <strong>aus</strong>machen sollen, im Sommer aber<br />

wenig Schutz wider das Eindringen der Sonne gewähren.<br />

Eine sonderbare Manipulation 38 hat man hier mit <strong>dem</strong> Wein, und<br />

[die] ist ganz unnatürlich. Wehrend der Löse 39 wird der Masch 40 im<br />

Torklgebaüd in Bodungen 41<br />

gegeben, dort bis 8 Wochen, da er schon<br />

ganz Essig sauer ist, belassen, die Bedungen 42<br />

selbst sind einige Zoll<br />

stark mit Weinstein überzogen und gleich Essiggefässen eingesäuert,<br />

erst nach so gearteter Vorbereitung wird der Masch gepresst, dann in<br />

die Vässer des Burgkellers verfüllt, die meisten Geschirre nicht voll<br />

gemacht und in Boden eine Menge Zapfen angebracht, hier<strong>aus</strong> dann<br />

gezogen, so oft der Fall des Bedarfs eintritt, wodurch es geschieht, dass<br />

in je<strong>dem</strong> Vass ein Hand dicker Kamm sich bildet und das Verderbniss<br />

des Weines bereitet, um so mehr als man hier keinen Einschlag 43<br />

kennet, also das Geschirr nicht eingebrennt 4311<br />

zu werden pfleget. Ob<br />

bei diesem Verfahren die Weine gut und haltbar seyn können, ist leicht<br />

zu abstrahiren, und eben darum ist man hier <strong>von</strong> der Überzeugung,<br />

dass die Weine<br />

5<br />

86


sich nur durch 1 Jahr asserviren 44<br />

lassen. Ich glaube, der beste Brunnen<br />

müsste bey dieser Manipulation nicht besser als der hiesige <strong>aus</strong>fallen.<br />

Übrigens wird hier keine Controll bey der Weinfechsung 45<br />

und auch<br />

im Keller nicht beobachtet. <strong>Der</strong> herrschaftliche Kiefer oder Bindermeister<br />

hat alles über sich, er treibt zugleich den Ausschank, 46<br />

aber [er]<br />

muss ein äusserst ehrlicher Mann seyn, wenn er bey der souverainen<br />

Gebahrung nicht versucht werden sollte, für sich zu denken. Hier wird<br />

wesentlich nothwendig seyn, den Versuch zum Pressen der hiesigen<br />

Trauben, besonders beim weissen Wein, zu machen, die Geschirre in<br />

Einschlag zu halten, stetts voll zu füllen, die Österreicher Controll bei<br />

der Fechsung, rauhen Füll[ung], dann übrigen Gebahrung zu begründen,<br />

<strong>dem</strong> Kiefer zum Ausschank einen Keller einzuantworten und<br />

<strong>dem</strong>selben die Weine nach Bedarf vorzulegen, zumalen <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

Kelleramt die Haupt-Revenie 47<br />

gezogen wird.<br />

Die Kieferey ist ein grosses hölzenes Gebäud und hat einen<br />

weitschichtigen Wiesen-, Garten- und Akerbesitzstand. 48<br />

Es wurden<br />

jemals 49<br />

daselbst 12 bis 16 Stük Khüe unterhalten, itzt hingegen sind<br />

diese Gründe verlassen, worunter auch der <strong>dem</strong> Wirth Rheinberger 49 "<br />

verlassene Antheil für 90 f begriffen ist. Kaum würde bey der wenigen<br />

Economie-Käntniss der Beamten die eigene Regie <strong>von</strong> grösserem<br />

Vortheil seyn, besonders da hier immerwehrende Regen zu seyn<br />

pflegen, welche die Einbringung der Früchte erschweren, bei unthätigen<br />

Beamten gar verlohren giengen.<br />

Die Weingärten haben auch eine eigene Manipulation. Sie werden<br />

durch Gruben und Bögen perpetuirlich 50<br />

erhalten und immer sehr<br />

hoch geschnitten. Den Vorteil hat die Obrigkeit, dass die Unterthanen<br />

zu Düngung der Weingärten den Mist - jedes H<strong>aus</strong> [ist] zu einer Fuhr<br />

[verpflichtet] - herbeischaffen müssfen]. 51<br />

Da jedoch das Amt in die<br />

Dunglieferung keine Einsicht nimt, sondern den Weingartenmeistern<br />

überlässt, so wird die Obrigkeit verkürzt - daher ordentliche Register<br />

geführt und, da jedes H<strong>aus</strong> jährlich 1 Fuhr herbeizuschaffen schuldig<br />

ist, auf die Abfuhr nach Bedarf und Reluirung 52 des nicht abführenden<br />

Antheils angestanden, der diesfällige Verrait 53<br />

<strong>von</strong> Beamten geführt<br />

werden sollte, wodurch bey <strong>dem</strong> Werth eines Fahrteis <strong>von</strong> 2 f<br />

6<br />

keine geringe Lösung denen Renten zuwachsen würde.<br />

Unter anderm hat die Obrigkeit auch zwischen Vaduz und Triesen<br />

87


den sogenannten Schweblhof, 54 der bis 150 Metzen 55 Äker und Wiesen<br />

begreift. Dieser wurde anno 1751 nach Art des abschriftlich zuliegenden<br />

Contracts auf Lebenslang der damaligen Pächter und ihrer Erben<br />

verlassen und stehet noch immer in diesen Bedingnissen unter Pacht.<br />

Nach meiner Überzeugung und selbst des Contract Inhalt ist das<br />

obrigkeitliche Eigenthum noch nicht vergeben, und da der stipulirte 56<br />

Zins <strong>dem</strong> Reale nicht angemessen ist, kann hiemit in andere Wege<br />

disponiert werden, und es müsste schlecht gehen, wenn die Gründe<br />

2<br />

nicht um /3tl höher gebracht werden könnten, zumalen sie die<br />

glücklichste Lage aller Gründe im Fürstenthum haben, die Wiesen<br />

ganz der nützlichsten Bewässerung unterliegen und in Vorzeiten mit<br />

Zuhilfenehmung der obrigkeitlichen Alpen jährlich 40 Khüe zu<br />

erhalten vermochten. Ich halte dafür, dass man die dermaligen<br />

Nutzniesser bei ihrem erworbenen Recht belassen, bey je<strong>dem</strong> Sterbfall<br />

aber die weitere Verpachtung im einzelnen nach den itzigen Zeitumständen<br />

vornehmen lassen sollte.<br />

Bey Bereisung der Herschaft habe auch die guttenbergische Güter 57<br />

bey Balzers samt der alten Bergveste in Augenschein genommen,<br />

woher der jährliche Zins <strong>von</strong> 500 f bis zu Austrag des Stritts mit<br />

Beyern 58 in Amts-Deposito 59 genommen worden. Österreich sollte den<br />

Stritt immer behaupten, da es ein Privat-Eigenthum unter der<br />

lichtensteinischen Landeshoheit ist und Österreich in Binden 60<br />

eben<br />

auf diese Art bei Radzins 61 ihr Eigenthum behalten hat, der<br />

vorgreifliche bayerische Commissair also hat abziehen müssen. Wenn<br />

so ein Eingrief in fremdes Eigenthum gerecht wäre, so könte wohl der<br />

hiesige Landesfürst die guttenbergische Gütter eher als Bayern<br />

einziehen - ja er hätte auch die hiesigen St.Johannes Gütter 62<br />

confisciren können, da das Kloster in Turthal [vom] Canton St.Gallen<br />

aufgehoben worden [ist] und kein Landesfürst die Gütterschätze<br />

exportiren läst. Diese Gütter hätten schöne Weinberge, Zehende und<br />

ein solides H<strong>aus</strong> mit Keller <strong>dem</strong> Fürstenthum zugeführt. Wenn nun<br />

Östereich die Guttenberger Gütter und Wolfingerischen Lehen 63<br />

in<br />

Balzers behauptet, so Sölten sie Seine Durchlaucht mit Capital ablösen<br />

und in neuerliche Pacht geben oder veräussern, die sich um die Hälfte<br />

melioriren Hessen.<br />

7<br />

In Triesen nächst Balzers ist ein landesherrlicher Weingarten, der eine<br />

88


zimmlich gute Lage hat, aber schlechten Wein liefert, und sonst in<br />

gutem Zustand ist. Ich begab mich <strong>von</strong> hier auf die fürstliche Alpe<br />

Sicka, die heuer für 180 f 64<br />

verpachtet ist. <strong>Der</strong> Weg dahin ist äusserst<br />

beschwerlich. Ich verbrachte hiebei 2 Tage, kam so ermattet zurück,<br />

dass mich ein Fieber überfiel - so mich schon zweimal heimsuchte.<br />

Dort haben die Bauern <strong>aus</strong> den Örtern ohne eigenthümliche Alpen die<br />

Khüe aufgetrieben, und hatten bey meiner Anwesenheit gerade den<br />

Fecht-Act 65 begangen. Die Khüe wurden nemlich, nach<strong>dem</strong> sie 10<br />

oder 14 Tage aufgetrieben waren, kontrollmässig gemolken, die<br />

Ausbeüte abgewogen und stückweise aufgeschrieben, welches Vermerk<br />

bei Vertheilung der Milchnutzung unter den einzelnen Khüe-<br />

Eigenthümern zum Regulativ dienet. Da die Heerde nur den Hirten,<br />

dann 2 Alpvögten anvertrauet bleibet und diese die Mölkung, dann<br />

Butterung versehen, jeder Khueeigenthümer sich dann begnügen<br />

muss, was diese ihm nach <strong>dem</strong> Resultat der Fechtung abliefern, so<br />

finde ich bey dieser Anstalt nur wenig Beruhigung. Das einzige Gute<br />

liegt in den gesunden Alpen-Kräutern und daher auch in der<br />

Conservirung der Rinder. Die Butter wird in <strong>dem</strong> Alpenh<strong>aus</strong> bis zur<br />

herbstlichen Vertheilung aufbewahret, wird nass und ist oftmalen mit<br />

fingerlangen Schimpl verwachsen. Ich ziehe unsere Manipulation der<br />

hiesigen vor, auch der Nutzen wird bey uns grösser entfallen. Hier hat<br />

die Gebirgslage und die anderwärtig nicht zulässige Benutzung der<br />

Terrains diese Anstalt dictirt. Dort auf der Alpen wachset unzähliger<br />

Enzian. Die Wurzl wird gegraben, wenn sie 7- bis 8-jährig und daher<br />

stark genug ist, hier<strong>aus</strong> dann ein Gesundheits-Branndwein gezogen.<br />

Eine sicherer 66 Johann Schlegel 67 hat sich eine derley Siederey vom<br />

Holz errichtet und zahlt an Wurzlgrabungs-Zins jährlich 7 f in die<br />

Renten, aber jene ganze Fabrication beschränkt sich blos auf jährlich<br />

100 Maas derley Brandwein.<br />

Aus den Alpen gieng ich über das Triesner Bergwaldl <strong>von</strong> 1000<br />

Quadratklaftern, das <strong>von</strong> keiner Bedeutung ist, dann in das Menschenwaldl,<br />

so etwa 8000 Quadratklafter messen könnte, worin aber viel<br />

Wiesflecke sind und eben an den Johann Schlögl <strong>von</strong> Triesen für 5 f<br />

verpachtet sind,<br />

8<br />

hat aber blos krippelhaftes Holz, weil der Vieheintrieb allgemein ist<br />

und nur wenige Stämme sich <strong>von</strong> <strong>dem</strong> Abfressen durchs Vieh in die<br />

89


Höhe heben können. Von da besuchte die 3 Gips Steinbrüche oberhalb<br />

Vaduz. Sie sind unerschöpflich, wie Allabaster weiss und <strong>von</strong><br />

besonderer Gütte, aber in hiesiger Gegend ohne Werth, da in Bünden,<br />

Schweitz und bey Feldkirchen eben derley Brüche sind. Wären diese<br />

Brüche bey Wien, so könten sie 8000 bis 10000 f jährlich abwerfen.<br />

Die zuliegende Berechnung 68<br />

des Arbeitslohns gegen den Verkaufspreis<br />

zeigt den geringen Verdienst, blos das Fuhrlohn des Unternehmens<br />

<strong>von</strong> 44 x nach Abschlag des resultirten Schadens <strong>von</strong> 24 x mit 20 x<br />

ist sein reiner Gewinn, und da er jährlich 800 Faass absetzt, so hat er<br />

266 f 40 x Pferderhaltungs Aushülfe, 69 die er wegen der Wirthschaft<br />

unterhalten muss und bei ruhenden Feldarbeiten zur Zufuhr der<br />

Steine <strong>von</strong> Brüchen nützlich zu verwenden vermag.<br />

Von den Steinbrüchen überging ich in den Bock- und Bergweingarten<br />

beim Schloss, die die beste Lage im Lande haben, gut bestellt sind,<br />

aber durch die fehlerhafte Manipulation eben einen züklenden 70<br />

Wein<br />

liefern und wenigstens mich bald unter die Erde bringen würden,<br />

wenn ich den Essig länger trinken müsste. In <strong>dem</strong> geräumigen Torkel<br />

beim Bock sind 2 Pressen, die collosalisch sind und <strong>von</strong> anno 1527<br />

bestehen, eine eben so ungeschickte Struktur haben, wie man in<br />

diesem Zeitalter überhaupt in allem massiv zu seyn pflegte. Das ganze<br />

Gebäud ist mit Maischbodungen garnirt, die wie Essiggefässe stinken.<br />

<strong>Der</strong> Bockweingarten ist mit [einer] Mauer umfangen, wo<strong>von</strong> eine<br />

grosse Strecke eingestürzt ist, und rings um ist ein wenigstens 3 Klafter<br />

breiter Waasenboden, den die 2 Weingartenmeister geniessen. Auch<br />

die um die Mauer geziegelten Reben gehören zu ihrem Genuss, die im<br />

ganzen ihre geringe Besoldung zu erheben vermögen. Weiter rückwärts<br />

gegen Schaan stürzt sich ein Bach <strong>von</strong> einem schroffen Felsen<br />

herab, der aufgefangen erstlich auf eine unterthänige Pulver-, dann 3<br />

obrigkeitliche Mahlmühlen, eine Stampf" und Hanfreibe 72<br />

geleitet,<br />

endlich zur Gipsvermahlung benutzt wird. Wie plitzschnell hier die<br />

Mühlen gehen, da der Wasserfall <strong>aus</strong>serordentlich hoch ist, hat meine<br />

Verwunderung erregt. Hier sah ich die Spelzenthülsungs- 73<br />

und<br />

Mahlmühlen. Erstere sind in je<strong>dem</strong> Mahlh<strong>aus</strong>e besonders und mit<br />

einem Windfächer<br />

9<br />

versehen. <strong>Der</strong> untere Mühlstein ist sehr dick, der laufende obere<br />

höchstens 6 bis 8 Zoll stark, nur weich und besonders <strong>aus</strong>gepikt, 74<br />

90


wodurch er nur die Hilsen <strong>von</strong> Körnern ablöst, herunterschaft. <strong>Der</strong><br />

Windfang bläst die Hilsen in einem eigenen Gang her<strong>aus</strong> auf die Erde.<br />

Die Körner hingegen fallen durch die eigends angebrachte Öfnung in<br />

eine unter dieser stehende Bodung. Da jedoch die Enthülsung auf<br />

einen Umtrieb nicht vollendet ist, so werden sie 3 bis 5 mal<br />

aufgegeben, bis die vollendete Entleerung der Hilsen <strong>von</strong> Körnern<br />

merkbar wird. <strong>Der</strong> so gereinigte Spelz wird dann auf die ordentliche<br />

Mahlmühle gebracht und wie in Österreich der Weitz behandelt. Hier<br />

wird gar wenig Korn, Weitz keiner, nur Winter- und Sommer-Spelz,<br />

Türkenweitz, Hanf <strong>von</strong> einer Klafter Höhe, Flachs, viel Gerst, kein<br />

Haber, Kraut, Saubohnen und häufige Erdäpfl gebauet. Die Mühle<br />

trägt 1000 f Zins, würde bei zureichen<strong>dem</strong> Malter 75<br />

in unserm Land<br />

4000 f ertragen, aber hier bestehet das Malter eines Einzelnen selten in<br />

mehr als einem oder 2 Vierteln, 76 höchstens einem Metzen, 77 und so<br />

muss der Müller je<strong>dem</strong> Einzelnen diese Wenigkeit vermählen, wo er<br />

bei completen Maltern 20 mal mehr verdienen könnte, und eben<br />

wegen diesen Verhältnissen ist der Müller, der sonst geschikt und<br />

thätig ist, noch in starken Rentrest. Den Türken und gedörte Erdäpfel<br />

bringen die Landleüte am haüfigsten zur Mühle, welche <strong>dem</strong> Müller<br />

nicht geringe Beschäftigung verursachen und wenigen Gewinn<br />

abwerfen.<br />

Noch an diesem Fluss ist die Rheinbergerische 78<br />

Gipsmühle mit<br />

einem schönen Stockwerk zur Wohnung und beifindiger Bretsäge. Da<br />

letztere aber nicht rentiret, so gedenket er sie in eine Öhlmühle zu<br />

umwandeln, glaubt, dar<strong>aus</strong> mehr Nutzen als <strong>aus</strong> der Bretsääg zu<br />

ziehen. Das Gebäude hat Rheinberger nach gepachtetem 79<br />

Gipsbruch<br />

<strong>aus</strong> eigenen Mitteln mit grossem Aufwand aufgeführt und viele<br />

Gründe zu einem Depot und Garten eingekauft. Indessen machet ihm<br />

der bayerische Zoll ein grosses Hinderniss im vorteilhaften Verschleiss<br />

des Gips, [er] ist daher nur entschlossen, die Pachtung auf den Fall<br />

beizubehalten, wenn er sie nach Abschlag der ihm noch zu Recht<br />

[zukommenden 3 auf weitere 15 <strong>Jahre</strong> erhalten würde, in der Hofnung<br />

für eine bessere Zukunft, weil ihm die Anlag schon so viele Kosten<br />

verursachet hat. Ungeachtet der Zins <strong>von</strong> jährlich 62 f nicht bedeütend<br />

10<br />

ist, so ist doch der Vortheil des Unterthans durch einen gesicherten<br />

Verdienst beim Steinbruch <strong>von</strong> grossem Belang, den der Landesherr<br />

9t


<strong>aus</strong> väterlicher Fürsorge für die Unterthan nicht hemmen sollte.<br />

Wären die Beamten zu[r] Administrirung eines derartigen Regals<br />

geeignet und wolten Seine Durchlaucht die Vor<strong>aus</strong>lagen selbst tragen,<br />

so könnte auf die Einziehung des Regals gedacht werden - aber es<br />

würde eine Goldensteiner Eisenhammer-Fabrique-Regie 80<br />

hier<strong>aus</strong><br />

resultiren und diese die wenigen Thaler, so in die Renten einfliessen,<br />

gar absorbiren, daher in dieser Einöde schon immer der trokene Zins<br />

der sicherste Gewin ist.<br />

Hier in Vaduz ist noch die Wohnung des Landvogts <strong>von</strong> 2<br />

Stockwerken, bestehend in je<strong>dem</strong> Stockwerk <strong>aus</strong> 5 Zimmern, wo in<br />

einem Löchl die sogenannte Kanzley angebracht ist - aber während<br />

meiner Anwesenheit nicht eine Stund im Tag offen stehet, weil man<br />

erstens sich nicht zu beschäftigen weiss: In Dörfern alles <strong>aus</strong>gemacht<br />

wird, die landesherrlichen Jura den Bauern-Vögten 81<br />

übertragen<br />

werden, der Amtschreiber seinen Speculationen nachhängt, der<br />

Landvogt beim Ofen brütet und lange Weile braucht, bis seine<br />

zitternde Hand einen Buchstaben darnieder schreibt, er gar nicht<br />

verstehet, was der Geschäftszug und Ordnung erheischet. Neben <strong>dem</strong><br />

Amtsh<strong>aus</strong>e ist die fürstliche Tafern, ein Holzstoss <strong>von</strong> unentlicher<br />

Massa, worin so viel zu repariren wäre, dass der jährliche Zins auf<br />

<strong>Jahre</strong> verschlungen würde, wenn Hand angelegt werden sollte. Statt<br />

<strong>dem</strong> Keller bestehet hiebei ein gewölbter Einsatz gerade an der<br />

Sonnen-Seite, weil der ganze Berg <strong>aus</strong> einer Steinmasse bestehet [,die]<br />

keinen Keller zu sprengen erlaubt, in der Niederfung] aber blos<br />

Sümpfe und nicht abzuleitende Gewässer diese Anlage verhindern.<br />

Neben der Kirch ist des Rentmeisters Wohnung, ein ganz artiges<br />

Gebäudl mit Garten, unweit diesem das Quartier des Chyrurg Grass<br />

auf einem Stock, endlich die 2 besondern, eben geräumigen Wohnungen<br />

der Schlosskapläne, deren Erhaltung insgesamt denen Renten<br />

obliegen.<br />

Ich schlage vor, 82<br />

den Chyrurgus Grass <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> fürstlichen<br />

Quartier zu schaffen und einen statt des bisherigen Amtschreibers<br />

aufzustellenden Gerichts-Actuar dort zu plassiren, 83<br />

sonst der Zank<br />

und Hader mit <strong>dem</strong> Rentmeister und Chyrurg nie aufhören wird,<br />

11<br />

welcher schon in die böblhaftesten Grobheiten <strong>aus</strong>geartet ist. Auf alle<br />

Fälle muss hier ein Landvogt, Rentmeister und Gerichts-Actuar oder<br />

92


Notar bestehen, 84<br />

unter denen die Administrirung der adeligen, civilen<br />

und peinlichen Justiz, 85 dann Polizey-Pflege, 86 die Rentamts-Verwaltung,<br />

die Steüer-Verrechnung, das einzuführende Conscripitons-<br />

Systeme, 87<br />

die Grundbuchsführung, die Aufsicht auf die Waldungen<br />

und Grundstücke zu untertheilen, sie zum Arbeiten in gemeinschaftlicher<br />

Kanzley zu verhalten und anzuweisen kämen, die Verhandlungen<br />

unter gemeinschaftlichem Beisitz vornehmen zu sollen, damit die<br />

dermaligen so schädlichen, einseitigen Verfügungen und <strong>Bericht</strong>serstattungen<br />

vermieden werden. 88<br />

Die Waldungen, 89<br />

welche nebst den vorgeschriebenen 2 Abtheilungen<br />

noch im Schlossbuden Waldl 90<br />

und Schwöfel[wald] <strong>von</strong> etwa<br />

80 Jochen, 91 in <strong>dem</strong> Tannen- und Fichtenwald Bürst bey Nendlen <strong>von</strong><br />

50 Joch, dann am Schellenberg in Grund-, Krazer-, Poja- und<br />

Burgwald 92<br />

bestehen, endlich im Samina Thal, einer unwegsamen<br />

Gegend, eine ungemessene Wildnuss begriffen, <strong>aus</strong> der bis 14000<br />

Klafter Holz täglich geschlagen werden könnten, sind 3 Individuen<br />

zur Aufsicht anvertrauet. <strong>Der</strong> Revieijäger beobsichtiget die im Saminen<br />

Thal, der Schlossthorwart das Triesner Menschen- und Schlosswaldl,<br />

der Landweibl <strong>von</strong> Mauren die Bürst und Schellenberger Abtheilungen.<br />

