Theater Nordhausen
Theater Nordhausen
Theater Nordhausen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Musikalisches Drama mit geschichtlichem Hintergrund<br />
in vier Bildern von Luigi Illica<br />
Musik von Umberto Giordano<br />
„Die Kunst macht nur die Reime,<br />
das Herz ist der Dichter.“<br />
André Chénier<br />
Gefördert durch die Kreissparkasse <strong>Nordhausen</strong><br />
Spielzeit 2012/2013<br />
Anja Daniela Wagner, Yoontaek Rhim
DIE HANDLUNG<br />
4<br />
Erstes Bild<br />
Alles wird vorbereitet, um im Schloss<br />
der Gräfin di Coigny ein rauschendes<br />
Fest zu feiern. Carlo Gérard begehrt gegen<br />
das vom Vater geerbte, verhasste<br />
Diener-Schicksal auf. Nur wenn die<br />
gräfliche Tochter Maddalena erscheint,<br />
neben der er aufgewachsen ist, geht<br />
für ihn die Sonne auf. Zum Fest, das<br />
Maddalena gern weniger konventionell<br />
feiern würde, erscheint die Prominenz<br />
der Zeit und berichtet in der Provinz<br />
von den Ereignissen in Paris. Dort<br />
beginnt die Revolution. Zu den Gästen<br />
gehört auch André Chénier, ein den<br />
Idealen der Revolution aufgeschlossener<br />
Dichter aus Paris, ein Außenseiter<br />
auf dem aristokratischen Fest.<br />
Maddalena provoziert ihn und erkennt,<br />
dass Chéniers Gedanken ihren nahe<br />
sind. Gérard stört das Fest, indem er<br />
einen Zug elendig Hungernder anführt<br />
und seinen Dienst aufkündigt.<br />
Zweites Bild<br />
Auf einem Platz in Paris. Zunächst war<br />
Chénier im revolutionären Paris gefeiert<br />
worden, doch im Zuge der Schreckensherrschaft<br />
Robespierres ist er<br />
verdächtig geworden, die Ideen der Revolution<br />
zu verraten, und wird bespitzelt.<br />
Sein Freund Roucher will ihm mit<br />
einem Pass zur Flucht verhelfen, doch<br />
Chénier hat Liebesbriefe von einer<br />
Unbekannten erhalten, die ihn am Ort<br />
halten. So trifft er Maddalena, die ihm<br />
auf der Flucht geschrieben hat, um bei<br />
ihm, der in der neuen Zeit Erfolg hatte,<br />
Schutz zu suchen. Doch nicht nur er<br />
wird inzwischen bespitzelt; Maddalena<br />
ist von Gérard, der politisch Karriere<br />
gemacht hat, gesucht worden. Gérard<br />
findet sie bei Chénier, und es kommt zu<br />
einem eifersüchtigen Kampf, bei dem<br />
Chénier Gérard schwer verwundet.<br />
Drittes Bild<br />
Sitzungssaal des Revolutionstribunals.<br />
Gérard ist wieder genesen und setzt<br />
sich dafür ein, dass die Bürger, die den<br />
Verhandlungen beiwohnen, auch für<br />
die Revolution und ihre Kriege opfern.<br />
Für Chénier, den er hat verhaften lassen,<br />
schreibt er die denunzierende Anklage.<br />
Gérard hat sich gewandelt vom<br />
Sklaven, der die Befreiung des Volkes<br />
wollte, zum Machthaber, der seiner<br />
Gier wegen Chénier als Nebenbuhler<br />
ans Leben will. Maddalena ist durch<br />
die Revolution nichts geblieben als ihre<br />
Liebe zu Chénier. Als sie sich Gérard<br />
gar hingäbe, um den Geliebten vor dem<br />
Tod zu retten, lenkt Gérard ein und widerruft<br />
seine Anklage vor dem Tribunal.<br />
Doch ein gefälltes Todesurteil ist in der<br />
Revolution nicht zu revidieren.<br />
Viertes Bild<br />
Gefängnis St. Lazare. Hier entstehen<br />
Chéniers ergreifendste Verse. Während<br />
Gérard noch hofft, bei Robespierre Begnadigung<br />
für Chénier zu erwirken,<br />
schließt Maddalena mit dem Leben ab:<br />
Von Gérard hat sie sich einen Besuchsschein<br />
für das Gefängnis ausstellen<br />
lassen. Sie betritt es, um Chénier nahe<br />
zu sein und rettet mit dem Besuchsschein<br />
eine zum Tode Verurteilte. An<br />
deren Stelle steigt sie – für immer<br />
vereint mit Chénier– aufs Schafott.<br />
Sabine Mucke, Hugo Mallet<br />
5
DER VERGESSENE DICHTER<br />
von Anja Eisner<br />
6<br />
Mein Blitz ist nie aus schnödem Groll herabgefahren;<br />
„Vaterland!“ – mein Schlachtgeschrei;<br />
„Friede!“ – mein Gebet und meine Kriegsfanfaren;<br />
„Gerechtsein!“ – meine Raserei.<br />
Und gegen schlammgebor’ne Schlangenbrut mein Feuer<br />
Zu schleudern, ist mein gutes Recht:<br />
Ausrotten, mitleidlos, die gift’gen Ungeheuer<br />
Gibt Leben menschlichem Geschlecht!<br />
7<br />
Der dies schrieb, war der adelige französische<br />
Lyriker André Marie de Chénier,<br />
der 1762 als Sohn des französischen<br />
Gesandtschaftsrates in Konstantinopel<br />
geboren wurde, und der 31-jährig in der<br />
Französischen Revolution 1794 auf der<br />
Guillotine geköpft wurde.<br />
Infolge des Siebenjährigen Krieges<br />
wurde der Vater Diplomat in Nordafrika,<br />
und die Familie übersiedelte, als André<br />
drei Jahre alt war, nach Frankreich. Erst<br />
elfjährig folgte André, der mit seinem<br />
jüngeren Bruder nach Südfrankreich<br />
zu einem Onkel gebracht wurde, seiner<br />
Mutter und den drei älteren Brüdern<br />
nach Paris. Dort erlebte der kleine,<br />
untersetzte, aber ungewöhnlich charmante<br />
Junge die Salons, die seine Mutter,<br />
eine gebürtige Griechin, wöchentlich<br />
abhielt. Schon bei seinem Onkel<br />
hatte er zu dichten begonnen: Melancholisches<br />
um Erotik, Eifersucht und<br />
andere Leidenschaften eines Heranwachsenden.<br />
Schnell wurde er gerngesehener<br />
Gast der Pariser Salons und<br />
Boudoirs. Seine Sensibilität bewahrte<br />
ihn davor, sich in den Trubel des Geschehens<br />
um ihn herum einbeziehen<br />
zu lassen. Stattdessen erhielt er sich<br />
seine von den griechischen Klassikern<br />
inspirierte poetische Sicht. Er übersetzte<br />
die antiken Klassiker und wurde<br />
für die Schönheit seiner Alexandriner<br />
bewundert. Nach dem Erstdruck seiner<br />
Werke (25 Jahre nach seiner Hinrich-<br />
tung) fand sein wehmütiger Grundton<br />
ein offenes Ohr bei den Romantikern<br />
des 19. Jahrhunderts.<br />
Für eine Militärlaufbahn war er nicht<br />
kräftig genug, so dass er 1787 Botschaftssekretär<br />
in London wurde.<br />
Im Sommer 1789, als die Revolution<br />
begann, war er im Urlaub in Paris und<br />
entschloss sich, als politischer Journalist<br />
vermittelnd zu wirken. Er trat für<br />
eine konstitutionelle Monarchie ein.<br />
So schrieb er mit am Plädoyer des Verteidigers<br />
von Louis XVI., der im August<br />
1792 abgesetzt und zur Persona non<br />
grata erklärt wurde. Chéniers Engagement<br />
führte auch zu seiner Verfolgung.<br />
Er floh nach Rouen, ging dann nach<br />
Versailles und wurde am 4. März 1794<br />
in Passy verhaftet. Dorthin hatte er<br />
eine Freundin begleitet, deren Mann<br />
des Verrats angeklagt war. Chénier<br />
wurde fünf Monate ins Gefängnis<br />
St. Lazare gesperrt. Als man ihm seine<br />
Anklage vor dem Revolutionstribunal<br />
verlas, stellte sich heraus, dass man<br />
ihn mit seinem jüngeren Bruder, der<br />
zuvor in St. Lazare gefangen gehalten<br />
wurde, verwechselt hatte. Der Irrtum<br />
wurde zwar aufgeklärt, aber das Urteil<br />
war bereits unveränderbar gefällt<br />
worden: Sofortiger Tod! Nur drei Tage<br />
vor dem Ende des Terrorregimes wurde<br />
André Chénier hingerichtet.<br />
Im Gefängnis hat Chénier eines<br />
seiner besten Werke verfasst, das<br />
Sabine Mucke, Kai Günther<br />
Poem „La jeune captive“, „Die junge<br />
Gefangene“. Zu dieser Meditation über<br />
das Gefängnis und den Tod wurde er<br />
von der verheirateten Anne (oder Aimée)<br />
de Coigny, die ebenfalls in St. Lazare<br />
eingesperrt war, inspiriert. Die Nachwelt<br />
erspann daraus eine Liebesbeziehung<br />
des Dichters (der übrigens nie<br />
verheiratet, aber mehrfach unglücklich<br />
verliebt war) zu der Frau. Doch<br />
möglicherweise hat die Coigny Chénier<br />
nicht einmal gekannt. In ihrer Autobiographie<br />
ist er nicht einmal erwähnt.<br />
Ebenfalls kurz vor seinem Tod schrieb<br />
er ergreifende Worte über die Poesie im<br />
Leben, ein Gedicht, das die Grundlage<br />
für Chéniers Arie „Come un bel dì di<br />
maggio“ im Schlussakt der Oper bildet.