Ausser <strong>dem</strong> Deputatholz 93<br />

bezieht die Obrigkeit keinen Nutzen<br />

<strong>aus</strong> den Wäldern. Die Leute holen hier<strong>aus</strong>, was sie brauchen, meistens<br />

zur Verwuhrung der Rheinufer, und so ist die Aufsicht eine zwecklose<br />

Anstalt, wenn das Amt nicht Einfluss nimt und die Mitaufsicht trägt.<br />

Im Samina Thal werden 4000 Klafter ob <strong>dem</strong> Stamm zu 48 x und<br />

10000 Klafter zu 17 x anwöhrbar 94 seyn, [sie] können auf <strong>dem</strong> Samina<br />

Bach an die Gränze <strong>von</strong> Feldkirch geflösst werden. Da das Holz<br />

überständig ist, so sollte der Verkauf nicht gehindert werden. Zum<br />

Bedarf der Herrschaft kann dorther kein Holz erholet werden, weil die<br />

Alpen jede Überfuhr unmöglich machen.<br />

Bis hieher kam ich in ersten Tagen meines Hierseyns, bis mich das<br />

Fiber <strong>von</strong> der Fortsetzung der Localisirung abhielt und das Zimmer zu<br />

hütten nöthigte, wo ich die fieberfreyen Stunden zu Erhebung der<br />

obwaltenden Umstände über die<br />

12<br />

mitgenommenen Acten benutze. Diese sind folgende:<br />

93


N° 1<br />

Betrift die Kriegsschäden-Vergüttungen 95<br />

der strittigen Gemeinden,<br />

<strong>aus</strong> denen schon Deputationen bey mir waren, die ich auf eine<br />

abzuhaltende Zusammentrettung vorbeschied.<br />

N°2<br />

Ist keine Ursach vorhanden, <strong>dem</strong> Chyrurgus Grass die Steyerbefreyung<br />

<strong>von</strong> seinen Capitalien zuzugestehen, [das Gesuch] wäre<br />

abzuweisen und wider denselben bey unrichtiger Fassion nach Strenge<br />

des Gesetzes zu verfahren. 96<br />

Er ist eigentlich derjenige, welcher die<br />

Schwäche des Landvogts zu seinem Vortheil und Druck des Unterthans<br />

benutzet, er ist der l.te Regent des Fürstenthums, und seine<br />

Listen undurchdringlich. Er und einige Consorten sind hier das, was<br />

vormals auf der Herrschaft Ostrau 97<br />

die Juden waren, und eben seine,<br />

dann des Amtsschreibers Einleitungen haben in <strong>dem</strong> Kriegsschäden-<br />

Ersatz-Stritt die für die sachfälligen Gemeinden nachtheilige Contumacirung<br />

98<br />

herbeigeführt.<br />

N2 3<br />

<strong>Der</strong> Anton Jäger 99<br />

ist eben derjenige, welcher <strong>von</strong> 1801 bis 1804 in<br />

Wien die Thierarzney gehöret und fürstliche Unterstützung genossen<br />

hat. 100<br />

Nach seiner Rückkunft kaufte derselbe ein hölzernes H<strong>aus</strong> für<br />

626 f 30 x, fieng die Schmid-Profession und Thierarzney <strong>aus</strong>zuüben<br />

an, da er jedoch bey der Schmide nur an Landvogt, Wirthen<br />

Rheinberger und Zollner zahlbare Kunden hat, derenselben Schmidarbeiten<br />

nicht so <strong>aus</strong>giebig sind, dass ein Meister hie<strong>von</strong> leben könnte,<br />

alle anderen Leute nur auf Kreide oder bezahls Gott arbeiten lassen,<br />

so musste er um so mehr in die Schulden gerathen, als er zum<br />

H<strong>aus</strong>ankauf und Beischaffung des Werkzeugs gleich bis 800 f<br />

übernommen hat, die nebst den Interessen und anderweitigen<br />

Zinsungen schon auf 1200 f angewachsen sind. Sein Eigenthum<br />

beschränkt sich nun blos auf den Besitz des H<strong>aus</strong>es, Werkzeugs und<br />

einiger Quadratklafter Gründe, die kaum die Helfte der Schuld<br />

bedecken werden - wird ihm dies Reale abgenommen, so muss er mit<br />

Weib und 2 Kindern auf der Gasse<br />

13<br />

94


liegen. Da er ein Zögling der fürstlichen Regierung ist, so sollte er<br />

dennoch gewissermassen begnadiget und als der einzige Wissenschaftliche<br />

auf <strong>dem</strong> Fürstenthum durch 3 <strong>Jahre</strong> schuldigkeits- und hierunter<br />

auch interessefrey 101<br />

gehalten werden. Hebt er sich in der Zwischenzeit,<br />

so mag er auf <strong>dem</strong> H<strong>aus</strong> bleiben und die Schuld terminweise<br />

abzahlen, hebt er sich nicht, so wäre kein Ausweeg, und das H<strong>aus</strong> samt<br />

Werkzeug müsten zum besten der Renten versteigert werden, um<br />

wenigstens den V2 oder V3 Theil der Forderung zu vindiciren. 102<br />

NM<br />

Die Holzabgabe zur Ufer-Befestigung des Rheins gründet sich auf<br />

mehrere Erkenntnisse des Rheinoberhaupts 103<br />

und ununterbrochene<br />

Observanz - abgeschlagen kann sie also nicht werden. Aber da nicht<br />

nur die Gemeinden selbst eigene Waldungen besitzen, sondern<br />

einzelne Nachbarn auch eigene Wälderantheile haben, so kann der<br />

Obrigkeit nicht auferlegt werden, den ganzen Bedarf <strong>aus</strong> den geringen<br />

herrschaftlichen Waldungen herbeischaffen zu müssen, würde auch in<br />

der Länge weder zureichen, da die Rheinufer-Beschädigungen manchmal<br />

sehr <strong>aus</strong>gedehnt sind. Das beste ist, denen Gemeinden die<br />

Holzabgabe ein wenig zu erschweren und die Ausweisung unter<br />

Amts-Controll vollziehen zu lassen, wozu aber viele Regulierungen<br />

im Waldweesen vorhergehen müsten. Es bestehet hier weder ein<br />

Zeichbeil, 104<br />

und die Beamten vollziehen eben keine Controlle, weil<br />

der Chef dies Ding weder kennet, daher wird gehauen und geschlagen<br />

nach Lüsten und Bedarf, höchstens dörften die Holzknechte hiebei<br />

einen Trunk für sich gewinnen. <strong>Der</strong> Jäger wird nur als Wildschütz<br />

betrachtet und beobachtet unter einem den Wald im Samine Thal,<br />

aber da dorthin ohne<strong>dem</strong> kein Vogl, minder ein Mensch kommet, so<br />

höret die Ursach der Obsichttragung so lang auf, in wie lang nicht eine<br />

Strecke Wald zum Abholzen verkaufet wird.<br />

Mit <strong>dem</strong> Frohnholz hat es hier seine eigene Beschaffenheit.<br />

Ungeachtet es im Schlosswald geschlagen wird, die Leute also präsent<br />

sind, so kostet in der Frohn die Klafter dennoch 1 f 25V2 x, weil der<br />

14<br />

Frohner täglich 6 xr zu recht hat, daher rechnen sie so viel Tage auf,<br />

dass das Machen <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Taglohn viel niedriger <strong>aus</strong>fallen müste.<br />

95


Noch höher war vormals dies Schlagerlohn, seit der Anwesenheit des<br />

Rentmeisters ist auf den jährlichen Bedarf <strong>von</strong> 42 Klafter Holz ein<br />

P<strong>aus</strong>chale <strong>von</strong> 60 f festgesetzt worden.<br />

N2 5<br />

Die Schulanstalten sind hier Landes sehr schlecht. Um diese<br />

nützliche Anstalt zu begünstigen, so könnte die Gemeinde, da sie den<br />

Bau führen und den Schulmann erhalten will, mit ihrer Bitte erhöret<br />

werden; 105 dies würde kosten: 105 "<br />

6000 Stück Dachziegl ä 15 f 40 xr 93 f<br />

300 Stück Stockziegl ä 19 f 5 f 42 x<br />

40 Stück Hohlziegl ä 4 x 2 f 40 x<br />

14 Vassl Kalch ä 1 f 40 x 23 f 20 x<br />

6 Stamm Holz ä 1 f30x 9f<br />

133 f42x<br />

N2 6<br />

Die Uneinigkeit zwischen den Beamten 106<br />

hat in der zur Natur<br />

gewordenen Gewohnheit des Landvogts und in <strong>dem</strong> collerischen<br />

Temperament des Rentmeisters ihren Grund. 107<br />

Ersterer hat keine<br />

geordnete Amtirung gewohnt - dünkt sich allein Souverain. Letzterer<br />

will auch was wirken, wird aber nicht zugezogen und so entstehet<br />

Handl und Uneinigkeit. Die Prätension 108<br />

des Rentmeisters ist nicht<br />

unrichtig, weil er durch seinen Einfluss die bisher an der Tagesordnung<br />

gestandenen Willkührlichkeiten zu hemmen bemüht ist, besonders<br />

wenn er merkt, dass die Bundes-Lüge 109 die Impulsion 110<br />

hervorgebracht hat. Doch wird sich auch dies heben, wenn die<br />

unvermeidliche Regulirung des Amts vollzogen wird.<br />

N2 7<br />

Nur werden hier Landes bey der itzigen Amtsverwaltung keine<br />

Gründe in eigene Regie genommen, es ist ohnehin alles der Willkühr<br />

überlassen, es würde nicht angebaut noch gefechsnet; daher ganz<br />

recht, dass die Verlassung des langen Ackers 111<br />

bewilligt worden. Auf<br />

<strong>dem</strong> Schlossberg könnten 12 bis 16 Stück Kühe 112<br />

erhalten<br />

15<br />

96


werden, die Pächter der Gründe nähren sie auch dort in dieser Anzahl.<br />

Würden die Gründe zu obrigkeitlichen Händen eingezogen, so müsste<br />

der Viehstand angeschaft und ein Schaffer 113 <strong>aus</strong> Mähren verschrieben<br />

werden, das sich bey der ganzen Viehanzahl nicht wohl nutzbringend<br />

machen Hesse. Übrigens ist es wahr, dass die sogenannte Engering 114 so<br />

viele Verwüstung anzurichten pflegen, hieran ist die Bodeneigenschaft<br />

Ursache, die diese Thiere begünstiget. Die tragbare Erdkrumme<br />

bestehet meistens <strong>aus</strong> vermodertem Holz und Laub, die die Engering<br />

so sehr lieben - selbst im mährischen Gebirg, wo die Walderde öfters<br />

in die Gärten geschaft zu werden pflegt, finden sich derley Insekten<br />

häufig ein, unterlaufen die Pflanzen und vernichten die Hofnung der<br />

Anpflanzung. Hier ist kein Ausweeg, als diese Dungerde benutzen zu<br />

müssen, weil sonst kein Stroh gebauet und das Vieh nie bey H<strong>aus</strong>e<br />

gehalten, also wenig Dünger erzeiget wird. In halbem May oder später,<br />

nach Zulass der Witterung, werden die Heerden auf die Alpen<br />

getrieben, dort unter freyem Himmel bis halben September gehalten.<br />

Da nun die rauhe Witterung mit Schnee eintritt, werden die Kühe in<br />

mässigere Anhöhen abgetrieben, in kleine hölzerne Ställe gestekt und<br />

bleiben so lange, bis der dort <strong>von</strong> den Gebirgswiesen hinterlegte<br />

Heüvorrath aufgezehret ist. Dies trift im December, manchmal im<br />

Jenner [zu]. Darauf senken sie sich wiederum in einen mässigeren<br />

Horizont, wo eben so viele hölzerne Ställchen und Heüschopfen als<br />

Vieheigenthümer vorhanden sind. Dort weilen die Khüe bis Hornung,<br />

dann erst treffen sie bey H<strong>aus</strong>e ein, um die da hinterlegte Futter-Vorräthe<br />

zu verzehren. Nirgends wird was anders unterstreuet als das<br />

Heüfutter, so die Khüe nicht ganz aufnehmen, der Dünger bestehet<br />

blos <strong>aus</strong> den animalischen Excrementen, der in Jauchbehältnissen<br />

gleich neben der Stallthür aufgefangen und in Herbst und Frühjahr ob<br />

den Bergwiesen aufgeschmiret wird. Bei regnerischer Witterung<br />

erzeigt diese Düngungsart auf den Bergwiesen die schönste Vegetation<br />

der Gräser.<br />

16<br />

N°8<br />

a) Rheinbergers Antrag, die eingelösten St. Johannesser Zehende<br />

<strong>dem</strong> Landesherrn für die Tafern samt Zugehör zu überlassen, wäre<br />

nicht verwerflich, 115 falls die Zehend-Fassion 116<br />

sich verificiret. Um<br />

97


diesfalls in die Gewissheit zu kommen, so könnte ein 3jähriger<br />

Versuch mit Bezug des Zehends zu obrigkeitlichen Händen gemacht,<br />

dagegen <strong>dem</strong> Rheinberger der Genuss der Taferne überlassen werden.<br />

Bestättigt sich die Fassion, so könnte der T<strong>aus</strong>ch unbedenklich<br />

exequirt 117<br />

werden. Rheinberger scheint sich des besseren Ertrags<br />

seiner Zehende versichert zu halten, weil er geneigt ist, den 3jährigen<br />

Versuch zu accordiren, aber <strong>dem</strong> stellet sich entgegen, dass die schon<br />

so lang verschobenen Baulichkeiten nicht wiederum auf 3 <strong>Jahre</strong><br />

zurückgesetzt werden können. Die Obrigkeit müste sie gleich <strong>aus</strong>führen,<br />

und so wären 540 f in Wind geworfen, weil das ganze hölzerne<br />

obere Gebäude nothwendig eine ganz andere Struktur erhalten muss,<br />

wenn es nicht einstürzen soll. Da es gewiss ist, dass Rheinberger vom<br />

Churer Domkapittl für die Zehende einen Capitals-Anboth <strong>von</strong> 9000 f<br />

hat, so scheint dasselbe auch vergewissert zu seyn, dass die Zehende<br />

die diesfälligen Zinsen tragen können, und so glaubete [ich], dass<br />

Seiner Durchlaucht der Vortrag zu sogleichem Abschluss des T<strong>aus</strong>ches<br />

gemacht werden sollte. <strong>Der</strong> Weinabsatz kann keine Hinderniss<br />

abgeben, weil der Verschleiss in die Schweitz behände ist, nie in der<br />

Taffern obrigkeitliches Getränk <strong>aus</strong>geschenket worden [ist und] der<br />

Kiefer den Ausschank in grösserer Quantität als in der Taferne treibet,<br />

also um die Anwöhr 118<br />

der Weine keine grosse Sorge seyn darf.<br />

Bey der hiesigen Armuth des Landvolks und vorhandenen wenigen<br />

unternehmenden Leuten wird der Pacht kaum höher als dermal<br />

getrieben werden können. Rheinberger erhielt für die Johanneser<br />

Zehende die Tafferne samt Gaststall und Schöpfen, ein kleines<br />

Küchengartl unterm Wasserkasten, ein Grasgarten neben Ställen und<br />

das sogenannte Haberfeld <strong>von</strong> 14 bis 15 Metzen, das eigentlich eine<br />

sumpfige Wiese ist, mit Ausschluss der Frohnen, auf die<br />

17<br />

er gern verzichtet. Aber in Recognitionem Domini 119<br />

müste er<br />

dennoch zu einem mässigen jährlichen Zins angehalten werden,<br />

der beim Wirtsh<strong>aus</strong> in<br />

10 f<br />

bei <strong>dem</strong> Küchengärtl in<br />

10 x<br />

bei <strong>dem</strong> Grasgartl<br />

20 x<br />

bei <strong>dem</strong> Haberfeld<br />

1 f 30 x<br />

zusammen<br />

12 f<br />

98


estehen könnte, oder verbindlich machen, in Veränderungsfallen zu<br />

einem Lau<strong>dem</strong>ium 120<br />

vom Gulden des Kaufschillings zu 1 x - höher<br />

will er sich nicht einlassen, da sein Zehend den Nutzen des<br />

obrigkeitlichen Regali überwiegt.<br />

b) Die Benutzung der Gipsbrüche zu obrigkeitlichen Händen,<br />

setzet die Erbauung oder Ablösung der Rheinbergerischen Gipsmühle<br />

vor<strong>aus</strong>, so mit<br />

3000 f<br />

nicht bewerkstelliget werden könnte; die Steinbevorräthigung und<br />

Gipsmahlung mit Vässer Beischaffung erfordert eben eine Vor<strong>aus</strong>lage<br />

<strong>von</strong><br />

3000 f<br />

<strong>Der</strong> Gips wird dann bis zum Absatz creditirt, der <strong>von</strong> Zeit zu Zeit auch<br />

einige T<strong>aus</strong>end Gulden verschlingt. Da nun die hiesigen Renten<br />

ohnehin immer plank sind und diese Vor<strong>aus</strong>lagen nicht erschwingen,<br />

die Beamten zur derartigen Werkführung nicht geeignet sind, so rathe<br />

an, den Rheinberger einschliessig der ihm noch gebührenden 3<br />

Contracts-<strong>Jahre</strong> den Pacht auf die gebethene 18 <strong>Jahre</strong> zu verwilligen,<br />

dass er<br />

für den Bruch jährlich<br />

für die Mühle<br />

und für die dabey anlegen wollende Ölpress<br />

12 f<br />

50 f<br />

5 f<br />

zusammen<br />

67 f<br />

zinsen solle. <strong>Der</strong> Vortheil würde hier<strong>aus</strong> erwachsen, dass der dermal so<br />

sehr erschöpfte Unterthan einen unaufhörlichen Verdienst gewöne<br />

und bey verschleissenden 800 Vassl Gips jährlich 4800 f gutes Geld ins<br />

Land geschaft würden. Rheinberger hat 5 Söhne, und blos der<br />

Versorgung seiner Söhne wegen wagt er die grossen Unternehmungen,<br />

hat dabei eben nicht kleine Schulden auf <strong>dem</strong> Hals.<br />

c) Ist dermal gar kein Zeitpunkt, die Märkte einzuführen, 121 und<br />

würden die Versuche, so wie die in früheren Zeiten geschehene,<br />

misslingen, daher mag diese Anstalt bis zu besseren Zeiten verschoben<br />

bleiben.<br />

18<br />

d) Zu meiner Verwunderung musste ich ersehen, dass hier die<br />

Grundstücke in unendlich kleine Theile getrennet werden, dass bei<br />

wenigen Quadratklaftern oft 5 bis 10 Besitzer sind, ja es giebt Bäume,<br />

99


die 29 Inhaber haben, wenn diese sterben, so werden bey zahlreichen<br />

Familien so viel Theilnehmer anwachsen, als Blätter an Bäumen sind.<br />

Das nemliche ist bei Grund und Boden. Kann sich wohl eine Familie<br />

bei so geringem Besitzstand erhalten? Wie soll sie bey <strong>aus</strong>serordentlichen<br />

Kriegsschäden, Missjahren sich fortbringen? Wie die Abgaben<br />

leisten? Ich bin ganz für das vorgeschriebene System der Gründe-<br />

Vereinigung, die aber unter der itzigen Amtsverwaltung niemalen zu<br />

Stand kommen wird, weil das Oberamt gar keine Einsicht in das<br />

nihmt, was in Dörfern geschieht, die Bauern üben das adeliche<br />

Richteramt <strong>aus</strong>, vertheilen die Gründe, wie sie wollen.<br />

Um den Zweck der Grundvereinigungs-Verordnung zu erreichen,<br />

so muss der Staat in ersten Grundfesten organisiert, eine ganz andere<br />

Verfassung begründet und hiernach die Gesetze vorgeschrieben, die<br />

landesherrlichen Rechte gezeiget und exequiret, auf alle Fälle die<br />

gehörigen Instructionen, besonders die Erbrechts-Ordnung, die Jurisdictions-<br />

und Abhandlungs-Norma fürgeschrieben, hierwegen dann<br />

die Taxen bemessen [und] zu Händen des landesfürstlichen Aerarii 122<br />

treülich verrechnet, dann Grundbücher errichtet, deutlich geführet,<br />

auf die Grundvereinigung besonders vigiliret 123<br />

werden, zu wessen<br />

Bewerkstelligung es immer nothwendig werden wird, statt des<br />

bisherigen Amtschreibers einen geschikten Gerichts-Actuar oder<br />

Notar anzustellen, der mit den Vorkäntnissen der neüen Manipulation<br />

versehen ist.<br />

Auf die Bittschrift der Landamänner wegen Modifizierung] 124<br />

des<br />

Flächenmasses bey der Gründen-Vereinigung, 125 würde ich die<br />

Gewährung nicht anrathen, da ich bei der Organisirung des Amts auf<br />

einen guten Fortgang des Gesetzes zähle. Und wenn Seine Durchlaucht<br />

dennoch geneigt wären, der Bitte zu willfahren, so könnte, um<br />

einmal einen Anfang zu bewirken, die Klafter-Anzahl auf 200<br />

beschränkt werden, 126<br />

nach der Hand lässt sich die Erweiterung<br />

leichter bezwecken als im Anfang die alten Missbräuche ganz<br />

abzustellen.<br />

19<br />

N?9<br />

Die Urbarmachung so vieler Ödungen 127<br />

ist eine der nützlichsten<br />

Anstalten im Land, wozu das müssige Landvolk ohnehin schwer zu<br />

bewegen ist - und nur bei <strong>dem</strong> Drang der vor<strong>aus</strong>gegangenen<br />

100


Umstände, dann der gänzlichen Erschöpfung [wegen] vom Erhaltungstrieb<br />

hiezu verleitet worden ist. Daher ohne weiters den<br />

gegenwärtigen Bittwerbern pro 1807, 1808 und 1809 der Neugutschilling<br />

128<br />

nachzusehen und in Rücksicht der sumpfigen Lage für die Folge<br />

auf 2 xr festzusetzen wäre.<br />

Sehr viele derley Neugereitgründe könnten noch entstehen, wenn<br />

das Amt mitwirken und beharrlich seyn wollte. Diese Gründe liegen<br />

am Rhein, sind mit Gestripp bewachsen und gewähren in <strong>dem</strong> öden<br />

Zustand nieman<strong>dem</strong> einen Vortheil, können aber nach erfolgter<br />

Ausrottung der Gestrippe [und] Durchschneidung mit Gräben die<br />

tragbarsten Gründe werden, sie allein [werden] eine angemessene<br />

Aushilfe zur Güttervermehrung gewähren. Ex officio 129<br />

sollte jeder<br />

Gemeinde die Urbarmachung einer angemessenen Strecke jährlich bis<br />

zur Vollendung auferlegt werden. Die schon geschehenen Rottungen<br />

130<br />

präsentiren die schönsten Fluren im Land und verschaffen eine<br />

Vegetation, die jedermanns Verwunderung erregt.<br />

Hier bei Schaan und Vaduz kommet in Betrachtung zu ziehen, dass<br />

der Landesfürst <strong>von</strong> den Neügereit-Gründen nur ]<br />

/J und das Churer<br />

Domkapitel 2 /3 Zehend bezieht. Es ist schon in alten Zeiten hierüber<br />

ein Streit entstanden, 131<br />

der heilige Vater hat das hiesige Amt wegen<br />

gewagten Eingriffen in Bann gelegt, und die Ausmittlung, um sich der<br />

ewigen Verdammung zu entziehen, wurde auf obige Art getroffen. Dies<br />

konnte nur auf die damaligen Neürisse Bezug haben, nicht auf jene, so<br />

dermal, wo die Bannflüche unwirksam geworden. Daher sollte die<br />

Zehend-Abgabe wenigstens <strong>von</strong> den seit <strong>dem</strong> Pressburger Frieden und<br />

in Hinkunft zuwerdenden Neurissen eingestellt und ganz zu landesfürstlichen<br />