8<br />
ZEITTAFEL DER FRANZÖSISCHEN REVOLUTION<br />
vor 1789<br />
Der Absolutismus hatte Frankreich an<br />
den Rand des Staatsbankrotts gebracht.<br />
Seit seinem Regierungsantritt 1774<br />
versucht Ludwig XVI. vergeblich, die<br />
Finanzkrise durch Einzelreformen zu<br />
beheben.<br />
1789<br />
5. Mai: Die Versammlung der Generalstände,<br />
die aus den Vertretern des Adels,<br />
der Geistlichkeit und des Dritten Standes<br />
(Bürgertum) besteht, wird eröffnet.<br />
17. Juni: Nachdem sich niederer Adel und<br />
Klerus dem Dritten Stand angeschlossen<br />
haben, erklärt sich dieser zur Nationalversammlung,<br />
d. h. zur einheitlichen<br />
Vertretung der Nation.<br />
20. Juni: Die Abgeordneten des Dritten<br />
Standes verpflichten sich durch einen<br />
Eid gegenseitig, nicht auseinanderzugehen,<br />
bis sie dem Land eine Verfassung<br />
gegeben haben.<br />
14. Juli: Als der Hof Truppen zusammenzieht<br />
und der Reformminister Necker<br />
entlassen wird, kommt es zum Sturm<br />
auf die Bastille, einem als Staatsgefängnis<br />
verwendeten Festungsbau. Die Erstürmung<br />
wird zum Signal für zahlreiche<br />
Aufstände der Bauern in den Provinzen<br />
gegen Adelssitze, Klöster und großbürgerlichen<br />
Besitz. Die Revolution ist offen<br />
ausgebrochen.<br />
August bis Dezember: Die Verfassunggebende<br />
Versammlung schafft alle Vorrechte<br />
des Adels ab. Mit der Erklärung<br />
der Menschen- und Bürgerrechte wird<br />
der ständische Staat abgeschafft, es<br />
gibt nur noch eine Nation freier und<br />
gleichberechtigter Staatsbürger.<br />
5./6. Oktober: Der König wird von der<br />
Pariser Bevölkerung gezwungen, von<br />
Versailles nach Paris zu ziehen.<br />
19. Dezember: Beginn einer Inflation.<br />
Papiergeld statt Hartgeldwährung.<br />
1791<br />
20.–25. Juni: Der König unternimmt mit<br />
seiner Familie einen Fluchtversuch, der<br />
mit seiner Festnahme und der Rückführung<br />
nach Paris endet.<br />
17. Juli: Der Girondist Brissot legt eine<br />
Bittschrift auf dem Marsfeld nieder, um<br />
Unterschriften für die Absetzung des<br />
Königs und die Einführung der Republik<br />
zu sammeln. Es kommt zu blutigen Zusammenstößen.<br />
14. September: Die neue Verfassung<br />
wird verkündet. Frankreich erhält eine<br />
konstitutionelle Monarchie, in der das<br />
absolute Königtum durch die Volksvertretung<br />
mit gesetzgebender Gewalt<br />
eingeschränkt wird.<br />
1. Oktober: Nachdem sich die Verfassunggebende<br />
Versammlung aufgelöst<br />
hat, tritt die Gesetzgebende Versammlung<br />
(Legislative) zusammen. In ihr<br />
haben die Republikaner die Mehrheit,<br />
die als Girondisten, Jakobiner und Cordeliers<br />
die politische Führung an sich<br />
reißen. Roland und Danton als Girondisten,<br />
später Robespierre, Saint-Just und<br />
Marat als Jakobiner werden zu bestimmenden<br />
Politikern.<br />
3. Dezember: Geheimes Ersuchen von<br />
Ludwig XVI. um eine preußische Intervention.<br />
1792<br />
20. April: Die Nationalversammlung<br />
beschließt den Krieg gegen Österreich.<br />
Friedrich Wilhelm von Preußen erklärte<br />
sich sofort mit Österreich solidarisch.<br />
So entstand die erste Koalition gegen<br />
Frankreich, der sich 1793 England<br />
anschloss.<br />
10. August: Danton bildet einen revolutionären<br />
Gemeinderat von Paris, mit<br />
dessen Unterstützung er die Tuilerien,<br />
den Wohnsitz der königlichen Familie<br />
stürmen lässt. Der König und seine<br />
Familie werden gefangengesetzt. Die<br />