Händen gezogen werden.<br />

20<br />

N2 10<br />

<strong>Der</strong> Rentmeister hat in Wien einige Capitalien. [Er] kann die<br />

Interessen, mit Banco-Zetteln 132<br />

<strong>aus</strong>gezahlt, hier nicht benutzen und<br />

müsste nach <strong>dem</strong> Papier-Geld-Cours den enormen Verlust erleiden.<br />

Da er vorigen Jahrs 22973 f 50'/2xr gutes Geld einbrachte, heuer<br />

wiederum schon bis 9000 f abgeliefert hat, so verdient er eine<br />

<strong>aus</strong>zeichnende Gnade, die in <strong>dem</strong> bestehen könnte, dass ihm erlaubt<br />

würde, 500 f in Banco-Zetteln zu Wien in die Haupt-Cassa abzuführen<br />

101


und diese sich in den hier cursirenden Münzen zu erholen. 133<br />

Er bedarf<br />

dieser Aushülfe, da er nur 524 f Gehalt beziehet und 3 Kinder - unter<br />

diesen einen in Feldkirch mit gutem Erfolg studierenden Sohn - zu<br />

ernähren hat, sein Eifer übrigens in der Amtirung sehr lobenswürdig<br />

ist.<br />

N2 11<br />

<strong>Der</strong> Erblehenzins bey Schaan bestehet in V4 Gerst und 14 xr. 135<br />

1 3 4<br />

Da nun die Gemeinde das Reluitions-Capital 136<br />

sowohl als auch den<br />

Zinsrükstand ins Rentamt bezahlet hat, so trage auf die Bittgewehrung<br />

an - zumalen der <strong>Bericht</strong> des Landvogts eine einseitige Eingabe ist, mit<br />

der die Partheyen niemalen einverstanden waren.<br />

N° 12<br />

Ist ein Stritt de lana caprina, 137<br />

die projectirte Erledigung wäre also<br />

ohne Anstand zur Expedition zu bringen. 138<br />

N2 13<br />

Die Fahne kann <strong>von</strong> rothem oder gelbem Tamast seyn, das Maas<br />

ist in der Nebenlage beschrieben. Nebst <strong>dem</strong> Tamast müssen 5 Stück<br />

Quasten, etwa 12 Ellen seidene Franzen und 5 Ellen derley Schnüre<br />

verfertigt werden. Bild und Stangen sind vorhanden. 139<br />

N2 14<br />

An der Gränz der Schwebelhofgründe gegen Triesen ist eine<br />

eingegangene geräumige Kapelle, 140<br />

die ohne Endzweck da stehet und<br />

das Materiale zur Schule zu liefern vermag, daher nur nöthig ist, die<br />

Bewilligung zu ertheilen, das Material zu<br />

21<br />

<strong>dem</strong> angesinnten Schulbau verwenden zu dürfen. <strong>Der</strong> Dachstuhl ist in<br />

gutem Stand, mit Ziegeln überdekt und geraümig genug, alle<br />

Bedürfnisse für die neüe Schule zu liefern. <strong>Der</strong> Pfarrer selbst verlangt<br />

keinen grösseren Beitrag.<br />

N2 15<br />

Das alte Abdecker-Häusl 141<br />

stehet noch immer, ungeachtet es<br />

gegen die Auflage der Demolirung verkauft worden. 142<br />

Es kann noch<br />

102


50 <strong>Jahre</strong> bestehen, daher der neue Bau eine unnöthige Verschwendung<br />

wäre, die 1200 f gekostet hat. Ich glaube, es soll auf die Demolirung<br />

angestanden werden, und wenn sie binnen 8 Wochen nicht geschieht,<br />

sollen <strong>dem</strong> Käufer die erlegten 30 f restituirt, das Häusl als<br />

obrigkeitliches Eigenthum beibehalten, hierin wiederum der in alle<br />

Weege entbehrliche, gut besoldete und mit vielen Gründen betheilte<br />

Abdecker hinein gesetzt, das neüe H<strong>aus</strong> hingegen zur Bewohnung 4<br />

fürstlicher Grenadiers, die <strong>von</strong> Feldsberg auf einige <strong>Jahre</strong> anher zu<br />

übersetzen wären, gewidmet werden. 143<br />

Die Grenadiers werden zu<br />

Executionen und Schuldeintreibungen höchst nöthig seyn, weil die<br />

Landwaibl und Landamänner diesfalls nichts wirken, sie selbst die<br />

grössten Schuldner sind und ohne rüstigen Exequenten weder ein<br />

Unterthan zum Oberamt gebracht werden kann. Diese Militz könte ja<br />

<strong>aus</strong> der neüen, nach <strong>dem</strong> Maas dieses Aufwands zu erhöhenden Steuer<br />

bezahlt werden. <strong>Der</strong> Rentamts<strong>aus</strong>stand <strong>von</strong> 104000 f lohnet es doch,<br />

dass dieser Aufwand nicht gescheüet werde. Hier ist der Gebrauch,<br />

dass ohne Execution 144<br />

niemand eine Zahlung leistet, und da jene, so<br />

die exequirende 145<br />

Gewalt in Händen haben, die grössten Schuldenmacher<br />

sind, sogar exequirte Gelder vorenthalten, so wachset auch der<br />

Rest<strong>aus</strong>weis immer mehr und mehr an, der grösstentheils uneinbringlich<br />

werden würde, wenn nicht auf die bayerische Art die executive<br />

Gewalt fürgehet. Selbst der saubere Amtschreiber hat schon über 700 f<br />

hinter sich, schaut nur, das Geld in die Hände zu bekommen und lässt<br />

sich endlich nach vielem Geschrey <strong>aus</strong>weisen.<br />

22<br />

N? 16<br />

Wäre <strong>dem</strong> Amt die Emigranten-Ordnung nach <strong>dem</strong> Fuss wie in<br />

den österreichischen Staat[en] vorzuschreiben und das Vermögen<br />

eines Auswanderers zu konfisziren. 146<br />

N2 17<br />

Bin ich nicht für die Bittgewehrung, 147<br />

da es <strong>von</strong> <strong>dem</strong> Fleiss der<br />

Theilnehmer abhing, im ersten Jahr der Vertheilung die Neürisse<br />

einem Ertrag zuzuführen, und Seine Durchlaucht ohnehin eine<br />

mehrjährige Nachsicht verwilliget haben. Künftig wird das Jahr der in<br />

Gang zu setzenden Zinsung immer genau <strong>aus</strong>gedrückt werden müssen,<br />

103


weil ich hier bemerkte, dass man sich willkührliche Ausdeutungen<br />

erlaubet und so die Renten oft um einen ganzjährigen Zins bringt.<br />

Mein Fieber will sich noch immer nicht verlieren, ich also<br />

gezwungen [bin] seit 23.tem Juny das Zimmer zu hütten. Zwar haben<br />

die Anfalle der Kälte aufgehört, aber eine Schwäche zurückgelassen,<br />

die mich meistens im Bette hält. Am 28.ten dies [Monats] hatte ein<br />

wenig ein ruhigeren Tag, an <strong>dem</strong> ich die innere Amtsverwaltung näher<br />

untersuchte, wo<strong>von</strong> der Befund in <strong>dem</strong> nebenliegenden Protocoll 148<br />

enthalten ist und zur vorläufigen Kenntniss gebracht wird, bis bei<br />

meiner Nachh<strong>aus</strong>kunft das Detail mit meinen Bemerkungen und<br />

Vorschlägen werde nachtragen können.<br />

Heüte ist es mir ein wenig besser, werde daher die Unterthanen<br />

über die Kriegsschäden anhören und mir die Mühe der Vergleichsschlichtung<br />

nehmen, da das Oberamt nichts anderes that, als denen<br />

Partheyen beibrachte, dass sie sich binen 14 Tagen zu vergleichen<br />

haben, widrigens der Spruch erfolgt werden würde. Wenn sich die<br />

Leüte ohne amtlicher Mitwirkung und Vorstellung hätten vergleichen<br />

können, so wäre es ja nicht zum Stritt kommen. Indessen wird es itzt<br />

schon schwer halten, da das Final-Urtheil <strong>von</strong> der obersten Behörde<br />

publicirt ist.<br />

Sobald ich noch die niedere Herrschaft werde localisirt haben, gehe<br />

übern Rhein nach Schwitz, Zürch und Bern. Hier rühmt man mir das<br />

Schwitzer als das beste Vieh in der ganzen Schweitz. Das im vorigen<br />

Jahr erkaufte ist eigentlich <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Emmenthal<br />

23<br />

das eben in gutem Ruf stehet. Ins Böhmen werde bei meiner zerritteten<br />

Gesundheit nicht gehen, sondern zu H<strong>aus</strong> eilen. Hier mangelt es an<br />

geschikten Ärzten, ich habe den Kreisphisikus <strong>von</strong> Feldkirch und den<br />

Stadtphisikus gebraucht. Ersterer läst sich die Cur gar nicht angelegen<br />

[sein], letzterer aber zeigt viel mehr Fleiss, wesswegen ich bey ihm<br />

stehen geblieben bin. Aber die Beschaffenheit der Apotheken ist mir<br />

wunderlich, alle Arzneyen sind so noch, als kämen sie <strong>aus</strong> den Händen<br />

der Quaksalber. Hiezu noch die hiesige Kost - Spelzbrod und<br />

Essig-Trunk - so muss der Gesunde Pacient werden, der Kranke<br />

hingegen mag sich nicht zu erholen. Wenn ich Kaffee trinken dürfte,<br />

so wäre das doch was, wodurch das Leben gestärkt werden könte. Aber<br />

104


der Zucker sieht wie mit Ochsenblut überzogen <strong>aus</strong>, ist sauer statt süss,<br />

daher diesfalls keine Reserven zur Erholung. Dass ich doch bald werde<br />

fortkommen können, ist das wichtigste Heilmittl, <strong>von</strong> <strong>dem</strong> ich meine<br />

Gesundheit gewärtige.<br />

Vaduz, den 30.ten Juny 1808<br />

<strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> manu propria 149<br />

ANMERKUNGEN ZUM BERICHT VOM 30. JUNI 1808<br />

1 Professionist: Handwerker.<br />

2 Das geltende Erbrecht war durch das System der Realteilung bestimmt, d.h. der<br />

Besitz und oft sogar einzelne Grundstücke wurden unter den Erbberechtigten<br />

aufgeteilt. Dies führte zu der <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong> beschriebenen extremen Güterzerstückelung.<br />

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts war die Obrigkeit bemüht, durch<br />

verschiedene Massnahmen (Änderung des Erbrechts, Verbot der Güterzerstückelung,<br />

steuerliche Massnahmen, Retraktsrecht usw.) diese Güterzerstückelung zu<br />

bekämpfen.<br />

3 Eru(i)erung (= Erforschung) ist die wahrscheinlichste Leseart.<br />

4 Dass die Untertanen je <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> fürstlichen Privatbesitz ernährt wurden, ist<br />

masslos übertrieben. Um die <strong>von</strong> den Rheinbundstaaten geforderten Truppen<br />

stellen zu können, musste der Fürst <strong>dem</strong> Land beträchtliche Vorschüsse gewähren.<br />

5 fretzen: füttern, fressen machen.<br />

6 restieren: mit Zahlungen im Rückstand sein. Schulden beim Rentamt, das die<br />

fürstlichen Einkünfte verwaltete, bezeichnete man als Rentresten.<br />

7 Die fürstliche Behörde in Vaduz führte bis 1848 den Titel «Oberamt» und nicht<br />

«Regierung». <strong>Hauer</strong> will lediglich <strong>aus</strong>drücken, dass das Oberamt die Politik im<br />

Lande zu wenig bestimmte.<br />

105


8 Am Rande sind die Buchstaben «NB» vermerkt. Die Randvermerke, die hier als<br />

Anmerkungen wiedergegeben werden, wurden bei der Bearbeitung des <strong>Bericht</strong>s in<br />

der fürstlichen Hofkanzlei in Wien angebracht und zeigen, dass das beschriebene<br />

Problem in irgendeiner Art erledigt wurde. Bezüglich der Güterzerstückelung<br />

schrieb Artikel 2 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 in scharfer Form die Grundvereinigung<br />

bis zu einer Mindestgrösse <strong>von</strong> 400 Quadratklaftern vor.<br />

9 Entien: Wesen, Ding (latinisierte Form, gebildet <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Partizip Präsens <strong>von</strong><br />

sum).<br />

10 Randvermerk: «NB». Die Verbindung eines grossen Teils der landwirtschaftlich<br />

nutzbaren Gründe mit bestimmten Häusern erfolgte durch das Grundbuchspatent<br />

vom 1. 1. 1809 und durch eine Nachtragsverordnung zum Grundbuchspatent vom<br />

27.9. 1839.<br />

1 1 Landesgebrauch: Landsbrauch. <strong>Der</strong> Landsbrauch enthielt im frühen 19. Jahrhundert<br />

das Erbrecht, Bestimmungen über das Vorgehen bei Ganten, die Polizeiordnung<br />

<strong>von</strong> 1732 und die Waldordnung <strong>von</strong> 1732. Die beiden letzten Ordnungen<br />

hatten ältere Bestimmungen ersetzt. <strong>Der</strong> Landsbrauch war also im Gegensatz zur<br />

Meinung <strong>Hauer</strong>s nicht während Jahrhunderten unverändert beibehalten worden.<br />

<strong>Der</strong> Landsbrauch wurde in Artikel I der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 aufgehoben.<br />

12 «Polizey» war lange Zeit gleichbedeutend mit «gute Ordnung» im weitesten Sinne;<br />

«peinliche Fälle»: Straffälle.<br />

13 Verfahren: Gerichtsverfahren.<br />

14 Randvermerk: «NB». In Artikel 1 der neuen Dienstinstruktion wurde der<br />

Landvogt beauftragt, ein neues bürgerliches Gesetzbuch, ein neues Strafrecht und<br />

eine neue Gerichtsordnung <strong>aus</strong>zuarbeiten. Obwohl Schuppler teilweise entsprechende<br />

Entwürfe <strong>aus</strong>arbeitete, wurden durch die Verordnung vom 18. 2. 1812 <strong>aus</strong><br />

Osterreich das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch <strong>von</strong> 1811, die allgemeine<br />

Gerichtsordnung vom 1781 und das Strafgesetz <strong>von</strong> 1803 übernommen.<br />

15 Randvermerk: «NB». In Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde der neue<br />

Landvogt angewiesen, die Grundbücher einzuführen und eine entsprechende<br />

Instruktion zu entwerfen. Das neue Grundbuchspatent und die neuen Taxen<br />

wurden bereits auf den 1. 1. 1809 in Kraft gesetzt.<br />

15a adeliges Richteramt: Vormundschaften für Waise und Verwaltung ihrer Vermögen.<br />

16 Randvermerk: «NB». In Artikel 1 der neuen Dienstinstruktion wurde Schuppler<br />

beauftragt, das adelige Richteramt einzuführen.<br />

17 Manipulation: Verfahren, Handhabung.<br />

18 decrepit: heruntergekommen, verlebt.<br />

19 Landvogt Franz Xaver Menzinger (1740 - 1809) kam 1788 als Landvogt nach<br />

Vaduz und wurde auf den 1. Oktober 1808 pensioniert. (Zu den Beamtenbiographien<br />

vgl. Paul Vogt, Verwaltungsstruktur S. 126 ff).<br />

20 Johann Ludwig Kirchthaler (ca. 1773 - 1819) war seit 1801 Amtschreiber in Vaduz,<br />

wurde aber nach <strong>dem</strong> <strong>Bericht</strong> <strong>Hauer</strong>s entlassen. Anlässlich der Massnahmen zur<br />

Reorganisation der fürstlichen Verwaltung im <strong>Jahre</strong> 1815 (also nach der<br />

Pensionierung <strong>Hauer</strong>s) wurde Kirchthaler auf den 1. September 1816 wieder als<br />

Amtschreiber und Hauptzolleinnehmer eingestellt.<br />

106


21 Christoph Grass (1753 - ca. 1821/26) stammte <strong>aus</strong> Braz. Er führte den Titel<br />

«Chyrurgus», war aber kein studierter Arzt, sondern eine Art Barbier. Nebenbei<br />

war er bis zum 1. Oktober 1808 auch Strasseninspektor.<br />

22 Zollner (oder Hauptzolleinnehmer) war Johann Joseph Goldner (1769 - 1846). Er<br />

stammte <strong>aus</strong> Stallehr bei Bludenz. 1794 - 1801 war er Amtschreiber in Vaduz, 1801<br />

- 1816 Hauptzolleinnehmer, 1816 - 1825 Rentschreiber und Grundbuchführer.<br />

1825 wurde er wegen der grossen Ausstände beim Rentamt entlassen.<br />

23 Im Oktober 1808 wurden folgende fürstliche Beamte nach Vaduz versetzt: Josef<br />

Schuppler (1776 - 1833) als Landvogt und Peter Zelinka als Grundbuchführer und<br />

Gerichtsaktuar. Zelinka wurde 1815 zum Rentschreiber befördert, bevor er auf den<br />

1. September 1816 nach Lundenburg versetzt wurde.<br />

24 Contumacierung: Landvogt Menzinger sah sich offenbar <strong>aus</strong>serstande, ein Urteil<br />

zu fällen, worauf die fürstliche Hofkanzlei ohne Anhörung der Betroffenen<br />

entscheiden musste.<br />

25 Die Kriegsereignisse <strong>von</strong> 1794 bis 1802 haben im Land Schäden <strong>von</strong> etwa einer<br />

Million Gulden verursacht. Die Ausgleichung der Schulden führte zu langjährigen<br />

Auseinandersetzungen.<br />

26 Randvermerk: «NB».<br />

27 praesentieren: vorlegen.<br />

28 Randvermerk: «NB». Die Schaffung einer gemeinsamen Kanzlei war ein wichtiger<br />

Schritt zur «Bürokratisierung» der Behörde: Dadurch wurden die Arbeitsräume<br />

<strong>von</strong> den Wohnräumen getrennt, die Kontrollmöglichkeiten über die Amtstätigkeiten<br />

vermehrt, die Schriftlichkeit und der Rationalismus gefördert usw.<br />

29 vaciren: leer stehen, unbesetzt sein.<br />

30 Tiro: Anfänger<br />

31 Ferdinand Adolf Smieth (auch Schmieth, Schmid, Schmidt) wurde um 1766<br />

geboren und kam 1806 als Raitleger (Rentmeister) nach Vaduz, wo er sich<br />

<strong>aus</strong>zeichnete: Er führte nicht nur die Rentamtsbücher vorbildlich, sondern trieb<br />

auch die riesigen Ausstände beim Rentamt ein. Mit den Landvögten Menzinger<br />

und Schuppler verstand er sich nicht gut, da er sich ihnen nicht unterordnete und<br />

gegen sie intrigierte. Wie <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Bericht</strong> <strong>Hauer</strong>s hervorgeht, begleitete er diesen<br />

zumindest zeitweise bei seinen Lokalisierungen. 1815 wurde er in die Buchhaltung<br />

nach Butschowitz versetzt, wo er 1825 zum Oberbuchhalter befördert wurde.<br />

32 Honorificum: etwas Ehrenvolles. Dank <strong>dem</strong> Besitz des Fürstentums Liechtenstein<br />

hatten die Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein im Alten Deutschen Reich Sitz und Stimme<br />

auf <strong>dem</strong> Reichstag in Regensburg und danach seit 1806 den Rang <strong>von</strong> souveränen<br />

Fürsten. Das Fürstentum Liechtenstein war der Juwel unter den zahlreichen<br />

liechtensteinischen Herrschaften. Wirtschaftlich hatte sich der Kauf des Fürstentums<br />

aber nie bezahlt gemacht. Die Erträge reichten nie <strong>aus</strong>, um die Kaufsumme<br />

zu verzinsen.<br />

33 Die Burg Liechtenstein bei Mödling gilt als die Stammburg des H<strong>aus</strong>es<br />

Liechtenstein. Nach<strong>dem</strong> sie gegen Ende des 14. Jahrhunderts in fremden Besitz<br />

gekommen war, kaufte Fürst Johann I. sie 1807 wieder zurück und liess sie<br />

teilweise restaurieren (Criste S. 163, Kraetzl S. 203).<br />

107


34 1807 Hess Fürst Johann 1. in Eisgrub eine Burgruine mit <strong>dem</strong> Namen Hansenburg<br />

bauen, wobei der Stil des 14. Jahrhunderts nachgeahmt wurde. Die Herrschaft<br />

Eisgrub (Lednice) in Mähren war der Sommersitz der Fürsten <strong>von</strong> Liechtenstein<br />

und besass <strong>aus</strong>gedehnte Parkanlagen (Kraetzl S. 161).<br />

35 Randbemerkung: «NB». Das Schloss Vaduz befand sich in einem sehr schlechten<br />

Bauzustand.<br />

36 Auf Schloss Vaduz befanden sich die herrschaftlichen Keller, das Gefängnis und<br />

die Wohnungen für den herrschaftlichen Jäger und den Torwart.<br />

37 Das Wort ist vielleicht als Almer (Kasten) oder Vlme (Seitenwände eines Stollen)<br />

zu deuten.<br />

38 Randvermerk: «NB». Manipulation: Verfahren.<br />

39 Löse: (Trauben-)Lese.<br />

40 Masch: Maische.<br />

41 Bodungen: Bottiche, grosse Holzfässer.<br />

42 Bedungen: Bodungen.<br />

43 Einschlag: Etwas, das in den Wein gehängt wurde, um ihm Farbe und Geschmack<br />

zu geben (gewöhnlich mit Schwefel überzogene Papier- oder Leinenstreifen).<br />

43a Das Einbrennen <strong>von</strong> Fässern gehörte zum Schwefeln des Weins.<br />

44 asservieren: aufbewahren.<br />

45 Fechsung: Ernte.<br />

46 <strong>Der</strong> herrschaftliche Küfer schenkte auf Schloss Vaduz, wo sich der landesherrliche<br />

Weinkeller befand, Wein <strong>aus</strong>. Gelegentlich gab es sogar Klagen, dass die Parteien,<br />

die im 18. Jahrhundert noch aufs Schloss geladen wurden, betrunken vor <strong>dem</strong><br />

Oberamt erschienen.<br />

47 Revenue: Einkommen, Einkünfte.<br />

48 Randvermerk: «NB».<br />

49 jemals: ehemals.<br />

50 perpetuierlich: ständig, fortdauernd.<br />

51 Randvermerk: «NB».<br />

52 Reluierung: Umwandlung einer Naturalabgabe in eine Geldzahlung.<br />

53 Verrait: Verrechnung.<br />

54 Schwefelhof; Randvermerk «NB». Die im Text erwähnte Abschrift des Pachtvertrags<br />

fehlt.<br />

55 1 Metzen = 533>/3 Klafter = 1918,2143 Quadratmeter.<br />

56 stipuliert: vereinbart.<br />

57 Randvermerk: «NB».<br />

58 Beyern: Bayern.<br />

59 Die Burg Gutenberg und ihre Güter waren seit 1314 im Besitz der Habsburger.<br />

Durch den Pressburger Frieden <strong>von</strong> 1805 kamen Tirol und Vorarlberg an Bayern,<br />

worauf dieses auch den Besitz Gutenberg beanspruchte. Darauf nahm das<br />

Oberamt bis zur Klärung dieser Streitfrage die Einkünfte <strong>aus</strong> diesem Besitz in<br />

amtliche Verwahrung. Durch den Wiener Kongress gingen Tirol und Vorarlberg an<br />

Österreich zurück, worauf der Besitz Gutenberg nicht mehr umstritten war. 1824<br />

108


kaufte die Gemeinde Balzers diesen Besitz. - Die Burg Gutenberg stellte einen<br />

österreichischen Vorposten dar und war damit eine Gefahr für die liechtensteinische<br />

Landeshoheit. <strong>Hauer</strong> schlug deshalb <strong>dem</strong> Fürsten vor, diese Güter zu<br />

erwerben.<br />

60 Binden: Graubünden.<br />

61 Radzins: Rhäzüns.<br />

62 Das Kloster St.Johann im Thurtal besass in Vaduz Güter im Schätzwert <strong>von</strong><br />

20000 Gulden und in Mauren <strong>von</strong> 5000 Gulden. Nach der Aufhebung des<br />

Klosters St.Gallen fielen die St.Johanner-Güter an den Kanton St.Gallen. 1807<br />

kaufte der Löwenwirt Johann Rheinberger die St. Johanner-Güter in Vaduz, Vgl.<br />

Alois Ospelt, Wirtschaftsgeschichte, JBL 1972, S. 88/89.<br />

63 Einen Teil der zur Burg Gutenberg gehörenden Güter erhielt Welti Wolfinger 1474<br />

als Lehen. Dieses Wolfingersche Lehen wurde bis 1789 immer wieder bestätigt. Als<br />

die Gemeinde Balzers 1824 Gutenberg kaufte, waren die Wolfingerschen Erblehen<br />

da<strong>von</strong> <strong>aus</strong>geschlossen. Vgl. Johann Baptist Büchel, Gutenberg, JBL 1914, S. 38 ff<br />

und S. 98.<br />

64 Randbemerkung: «Pachtrate (. . .) einzuholen.»<br />

65 Fecht-Act: Pfächte (kontrollmässige Messung des Milchquantums, damit später<br />

der Ertrag gerecht verteilt werden konnte).<br />

66 sicher: zahlungsfähig.<br />

67 Johann Schlegel (1744 - 1823) war Wirt in Triesenberg. Er war früher mehrmals<br />

wegen unerlaubten Enzianwurzelgrabens bestraft worden. Die Schlegel waren das<br />

bedeutendste und angesehenste Geschlecht am Tnesenberg. Vgl. Engelbert Bucher,<br />

Schlegel-Stammbaum (Manuskript).<br />

68 Die Berechnung fehlt.<br />

69 <strong>Hauer</strong> legte seiner Berechnung einen Reingewinn <strong>von</strong> 20 Kreuzer pro Fass Gips<br />

zugrunde (1 Gulden = 60 Kreuzer).<br />

70 züklend: Die Herkunft und Bedeutung dieses Wortes konnte nicht ermittelt<br />

werden.<br />

71 Stampf: Mühle zum Enthülsen der Gerste.<br />

72 Hanfreibe: Vorrichtung zum Reiben des Hanfs, bestehend <strong>aus</strong> einer hölzernen<br />

Unterlage und einem Stein, der sich darauf dreht.<br />

73 Spelz: Getreideart.<br />

74 piken: umgangssprachlich für stechen.<br />

75 Malter: hier die Menge des auf einmal zu malenden Getreides.<br />

76 1 Viertel = 14,14724 1.<br />

77 Metzen: altes Getrei<strong>dem</strong>ass unterschiedlicher Grösse. In Österreich hatte ein<br />

Metzen 61,48 1, in Bayern 37,06 1.<br />

78 Johann Rheinberger (1763 - 1815) war der Wirt im Gasth<strong>aus</strong> Löwen und ab 1809<br />

auch in der herrschaftlichen Taverne, <strong>aus</strong>ser<strong>dem</strong> betrieb er den Gipssteinbruch<br />

und die Mühlen. 1807 kaufte er die ehemaligen St.Johanner-Güter. Er war<br />

zweifellos der angesehenste und wohlhabendste Vaduzer Bürger.<br />

79 nach<strong>dem</strong> er den Pachtvertrag abgeschlossen hatte.<br />

109


80 Goldenstein: liechtensteinische Herrschaft in Mähren. Es ist bekannt, dass<br />

zahlreiche Versuche <strong>von</strong> Adeligen, Industriebetrieben aufzubauen, scheiterten.<br />

81 Bauernvögte: mit dieser abschätzigen Bezeichnung waren die Landammänner und<br />

Richter gemeint.<br />

82 Randvermerk: «NB».<br />

83 plassiren: plazieren.<br />

84 Randvermerk: «NB».<br />

85 adelige, Civil- und peinliche Justiz: Vormundschaften, Zivilrechtspflege und<br />

Strafjustiz.<br />

86 «Polizey» umfasste alles, was man unter einer «guten Ordnung» verstehen konnte.<br />

87 Conscription: Volkszählung.<br />

88 Zwischen den Landvögten und Rentmeistern kam es im 18. Jahrhundert häufig zu<br />

Auseinandersetzungen. Häufig schrieb der eine an die übergeordnete Hofkanzlei,<br />

ohne <strong>dem</strong> andern Einblick zu gewähren, und intrigierte dabei gegen den andern.<br />

Aus diesem Grunde war schon in den Dienstinstruktionen des 18. Jahrhunderts die<br />

Bestimmung enthalten, dass allen Beamten Einsicht in die abgehende und<br />

eintreffende Post gegeben werden müsse. Rentmeister Smieth ging offenbar in<br />

gleicher Weise gegen Menzinger vor wie seine Vorgänger.<br />

89 Randvermerk: «NB».<br />

90 Schlossbuden-Wald: als Flurname nicht bekannt.<br />

91 1 Joch = 0,574642 ha.<br />

92 Krazer: Kratzera; Poja: Boja; Burgwald: Herrenwald (Herrenbüchel).<br />

93 Deputatholz: bestimmte Holzmenge, die einen Bestandteil des Lohns darstellte.<br />

94 anwehren: an sich bringen. Randvermerk: «NB» wegen Dorf und Eisenherz».<br />

95 Vgl. Anm. 25.<br />

96 Randvermerk: «expedirt».<br />

97 Ostrau: liechtensteinische Herrschaft in Mähren.<br />

98 Vgl. Anm. 24.<br />

99 Johann Anton Jäger (geb. 1777) war Schmied in Vaduz.<br />

100 Randvermerk: «expedirt. H. Secretair Haymerle».<br />

101 interessefrey: zinsfrei.<br />

102 vindiciren: der Eigentümer verlangt die Her<strong>aus</strong>gabe einer Sache, die ein anderer<br />

besitzt.<br />

103 Rheinoberhaupt: gemeint sind vermutlich die Landesherren.<br />

104 Zeichbeil: Beil zum Anzeichnen der zum Fällen bestimmten Bäume.<br />

105 Randvermerkung: «expedirt. H. Secretair <strong>Hauer</strong>».<br />

105a In der folgenden Zusammenstellung stimmen die Preisberechnungen für Dachziegel<br />

und Stockziegel nicht.<br />

106 Vgl. Anm. 88.<br />

107 Randvermerk: «nichts zu endern».<br />

108 Praetension: Behauptung, Anspruch.<br />

110


109 Die Bedeutung des Wortes «Bundes-Lüge» lässt sich ohne genaue Untersuchung<br />

des Konfliktes zwischen <strong>dem</strong> Landvogt und <strong>dem</strong> Rentmeister nicht klären.<br />

110 Impulsion: Impuls, Anregung.<br />

111 Randvermerk: «ist erledigt wegen des langen Ackere.<br />

112 Vermerk: «bleibt».<br />

113 Schaffer: Verwalter.<br />

114 Engering: Engerling.<br />

115 Randvermerk: «zum Vortrag». Zu den St. Johanner-Güter vgl. Anm. 62.<br />

116 Fassion: Steuererklärung.<br />

117 exequieren: hier: durchführen (eigentlich: Schulden eintreiben).<br />

118 Anwöhr: Anbringung.<br />

119 Recognitionem Domini: in Anerkennung eines Herrn.<br />

120 Lau<strong>dem</strong>ium: Abgabe an den Herrn bei Handänderungen.<br />

121 Im 18. Jahrhundert war wiederholt angeordnet worden, in Vaduz einen Markt<br />

einzuführen. Dieser war aber nicht lebensfähig.<br />

122 ärarii: Aerar (= Staatsvermögen).<br />

123 vigilieren: aufpassen, wachsam sein.<br />

124 Durch die Verordnung betreffend das Verbot der Güterzerstückelung vom 6.<br />

Dezember 1806 war für alle Grundstücke, die kleiner als 400 Klafter waren, eine<br />

Sondersteuer <strong>von</strong> jährlich 1 Gulden eingeführt worden. Die Untertanen hatten um<br />

die Aufhebung dieser Bestimmung oder mindestens eine Herabsetzung der<br />

Mindestgrösse gebeten.<br />

125 Randvermerk: «in suspenso». Die Sondersteuer war noch nicht in Kraft getreten.<br />

126 Artikel 2 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb schliesslich eine Mindestgrösse<br />

<strong>von</strong> 400 Quadratklaftern vor.<br />

127 Randvermerk: «zum Vortrag».<br />

128 Neugutschilling (= Neugereutzins): In der ehemaligen Grafschaft Vaduz mussten<br />

die Untertanen für Grundstücke in den Rheinauen, die angepflanzt wurden, <strong>dem</strong><br />

Landesherrn einen Zins entrichten.<br />

129 ex officio: <strong>von</strong> Amts wegen.<br />

130 Rottungen: Rodungen.<br />

131 Nach der Erhebung der beiden Herrschaften Vaduz und Schellenberg zum<br />

Reichsfürstentum Liechtenstein versuchte Fürst Anton Florian, verschiedene<br />

Rechte (z.B. beim Zehend, bei den Rheinauen usw.) geltend zu machen. <strong>Der</strong><br />

Jurist Stephan Christoph Harpprecht war nach Vaduz gesandt worden, um alle<br />

Fragen im Zusammenhang mit der Reorganisation der Landesverwaltung und der<br />

herrschaftlichen Ökonomie zu prüfen. Darauf entstand ein heftiger Streit<br />

zwischen der Landesobrigkeit einerseits und der Kirche und den Untertanen<br />

andererseits, in dessen Verlauf die fürstlichen Beamten exkommuniziert wurden.<br />

Vgl. Kaiser/BüchelS. 511 ff.<br />

132 Banco - Zetteln: bankmässige Währung.<br />

133 Randvermerk: «zum Vortrag».<br />

111


1 34<br />

3<br />

A: drei Viertel (1 Viertel = 14,1 1).<br />

135 Es ist unklar, um welchen Erblehenzins es sich hier handelte. ,<br />

136 Reluition: Ablösung.<br />

137 de lana caprina: wörtlich ein Streit um Ziegenwolle, im übertragenen Sinn ein<br />

Streit um des Kaisers Bart. Worum es in diesem Streit ging, ist nicht zu ermitteln.<br />

138 Randvermerk: «expedirt».<br />

139 Randvermerk: «expedirt». Die erwähnte Beilage fehlt.<br />

140 Randvermerk: «Secretaire Haymerle». Fürst Johann 1. stimmte <strong>dem</strong> Antrag<br />

<strong>Hauer</strong>s zu und bewilligte, dass die St.Wolfgangskapelle, die vermutlich zum<br />

Meierhof und damit <strong>dem</strong> Landesherrn gehörte, abgerissen und das Material zum<br />

Schulbau verwendet werden durfte. Dieser Beschluss wurde aber nicht durchgeführt.<br />

Vgl. Poeschel S. 136.<br />

141 Abdecker: Berufsbezeichnung für einen, der verendete Tiere abdeckt.<br />

142 Randvermerk: «H. v. Kronenfels».<br />

143 Randvermerk: «S. Durch, bewilligen die Grenadiers wozu . . .» Die Grenadiere<br />

kamen aber nicht nach Vaduz, statt dessen wurde Paul Boss als «Rentamts-<br />

Exequent» eingestellt. Seine Aufgabe bestand darin, die Ausstände beim Rentamt<br />

einzutreiben.<br />

144 Execution: Pfändung.<br />

145 exequieren: pfänden, eintreiben.<br />

146 Randvermerk: «M. Kreiser». Das neue Auswanderungspatent vom 15. März 1809<br />

enthielt ein grundsätzliches Auswanderungsverbot. Arme Leute und Frauen,<br />

die ins Ausland heiraten wollten, konnten vom Oberamt eine Ausnahmebewilligung<br />

erhalten, allen übrigen Personen musste diese <strong>von</strong> der Hofkanzlei erteilt<br />

werden. Ein Auswanderer musste <strong>von</strong> seinem<br />

entrichten.<br />

147 Randvermerk: «expediert».<br />

148 Vgl. S. 126 fr.<br />

149 manu propria: mit eigener Hand (unterschrieben).<br />

Vermögen eine hohe Taxe<br />

112


2. TEIL: DER BERICHT VOM 4. JULI 1808<br />

Durchlauchtigster Fürst!<br />

Gnädigster Herr Herr!<br />

Die Nebenlage ist die Fortsetzung meiner Lokalisirung, in der<br />

mich die getroffene Krankheit sehr zurück gesetzt hat, ohne welchen<br />

leidigen Umstand ich schon im Stand wäre, <strong>aus</strong> Bern Eüerer<br />

Durchlaucht eine Nachricht vom Vieheinkauf zuerstatten.<br />

Morgen beginne meine weitere Reise in die Schweitz und, weil ich<br />

nicht kräftig genug bin, über die Gebürge zu gehen und die Seen <strong>von</strong><br />

Wallenstadt und Zirch zu befahren, so werde Schwitz nicht berühren,<br />

sondern über St. Gallen nach Zirch und so weiter bis Bern der<br />

gemächlicheren Strasse nachfahren.<br />

Eüere Durchlaucht nehmen nicht ungnädig, wenn ich <strong>von</strong> Ulm<br />

<strong>aus</strong> rewertire, 1 da ich mich auf den weiteren Weeg nacher Rumburg 2<br />

etc. noch nicht getraue und dahin zu gelegener Zeit <strong>von</strong> Wien <strong>aus</strong><br />

gelangen kann.<br />

In tiefester Ehrfurcht ersterben<br />

Vaduz, am 4.ten July 1808<br />

Eüerer Durchlaucht<br />

unterthänigster<br />

Geor <strong>Hauer</strong> manu propria<br />

1<br />

FORTSETZUNG DER UNTERM 30.TEN JUNY 1808<br />

LOCALISIRUNGS-RELATION<br />

ABGEBROCHENEN<br />

Den l.ten dieses Monats versammelten sich der Landamann<br />

unteren Antheils, und die Gemeind-Vorsteher <strong>von</strong> Rugell und<br />

Gamperin, welche unterm 30.ten May dieses <strong>Jahre</strong>s die Super­<br />

Revision des rechtlichen Spruchs über die Kriegsschäden-Ausgleichungen<br />

eingebracht haben, so auch die den Stritt gewonnenen<br />

Gemeinden Eschen und Mauern. Obzwar nach kundgemachtem<br />

Revisions-Urtheil kein Vergleichsversuch mehr üblich und angemessen<br />

seyn konte, 3<br />

so jedoch, weil ich hier anwesend war und die<br />

Bittschrift der Erledigung zugeführt werden musste - der Trost der<br />

möglichsten Einwirkung den Unterthanen doch nicht benommen<br />

113


werden konte -, habe [ich] mich <strong>dem</strong> Vergleichsversuche unterzohen.<br />

Ich glaubte mich hiezu umso mehr berechtigt, als ich hier die<br />

Gelegenheit hatte, die sonderbaren Data zu sammeln, welche das<br />

Contumaz-Urteil 4<br />

hervorgebracht haben. Die Gemeinden Ruggel und<br />

Gamperin erklärten, willig alles das aufzunehmen, was ich für billig<br />

anerkennen werde, und obzwar ich das Bewusstseyn hatte, dass diese 2<br />

Gemeinden eben so viel Kriegsschäden erlitten haben als Eschen und<br />

Mauern, sie vielmehr an Vorspann noch mehr leisten mussten als<br />

diese, so jedoch habe zu Huldigung <strong>dem</strong> 5 [als] Praejudicat 6 erkannt,<br />

dass der Erlass eines Drittels <strong>von</strong> <strong>dem</strong> zuerkannten Ersatz das billigste<br />

Ebenmass abgebe, die streitenden Gemeinden <strong>aus</strong>zugleichen. Die<br />

Gemeinden Gamperin und Ruggel erklärten sich <strong>dem</strong>e zu fügen, wenn<br />

die Gegenpart <strong>von</strong> Eschen und Mauren es acceptirt. <strong>Der</strong> anwesende<br />

Landamman und [die] Deputirten <strong>aus</strong> diesen Gemeinden würden<br />

ihrer Seits den Vergleichs-Anboth sogleich acceptirt haben, wenn ihre<br />

Vollmacht sich dahin erstreket hätte. Aus Mangel der <strong>aus</strong>gedehnteren<br />

Vollmacht musste ich denenselben eine Frist bis zur nächsten<br />

Zusammentrettung in ihren Gemeind-Versammlungshäusern zugestehen,<br />

die dann gelobten, nach einvernohmenen einzelnen Bürgern die<br />

Final-Erklärung unbeschadet der rechtlichen Erkäntniss einbringen<br />

zu wollen. Da ich diese nicht abwarten kann, so trug ich <strong>dem</strong> Oberamt<br />

auf, die einlangenden Erklärungen nachschiken zu sollen, lege<br />

einstweilen die mitgenommenen Acten nebst der Schäden-Ersatz-<br />

Rechnung hier zurück. 7<br />

Gestern machte meine weitere Localisirungs-Reise über die<br />

Herrschaft Schellenberg, wobey ich den Nendler obrigkeitlichen<br />

2<br />

Ziegl- und Kalkofen, dann die Leimstätte beaugenscheinigte. Die<br />

Zieglhütte und Ziegel-Ofen ist ganz <strong>von</strong> Stein, solid und in allen<br />

Theilen zwekmässig, geräumig gebauet, hat den Vortheil der bequemen<br />

Wasserleitung, ist durch<strong>aus</strong> unter Ziegldach. Gerade wurde ein Brand<br />

Kalch eingelegt und die Ziegl eingeführt, der Ofen nimt unten die<br />

Kalchsteine auf und obig diesen 25000 Mauer- und meistens<br />

Dachziegl, welche eine Festigkeit erhalten, die wenig seines gleichen<br />

zählt, der Kalch hingegen hat wegen Fürtreflichkeit der Steineigenschaft<br />

eine ungemeine Bindigkeit und Ausgiebigkeit. <strong>Der</strong> einzige<br />

114


Fehler hiebey ist dieser, dass die Zieglscheüer und Ofen entfernt <strong>von</strong><br />

der Thonstätte und selbst vom Wald Pürst hergestellt worden ist,<br />

wodurch bey jedwe<strong>dem</strong> Brand bis 60 f Fuhrlohnskösten verursachet<br />

werden, die auf die Zufuhr des Thons <strong>aus</strong>gelegt werden. <strong>Der</strong> hiesige<br />

Ziegelthon ist mächtig unterschieden <strong>von</strong> jenem, den man in Mähren<br />

und Österreich zu haben pflegt, er wird nemlich in den sogenannten<br />

Rieden oder Sumpfgegenden, der 8 mit einer Menge Vegetabilien 9<br />

verwachsen ist und zum Torf dienen könte, erholet, und dennoch ist<br />

die Eigenschaft der Ziegin die vollkommenste. Da die hiesigen<br />

Bauernhäuser meistens mit Ziegeln gedekt sind, so ist der Absatz sehr<br />

häufig und könnten 6 Brände jährlich verschlissen 10<br />

werden, wenn,<br />

wie ich schon jüngsthin angeführt, der Ziegler mehr angetrieben und<br />

die Manipulation vom Amte controliret würde.<br />

In dortiger Situation ist der obrigkeitliche Wald Pürst, der durch<br />

die Kriegsvorfallenheit gewaltsamme Beschädigungen erhalten hat,<br />

sich jedoch bei seiner vortreflichen Vegetation bald erholen würde,<br />

wenn die Einhüttung <strong>von</strong> Nendeln nicht immerwährend wäre. Pferd,<br />

Khüe und Ziegen treiben daselbst ihren Unfug, und nur jene Pflanzen<br />

gewinnen ein Fortkommen, die in Dörner-Gesträuchen emporsprossen,<br />

wozu das Vieh keinen Zutritt nehmen kann. <strong>Der</strong> Walt enthält<br />

fürtrefliche Tannen und Fichten, die übrig gebliebene[n] Stämme<br />

liefern die stärksten Bretklötzer und auch Bauholz. Eine Befriedigung<br />

11 mit Stangen zu Abwehrung der Einhüttung, [die] Wundmachung<br />

12<br />

der leeren Grasplätze, [die] Ausrottung der Dörner und<br />

[die] schlagweise Holzung des ohnehin überständigen Holzes würde<br />

<strong>dem</strong> Wiederwuchs dieses Waldes sehr gnediglich seyn, besonders<br />

wenn auch die Abgabe des jährlichen Wuhrholzes<br />

3<br />

unter der unmittelbaren Amtsaufsicht und jener des Jägers, der<br />

angewiesen werden sollte, allen Holzknechten öfters nachzusehen und<br />

über den Befund <strong>dem</strong> Oberamt den Raport zu erstatten, vollzogen<br />

würde.<br />

Aus diesem Pürst-Wald überging ich nach Mauern, besichtigte die<br />

da anno 1787 gebaute Pfarrey, [die] gegenwärtig neü aufgeführte<br />

Schule, [die] Kirche, die herrschaftliche^] Weinberge und das<br />

Torkelgebäude. Die Pfarrey ist in gutem B<strong>aus</strong>tand. Die Schule [ist]<br />

115


vollends noch nicht <strong>aus</strong>gefertigt, [sie] bedarf noch [einer] Untermauerung<br />

der Schrotwände. 13<br />

Die Kirche hingegen ist ein elendes, im Dach<br />

beschädigtes Gebäude, wo<strong>von</strong> die Deke schon ganz durchmodert und<br />

daher <strong>aus</strong> der Kirche der Himmel frey zu sehen ist. Das Patronatsrecht<br />

stehet <strong>dem</strong> Feldkircher Magistrat 14<br />

zu, und der Landesherr hat nur als<br />

Grundobrigkeit einen Beytrag zu leisten.<br />

Die Weingärten sind in einer schönen Somerlage. [Sie] haben eine<br />

beträchtliche Extension, aber mitten in selben hatte das Stift Otto<br />

Bayern 15<br />

- und nunmehr der König <strong>von</strong> Bayern - seine Weingärten,<br />

das viel Unangenehmes enthält, weil im Herz der landesfürstlichen<br />

Besitzung ein fremder Eigenthümer sich eingenistet hat. Die Weingärten<br />

sind auf die Art der Vaduzer bestellt, [sie] werden gegen die Hälfte<br />

der Fechsung bearbeitet. Diesem ungeachtet traf ich eine Abtheilung,<br />

die ganz verödet und unbebaut da stunde, wo ich <strong>dem</strong> Rentmeister<br />

auftrug, <strong>dem</strong> Arbeiter diesen Theil sogleich abnehmen und einem<br />

fleissigeren [zu] übertragen, ihn sofort der Antheilnehmung an der<br />

diesjährigen Fechsung verlustigt erklären zu sollen. Übrigens haben<br />

viele Abtheilungen wüste Grasplätze, die nur die Einnahme der<br />

Torkelmeister vermehren, durch den Aussatz aber zu landesfürstlichem<br />

Nutzen gebracht werden könnten. Auch viele <strong>aus</strong>gestorbene<br />

Stöcke zeigen sich, die durch Bögen versetzt werden sollten. <strong>Der</strong><br />