Gesetzgebende Versammlung wird aufgelöst,<br />
die Wahl zu einer neuen Volksvertretung<br />
ausgeschrieben, Danton zum<br />
Justizminister gewählt.<br />
2.–6. September: Auf das Betreiben von<br />
Marat wurden mit der Duldung von Danton<br />
ungefähr 1400 Verdächtige, d. h.<br />
Royalisten und Kleriker, in ihren Gefängnissen<br />
umgebracht.<br />
21. September: Die neue Abgeordnetenversammlung,<br />
der Konvent, tritt zusammen.<br />
Er besteht nur aus Republikanern.<br />
Frankreich wird Republik. Unter Führung<br />
von Marat, Robespierre und Danton<br />
beginnt die Schreckensherrschaft des<br />
Konvents.<br />
1793<br />
Mitte Januar: Der König wird als Bürger<br />
Louis Capet vom Konvent verurteilt und<br />
am 21. Januar hingerichtet.<br />
6. April: Der Wohlfahrtsausschuss wird<br />
gebildet, ein außerparlamentarisches<br />
Organ mit der Befugnis, im Falle der<br />
Notwendigkeit jeden Bürger in den<br />
Anklagestand zu versetzen.<br />
10. Juli: Danton verlässt den Wohlfahrtsausschuss.<br />
13. Juli: Marat, der Präsident des Jakobinerklubs,<br />
wird von der Aristokratin<br />
Charlotte Corday ermordet.<br />
23. August: Danton verkündet den Krieg<br />
aller Franzosen. Es entstehen Volksheere<br />
aus freiwilligen Jugendlichen. Die äußere<br />
Gefahr wird abgewendet.<br />
5. Dezember: Danton will die Radikalisierung<br />
der Revolution eindämmen.<br />
Er findet Unterstützung bei Camille<br />
Desmoulins in der Zeitung „Le vieux<br />
Cordelier“.<br />
25. Dezember: Robespierre verteidigt im<br />
Konvent die radikale Revolutionspolitik.<br />
1794<br />
1.–4. April: Danton und seine Anhänger<br />
werden nach drei Verhandlungstagen<br />
zum Tode verurteilt.<br />
8. Juni: Robespierre begründet den Kult<br />
des „Höchsten Wesens“ und macht sich<br />
zum Oberpriester.<br />
10. Juni–27. Juli: Der „Grand Terreur“<br />
Marian Kalus<br />
bringt allein in Paris 1285 Menschen auf<br />
die Guillotine.<br />
25. Juli: Hinrichtung André Chéniers.<br />
27. Juli: Der Konvent lässt Robespierre<br />
verhaften.<br />
28. Juli: Robespierre wird hingerichtet.<br />
1795<br />
Die von der Konventsmehrheit geschaffene<br />
Direktorialverfassung tritt in Kraft.<br />
Träger der Exekutive wird ein Direktorium<br />
von fünf Mitgliedern des bisherigen<br />
Konvents. Die Volksvertretung besteht<br />
jetzt aus zwei Kammern, dem Rat der Alten<br />
mit 250 und dem Großen Rat mit 500<br />
Mitgliedern, die nach einem Zensuswahlrecht<br />
gewählt werden. Damit ist der<br />
Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts<br />
als Ausdruck der politischen Gleichheit<br />
aufgegeben worden. Das durch die<br />
Revolution emporgehobene Bürgertum<br />
wird auf Grund seines Besitzes jetzt zur<br />
bestimmenden Macht. Die jakobinische<br />
Außenpolitik wird fortgesetzt.<br />
1799<br />
General Napoleon Bonaparte, ein Anhänger<br />
der Jakobiner, nutzt die Unpopularität<br />
des Direktoriums und stürzt es<br />
durch einen Staatsstreich. Er lässt sich<br />
zum Ersten Konsul wählen und beendet<br />
die Revolution, die auf diese Weise von<br />
einer Militärdiktatur abgelöst wird.<br />
9
DER MENSCH IST MEHR EIN GEFÜHLSWESEN<br />
ALS EIN VERSTANDESWESEN<br />
Interview mit dem Regisseur Toni Burkhardt<br />
10<br />
Warum hast du dich für eine Inszenierung<br />
des – im Vergleich zu Puccinis<br />
Verismo-Opern – selten gespielten<br />
„André Chénier“ entschieden?<br />
„Tosca“, „La Bohème“, „Madame Butterfly“<br />
haben wir vor wenigen Jahren<br />