Nichtbefolg kann nur der Sorglosigkeit des Amts zur Last gelegt<br />

werden.<br />

<strong>Der</strong> Torkel ist ein uraltes, hölzernes Gebäude mit den massiven,<br />

gespaltenen Schindlspenen gedekt und stat der Schindlnägeln mit<br />

massiven Steinen beschwert, dessen neüe Aufführung bald an die<br />

Bauordnung kommen dörfte. Hiebey wird stat der hölzernen Schrotwand<br />

eine steinene Mauer geführt werden müssen, weil der um die<br />

Weinlöse 16 gewöhnliche Fehn 17 oder Sirocco-Wind 18 directe einzudringen<br />

vermag und die Gährung des Mostes sogleich verursachet, so<br />

die hiesigen Leute für sehr nachtheilig erklären.<br />

Von Mauern übergieng ich nacher Eschen, wo der herrschaftliche<br />

Torkell ganz neu gebaut da steht und solid <strong>von</strong> Steinen mit Ziegeln<br />

4<br />

eingedekt ist. Die hiesigen Weingärten sind in 3 Abtheilungen: die<br />

grösste und beste Abtheilung ist nächst <strong>dem</strong> Torkl, die zweite in der<br />

116


Leimgrube 19<br />

<strong>von</strong> geringem Belang und die letzte auf der Anhöhe <strong>von</strong><br />

Schellenberg - im ganzen nicht <strong>von</strong> der Stärke jener <strong>von</strong> Mauern, die<br />

nur mittlmässigen Wein liefern.<br />

<strong>Der</strong> Seelsorger ist ein Ordensglied vom Kloster Pfeffers, 20 der den<br />

Titel als Staathalter 21<br />

führt, ein mittlmässiges Gebäud bewohnet und<br />

eine zimlich gut conservirte Kirche hat; die Praesentation 22<br />

übt das<br />

Stift Pfeffers <strong>aus</strong>. Weiter abwärts ist das Dorf Bendern mit einer ganz<br />

ordentlichen Kirche und Residenz des Bestellten der Abtey Bendern, 23<br />

die an Oranien 24<br />

übergieng und nunmehr königlich bayerisch ist; hier<br />

und [in] Ruggel ist eine Rheinüberfahrt.<br />

Auf der Herrschaft Schellenberg besitzt der Landesherr blos die<br />

Schupflehen, 25<br />

die künftiges Jahr zu vergeben kommen, wobei eine<br />

Steigerung zulässig seyn wird, dann die kleinen Wälderabtheilungen<br />

am Schellenberg, welche gar keinen Nutzen abwerfen, aber bey<br />

thätiger Nachsicht das Amts und Jägers, dann ordentlicher Eintheilung<br />

einem <strong>dem</strong> Flächeninhalt angemessenen Ertrag zugeführt werden<br />

könnten.<br />

Zwischen der Herrschaft Vaduz und ringsum der Herrschaft<br />

Schellenberg 26<br />

liegen die sogenannten mosigten Riede, die unermesslich<br />

sind, einen grösseren Flächeninhalt als das hiesige urbare Land<br />

enthalten und unter der Benennung Gemeinheit in ihrem wüsten<br />

Zustand seit der Schöpfung liegen, weder zur Viehweide noch zu<br />

einem anderen Endzweck dienen. Sie sind freylich mit Sumpf und<br />

Gewässern geschwängert, können aber bey gehöriger Sachkenntniss<br />

und Nivellierung durch Grabenziehung getrocknet werden, wodurch<br />

<strong>dem</strong> Land der halbe Werth zugebracht werden könnte, aber da es eine<br />

Gemeinheit ist und keinen directen Eigenthümer hat, so bleibt der<br />

unermessliche Terrain immer in seinem rohen Zustand der Natur. Bey<br />

Trokenlegung dieser Sümpfe muss <strong>von</strong> einem zweifachen Gesichtspunkt<br />

<strong>aus</strong>gegangen werden: Den grössten Theil derley Sümpfe<br />

verursachen die vorliegenden Gebürge, deren Gewässer am Fuss am<br />

Tag 27<br />

vorquellen und ohne Abzapfung unübersehbare Ebenen in<br />

Sumpf umwandeln; aber da der Fall 28<br />

bis an [den] Rhein vom Fuss der<br />

Gebürge sehr beträchtlich ist, so ist die Abzapfung des grössten Theils<br />

nur ein Spielwerk für den denkenden und beflissenen Bürger, welche<br />

Trokenlegung durch Regierungs-Verfügung officios auferlegt werden<br />

könte.<br />

5<br />

117


<strong>Der</strong> zweite, minder beträchtliche Theil der Sümpfe muss <strong>dem</strong><br />

theilweise seichten Rinnsall des Rheins zugeschrieben werden. Dieser<br />

wird mit mehr Schwierigkeiten als ersterer getrocknet werden könen,<br />

wenigstens bey Ergiessung des Rheins ist die Überziehung mit Wasser<br />

dieser Streken unverhinderlich. Aber wenn sie Gräben durchschneiden,<br />

so wird die Überschwemmung nur vorübergehend, die Fläche<br />

vielmehr durch die Grabenaufwürfe erhöhet und also dennoch<br />

nutzbar gemacht. So lang sie hingegen eine Gemeinheit bleiben und<br />

der Landesfürst zur Zertheilung und Cultivirung nicht die gesetzliche<br />

Auflage macht, [wird] nichts <strong>dem</strong> Ziele zugeführt. Auch <strong>von</strong> Lindau<br />

bis Feldkirch machen einer Seits die Bergabhänge, andererseits der<br />

Bodensee derley sumpfige Riede, aber die Regierungsauflage, sie zu<br />

cultiviren, hat die dortigen ungeheüren Strecken <strong>aus</strong> ihrem Schlummer<br />

der Unnutzbarkeit geweckt. Ich sähe schon unzählige, theils<br />

breite, theils schmale Gräben geführt, auf den Zwischenräumen die<br />

herrlichsten Früchte gepflanzt und so das der vorigen Regierung<br />

unmöglich geschienene möglich gemacht. Selbst Seine Kaiserliche<br />

Hoheit der Prinz Johann 29<br />

fragten anno 1805 bey Anblick der<br />

unermesslichen, unnutzbaren Riede <strong>von</strong> Balzers abwärts durch die<br />

ganze Herrschaft Vaduz, dann ringsum der Herrschaft Schellenberg:<br />

ob es dann keine Menschen auf diesen Herrschaften gebe, dass so<br />

enorme Strecken uncultivirt in <strong>dem</strong> rohen Naturszustand belassen<br />

werden, wo doch sichtbar ist, dass der cultivirte Terrain sehr<br />

unbedeütend 30<br />

ist?<br />

Selbst der regierende Landvogt beantwortete die Frage mit <strong>dem</strong><br />

wichtigen Argument, dass die Strecken eine Gemeinheit <strong>aus</strong>machen<br />

und der Bürger zur Cultivirung nicht zu bewegen wäre. Diesfalls also<br />

müssen die landesherrlichen Gesetze der Culturs-Sucht den Schwung<br />

verschaffen, und der Besitzstand des Unterthans wird aufs Vierfache<br />

erhöhet seyn. Etwas ist zwar seit <strong>dem</strong> durch die neüe Rötungen,<br />

besonders bey Balzers, Triesen, Vaduz und Schaan, geschehen, aber<br />

immer noch viel zu wenig, um das grosse Werk für vollendet zu halten.<br />

Einigen leichtet zwar der Vortheil der Neürissen schon ein, wie dies die<br />

nebenliegende, 31<br />

mir übergebene Bitte einiger Nachbarn <strong>von</strong> Vaduz<br />

bewähret, aber die gute Sache hat noch zu viele Widersacher, daher die<br />

Macht der Regierung implosirt 32<br />

werden muss, was doch jeder<br />

einsichtige Bürger <strong>von</strong> selbst ergreifen sollte.<br />

6<br />

118


Bey Ruggel Hesse sich der Rheinzoll durch Erweiterung der Riedstrasse<br />

bis gegen den Nowelser Bart 33<br />

sehr mächtig erhöhen, da die<br />

Frachtwägen mehrere Stunden ersparen könten. Durch ein landesfürstliches<br />

Gebot könnte die Gemeinde, die meist im Bedarf dieser<br />

Strasse ist und sie der sumpfigen Lage wegen nicht befahren kann,<br />

verhalten werden, sie herstellen zu sollen, und [dies] würde bey<br />

Anwendung vereinter Kräften kaum 2 Tage Arbeit verursachen. Ich<br />

selbst bin die Strasse zwischen Mauern und Nendeln gefahren, die<br />

durch einen Sumpf führt und vom kaiserlichen Militär während der<br />

Kriegszeit herzustellen anverlangt worden ist, aber die Unterthanen<br />

wollten sich nicht dazu bequemen. <strong>Der</strong> Landvogt wusste und<br />

verstünde sie nicht dazu zu bestimmen. Ein kaiserlicher Hauptmann,<br />

der des Ansuchens schon müde war, fragte den Landvogt: ob derselbe<br />

nichts dagegen hätte, wenn er die Strasse selbst herstellen Hesse?<br />

<strong>Der</strong>selbe war froh, dies Geschäft einem andern überlassen zu können.<br />

<strong>Der</strong> Hauptmann verordnete daher in der Gemeinde, dass Tags darauf<br />

alle bespante 34<br />

Bauern zum Stein- und Schotterführen, alle Fussleute<br />

zum Steinladen <strong>aus</strong>rücken sollen, commandirte zur Aufsicht V2<br />

Compagnie, und in 24 Stunden war der Weeg auf die solideste Art<br />

hergestellt. Die Bauern fluchten zwar in geheim, danken aber itzt<br />

ingedenk der vorigen Unbequemlichkeiten für diese solide Weegbesserung,<br />

und so wären hier sehr viele Strecken durch die Sümpfe zu<br />

machen, wenn der Amtirende Einsicht und Schärfe genug besäss, was<br />

Nützliches durchzusetzen. Selbst die Landstrasse könnte wie in<br />

Österreich und Bayern durch Aufgeboth der Concurrenz 35<br />

unentgeltlich<br />

beschottert und in fahrbarem Stand erhalten werden, das<br />

gegenwärtig der Herrschaft ganz allein mit Verschlingung der Zölle<br />

und Maüten überlassen bleibt. Kann dies dort geschehen, wo der<br />

Unterthan [für] alle Post genug hohe Mauten entrichten muss, warum<br />

nicht auch hier, wo derselbe keine Mauten zahlt und wegen den vielen<br />

Sümpfen keine andere als die Landstrasse zu befahren vermag.<br />

<strong>Der</strong> geheime Rath Wibecking 36<br />

war den l.ten dieses Monats auf der<br />

Strassen-Bereisung bis Nendeln [gekommen], und es beliebte ihm,<br />

<strong>dem</strong> bayerischen Landrichter <strong>von</strong> Feldkirch zu verordnen, dass die<br />

Strass sogleich in besser fahrbaren Stand gesetzt und Magazin-<br />

Haüfeln 37<br />

in doppelter Reihe bevorräthiget werden. <strong>Der</strong> Landrichter<br />

klärte ihn<br />

7<br />

119


auf, dass die Strecke liechtensteinisch wäre. Daher befahl er, <strong>dem</strong><br />

Oberamt die Auflage schriftlich machen zu sollen. <strong>Der</strong> Landrichter<br />

bemerkte weiters, dass das Fürstenthum souveraine wäre und er mit<br />

selben nicht befehlen könne. [Er] glaubte <strong>dem</strong> Herrn geheimen Rath<br />

eröfnen zu müssen, dass ein fürstlicher Abgeordneter in Vaduz gerade<br />

anwesend wäre, er also an mich das TNöthige selbst erlassen wolle -<br />

aber er blieb die Ausführung seiner Anordnung schuldig und soll<br />

einen Sprung in die Schweitz gemacht haben. Ich traf ihn bei meiner<br />

Hieherreise in Lindau an, wo er auch rasende Wasser-Projecte im<br />

Schild führte und bey Praegenz 38<br />

einen Berg abzutragen beabsichtigte,<br />

da jedoch der Nervus 39<br />

hiezu fehlet, dörften alle seine Projekte das<br />

Schiksal jener der Einmündung der March erhalten. Die Wunderbrücken<br />

bey München und Augsburg, die er gebawet hat, habe [ich]<br />

gesehen, unser Kern 40<br />

würde sie ohne Lärm mit weniger Kosten<br />

hergesteilet haben. Ungeachtet in Zeitungen gestanden, dass im vollen<br />

Trapp darübergefahren werden dörfe, so stehen doch die Warnigungs-<br />

Tafeln auf je<strong>dem</strong> End der Brücke, dass bey Strafe langsam gefahren<br />

und geritten werden müsse.<br />

Was übrigens über die hier herrschende Missbräuche zu erinnern<br />

und besondere Vorschläge zu Abstellung und Begründung zwekmässiger<br />

Anstalten 41<br />

zu erstatten seyn werden, behalte mir bevor, mündlich<br />

in Vortrag zu bringen, um sie mit der un<strong>aus</strong>weichlichen Universall-<br />

Regulierung der hiesigen Verfassung in Einklang zu setzen.<br />

Einsweilen soll ich nach Ordre des Feldkircher Arztes noch einen<br />

Tag hier zu bringen, um Stärke zur Fortsetzung der vorhabenden Reise<br />

zu samlen, daher meine Absicht dahin gehet, Dienstag den S.ten July<br />

nach der Schweitz aufzubrechen, wo ich den König <strong>von</strong> Würtemberg<br />

zu treffen hoffe, da er eben eine Reise nach Hofwyl im Schild führet<br />

und schon in Altdorf nächst Weingarten 42<br />

eingetroffen seyn soll. Die<br />

ehemals schöne und reiche Abtey Weingarten habe [ich] angesehen,<br />

sie hat ein stolzes Gebäude und [eine] noch stolzere Kirche, [das]<br />

beweiset den Reichthum des ehemaligen Stifts. Oranien hat den Rahm<br />

abgenommen, nun ist Würtemberg der Landesherr - Oranien, nur<br />

[noch] Vasal, 43 hat seine Beamte zu Einziehung der Gefälle 44 da. Es<br />

sollen 14 Gerichte dahin gehören, die vormals<br />

8<br />

120


130000 f eingebracht haben sollen, dermal aber - nach Abtrennung<br />

<strong>von</strong> Blumeneck und anderen Appertinentien, dann Benehmung der<br />

Landeshoheit - noch bis 80000 f tragen können, wo<strong>von</strong> jedoch 17<br />

Priester, jeder mit 500 f, erhalten werden müssen. Die grossen<br />

Weinvorräthe, Gelder und Capitalien sind jedoch schon verschwunden.<br />

Die Meinung ist allgemein, Oranien werde sich im Besitz nicht<br />

behaupten, weil er unter preussischer Fahne gegen Frankreich<br />

gedienet hat, daher auch Fulda 45 <strong>dem</strong> Primas 46 vergeben und mit<br />

Weingarten anderweitig disponiret werden solle. Zu wünschen, dass<br />

die Wahl bey Vergebung Weingartens auf Liechtenstein] entfallen<br />

möchte.<br />

Die zuliegende Bittschrift 47<br />

des Triesner Pfarrers bestättiget, dass,<br />

wie ich jüngsthin erwähnte, 48<br />

die Gemeinde Triesen zufrieden seyn<br />

würde, wenn sie auf die Bitte um Materialien-Passirung zum<br />

vorhabenden Schulbau mit der Verwilligung zur Demolirung der<br />

Wolfgangs-Kapelle begnädiget wird, daher ich die mir überreichte<br />

Bittschrift unverweilt nachtrage.<br />

Die Steüeranliegenheit 49<br />

nähert sich zimlich <strong>dem</strong> Abschluss, aber<br />

oberamtlicher Seits ist man so fremde gegen diese gesetzliche Anstalt,<br />

als betrefe die Anliegenheit den Mogol 50 <strong>von</strong> Indien. <strong>Der</strong> Amtsboth 51<br />

ist der einzige Gelehrte in dieser Anliegenheit - zugleich das Lastthier,<br />

das alles <strong>aus</strong>arbeiten und mundiren 52<br />

muss, das keine Kleinigkeit bey<br />

so unendlich geringen Besitzungen ist, die individualiter 53<br />

beschrieben<br />

und geschätzt werden musten. Die Beantwortungen aller diesfälligen<br />

Fragen muste vom Amtsboth erholen. Die Fassion 54<br />

wird just nicht<br />

übertrieben hoch <strong>aus</strong>fallen, dies macht eben nicht so viel zur Sache, da<br />

das Steuer-Simplum 55<br />

bis zur Bedekung der Staatsnothdurften vermehret<br />

werden kann. Ganz anders trift es die Geistlichkeit, die mit den<br />

Zehenden und Zuflüssen, dann derselben Multiplicirung mit 20<br />

ungemein höher daran kommen. 56<br />

Sie gaben mir eine Vorstellung ein,<br />

die ich hier zulege 57<br />

und einer Überlegung, dann Vortrags an Seine<br />

Durchlaucht würdig ist. <strong>Der</strong> Geistlichen sind hier unstreitig zu viele,<br />

aber bey der Menge <strong>von</strong> Feüertagen 58<br />

haben sie für ihre geringe<br />

Einkünfte<br />

9<br />

Beschäftigung genug - hierwegen wird auch eine Reform zur Sprache<br />

kommen müssen. Das Prozessionsführen und derley Gaukeleyen<br />

121


haben kein Ende, die Fahnen werden stark strapatzirt, die Avantgarde<br />

einer Prozession wird durch einen Fahnenträger geführt, die Hauptarmee<br />

führen dann schon 3 Fähnriche und unzählige Stäblmeisters S9<br />

an, und da giebt es Freüden bey so einer Solenität 60<br />

- immer ein<br />

Seelsorger besuchet zum Frühstück seinen Nachbarn in dieser<br />

Bekleitung, und der Nachbar ist so manirlich, dass er im nemlichen<br />

Apparat mit allen seinen Kirchenkindern den Besuchenden heimbegleitet,<br />

wo eine doppelte Fahnen- und Stäblanzahl zusammen<br />

kommet. Dies wird für sehr auferbaulich gehalten, und die Pfarrers<br />

wollen nicht eine Handbreit da<strong>von</strong> abweichen, wozu vorzüglich ihr<br />

Bischof, der Baron Poul, 61<br />

die Stimmung giebt und zu erhalten bemüht<br />

ist. Bayern wollte <strong>dem</strong> Ding nicht zusehen, hat ihn <strong>von</strong> Meran <strong>aus</strong><br />

Tyrol unter militärischer Bekleitung ins Binden bis an Luziensteig<br />

exportiren lassen.<br />

Hier 62<br />

ist noch eine Bitte der Gemeinde Triesen, die keiner so<br />

eiligen Vorbescheidung unterliegt und das Eigenmächtige aufdekt, das<br />

man sich oberamtlich erlaubte, wo man die Kriegsschäden an die<br />

hiesigen Würthe und Blutigeln mit fürstlichen Forderungen <strong>aus</strong>geglichen<br />

und diese einer Gemeinde schon anno 1802 zugewiesen hat, die<br />

sich selbst nicht erhalten kann, minder dass auf eine Kapitals-<br />

Abzahlung gedacht werden könte. Die Gemeinde übernahm diese<br />

Schulden in der Erwartung der sicheren Nachsicht, und auf diesen Fall<br />

wären Seine Durchlaucht der Zahler jener Schulden, welche die<br />

Wirthe mit lOfacher Kreide aufgemahlen haben - mündlich das<br />

Mehrere hie<strong>von</strong>. Es giebt zu viele Sonderheiten in dieser Kriegsschaden-Anliegenheit,<br />

welche der Chyrurg Grass und Amtschreiber am<br />

besten zu entwikeln vermögeten, wenn sie eine Generalbeicht ablegen<br />

wollten - bede hatten grosse Forderungen in Berechnungen, ohne<br />

einen Kreützer Unkosten getragen zu<br />

10<br />

haben. Letzterer hat <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Contumaz-Stritt noch 1400 f zu<br />

bekommen, und ins Rentamt restirt er so viele Hunderte. Dies konten<br />

sie ungehindert thun, weil der Vorgesetzte ihre Puppe war, mit der sie<br />

nach Willkühr spielen durften.<br />

Vaduz, am 4.ten July 1808<br />

<strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> manu propria<br />

122


ANMERKUNGEN ZUM BERICHT VOM 4. JULI 1808<br />

1 rewerteriren: revertieren (zurückkehren).<br />

2 Rumburg: liechtensteinische Herrschaft in Böhmen.<br />

3 Vgl. Anm. 25, S. 107.<br />

4 Contumaz - Urteil: Gerichtsurteil in Abwesenheit der Parteien. Die fürstliche<br />

Hofkanzlei in Wien fällte ihre Urteile notwenigerweise ohne Anhören der Parteien<br />

bloss aufgrund der Akten. Dies führte nach <strong>Hauer</strong>s eigener Ansicht zu «sonderbaren<br />

Data».<br />

5 zu Huldigung <strong>dem</strong>: in Berücksichtigung dessen.<br />

6 praejudicatum: Vorentscheidung.<br />

7 Die erwähnten Akten fehlen.<br />

8 «der» bezieht sich auf Sumpf.<br />

9 Vegetabilien: Pflanzen.<br />

10 verschleissen: in kleinen Mengen absetzen.<br />

11 Befriedigung: Eingehung.<br />

12 wund machen: aufhacken, damit Baumsamen gesät werden kann.<br />

13 Schrot: Bezeichnung für Zimmerwerk an Gebäuden.<br />

14 Die Patronatsrechte in Mauren gehörten im 17. Jahrhundert <strong>dem</strong> Priorat<br />

St.Johann in Feldkirch, das seinerseits <strong>dem</strong> Kloster Weingarten gehörte. 1695<br />

kaufte die Stadt Feldkirch das Priorat St.Johann. Während die Stadt aber das<br />

Priorat bereits im Jahr darauf an das Benediktinerstift Ottobeuren verkaufte,<br />

behielt Feldkirch die Patronatsrechte bis 1918.<br />

15 Das Benediktinerstift Ottobeuren wurde 1802 <strong>von</strong> Bayern aufgehoben, wobei auch<br />

der Besitz des Priorats St.Johann an Bayern überging. In der Folge verkaufte<br />

Bayern die «Herrenbündt» in Mauren für 700 Gulden (vgl. J.B. Büchel, Bilder <strong>aus</strong><br />

der Geschichte <strong>von</strong> Mauren, JBL 1915, S. 79 ff).<br />

16 Weinlöse: Traubenlese.<br />

17 Fehn: Föhn.<br />

18 Schirokko: warmer Mittelmeerwind.<br />

19 Leimgrube: Lehmgrube.<br />

20 Pfeffers: Pfäfers. Im 17. und frühen 18. Jahrhundert versahen zeitweise auch<br />

Weltpriester den Pfarrdienst in Eschen (vgl. J.B. Büchel, Geschichte der Pfarrei<br />

Eschen, JBL 1926, S. 20 ff).<br />

21 Staathalter: Statthalter (= Stellvertreter). Die Verwendung dieses Begriffs weist<br />

daraufhin, dass der Statthalter nicht nur Priester, sondern auch Domänenverwalter<br />

war.<br />

22 Paesentationsrecht: Vorschlagsrecht für die Besetzung einer frei gewordenen Stelle.<br />

23 Die Pfarrei Bendern war seit 1194 im Besitz des Prämonstratenserklosters St. Luzi<br />

in Chur. Durch den Reichsdeputationshauptschluss kam der Besitz des Klosters<br />

St. Luzi in Liechtenstein und Vorarlberg an Oranien. 1804 gingen diese Güter durch<br />

T<strong>aus</strong>chvertrag an Österreich. 1805 kamen sie durch den Pressburger Frieden an<br />

Bayern und 1814 durch den Wiener Kongress wieder an Österreich.<br />

123


24 Die Oranier gehörten zu den bedeutendsten Adelsgeschlechtern in Europa und<br />

waren zeitweise Statthalter in den Generalstaaten (Niederlanden). Beim Reichsdeputationshauptschluss<br />

1803 wurden sie für den Verlust ihrer niederländischen<br />

Würden mit Fulda, Weingarten u.a.m. entschädigt. Bei der Gründung des<br />

Rheinbundes verloren sie diese Gebiete ebenso wie ihre Stammgebiete.<br />

25 Schupflehen: zeitlich befristetes Lehen. In bestimmten Zeitabständen wurde es<br />

vom Grundherren zurückgenommen und neu verliehen.<br />

26 Mit «Herrschaft Schellenberg» ist hier der Eschnerberg gemeint.<br />

27 am Tag vorquellen: zu Tage treten.<br />

28 Fall: Gefälle, Neigung.<br />

29 Erzherzog Johann <strong>von</strong> Österreich (1782 - 1859) war im 3. Koalitionskrieg <strong>von</strong> 1805<br />

Befehlshaber der in Tirol stehenden Österreichischen Truppen.<br />

30 Landvogt Franz Xaver Menzinger meinte 1805, dass etwa ein Drittel des<br />

landwirtschaftlich nutzbaren Bodens kultiviert seien, während zwei Drittel «wüst<br />

und öde» da lägen. (Büchel, Gemeindenutzen S. 30).<br />

31 Die erwähnte Beilage fehlt.<br />

32 implosiren: einsetzen (latinisierte Form).<br />

33 Nowelser Bart: Nofelser Bad.<br />

34 bespant: mit einem (Pferde-)Gespann versehen.<br />

35 Concurrenz: Aufbietung eines Zwangsverbandes (z.B. Gemeinde) zur Erledigung<br />

einer gemeinsamen Verwaltungsaufgabe.<br />

36 Ritter Carl Friedrich <strong>von</strong> Wiebeking (1762 - 1842) war Architekt und Ingenieur. Er<br />

wurde 1805 als Chef der Ministerial-Sektion für Strassen- und Wasserbau nach<br />

München berufen. Er baute zahlreiche Brücken in Bayern, die aber wegen ihrer<br />

schlechten Konstruktion nicht lange hielten. 1811 plante er den Ausbau des<br />

Lindauer Hafens.<br />

37 Magazin-Haüfeln: Schotterhaufen beidseits der Strassen.<br />

38 Praegenz: Bregenz.<br />

39 nervus: hier scherzhaft für Geld.<br />

40 Kern: konnte nicht identifiziert werden.<br />

41 Anstalten kann hier sowohl im Sinn <strong>von</strong> Anordnungen als auch <strong>von</strong> Einrichtungen,<br />

Institutionen verstanden werden.<br />

42 Das Benediktinerkloster Weingarten (nördlich des Bodensees bei Ravensburg)<br />

wurde 1802 säkularisiert. <strong>Der</strong> Abteiname wurde 1865 auf die bis dahin Altdorf<br />

genannte heutige Stadt Weingarten übertragen.<br />

43 Oranien: vgl. Anm. 24 oben.<br />

44 Gefälle: Zinsen und andere Abgaben.<br />

45 Die Abtei Fulda, die 1752 zum Bistum erhoben worden war, wurde 1803<br />

säkularisiert und <strong>dem</strong> H<strong>aus</strong> Nassau-Oranien als Fürstentum zugeteilt. Nach<strong>dem</strong><br />

aber Wilhelm <strong>von</strong> Nassau-Oranien gegen Napoleon die Waffen ergriff, wurde<br />

Fulda mit andern Gebieten Karl Theodor <strong>von</strong> Dalberg übergeben. Aus den alten<br />

und neuen Gebieten Dalbergs entstand 1810 das Grossherzogtum Frankfurt.<br />

124


46 Karl Theodor <strong>von</strong> Dalberg (1744 - 1817) war der letzte Kurfürst <strong>von</strong> Mainz und<br />

wurde 1806 <strong>von</strong> Napoleon zum Fürstprimas im Rheinbund ernannt.<br />

47 Die erwähnte Bittschrift fehlt. Am Rand ist die Bemerkung «Ff. Secretaire<br />

Haymerle expedirt» angebracht.<br />

48 Vgl. oben S. 102.<br />

49 Aufgrund <strong>von</strong> Artikel 4 der Steuerverordnung vom 22. 4. 1807 mussten alle<br />

Grundstücke nach ihrem Wert geschätzt werden.<br />

50 Mogol: Mogul (Herrscherdynastie mongolischer Herkunft in Indien).<br />

51 Amtsbote war Johann Rheinberger (1764 - 1828). Vgl. Das «Politische Tagebuch<br />

<strong>von</strong> Johann Rheinberger, JBL 1958, S. 227 ff.<br />

52 mundi(e)ren: ins reine schreiben.<br />

53 individualiter: einzeln (latinisierte Form).<br />

54 Fassion: Steuererklärung.<br />

55 Steuer-Simplum: einfacher Steuersatz. Das Steuer-Simplum konnte so oft erhoben<br />

werden, bis die Staats<strong>aus</strong>gaben gedeckt waren.<br />

56 Bei der Schätzung des Werts des Zehentsrechtes ging man <strong>von</strong> der Überlegung <strong>aus</strong>,<br />

dass Kapitalien gewöhnlich mit 5 % verzinst wurden. Wenn man daher den<br />

Geldwert der Abgaben mit 20 multiplizierte, so erhielt man eine Wertangabe für<br />

das ganze Zehentbezugsrecht.<br />

57 Die Bittschrift fehlt.<br />

58 Feüertage: Feiertage.<br />

59 Stäblmeister: Kreuzträger.<br />

60 Solennität: Feierlichkeit.<br />

61 Karl Rudolf <strong>von</strong> Buol-Schauenstein (1760 - 1833) war der letzte Fürstbischof <strong>von</strong><br />

Chur. Beim Einmarsch der Franzosen flüchtete er 1799 nach Meran, das damals<br />

noch mit Tirol und Vorarlberg zur Diözese Chur gehörte. Nach <strong>dem</strong> Anschluss<br />

Tirols an Bayern (1805) geriet er mit der bayerischen Regierung wegen deren<br />

josephinischer Kirchenpolitik in Konflikt und wurde deshalb am 25. Oktober 1807<br />

gewaltsam über die Grenze zurückgebracht. Von Chur <strong>aus</strong> führte er den Kampf<br />

gegen die bayerische Kirchenpolitik weiter, bis Tirol 1809 der Diözese Brixen<br />

zugeteilt wurde. Buol errichtete 1808 das Priesterseminar St. Luzi in Chur. (HBLS)<br />

62 Die Bittschrift fehlt.<br />

125


BERICHT VOM 28. JUNI 1808 ÜBER DIE TÄTIGKEIT DES<br />

OBERAMTES (Beilage 4 zum <strong>Bericht</strong> vom 30. Juni 1808)<br />

ACTUM VADUZ, DEN 28. JUNY 1808<br />

Zu Erhöbung der innerlichen Beschaffenheit der Amts-Verwaltung<br />

wurden mehrere Fragen an das beisitzende Amts-Personale 1<br />

gemacht,<br />

worüber der folgende Befund erhoben worden:<br />

1. tens Wird bestättigt, dass die erfliessenden fürstlichen oder<br />

hochfürstlichen Hofkanzley-Rescripte 2<br />

wechselseitig comunicirt<br />

werden.<br />

2. tens Das Archiv oder [die] Registratur ist in so weit in der<br />

Ordnung, dass solche bis auf gegenwärtige Zeiten den<br />

Materien nach fasciculiert 3 und mit einem Index 4 versehen<br />

ist, der aber nicht in alphabetischer Ordnung, sondern nur<br />

den Materien nach in der Eintheilung 1. Principaliora, 5 2.<br />

Regalien 6 und Cameralien, 7 3. Territoralien 8 oder Jurisdictionalien,<br />

9 4. Polizey, 10 5. Landschaft," 6. Gemeinden [und<br />

7.] Unterthanen geführet wird, wodurch das Aufsuchen der<br />

einzelnen Materien ohne gänzlicher Durchsehung der unter<br />

ein oder andere Rubrique gehörigen Acten nicht möglich ist,<br />

daher die Überarbeitung der Registraturs-Ordnung nach der<br />

in Wien bestehenden Ordnung eine un<strong>aus</strong>weichliche Nothwendigkeit<br />

wird.<br />

2<br />

3. tens Exhibiten- oder Einreichungsprotokoll 12 wird weder in<br />

gerichtlichen noch in politischen Verfahren geführt, daher<br />

die auf den Majorat-Herrschaften 13<br />

geführte Ordnung auch<br />

hier zu appliciren seyn wird.<br />

4. tens Controll-Register 14 werden hier keine geführt, weder über<br />

das eingehende Wildpret, weder über die Weinfechsung,<br />

weder über die Wein- und Getreide-Zehend, weder über den<br />

Abdrusch, [die] Ziegelproduktion und [den] Verschleiss<br />

[noch über die] Bretklötzer. Bios über die Fechsung der<br />

Vaduzer Weingärten nimt der Rentmeister die Überzeügung<br />

ein, <strong>von</strong> den <strong>aus</strong>wärtigen Weingärten bei Triesen, Mauern<br />

126


und Eschen pflegen die Torkelmeister die Anhersendung<br />

mittelst Zetteln zu bewerkstelligen.<br />

<strong>Der</strong> Rentmeister entwirft hienach das Fechsungs- oder Visier-<br />

Register, 15 und der Torkelmeister führt sohin hierüber den Verrait 16<br />

und betreibt zugleich den Ausschank, ungeachtet er 3 und viererley<br />

Preise vorgeschrieben hat. Da diese Manipulazion nicht beruhigend<br />

ist, so wäre die in Österreich wohl geführte Ordnung auch hier zu<br />

begründen. 17<br />

3<br />

5.tens<br />

Zwischen Obrigkeit und Unterthanen walten dermal keine<br />

Strittigkeiten ob.<br />

ö.tens Da die wenigen Taxen, welche nach einer Cynosur 18 <strong>von</strong><br />

anno 1702, die hier in Abschrift vorliegt, <strong>von</strong> Herrn<br />

Landvogt bezohen werden dörfen, so sind bisher keine<br />

Tax-Register geführt worden. 19<br />

7.tens<br />

Die Verlassenschafts-Abhandlungen pflegen die Ortsrichter.<br />

Die Vögte oder Vormünder werden amtlich bestättigt, aber<br />

in die Verhandlung keine Einsicht genohmen, dahero auch<br />

keine diesfällige[n] Taxen amtlich bezohen werden können.<br />

20<br />

Grundbücher bestehen keine, vormals war die Ordnung,<br />

dass die Schuldverschreibungen wo immer <strong>aus</strong>gefertigt<br />

werden konnten, wodurch es geschähe, dass manches Reale<br />

2-3 mal verpfendet worden. Zu Vorbeugung der hier<strong>aus</strong><br />

erwachsenden Inconvenienzen hätte der Herr Landvogt<br />

verfügt, dass die Verschreibungen immer nur der älteste<br />

Richter des Orts leiten und diese zur amtlichen Ausfertigung<br />

und Inprotocollirung im amtlichen Pfandsprotocoll bringen<br />

solle.<br />

4<br />

Man verlangte die Einsicht eines derley Pfand-Protokolls und fand<br />

dasselbe in nachstehende Rubriquen eingetheilt:<br />

127


Dalum u. Schuldner Creditor Unterpfand AnstÖsscr AnstÖsscr Anstösser Anstösser<br />

Schuld aufwärts abwärts rheinwärts bergwä'rts<br />

1789.den Peter Jungfrau ein Stück Zill Wein­ <strong>Georg</strong> Schuldner Schuldner<br />

I5.ten Matt Maria Heügut garten Matt<br />

Jänner und Antonia<br />

Weltin in<br />

aufden<br />

Butscher<br />

100 f Anna Chur ein Stuk Schuldner Herrn<br />

250 f Mescherin Frau Regina<br />

Konstanz ia<br />

<strong>von</strong> Guglberg<br />

Mayenfeld<br />

Aker auf<br />

Gallibusch<br />

<strong>Georg</strong><br />

Malt<br />

Schuldner Franz<br />

Josef<br />

Malt<br />

Wenn die Schuld gezahlt wird, so wird in diesem Protokoll blos<br />

angemerkt: Dieses Capital ist abgezahlt laut Schein A.<br />

Das Muster einer diesartigen Schuldverschreibung liegt ad 7 bey. 21<br />

Falls die Schuldverschreibungen dergestalten anwachsen, dass das<br />

vorhandene Protokoll die Vormerkung nicht mehr aufzunehmen<br />

vermag, werden neüe Bögen eingeschoben. Über das Ganze bestehet<br />

aber kein Repertorium oder Index, sondern über jedes Ort wird ein<br />

eigenes Protokoll geführt, und jeder Schuldner hat sein eigenes Blat. 22<br />

8. tens Depositen können nur in Streitfällen in amtliche Verwahrung<br />

gelangen, die bey Ausgang des Streits an die Partheyen<br />

zurückgestellt werden. Depositen waren nie gewohnlich,<br />

daher keine Taxen üblich. Bey Einführung der Verlassenschafts-Abhandlung<br />

an Seite des Oberamts würde die in<br />

Österreich<br />

5<br />

eingeführte Ordnung, dann Depositen-Tax-Abnahme angewendet<br />

werden können. 23<br />

9. tens Die Gränzen der Herrschaft sind einer Seits durch den Rhein<br />

und anderer Seits durch in Felsenköpfe eingehauene Steine<br />

bemerkt, welche in den Urbarien und in <strong>dem</strong> Originalbrief<br />

des Kaiser Maximilian <strong>aus</strong>gezeichnet sind. Im <strong>Jahre</strong> 1780<br />

wurde eine Reambulation 24<br />

angefangen, die aber <strong>dem</strong> Ende<br />

nicht zugeführt worden ist. Strittig ist blos eine Streke an der<br />

128


Feldkircher Granz am sogenannten Haselbach 25<br />

und Spirz-<br />

Bach, 26<br />

begreift eine sumpfige Gegend, die nicht bedeütend<br />

ist, bey entschiedenem Stritt aber zum Nutzen gebracht<br />

werden könte. Das beyrische Dorf Altenstädt und Banks 27<br />

sind eben die Widersacher, weswegen das fürstliche Oberamt<br />

mit <strong>dem</strong> beyrischen Landrichter in Feldkirch sich ins<br />

Einvernehmen zu setzen und zu Beendigung des Stritts das<br />

möglichste zu wirken hätte. 28<br />

6<br />

10. tens Bisher wurden über Gesuche oder Wirtschafts-Gegenstände<br />

keine besondere Sitzungen gehalten oder schriftliche Conferenzen<br />

geführt, daher für die Zukunft ein amtliches Conferenz-Buch<br />

zu verfassen, hierin in gedrängtem Inhalt der<br />

Gegenstand einzuschalten und das Gutachten <strong>von</strong> Herrn<br />

Rentmeister aufwärts zu inseriren und hiernach, falls sie sich<br />

in der Meinung vereinigen, das Gutachten zu erstatten, oder<br />

in diversen Gesinnungen mit Beilegung des Rentmeisters<br />

Gutachten der vorsteherliche <strong>Bericht</strong> zu erstatten seyn wird.<br />

11. tens Die Landesordnung vom Jahr 1732 enthält die Ordnung in<br />

Polizey-Sachen, nach der bisher die Beobachtung gemacht<br />

worden, nebst dieser besteht der sogenannte Landsbrauch,<br />

der uralt seyn muss, da die letzte Abänderung hieran <strong>von</strong><br />

200 <strong>Jahre</strong>n sich herschreibt. 29<br />

7<br />

Handwerks- und Zunfts-Generalien sind keine, daher es<br />

wohl nothwendig wird, <strong>dem</strong> Land eine <strong>dem</strong> Geiste der<br />

Zeiten anwendbare Zunftordnung einzuführen. 30<br />

In Criminalsachen wird sich nach der Peinlichen Ordnung<br />

Karl des 5 ten gehalten, die eben den itzigen Zeitumständen<br />

nicht mehr die angemessenste ist.<br />

12. tens Die Numerazion der Häuser ist im Lauf des Kriegs bey<br />

einigen Ortschaften geschehen, aber schon wieder grösstentheils<br />

eingegangen. Eine verlässliche Seelen-Beschreibung<br />

bestehet nicht, anno 1789 wurde sie einmal vorgenohmen,<br />

129


daher die Numerirung und Conscribirung gesetzlich vorgeschrieben<br />

und in Ausführung gebracht werden solle. 31<br />

13. tens Dienstbothen-Ordnung bestehet eben keine, dahero dann<br />

auch keine Gesindsgestellung üblich ist. 32<br />

14. tens Die Körnerpreise werden hier nach <strong>dem</strong> Ausschlag der<br />

Feldkircher Marktpreise reguliert. 33<br />

15. tens Gemeind-Rechnungen sollen zwar gelegt werden, aber sie<br />

werden beim Amte nicht abgegeben noch revidiert, daher<br />

das Oberamt diesfalls keine Evidenz hat. Zu Bezwekung der<br />

guten Ordnung wären die Rechnungen nach den zu gebenden<br />

Mustern jährlich zu legen und zur oberamtlichen<br />

Revision zu bringen. 34<br />

8<br />

lö.tens<br />

Buchhalterey-Mängl-Protokollen und derselben Beantwortung<br />

wurden bisher nicht geführt, daher in Hinkunft ein<br />

derley Protokoll <strong>aus</strong> unbeschriebenem Papier zusammen zu<br />

binden, hierin bey Anlangung der Mängl dieselbe halbspaltig<br />

zu copiren, auf der entgegengesetzten Spalte die Beantwortung<br />

einzuschalten, hier<strong>aus</strong> dann die Erleüterung ins<br />

Original zu übertragen und das Protokoll amtlich aufzubewahren<br />

ist, um bey Anlangung der Super-Mängeln die<br />

Evidenz der früheren Erleüterungen zu erlangen. 35<br />

17. tens Über die Waldfreveln wird kein eigenes Schadenersatz-<br />

Protokoll geführt, sondern bey Vortritt einer derley Beschädigung<br />

der Thäter einberuffen und mit <strong>dem</strong>selben besonders<br />

die Verhandlung gepflogen, der Ersatz aber den Renten<br />

zugewiesen. 36<br />

18. tens Die Weinpreise werden nach Umständen amtlich <strong>von</strong> Zeit<br />

zu Zeit regulirt, die Körner nach Ausschlag des Feldkircher<br />

Markt-Preises, die Hühner und Eyer, Zinse <strong>von</strong> Schupflehen<br />

in der untern Herrschaft haben ihre Bemessung; da aber die<br />

Lehenkontrakte künftigen Jahrs expiriren, 363<br />

so wird die neue<br />

Bemessung <strong>von</strong> der Bestimmung des Landesfürsten abhangen.<br />

Überhaupt<br />

9<br />

130


lassen sich rüksichtlich dieser Schupflehen künftiges Jahr<br />

bey der neüen Verlassung anderweitige Modificationen<br />

vorschreiben, die sich mit den itzigen Zeitumständen mehr<br />

vereinbaren, daher zur Übersicht derselben die Beschreibung<br />

nebst einigen Bemerkungen über die Erhöhung gegen<br />

Zurückstellung hier beigeschlossen werden. 37<br />

19. tens Holzprotokoll nach Art der mährischen Herrschaften wird<br />

hier keines geführt, daher es vorzuschreiben wäre, um den<br />

Ertrag eines jeden Waldantheils zu ersehen. Überhaupt<br />

verdienten die hiesigen obrigkeitlichen Waldungen einer<br />

forstamtlichen Übersicht, Schätzung und Vermessen, um<br />

hienach statt der bisherigen willkührlichen eine forstmässige<br />

Holzung einzuführen. 38<br />

Selbst die unterthännigen Waldungen, die nicht unbeträchtlich<br />

sind, verdienen eine ordentliche Aufsicht, da diese blos<br />

denen Ortsgeschworenen übertragen ist. 39<br />

20. tens Erbsteüer ist hier nicht gesetzlich eingeführt, blos nach <strong>dem</strong><br />

Urbarium und Landsbrauch sind jene Gütter verfallen,<br />

wozu keine bestirnte Erben sind oder wo Bastarden oder<br />

Hurenkinder als Erben eintretten oder Nachlassenschaften<br />

hinterlassen; in gleichen <strong>von</strong> Selbstmördern. 40<br />

21. tens Die Kirchenkassen befinden sich bei den Pfarreyen, die<br />

Rechnungen werden <strong>von</strong> den Kirchenpflegern unter Beytritt<br />

der Pfarrer gelegt.<br />

10<br />

Das Oberamt nimmt nur bey der Schaaner, Triesner,<br />

Triesnerberger und Vaduzer Kirche in die Rechnung Einsicht.<br />

Die Kirchen-Capitalien sind weder versichert, noch<br />

[sind] hierüber ordentliche Schuldbrief vorhanden, so <strong>aus</strong>zufertigen<br />

und mit der erforderlichen Sicherheit zu versehen<br />

seyn werden.<br />

Bey den Kirchen Balzers, Eschen, Mauern und Bendern hat<br />

das Oberamt bisher keine Rechnung eingesehen, weil sie<br />

fremden Patronaten unterliegen. Da jedoch der Landesfürst<br />

das Recht hat, hierüber die Einsicht zu nehmen, so wäre<br />

auch darauf zu stehen, dass die Rechnungen jährlich<br />

exhibirt und in ordentlichen Gang gesetzt werden. 41 131


22. tens Kein Localaugenschein über die Behandlung der in Bestand<br />

stehenden obrigkeitlichen Gründe wurde bisher eingenohmen,<br />

sondern blos auf den Ruf, dass die Lehensträger und<br />

Zinsler die Streüh oder Dung veräussern, wurde ihnen<br />

gedrohet, sie vom künftigen Genuss <strong>aus</strong>schliessen zu wollen.<br />

Für die Zukunft wird öfters im Jahr der Augenschein<br />

einzunehmen und sich zu überzeugen seyn, ob die Bedungung<br />

und Bestellung der Gründe ordentlich geschehe. 42<br />

23. tens Die Obstbaumzucht wird seit einer Zeit weniger berücksichtiget,<br />

und die Bestandler der Schweblhofgründe [werden]<br />

nicht verhalten, den kontraktmässigen Aussatz zu machen,<br />

daher <strong>dem</strong> Oberamt die erforderliche Vigilanz empfohlen<br />

wird. 43<br />

11<br />

24. tens Bey der Auen-Vertheilung zu Vaduz gebührten der Obrigkeit<br />

gleiche Abtheilungen auf die besitzende Haüser der Landvogtey,<br />

Landschreiberey, Taffern, Mühlen und Schloss, nun<br />

sind aber <strong>dem</strong> Herrn Landvogt nur 2 Theile, dann <strong>dem</strong><br />