erst gespielt. Der Vorschlag des Intendanten,<br />
„André Chénier“ zu machen,<br />
war eine tolle Idee, weil dieses Werk<br />
den Opern Puccinis in nichts nachsteht.<br />
Hätte Giordano mehr so großartige<br />
Opern geschrieben, wäre er viel öfter<br />
im Repertoire. Die Oper ist aber keine<br />
Ausgrabung, sie ist nur für <strong>Nordhausen</strong><br />
etwas Besonderes. Es braucht ein<br />
großes Sängerensemble, so dass man<br />
„André Chénier“ sonst eher an großen<br />
Häusern findet. Und im Prinzip ist es<br />
auch eine besondere Herausforderung,<br />
wenn man das große geschichtliche<br />
Gemälde vom Beginn der französischen<br />
Revolution 1789 bis zur Zeit des Terrors<br />
1794 in einer Operninszenierung aufarbeiten<br />
oder gar noch einen größeren<br />
Bogen spannen will – ohne die Handlung<br />
aus der Zeit herauszunehmen.<br />
„André Chénier“ hat eine sehr spannende<br />
Geschichte, die nicht zu Unrecht<br />
häufig mit der aus „Tosca“ verglichen<br />
wird. Nicht zufällig sind die beiden<br />
Opern vom gleichen Librettisten.<br />
Welche Rolle hat für dich gespielt,<br />
dass Chénier eine historisch belegte<br />
Figur ist?<br />
Darüber habe ich mir überhaupt gar<br />
keine Gedanken gemacht. Aber schöne<br />
Gedichte hat er geschrieben. (lacht):<br />
Aber mal im Ernst: Die Gedichte von<br />
André Chénier sind noch viel unbekannter<br />
als die Oper. Gäbe es die Oper<br />
nicht, würde niemand mehr von Chénier<br />
reden. Er lebt durch die Oper weiter.<br />
Sein Schicksal ist exemplarisch für<br />
das vieler Dichter, die in ihrer Zeit mit<br />
der Gesellschaft in Konflikt geraten,<br />
ins Gefängnis kommen, ins Exil gehen<br />
oder hingerichtet werden.<br />
Maddalena ist eine erfundene Figur.<br />
Kann eine so romantisch angelegte Frau<br />
überhaupt ernst genommen werden?<br />
Ich finde, dass die erfundenen Figuren<br />
die lebendigsten sind. Ja, Maddalena<br />
ist sehr romantisch, aber neben dem<br />
historischen Hintergrund gibt es eben<br />
auf der anderen Seite auch die Handlung<br />
mit dem Dreieckskonflikt.<br />
Die Frage ist nicht, wie romantisch sie<br />
ist, sondern, warum macht sie das alles<br />
so! Am Anfang ist sie Teil der Gesellschaft,<br />
in der ihr alles auf die Nerven<br />
geht, über die sie sich bewusst lustig<br />
macht, aus der sie versucht auszubrechen.<br />
Aber sie ist Teil davon und spielt<br />
ein stückweit auch darin mit. Dann<br />
wandeln sich die Dinge, sie steht nicht<br />
mehr an der Spitze der Gesellschaft,<br />
sondern sie ist eine Verfolgte, die sich<br />
verstecken muss. Damit heißt dann die<br />
Frage, warum sie Schutz bei Chénier<br />
sucht. Sie glaubt, dass er der einzige<br />
ist, der sie versteht. Das ist zwar romantisch,<br />
aber im Prinzip sind das zwei<br />
Seelenverwandte. Das kommt nicht so<br />
häufig vor, nicht Liebe auf den ersten<br />
Blick, sondern Giordano und sein Librettist<br />
haben Seelenverwandtschaft<br />
gemeint. Das ist z. B. im Schlussduett<br />
zu hören. Maddalena sagt, dass sie mit<br />
Chénier sterben will. Erst will er das gar<br />
nicht wahrhaben, aber dann sagt er:<br />
„Du bist das Ziel meines Daseins“, und<br />
sie stimmt ein: „Unsere Liebe ist die<br />
Liebe der Seelen.“<br />
Thomas Kohl, Hugo Mallet<br />
Maddalena ist auch auf anderer Ebene<br />
ein bisschen ein Pendant zu Chénier.<br />
Er schaut sich die Gesellschaft als politischer<br />
Dichter an und zeigt die Missstände<br />
auf. Für ihn ist es egal, welches<br />
System herrscht. Er legt die Finger in<br />
die Wunden beim alten und beim neuen<br />
System, folgt nicht bedingungslos einer<br />
Farbe; er eckt im alten und im neuen<br />
System an und wird zum Verfolgten.<br />
Sie will aus der alten Gesellschaft ausbrechen,<br />
weil sie nicht funktioniert und<br />
sucht in der neuen Platz. Aber da gibt<br />
es auch keinen Platz für sie. Das singt<br />
sie in der Arie „La Mamma morta“. In<br />
dieser Situation war Chénier da, der sie<br />
liebte und ihr Halt gab, „Lächle, hoffe,<br />
ich bin die Liebe“ – nur hier wurde sie<br />
gebraucht. Aus diesem schwer zu beschreibenden<br />
Miteinander heraus kann<br />
es logisch sein, gemeinsam in den Tod<br />
zu gehen. Man kann natürlich nicht<br />
ungebrochen zeigen, dass hier große<br />
Helden in den Tod gehen; sie haben<br />
auch eine Scheißangst davor! Aber sie<br />
geben sich gegenseitig die Kraft, das<br />
durchzustehen.<br />
Gérard, der Gegenspieler Chéniers, ist<br />
im Gegensatz zu vielen verbürgten Gestalten<br />
der Revolution wie Fouquier-<br />
Tinville z. B., ebenfalls erfunden. Leidet<br />
da nicht die Authentizität des Revolutionsstückes?<br />
Nein. Es ist weder ein reines Revolutionsstück,<br />
noch eine reine Liebesgeschichte,<br />
sondern wie auf der Partitur<br />
steht, ein musikalisches Drama mit geschichtlichem<br />
Hintergrund. Es ist sowieso<br />
unmöglich, in einer Oper eine Revolution<br />
zu erzählen. Es war nicht das<br />
Ansinnen der Autoren, einen authentischen<br />
Abriss zu geben, und ist auch<br />
nicht unseres. Wir können aber mit<br />
dieser Oper Mechanismen innerhalb<br />
der Gesellschaft aufzeigen. Für diese<br />
Gesellschaft ist Gérard eine sehr interessante<br />
Figur, die einzige Hauptfigur,<br />
die eine wirkliche Entwicklung durchmacht.<br />
Maddalena wird in ihre Situationen<br />
hineingeworfen, Chénier bleibt<br />
auf seinem Standpunkt, ein kritischer<br />
Dichter zu sein. Wer exemplarisch für<br />
die Gesellschaft im Umbruch steht,<br />
das ist Gérard. Am Anfang begehrt er<br />
auf und wird aktiv für die Gesellschaft,<br />
11
12<br />
Kai Günther und Opernchor<br />
wird zu einem Anführer der Revolution.<br />
Gegen das System, das sich dann<br />
aufbaut, das System des Terrors, tut<br />
er nichts, er verschließt wohl auch ein<br />
bisschen die Augen davor, denn als er<br />
sieht, was da entstanden ist, da ist es<br />
nicht mehr zu stoppen. Gérard scheitert<br />
letzten Endes nicht am revolutionären<br />
System und der Gesellschaft,<br />
sondern er ist ein Mensch, der an sich<br />
scheitert: Er scheitert nicht an seinen<br />
Idealen, sondern daran, dass er nichts<br />
gegen seine Begierde tun kann, gegen<br />
seine Gefühlsregung. Sein Verstand<br />
sagt, „lass es“, aber er ist besessen<br />
von Maddalena und missbraucht seine<br />
Macht, um sie zu besitzen. Er kommt<br />
nicht dagegen an, ein Gefühlswesen<br />
zu sein und verliert am Ende alles. Wir<br />
fragen mit unserer Inszenierung auch:<br />
Wie kann man mit so einem Scherbenhaufen<br />
leben? Ohne die Geschichte von<br />
Chénier und Maddalena schmälern zu<br />
wollen, Gérard ist die spannendste exemplarische<br />
Figur für die Gesellschaft,<br />
und deshalb haben wir den Zugang<br />
zur Inszenierung auch über diese Figur<br />
gefunden.<br />
Gibt die Revolution in Frankreich, die<br />
es so ja in Deutschland nie gegeben<br />
hat, heute mehr als eine spannende<br />
Opernkulisse ab?<br />
Wenn das Gebilde um ihn herum nicht<br />
in Ordnung ist, dann geht der Mensch<br />