Rentmeister nomine des Schlosses 1 Theil zugewiesen<br />

worden. <strong>Der</strong> Mühle und Tafern hingegen nur V2 Theil,<br />

daher diese noch zu ergänzen seyn. 44<br />

25. tens Zu Schwingung der executiven Gewalt werden statt den<br />

bisherigen 2 Landamännern und Landweibln bey Abänderung<br />

der Landesverfassung 4 fürstliche Grenadiere hier zu<br />

Stationiren seyn, welche der Gerichtsstelle sowohl als auch<br />

<strong>dem</strong> Rentamt bey Kanzleydiensten und Geldeintreibungen<br />

an Händen gehen sollen. 45<br />

26. tens Obrigkeitliche Züge sind keine aufgestellt, blos der Herr<br />

Landvogt hat auf 2 Pferde die normalmässige 46<br />

Passierung<br />

und Pferdsbeitrag. <strong>Der</strong> Rentmeister wird bey Amtsverrichtungen<br />

für Bezahlung geführt, und da kein Wirtschaftskallesch<br />

vorhanden, so ist derselbe genöthiget, sein eigenes<br />

zu gebrauchen. 47<br />

27. tens Noch zu cultivirende Hutweiden oder Riede befinden sich<br />

bei der Gemeinde Balzers, etwas weniges bey Triesen, bey<br />

Vaduz obern Bock und beim Buchwald, 48<br />

bey Schaan die<br />

132


sogenannten Riede, Bendern wenig, Ruggel und Gamperin<br />

beträchtliche<br />

12<br />

Ried und Aue nebem Rhein, zu wessen Urbarmachung den<br />

Gemeinden eine angemessene Streke ex officio bestirnt<br />

werden, so weit die Abzapfungen es gestatten. 49<br />

28. tens Bey Verlassung der herrschaftlichen Realitäten läst sich<br />

<strong>aus</strong>ser den Schupflehen und Schweblhof keine Erhöhung<br />

bezweken. Bey <strong>dem</strong> Schweflhof noch langsam, da die<br />

Verleihung auf lebenslang bedungen ist, mithin eine Abänderung<br />

nur bey Absterben eines betheilten Nutzniessers<br />

zulässig ist. 50<br />

29. tens Da nach <strong>dem</strong> Urbario <strong>von</strong> je<strong>dem</strong> H<strong>aus</strong>haber ein Fahrtl<br />

Dunger für den Triesner Weingarten <strong>aus</strong> der Triesner und<br />

Balzner Gemeinde, ingleichen <strong>von</strong> je<strong>dem</strong> Vaduzer und<br />

Schaaner H<strong>aus</strong>halter für den Bocker- und Marina-Weingarten,<br />

51<br />

mehr für die Eschner und Maurer Weingarten jeder<br />

H<strong>aus</strong>haber <strong>von</strong> Eschen, Mauren und Bendern jährlich<br />

abzuführen schuldig sind, diesen ganzen Bedarf die Weingärten<br />

aber nicht haben, so sollte über die richtige Abgabe des<br />

Düngers eine ordentliche Verrechnung geführt, die Verwendung<br />

notirt und der nicht abführende Dünger-Antheil in<br />

Geld ersetzt werden, worüber künftig das Amt statt <strong>dem</strong><br />

Weingartenmeister die Einsicht zu nehmen haben wird. 52<br />

30. tens Die Frohnen sind <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Urbario in<br />

13<br />

<strong>dem</strong> zuliegenden Auszug sub V. 5 3<br />

enthalten. Da dieselben<br />

gegenwärtig bei verpachten Gründen in natura nicht benutzt<br />

werden können und daher denen Pächtern überlassen<br />

werden, diese hingegen da<strong>von</strong> wegen schlechter Arbeit<br />

keinen Gebrauch machen, so wäre es nützlicher, mit den<br />

Unterthanen ein Convention über Reluirung 54 dieser Schuldigkeit<br />

zu negociren und dagegen die lästigen Bewirthungen<br />

und baare Verabreichungen ä 6 und 12 x zu beseitigen. 55 133


31. tens Rüksichtlich der Inleüten oder Hindersässen besteht die<br />

Ordnung, dass der eingeworbene Inmann erstlich sich beim<br />

Richter meldet, und wird er <strong>von</strong> der Gemeinde aufgenommen,<br />

so solte er sich über diese Aufnahme mit einem Zettl<br />

beim Oberamt legitimiren, unterläst er diese Legitimation,<br />

so entgeht der Herrschaft der Hintersässzins in der obern<br />

Herrschaft mit 1 f 30 x und in der untern 2 f jährlich, so durch<br />

die jährliche Conscription oder Seelenbeschreibung gesichert<br />

werden könte. 56<br />

32. tens Eine obrigkeitliche Zieglhütten und Ofen bestehet bey<br />

Nendlen, die Schöpfen geräumig mit Ziegeln gedeket, der<br />

Ofen gewölbet, mit Zieglers Wohnung. Die dort fabrizirten<br />

Ziegeln <strong>von</strong> bester Qualität wird das T<strong>aus</strong>end Maurerziegel<br />

zu 19 f 30 x, Dachziegeln 15 f 40 x, die Ortziegeln das Stück ä<br />

2 x und die Hohlziegel ä 4 xr<br />

14<br />

verkauft. Ein Brand Ziegl bestehet <strong>aus</strong> 24650 Stück Ma'uerund<br />

Dachziegel, dann einigen Hohl- und einigen Dachblatten,<br />

mit deren Zuschlag der Brand beiläufig 25000 Stück<br />

beträgt. Unter einem werden beyläufig 100 Mäss 57<br />

Kalk, die<br />

etwas mehr als niederösterreichisch 100 M[ass] 58<br />

repräsentieren,<br />

gebrändt. <strong>Der</strong> Ziegler empfangt hiefür:<br />

fürs Lehm stechen per Brand<br />

12 f<br />

für Zurichtung der Kalchsteine zum Brand<br />

9 f<br />

fürs Fuhrwerk des Lehms zur Schupfen, des<br />

Holzes und der Kalksteine<br />

60 f<br />

fürs Einlegen der Kalksteine<br />

5 f 30 x<br />

fürs Holzspalten zum Brand, fürs Brennen<br />

und Ausführen<br />

52 f<br />

fürs Macherlohn <strong>von</strong> Dachziegeln und Bodensteinen<br />

per 1000 Stück ä 5 f<br />

123 f 15 x<br />

für 103 Stück Hohlziegel ä 1 x<br />

1 f 43 x<br />

für 336 Stück Dachblatten ä Vi x<br />

2 f 48 x<br />

nebst <strong>dem</strong> per Brand 2 Viertl 59 Wein ä 1 f 2 f<br />

Zusammen<br />

268 f 16 x<br />

134


Hierzu fürs Auszählen per 1000 Stück<br />

ä 24 x<br />

<strong>von</strong> 100 Maass Kalk ä 1 x<br />

Hierauf werden auf einen Brand 14 Klafter<br />

Holz erforderlich ä 3 f 30 x<br />

Total Summa<br />

10 f<br />

1 f 40 x<br />

49 f<br />

328 f 56 x<br />

Hier<strong>aus</strong> erwächst eine Lösung in die Renten:<br />

3000 Stück Mauerziegel ä 19 f 57 f<br />

21 650 Stück Dachziegeln ä 15 f 40 x 339 f 20 x<br />

103 Stück Hohlziegl ä 4 x 6 f 52 x<br />

336 Stück Blatten ä 2 x 11 f 12 x<br />

für 100 Maass Kalk ä 40 x<br />

66 f 40 x<br />

Zusammen 481 f 4 \<br />

15<br />

Dahero resultiren beym Brand 152 f 8 xr Nutzen.<br />

Bey der Übernahm der Ziegl und Kalkbrände wird keine<br />

Control beobachtet, sondern der Ziegler verschaft das Holz,<br />

besorgt den Verschleiss der Ziegeln und des Kalks<br />

und<br />

berechnet mit Ende des Jahrs mit <strong>dem</strong> Rentamt, womit die<br />

Angabe über die Brände seinem Ermessen überlassen<br />

werden muss.<br />

Die vorjährige Berechnung hat der Ziegler erst im März<br />

dieses <strong>Jahre</strong>s gepflogen, restirte hiebei 322 f und hat seit <strong>dem</strong><br />

180 f hier<strong>aus</strong> abgestossen. Da derselbe der Feldkircher<br />

Stadtziegler ist, so ist über derley Ausstand nicht volle<br />

Sicherheit vorhanden. Die Reparationen und Erhaltung des<br />

B<strong>aus</strong>tands der Zieglhütte und der Inventari-Geräthschaften<br />

liegt der Obrigkeit ob, die jährlich einen Aufwand <strong>von</strong> 30 f<br />

erfordern dörften. Hierwegen die angemessenen Dispositionen<br />

zu verfügen.<br />

Ob die herrschaftlichen Waldungen den Bedarf zur Zieglhütte<br />

jährlich abzugeben vermögen, wird bey Regulierung des<br />

Wälderstandes erhoben werden können.<br />

<strong>Der</strong> Absatz sowohl an Ziegl als Kalk wäre behend und<br />

135


gesichert, wenn der Ziegler nur in der Fabrikazion behender<br />

wäre,<br />

15<br />

der höchstens zwischen 3 und 5 Bränden erzeugt. 60<br />

33. tens Ausser weniger Wasserämpern 6 ' existiren im Fürstenthum<br />

keine Feuer-Requisiten und dahero auch keine Spritzen.<br />

Eine Feuerlöschordnung ist bisher nicht vorgeschrieben. 62<br />

34. tens <strong>Der</strong> Rentresten-Ausweis wird hier individualiter beigeschlossen,<br />

um im ganzen sowohl als einzelnen Partheyen die<br />

Rückstände entnehmen zu können, und da hierunter viele<br />

zahlungsfähige Individuen begriffen sind, so wird <strong>dem</strong><br />

Ober- und Rentamt die nachdruksame Eintreibung vorzüglich<br />

<strong>von</strong> den Vermöglicheren schärfest aufgetragen. 62<br />

35. tens <strong>Der</strong> Rentmeister wird den Ausweiss über jene Schuldposten<br />

besonders einbringen, worüber nicht befriedigende Schuldscheine<br />

vorliegen, und diesen Ausweis <strong>dem</strong> Oberamt zur<br />

Exequirung ordnungsmässiger Schuldbriefe zustellen. 64<br />

36. tens Da hierorts das adeliche Richteramt <strong>von</strong> der Obrigkeit nicht<br />

behandelt noch administrirt wird, so bestehen keine Weisenkassen<br />

und werden auch keine Rechnungen geführt, blos die<br />

Weisenvögte besorgen die<br />

16<br />

Waisenvermögen und legen denen Weisen bei der Vogtbarkeit<br />

bei den Richtern die Rechnung. 65<br />

37. tens Ein Empfangs- und Ausgabs-Büch wird beim Rentamt<br />

geführt, das aber blos der Rentmeister zu seiner Richtschnur<br />

eingeführt hat. Die meisten Auszahlungen geschehen mittels<br />

Kontn, die der Herr Landvogt adjustirt und das Rentamt<br />

<strong>aus</strong>zahlet. 66<br />

38. tens Die väterlichen Erbe, sie mögen in Grundstücken oder<br />

Haüser bestehen, pflegen nach der Anzahl der Erben in<br />

gleichen Theilen in natura vertheilt zu werden, daher an<br />

einzelnen Haüsem stehts mehrere Partheyen Antheil nehmen<br />

und die Grundstücke in unzählig kleine Theile<br />

zerstükelt sind. 67<br />

136


39.tens<br />

40.tens<br />

Zu Sicherung des Rentschulden-Ausweises hat der Rentmeister<br />

Inividual-Bücheln mit je<strong>dem</strong> Schuldner eingeführt,<br />

worin der Zuwachs und die Abfälle stets fürgemerkt<br />

werden. 68<br />

Weder die obrigkeitlichen Wiesen und Äcker, noch die<br />

Waldungen sind geometrisch vermessen und wäre wünschenswert,<br />

wenn die ganze Herrschaft nebst <strong>dem</strong> unterthänigen<br />

Besitzstand ordentlich aufgenommen werden wolte.<br />

Es ist zwar eine General -<br />

18<br />

41.tens<br />

42.tens<br />

Charta vom inneren Theil des Reichfürstenthum Liechtenstein<br />

vom 28.ten Oktober 1756, aufgenommen durch den<br />

Obrist Lieutnant Kohleffel und copirt durch den Josepf<br />

Hartmuth anno 1790, vorhanden, aber es scheint vielmehr<br />

ein Ideal- als wirkliche Aufnahme zu seyn, und die Gebürge<br />

und Waldungen [sind] offenbar irrig gezeichnet. Das diesfällige<br />

Original muss bey der Wiener Registratur vorfindig<br />

seyn, ansonsten der Joseph Hartmuth anno 1790 dasselbe<br />

nicht copiren und anhero schiken konnte. 69<br />

Die ganze Herrschaft durchströmt der Rhein und macht die<br />

Granze zwischen der Schweitz und <strong>dem</strong> Reichsfürstenthum<br />

Liechtenstein. Die Hauptfischerey im Rhein behaupten seit<br />

alters die Schweitzer, mit Schnur und Angel hingegen ist<br />

nach laut des Urbarii die hiesige Herrschaft die Fischerey<br />

<strong>aus</strong>zuüben berechtigt.<br />

Nebst diesem ist noch bey Balzers der sogenannte Silberbach<br />

ein Forellenwasser, das Vaduzer sogenannte Herkules Wasser,<br />

in der untern Herrschaft die Esch und hinterm Gulmen<br />

der Samina-Bach, die jährlich 31 f den Renten an Pacht<br />

abwerfen.<br />

In obrigkeitlichen Waldungen geniesst der Jäger und die<br />

Forstknechte keine Wiesfleck, nur der Plankner Forstknecht<br />

hat nebst <strong>dem</strong><br />

137


Genuss <strong>von</strong> 10 f Solarii 70<br />

einen obrigkeitlichen Wiesflek in<br />

unterthänigen Waldungen unter <strong>dem</strong> Namen eines Wildstands<br />

zum Genuss, der aber unbedeütend ist.<br />

43. tens <strong>Der</strong> Revierjäger hat in Händen ein ordentliches Schusslohn-<br />

Register, welches das Rentamt der Ordnung nach führet und<br />

hernach das Schusslohn berechnet. <strong>Der</strong> Schusslohn ist noch<br />

nach der alten Methode, wie es auf den fürstlichen<br />

Herrschaften bestehet, bemessen.<br />

Über das Schädliche wird auf die nemliche Art wie beim<br />

Nützlichen verfahren, dasselbe zu Ende des Jahrs vorgezeigt,<br />

hierüber die Berechnung gepflogen und die Zeugen dann<br />

verbrennt.<br />

44. tens Schüttboden 71 existirt obig der herrschaftliche Stadl und ist<br />

der hiesigen geringen Erndte angemessen.<br />

45. tens Die Zehend-Einahm bei Vaduz und Schaan wird durch den<br />

Amtsboth 72 unter Beitritt der Mitinteressenten 73 der Zehende<br />

beschrieben, vertheilt und eingetrieben. Bey Mauern ist<br />

ein gewisser Schreiber 74<br />

obrigkeitlicher Zehendknecht, der<br />

die nemlichen Geschäfte vollführt und die dortige Zehende<br />

in die Scheüne alda eingeführt. Die übrigen<br />

20<br />

Zehendgefälle sind verpachtet. <strong>Der</strong> Abdrusch des Maurer<br />

Zehends wird der Discretion des Zehendknechts bis zur<br />

Abfuhr überlassen, und [dieser] kann nur dadurch zur<br />

ehrlichen Gebahrung bewogen werden, weil er vom Malter<br />

des abführenden Zehends 48 x bezieht und hiezu eigends<br />

beeidiget ist. 75<br />

46. tens <strong>Der</strong> Abdrusch wird durch Lohnarbeiter verricht und je<strong>dem</strong><br />

Dröscher per Tag 38 x bezahlt.<br />

47. tens Die Steüer-Fassionen 76 nach <strong>dem</strong> letzten Patent sind <strong>von</strong><br />

den Gemeinden bereits <strong>dem</strong> Oberamte übergeben, die der<br />

Amstboth nun in die gedrukten Bögen überträgt. Da aber<br />

hierin viele Fassionen unvollständig vorkommen, so wird<br />

das Oberamt diese Mängeln nachzuholen beflissen seyn,<br />

hierüber gemeinweis die Sumarien verfassen und zur<br />

Genehmigung und [zu] weitern Verfügungen einbringen.<br />

Nur ist die Beschwerlichkeit bei Völlendung der Steüerfas-<br />

138


21<br />

sion diese, dass viele fremde Unterthanen an Waldungen,<br />

Rieden, Wiesen und Äkem einen Besitzstand hier Landes<br />

haben, diese sich der Fassion nicht unterziehen wollen. Da<br />

nun die meisten <strong>aus</strong> den Waldungen und Rieden<br />

jährlich keinen Nutzen ziehen, eine grundbücherliche<br />

Zuschreibung auch nicht vorliegt, so können die Eigenthümer<br />

schwer oder gar nicht eruirt werden, daher der<br />

Abschluss der Steüer-Fassionen sehr erschwert wird, welches<br />

bei cultivirten Gründen als Wiesen, Weingärten und<br />

Äkern, da sie jährlich benutzt und die Eigenthümer dadurch<br />

bekant werden, nicht erschweret werden kann. Die Geistlichkeit<br />

hat zwar die Fassion schon abgegeben, aber eben<br />

unvollendet, weil dieselbe wegen Fatirung 77<br />

des Zehends<br />

und sonstigen Einkommens zu hoch gegen die Grundholden<br />

in die Versteüerung kämen, daher dieselbe mit Einreichung<br />

der Fassionen ihre unterthänige Vorstellung an Seine<br />

Durchlaucht gelangen lassen will.<br />

Da alle diese Umstände sich doch leicht beheben lassen, so<br />

wurde <strong>dem</strong> Oberamt die baldige Behöbung derselben<br />

empfohlen, um das schon anno 1807 zu beendigen gewesene<br />

Geschäft <strong>dem</strong> Ende zuzuführen. 78<br />

Einstweilen wurden pro 1807 die <strong>aus</strong>geschrieben gewordene<br />

6000 f bis auf einen Betrag <strong>von</strong> 343 f 10 V2 x eingehoben, und<br />

da pro 1808 bey noch nicht abgeschlossenem neüem<br />

22<br />

Steuerfuss keine neüe Steüer gefordert worden, so werden<br />

die fürstlichen diesfälligen Befehle gewärtiget.<br />

48. tens Die Vaduzer Weingärten werden dermalen für baares Geld<br />

gearbeitet, die übrige gegen die halbscheidige 79<br />

Fechsung.<br />

49. tens Die Weinzehend-Gerechtigkeit 80 hat die Obrigkeit bey<br />

Vaduz mit 73, bei Schaan und bey Triesen <strong>von</strong> Neurissen V3.<br />

Die Zehend-Control wird blos durch die Mittheilnehmer<br />

gepflogen, in einen Zehendtorkl durch einen Zehendmann<br />

zusammengetragen und dort nach <strong>dem</strong> Verhältnis der<br />

Zehendgebühr vertheilet.<br />

139


50. tens Die neüe Zollordnung 81 ist erst [kürzlich] der Nachbarschaft<br />

bekant gemacht worden und wird mit 1. July ihren Anfang<br />

nehmen. Das Oberamt hält die Zohl<strong>aus</strong>mass im Ganzen<br />

nicht übertrieben, nur allein bey <strong>dem</strong> <strong>aus</strong> Beyern häufig<br />

nach Graubünden passierenden Salz zu hoch gespannt,<br />

worauf das Oberamt per Fass 4 x Zohl projectirt hat, bei<br />

Ausfertigung der Zollordnung unter die Zentner per 3 x<br />

geworfen worden ist. Da nun ein derley Salzfass 5 bis 6<br />

Zentner wiegt,<br />

23<br />

so würde der neu gesetzte Zohl per Fass 15 bis 18 x betragen,<br />

welches bei einer Passage <strong>von</strong> 10830 Klaftern 82<br />

offenbar<br />

übertrieben wäre und daher auf die amtlich <strong>aus</strong>gesetzte<br />

Ausmass herabgesetzt werden sollte, um die Fuhrleute und<br />

Spediteurs nicht auf die Schweizer Seite <strong>aus</strong> Beyern zu<br />

leiten.<br />

51. tens Die Rothordung vom <strong>Jahre</strong> 1704, 83 nach welcher alle Fracht<br />

vom Bodensee bis ins Italien durch Bünden und Schweitz<br />

spedirt wird, hat durch die letzten Fridensschlüsse und<br />

Abänderung der Landeshoheiten ihre Endschaft erreicht, da<br />

die neüen Souveraine die Verbindlichkeiten aufgehoben<br />

haben, wesswegen die Kornhändler und Salz-Spediteure das<br />

Frachtlohn vom Bodensee bis Bünden zu vermindern<br />

getrachtet haben. Da <strong>dem</strong> hiesigen Unterthan ohnehin bei<br />

<strong>dem</strong> alt bemessenen Fuhrlohn kein Gewin übrig bleibt, so<br />

kann sich derselbe in diese Fuhrlohns-Verminderung nicht<br />

fügen. Daher wird es nothwendig, dass sich die Souverains<br />

über eine neü[e] Rothordnung vereinigen und solche nach<br />

einem gehörigen Verhältnis in Ausführung bringen lassen.<br />

Da nichts weiter zu erinnern wäre, wurde die Sitzung geschlossen.<br />

Vadutz, am 29.ten Juny 1808<br />

<strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong> manu propria<br />

Menzinger, Landvogt, manu propria<br />

Smieth manu propria<br />

140


ANMERKUNGEN ZUM BERICHT VOM 28. 6. 1808<br />

1. Bei der Erhebung waren <strong>Georg</strong> <strong>Hauer</strong>, Landvogt Franz Xaver Menzinger und<br />

Rentmeister Ferdinand Adolf Smieth anwesend. Vgl. Unterschriften am Schluss.<br />

2 Reskript: Verfügung, Erlass.<br />

3 faszikulieren: zusammengehörige Schriftstücke bündeln<br />

4 Index: Verzeichnis. Die <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong> festgestellte Einteilung liegt bis heute der<br />

Ordnung des ältesten Aktenbestandes (bis 1808) beim Liechtensteinischen<br />

Landesarchiv zugrunde.<br />

5 Principaliora: wichtigste Gegenstände. Dahin gehörten Grenzverträge und andere<br />

wichtige Verträge, gesetzliche Verordnungen, Instruktionen u.ä.<br />

6 Regalien: nutzbare Hoheitsrechte. Darunter fielen die Zölle, Weggelder, Konzessionsgelder<br />

für Gewerbe u.ä.<br />

7 Cameralien: Angelegenheiten der Domänenverwaltung (Weinberge, Wälder,<br />

Zehnten, Fronen, Lehen usw.).<br />

8 Territorialien: Angelegenheiten, die die Landeshoheit betrafen, z.B. Pfarreien,<br />

<strong>aus</strong>ländische Güterbesitzer, Rechtshilfeersuchen usw.<br />

9 Jurisdictionalien: Angelegenheiten, die die Gerichtsbarkeit betrafen. In der<br />

Menzinger-Registratur folgt hier noch ein eigener Abschnitt Criminalia.<br />

10 «Polizey» ist bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit «gute Ordnung» im weitesten<br />

Sinn gleichzusetzen. Hierunter fielen Wahlen, Schulen, Religion, Armenwesen,<br />

Sanität u.ä.<br />

11 Unter der Überschrift «Landschaft» sind alle Angelegenheiten zu finden, die die<br />

Verwaltung der beiden Landschaften betrafen (Steuern, Kontingent u.ä.).<br />

12 Das Exhibitenprotokoll war ein chronologisches Verzeichnis aller eingehenden<br />

Schriftstücke, in <strong>dem</strong> auch die Art der Erledigung und die Registraturnummer<br />

ersichtlich waren. Das liechtensteinische Oberamt bzw. die Regierung führte ab<br />