auf die Barrikaden. Da sind wir wieder<br />
bei meinem Lieblingssatz, dass der<br />
Mensch viel mehr ein Gefühlswesen als<br />
ein Verstandeswesen ist. Selbst wenn<br />
er bei klarem Verstand weiß, was im<br />
Prinzip richtig und logisch wäre für die<br />
Gesellschaft, wenn ihm das Gefühl etwas<br />
anderes sagt, dass er etwa Hunger<br />
hat oder Durst, dann kümmert er sich<br />
drum, wie er was zu essen in den Bauch<br />
bekommt! So erklären sich dann auch<br />
die Brüche, die wir in revolutionären<br />
Bewegungen immer beobachtet haben,<br />
damit erklärt sich auch die Revolutionsmüdigkeit,<br />
die immer wieder zu beobachten<br />
ist. In der Französischen Revolution<br />
ist genau zu sehen, wie die<br />
Bewegung abflaute, weil die Leute nicht<br />
zufrieden waren mit dem, was da war.<br />
Daraus hat sich dann das Terrorregime<br />
entwickelt: Man musste mit Terror<br />
Brigitte Roth, Hugo Mallet<br />
gegen die Menschen vorgehen, um die<br />
politischen Ziele durchzusetzen. Damit<br />
setzte man die Leute unter Druck und<br />
konnte davon ablenken, dass auch das<br />
neue System nicht in der Lage war, die<br />
Probleme zu lösen. 1793 wurde noch<br />
genauso gehungert wie 1789.<br />
Das sind Abläufe, die es nicht nur in<br />
der Französischen Revolution gab, das<br />
sind allgemeine Mechanismen. Die Entstehung<br />
des Stalinismus verlief nach<br />
dem gleichen Prinzip: Die Oktoberrevolution<br />
wurde mit hehren Zielen durchgeführt,<br />
aber irgendwann hat Stalin die<br />
Abweichler beseitigt oder in Arbeitslager<br />
gesteckt, ein System des Drucks,<br />
der Diktatur errichtet. Oder was ist aus<br />
der kubanischen Revolution geworden,<br />
wie sie Fidel Castro und Che Guevara<br />
begonnen haben? Oder Ägypten. Wie<br />
waren die Leute außer sich und haben<br />
auf dem Tahrir-Platz gejubelt für Mursi.<br />
Nur ein paar Monate später versammeln<br />
sie sich auf demselben Platz – gegen<br />
Mursi! Heute hat man Danton zugejubelt,<br />
morgen Robespierre und Dantons<br />
Tod, und übermorgen dem Tod Robespierres.<br />
Das ist es, was ich mit dem<br />
Gefühlswesen meine.<br />
Die Hinrichtungen in der Französischen<br />
Revolution waren nicht nur Drohung,<br />
sie haben auch dazu gedient, die Leute<br />
zu bespaßen. Abgesehen davon, dass<br />
Hinrichtungen generell etwas Widerliches<br />
sind, es gab dazu jubelnde Massenaufläufe!<br />
Das erzählt viel über die<br />
Menschen von damals – und heute.<br />
Heute läuft so etwas vielleicht „domestizierter“<br />
ab, aber es kann sich immer<br />
wiederholen. Es ist insofern auch nicht<br />
abwegig, hier über den Nationalsozialismus<br />
zu sprechen. Es heißt zwar,<br />
„was zu jener Zeit passiert ist, lässt sich<br />
mit anderem nicht vergleichen“, und<br />
das stimmt auch. Aber die Mechanismen,<br />
auf deren Basis der Wahnsinn<br />
entstand, sind gar nicht so verschieden<br />
von den Mechanismen, die man auch<br />
in anderen Systemen beobachten kann.<br />
Es heißt „Machtergreifung“, aber<br />
die Macht hätte Hitler nicht ergreifen<br />
können, hätte es nicht eine entsprechende<br />
gesellschaftliche Ausgangslage<br />
gegeben. Hitler hat es verstanden,<br />
das Gefühlswesen zu packen und die<br />
Menschen in einen rauschhaft-euphorischen<br />
Taumel zu versetzen. Anders<br />
sind die jubelnden Menschenmassen<br />
nicht zu erklären. Viele sind einem<br />
Gefühl gefolgt und waren sich kaum<br />
bewusst, was vorging. Der Mensch<br />
fühlt seine Bedürfnisse eher, als dass<br />