1808 bis 1930 Exhibitenprotokolle.<br />

13 Majorat - Herrschaften: jene Herrschaften, die als unverkäuflicher Familienbesitz<br />

galten und die immer an den Thronfolger vererbt werden mussten.<br />

14 Das Bemühen, die Nutzung der Herrschaften zu verbessern, erforderte überall die<br />

Einführung <strong>von</strong> Kontrollmassnahmen, um eine willkürliche oder missbräuchliche<br />

Verwendung der Gelder zu verhindern. Diese Kontrollen gaben auch Hinweise auf<br />

mögliche Rationalisierungsmassnahmen.<br />

15 Visier-Register: Kontrollregister.<br />

16 Verrait: Verrechnung.<br />

17 Artikel 16 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb die Einführung <strong>von</strong> Kontron-<br />

Registern vor, wie sie auf den fürstlichen Herrschaften zu führen waren.<br />

18 Taxnorm vom 5. I. 1702.<br />

19 Artikel 17 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb vor, dass ab 1. 1. 1809 alle Taxen<br />

und Gebühren in die landesfürstlichen Renten fliessen sollten und verrechnet<br />

werden mussten. Taxen und Gebühren wurden ab 1809 als Staatseinkünfte<br />

behandelt.<br />

141


20 Artikel 1 und 21 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieben bei den Verlassenschaftsabhandlungen<br />

die Einführung des auf den fürstlichen Herrschaften gebräuchlichen<br />

Verfahrens vor. Die Abhandlung <strong>von</strong> Hinterlassenschaften wurde zu einer Aufgabe<br />

des Oberamtes.<br />

21 fehlt.<br />

22 Artikel 1 und 20 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieben die Einführung des<br />

Grundbuches vor, wobei sich das Oberamt an die entsprechende Instruktion für die<br />

fürstlichen Herrschaften zu halten hatte.<br />

23 Artikel 23 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb beim Rentamt die Schaffung<br />

eines Depositenamtes nach <strong>dem</strong> Vorbild der übrigen fürstlichen Herrschaften vor.<br />

Untertanen konnten nun Gelder gegen Verzinsung in obrigkeitliche Verwahrung<br />

geben.<br />

24 Reambulation: Begehung.<br />

25 Haselbach: Hasenbach.<br />

26 Spirz-Bach: Spiersbach.<br />

27 Banks: Bangs.<br />

28 Artikel 23 der Dienstinstruktion beauftragte das Oberamt, die umstrittene<br />

Landesgrenze im Einvernehmen mit <strong>dem</strong> bayrischen Landrichter in Feldkirch zu<br />

regeln.<br />

29 In Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurden der «Landesgebrauch und<br />

derley hergebrachte Gewohnheiten» auf den 1. 1. 1809 aufgehoben. Vgl. S. 106.<br />

Anm. II.<br />

30 In Artikel 6 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 erhielt Landvogt Schuppler den<br />

Auftrag, «Zunfts-Generalien» (eine Zunftordnung) <strong>aus</strong>zuarbeiten. Schuppler<br />

unterliess die Ausarbeitung einer solchen Ordnung.<br />

31 Artikel 1 der Dienstinstruktion schreibt die Numerierung der Häuser und eine<br />

jährliche Seelenbeschreibung (= Volkszählung) vor. Die Numerierung der Häuser<br />

wurde durchgeführt, die jährlichen Volkszählungen wurden unterlassen.<br />

32 In Artikel 1 der Dienstinstruktion wurde der Landvogt beauftrag, eine Dienstbotenordnung<br />

<strong>aus</strong>zuarbeiten. Diese Arbeit unterblieb.<br />

33 Artikel 24 der Dienstinstruktion schreibt den Verkauf des Getreides zu den<br />

Feldkircher Marktpreisen vor.<br />

34 Artikel 13 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 verpflichtete die Ortsgerichte (Gemeindebehörden)<br />

zur jährlichen Rechnungslegung zu Händen des Oberamtes.<br />

35 In Butschowitz (Mähren) befand sich die zentrale Buchhaltung für den gesamten<br />

fürstlichen Besitz. Diese hatte die Aufgabe, alle Rechnungsbücher der verschiedensten<br />

Herrschaftsämter zu kontrollieren und zu revidieren. Artikel 25 der<br />

Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 bestimmte, wie die Rechnungsbemängelungen der<br />

fürstlichen Buchhaltung vom Oberamt zu beantworten waren.<br />

36 In Artikel 26 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurden das Oberamt und die Jäger<br />

beauftragt, vermehrt auf Waldschäden zu achten und Waldfrevel exemplarisch zu<br />

bestrafen.<br />

36a expirieren: den Geist aufgeben, hier: <strong>aus</strong>laufen.<br />

142


37 Die erwähnte Übersicht über die Schupflehen fehlt. Artikel 27 der neuen<br />

Dienstinstruktion bestimmte, dass die Weinpreise vom Oberamt bestimmt werden<br />

mussten. Die Weinpreise, nach denen das Umgeld (Getränkesteuer) berechnet<br />

wurde, waren früher <strong>von</strong> den Vorstehern bestimmt worden. Vgl. Alois Ospelt,<br />

Wirtschaftsgeschichte, JBL 72, S. 405/6.<br />

38 Artikel 26 der Dienstinstruktion schrieb für die obrigkeitlichen Wälder die<br />

Einführung <strong>von</strong> Holzprotokollen vor, in die jeder Holzverkauf und jede<br />

Holzabgabe (z.B. für Wuhrbauten) einzutragen war.<br />

39 Artikel 29 der Dienstinstruktion übertrug <strong>dem</strong> Oberamt die Aufsicht über die<br />

«eigenthümlichen Waldungen», mit denen im wesentlichen die Gemeindewaldungen<br />

gemeint waren.<br />

40 In Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde der Landsbrauch aufgehoben<br />

und Landvogt Schuppler beauftragt, eine neue Intestat- und Erbfolgeordnung<br />

<strong>aus</strong>zuarbeiten. Diese wurde dann bereits auf den 1. 1. 1809 in Kraft gesetzt.<br />

41 Artikel 10 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 unterstellte die Verwaltung der<br />

Kirchenvermögen der Aufsicht des Oberamtes. Diese Verordnung wurde nicht<br />

durchgeführt.<br />

42 Artikel 30 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 bestimmte, dass durch regelmässige<br />

Kontrollen der verpachteten Gründe darauf geachtet werden sollte, dass keine<br />

Wertminderung durch eine nachlässige Bewirtschaftung eintrat.<br />

43 Artikel 31 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb vor, dass die Pächter des<br />

Meierhofs jährlich 30 veredelte Obstbäume anpflanzen sollten. Darüber hin<strong>aus</strong><br />

sollten die Untertanen angehalten werden, vermehrt Obstbäume zu pflanzen.<br />

44 Artikel 32 der neuen Dienstinstruktion schrieb vor, dass die landesfürstlichen<br />

Gebäude bei der Aufteilung der Gemeinheiten jeweils einen eigenen Teil zu<br />

bekommen hatten.<br />

45 Die Stationierung <strong>von</strong> 4 fürstlichen Grenadieren wird in der neuen Dienstinstruktion<br />

nicht erwähnt. Dies ist der einzige wichtige Vorschlag <strong>Hauer</strong>s, der nicht in die<br />

Dienstinstruktion aufgenommen wurde.<br />

46 normalmässig: den Normalien (= Vorschriften) entsprechend. Zahlreiche Bereiche<br />

der fürstlichen Verwaltung, so auch die Bezüge der Beamten, waren durch<br />

Normalien geregelt.<br />

47 Bei der Bearbeitung des <strong>Bericht</strong>s <strong>von</strong> <strong>Hauer</strong> in Wien wurde am Rand folgende<br />

Bemerkung angebracht: «Muss alles nach den höchsten Feldkircher Marktpreisen<br />

beigeschaft werden, so zimlich hoch zu stehen kommet und mit Aufstellung 1 Paar<br />

obrigkeitlicher Pferde viel an derStrass zugerichtet werden könnte. Dagegen fielen<br />

die vielen Gründe, so der Landvogt genoss (?), zu Verpachten nehmen(?).»<br />

48 «obern Bock» und «Buchwald» sind als Flurnamen in Vaduz nicht bekannt,<br />

gemeint war wohl das Gebiet oberhalb des Bockwingerts (heute «Villenquartien>).<br />

Offenbar befand sich dort damals ein Buchenwald.<br />

49 Die Artikel 3 und 4 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 bestimmten, dass die Riede ins<br />

Privateigentum aufgeteilt und anschliessend entwässert und melioriert werden<br />

sollten.<br />

143


50 Artikel 31 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb vor, dass die Gründe des<br />

Schwefelhofes nicht mehr auf Leibgeding verpachtet, sondern beim Tod eines<br />

Pächters eingezogen werden sollten. Die neuen Pachtverträge sollten zeitlich<br />

befristet werden.<br />

51 Marina: Maree (Ospelt. Liechtensteinische Orts- und Flurnamen, JBL 1911, S. 72).<br />

52 Artikel 33 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 bestimmte, dass über die Abgabe <strong>von</strong><br />

Dünger an die landesherrlichen Weinberge ein Register geführt werden musste und<br />

der nicht beanspruchte Dünger in Geld abgelöst werden sollte.<br />

53 Diese Übersicht ist wiedergegeben S. 146 ff.<br />

54 Reluirung: Ablösung durch Geldzahlungen.<br />

55 In Artikel 35 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde die Ablösung der Fronen durch<br />

jährlich zu leistende Geldzahlungen angeordnet.<br />

56 Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb eine jährliche «Seelenbeschreibung»<br />

(= Volkszählung) vor.<br />

57 1 Mass: vermutlich 1 Mass 1 (= 1,714 1 bei rauher Frucht und 1,544 1 bei glatter<br />

Frucht).<br />

58 1 Wiener Mass: 1,4147 1.<br />

59 1 Viertel = 14,14724 1.<br />

60 Die Reorganisation der Ziegelbrennerei in Nendeln wurde in Artikel 36 der neuen<br />

Dienstinstruktion angeordnet. Im wesentlichen ging es dabei darum, dass das<br />

Oberamt sich vermehrt um den Absatz der Ziegel kümmern sollte und alle<br />

Einnahmen und Ausgaben genau zu verrechnen waren.<br />

61 Aemper: Eimer.<br />

62 Artikel 37 der Dienstinstruktion schrieb die Ausarbeitung einer Feuerlöschordnung<br />

und die Anschaffung <strong>von</strong> Feuerlöschgeräten (Eimer, Leitern und Haken) vor.<br />

63 Randbemerkung: «Ist zu voluminös, wird mitist Post Wangen folgen.» In Artikel<br />

38 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde das Oberamt ernstlich ermahnt, in<br />

Zukunft beim Rentamt keine rückständigen Zahlungen mehr zu dulden.<br />

64 In Artikel 39 der neuen Dienstinstruktion wird angeordnet, dass alle Schuldscheine<br />

darauf zu überprüfen waren, ob <strong>aus</strong>reichende Sicherheiten vorhanden waren.<br />

65 In Artikel 40 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 wurde das Oberamt verpflichtet, über<br />

die Vermögen <strong>von</strong> Waisen Rechnungen zu führen. Eine diesbezügliche Instruktion,<br />

an die man sich auch auf den andern fürstlichen Herrschaften zu halten hatte,<br />

wurde <strong>dem</strong> Oberamt in Vaduz vorgeschrieben.<br />

66 Nach Artikel 18 der neuen Dienstinstruktion hatte der Rentmeister die Rentamtsbücher<br />

«nach Art der Majorat - Herrschaften» zu führen. <strong>Der</strong> Landvogt musste alle<br />

Geldanweisungen signieren.<br />

67 Artikel 1 der Dienstinstruktion <strong>von</strong> 1808 schrieb die Ausarbeitung einer neuen<br />

Erbfolgeordnung und die Ausarbeitung eines Grundbuchspatents vor. Darin wurde<br />

die Zuschreibung eines Teils der Gründe zu den Häusern vorgeschrieben und die<br />

weitere Aufteilung der Güter bei Erbschaften verboten.<br />

68 vgl. Anm. 63.<br />

69 «Special Charte <strong>von</strong> <strong>dem</strong> inneren Theil des Reichs-Fürstenthums Liechtenstein<br />

144


nebst Anzeigen dessen Landes-Beschaffenheit, auf gnädigsten Befehl des regierenden<br />

Herrn Fürsten Joseph Wenzel <strong>von</strong> und zu Liechtenstein aufgenommen und<br />

verfertigt vom 28. ten Octobris bis ultimo Decembris Anno 1756 durch Kolleffel,<br />

Obristlieutnant.» Die Karte befindet sich heute in der Kartensammlung der<br />

Zentralbibliothek Zürich. Über die hier erwähnte Kopie <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Jahre</strong> 1790 ist<br />

nichts bekannt.<br />

70 Solarii: Gehalt.<br />

71 Schüttboden: Getreidespeicher.<br />

72 Amtsbote war Johann Rheinberger (1764 - 1828) <strong>aus</strong> Vaduz. Vgl. dazu: «Das<br />

politische Tagebuch des Amtsboten Johann Rheinberger <strong>von</strong> Vaduz», hrsg. <strong>von</strong><br />

Rudolf Rheinberger. JBL 1958, S. 225 -238.<br />

73 Mitinteressenten: Mitbezüger <strong>von</strong> Zehenden.<br />

74 Johann Baptist Schreiber (geb. 1763) war Weingartenmeister und Zehenteinnehmer<br />

in Mauren. Vgl. Tschugmell, Beamte 1681 - 1840. JBL 1947, S. 87.<br />

75 1 Malter: 219, 385 1 bei rauher Frucht und 197, 703 1 bei glatter Frucht. Artikel 41<br />

der neuen Dienstinstruktion bestimmte, dass in Zukunft die Zehenteinnahmen<br />

unter amtlicher Kontrolle erfolgen und darüber genau Buch geführt werden müsse.<br />

76 Steuer-Fassion: Steuererklärung.<br />

77 Fatirung: Angaben über den Wert machen, für die Steuererklärung.<br />

78 Am 22. April 1807 war eine neue Steuerordnung erlassen worden, die auf <strong>dem</strong><br />

Grundsatz aufgebaut war, dass das Land für alle Kosten der inneren und äusseren<br />

Staatsverwaltung aufzukommen hatte. Sämtliche Vermögen im Lande wurden der<br />

Steuerpflicht unterstellt. Die Steuerprivilegien der Grundherren wurden abgeschafft.<br />

Die Reorganisation des Steuerwesens verlangte eine Schätzung des Werts<br />

der Güter, die vom Amtsboten Johann Rheinberger vorgenommen wurde.<br />

79 halbscheidig: gegen den halben Ertrag.<br />

80 Weinzehend-Gerechtigkeit: Rechtsanspruch auf den Weinzehent.<br />

81 Durch die Verordnung vom 5. 6. 1808 über Zölle, Umgelder und Mauten wurden<br />

die entsprechenden Tarife erhöht.<br />

82 1 Klafter = 1,896484 m. Die Länge der ganzen Landstrasse wurde also auf 20,5 km<br />

berechnet.<br />

83 Die Rodordnung <strong>von</strong> 1704 ist nicht bekannt, hingegen werden in der Literatur<br />

spätere Rodordnungen <strong>von</strong> 1756 und 1782 erwähnt. Vgl. Alois Ospelt, Wirtschaftsgeschichte<br />

JBL 1972, S. 328 ff. Rodordnungen enthielten Bestimmungen für das<br />

Fuhrwesen und legten fest, wer auf welchen Strassenabschnitten die Ware (gegen<br />

Entgelt) transportieren durfte.<br />

145


ZUSAMMENSTELLUNG DER FRONDIENSTE<br />

(Beilage zum <strong>Bericht</strong> vom 28. Juni 1808)<br />

Fürstenthum<br />

Liechtenstein<br />

AUSZUG<br />

AUS DEM DIESHERRSCHAFTLICHEN URBARIO 1<br />

über die <strong>von</strong> denen Unterthanen zu leisten habenden Frohndienste,<br />

als:<br />

Urbar<br />

folio<br />

8 Jeder Insass der Grafschaft Vadutz ist 2 Tage zu jagen<br />

schuldig, doch ist man ihnen schuldig zu essen zu geben.<br />

8 v Die Triesnerberger sind im Nothfall einem Herrn jagen zu<br />

helfen schuldig. Mehr sind sie schuldig, Wald oder Zimmerholz,<br />

so man zum Schloss nothdürftig ist, zu hauen und zu<br />

führen an Ort und End, wo man es mit Wägen oder Rädigen<br />

holen mag, da ist man ihnen einen guten Marent (Vesperbrod-Imbis)<br />

zu geben schuldig, und die im Land führen<br />

solches darnach mit ihren Mähninen (Zugvieh) auf das<br />

Schloss oder wo es <strong>von</strong>nöthen.<br />

Und was zum Schloss zu führen, zum Gebräu gehörig,<br />

sollen sie führen, und wann ein Hofhaltung im Schloss ist,<br />

soll man ihnen die Speis samt <strong>dem</strong> Trunk geben, wann aber<br />

keine Hofhaltung dort ist, sollen sie <strong>von</strong> jeder Fuhr geben<br />

6 xr.<br />

Und wann im Gebürg Wildprät geschossen wird, so soll den<br />

Waisern (Triesenbergern, Ansiedler <strong>aus</strong> Wallis), so solchs<br />

her<strong>aus</strong>tragen, wann ein Hofhaltung da wäre, zu essen und<br />

ein Trunk gegeben werden, wann aber keine da wäre, soll<br />

jedermann ein Batzen (4 x) für seine Mühe empfahen und<br />

volgends soll solch Wildprät mit einem Ross stracks zu der<br />

Hofhaltung geliefert werden.<br />

13 v Schaan und Vadutzer sind Brennholz zur Mühle zu hauen<br />

und zu führen schuldig, dagegen ist man ihnen einmal zu<br />

essen zu geben schuldig. 2<br />

146


14 Zu <strong>dem</strong> Vadutzer Weingarten Bock und jenem Stückl<br />

2<br />

Urbar<br />

folio<br />

Weingarten am Weg zum Schloss ist jede Vadutzer und<br />

Schaaner H<strong>aus</strong>haltung der Herrschaft 1 Fuder Dung zu<br />

geben und zuzuführen schuldig, dann auch die Weinstecken<br />

zuzuführen gehalten, doch nur so weit her, dass sie in einem<br />

Tag wieder heim kommen mögen, dann soll man ihnen<br />

einmal zu essen geben.<br />

Mehr sollen diese 2 Tag, der gemeine Mann 1 Tag in diesen<br />

Weingärten hauen und gruben, da soll man ihnen den Imbis,<br />

den Marent und zu Nacht je<strong>dem</strong> ein Hofbrod geben.<br />

Ferner sollen sie den Wein <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Pressh<strong>aus</strong> im Bockweingarten<br />

aufs Schloss führen, da soll man Leut und Vieh zu<br />

essen geben.<br />

14 v Zu <strong>dem</strong> Triesner untern Weingarten soll jeder, der im<br />

Balzerer Kirchspiel sitzt, jährlich ein Fuder Dung zu geben<br />

und führen schuldig, dagegen soll ihnen ein Herr einmal zu<br />

essen geben. Desgleichen auch die Weinstecken führen, so<br />

wie beim Weingarten Bock gedacht. Dann sollen sie diesen<br />

Weingarten wohl verzäunen, ferners diesen Weingarten<br />

hauen und gruben, da soll man ihnen den Imbis, Marent<br />

und zu Nacht je<strong>dem</strong> ein Hofbrod geben. Sollen auch die<br />

Trauben <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Weingarten in den Torkl und der Wein <strong>aus</strong><br />

<strong>dem</strong> Torkel ins Schloss führen, da soll man ihnen zu essen<br />

geben. Und so wie die im Balzerer Kirchspiel gesessenen mit<br />

<strong>dem</strong> untern Weingarten in Triesen zu thun schuldig sind, so<br />

sollen alle, die im Dorf Triesen gesessen, mit <strong>dem</strong> obern<br />

Weingarten in Triesen auch thun, dagegen soll man ihnen zu<br />

essen geben wie vor gesagt.<br />

15 Es werden aber diese Weingarten derzeit um halben Wein zu<br />

bauen verliehen.<br />

15 v Vadutz und Schaaner sind schuldig jährlich 3 Tag die<br />

Schlossgüter zu pflügen und zu hauen (statt eggen), da soll<br />

man Leut und Vieh 2 mal zu essen geben und zu Nachts<br />

je<strong>dem</strong> 1 Hofbrod.<br />

147


16 Die zu Triesen im Dorf gesessenen seyn schuldig, wann ein<br />

Herr im Mayerhof bauen lassen will, 1 Tag mit 2 Pflügen zu<br />

bauen; da soll man Leut und Vieh zu essen geben. Mehr, so<br />

ist das halbe Dorf zu Triesen schuldig, im Mayerhof 1 Tag zu<br />

mähen und das andere halbe Dorf zu heuen; da soll man<br />

ihnen zu essen geben.<br />

Auch haben die Vadutzer und Schaaner einem Herrn die<br />

Wiese in der Au (gewiss das Haberfeld ?) zu zäunen, mähen,<br />

heuen und Heu zu führen; da soll man ihnen zu jeglichem<br />

Werk zu essen geben.<br />

SCHELLENBERGER HERRSCHAFT<br />

BETREFFEND<br />

8 Jeder in der Herrschaft Gesessener thut der Herrschaft<br />

jährlich 1 Tagwerk. 3<br />

Was für Zimmer und Bauholz zu führen der Herrschaft<br />

Nutz an Ort und End, wo mans begehrt, dagegen man ihnen<br />

zu essen und ein Trunk giebt. 4<br />

Korn und Wein <strong>aus</strong> dieser Herrschaft auf das Schloss Vadutz<br />

zu liefern, da man auch zu essen giebt, wann aber kein<br />

Hofhaltung daselbsten, soll für jede Fuhr 3 Batzen (12 x)<br />

bezahlt werden. 5<br />

3<br />

Zu hagen (zäunen) und zu jagen. 6<br />

Ittem die Früchte, so bishero <strong>aus</strong> der untern Grafschaft bis<br />

zum Pawre 7<br />

auf <strong>dem</strong> Wasser geführt, <strong>von</strong> Früchten oder<br />

anderen, dasselbig <strong>von</strong> dar gen Vadutz zu führen schuldig.<br />

148


ANMERKUNGEN ZU DEN FRONDIENSTEN<br />

1 Die Seitenzahlen beziehen sich auf die Abschriften <strong>von</strong> 1701 für das Urbar der<br />

Grafschaft Vaduz und <strong>von</strong> 1698 für das Urbar der Herrschaft Schellenberg.<br />

Vgl. LUB 1/4 S. 327 ff und S. 445 ff.<br />

2 Schwer lesbare Anmerkung: «(. ..) nach <strong>dem</strong> Contract der Müller.»<br />

3 Anmerkung: «wird nicht gebraucht».<br />

4 Anmerkung: «geschieht ä 6 xr fürs Paar Zugvieh».<br />

5 Anmerkung: «Geschieht eben ä 6xr fürs Paar Zugvieh und beim Weinführen den<br />

Trunk.»<br />

6 Anmerkung: «wird nicht genutzt».<br />

7 Pawren: Bauern bei Altach, Vorarlberg.<br />

Vgl. LUB 1/4, S. 468, Anm. 1.<br />

149

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