er darüber nachdenkt, auf welche<br />
politische Schiene er gerät.<br />
Erst später, losgelöst von dem Gefühl,<br />
ist es leicht, die Frage zu stellen „Wie<br />
konntet ihr das mitmachen?“<br />
13
DIE MUSIK DER OPER<br />
von Egon Voss<br />
DIE STADTBIBLIOTHEK<br />
„Rudolf Hagelstange“, Wilhelm-Nebelung-Straße 10, Tel. (0 36 31) 98 37 95,<br />
hält zur Oper „André Chénier“ folgende Medien bereit:<br />
14<br />
Kai Günther, Gustavo Zahnstecher<br />
Die Oper ist ein Hauptwerk des italienischen<br />
Verismo. Im Unterschied zu<br />
Mascagnis „Cavalleria rusticana“<br />
(1890) und Leoncavallos „Pagliacci“<br />
(1892), den veristischen Paradigmen,<br />
verzichtet Giordano nicht auf das Einbeziehen<br />
von Musik aus der Realität,<br />
in der die Handlung spielt, sondern<br />
greift auf präexistente Musik zurück,<br />
auf Lieder aus der Zeit der Französischen<br />
Revolution: „Carmagnole“, „Ça<br />
ira“ und „Marseillaise“. Sie werden<br />
entsprechend ihrer Funktion, authentische<br />
Wirklichkeit zu präsentieren, unverändert<br />
übernommen (…). Auf eine<br />
Verwendung von Motiven aus diesen<br />
Liedern verzichtet die Partitur, wie es<br />
scheint, bewusst, so dass die Lieder<br />
unverbunden neben Giordanos Musik<br />
stehen, also in der Tat als ein Stück<br />
Wirklichkeit in das Stück hineinragen.<br />
Die drei Revolutionslieder sind den drei<br />
Revolutionsbildern (2.–4. Bild) vorbehalten,<br />
während im 1. Bild durch die<br />
archaisierende Nachahmung von Musik<br />
des 18. Jahrhunderts (Schäferchor,<br />
Cembalostück – in <strong>Nordhausen</strong> Harfenstück/d.<br />
Red., Tempo di gavotta) das<br />
Ancien régime porträtiert wird. Der<br />
Rückgriff auf ältere Formen und Prinzipien<br />
der Melodik und Harmonik begegnet<br />
auch in den anderen Bildern,<br />
erscheint indessen weniger als bewusst<br />
ausgeprägter Werkstil denn als<br />
Stil Giordanos. Kennzeichnend für den<br />
Verismo des Stücks ist die lärmendlaute<br />
Instrumentation in den Volksszenen<br />
des 2. und 3. Bilds mit ihrem<br />
forcierten Schlagzeugeinsatz, dem<br />
die Anweisungen an die Sänger (gridando=schreiend,<br />
urlando=heulend,<br />
tumultuosamente=lärmend) korrespondieren.<br />
(…)<br />
Da das Volk, die Menge, eine bedeutende<br />
Rolle spielt, ist der Choranteil besonders<br />
groß, obwohl das Werk nicht<br />
einen einzigen ausgedehnten und geschlossenen<br />
Chorsatz enthält. Ensemblesätze<br />
fehlen völlig; die wenigen<br />
Stellen mit simultanem Gesang mehrerer<br />
Personen lassen die Gleichzeitigkeit<br />
als gleichsam zufälliges Nebeneinander<br />
erscheinen.<br />
Das Werk ist durchkomponiert; sein<br />
Fluss fußt vornehmlich auf der Arbeit<br />
mit Orchestermotiven, die entsprechend<br />
den Szenen und Auftritten wechseln,<br />
jedoch in der Regel nicht im Wagnerschen<br />
Sinn symphonisch durchgeführt<br />
werden. Einzelne dieser Szenenmotive<br />
kehren leitmotivartig wieder und werden<br />
dabei gemäß den szenischen<br />
Situationen in Charakter und Struktur<br />
abgewandelt. Die geschlossenen,<br />
arienhaften Partien, zu denen sich die<br />
Musik immer wieder nummernartig<br />
verfestigt, folgen keinen bestimmten<br />
traditionellen Modellen oder Schemata,<br />
basieren jedoch durchweg auf<br />
herkömmlicher Periodik und arbeiten<br />
in freilich unregelmäßiger Weise mit<br />
Wiederholungen.<br />
Harden, Ingo: Epochen der Musikgeschichte:<br />
Entwicklung und Formen der<br />
europäischen Musikgeschichte/Ingo<br />
Harden. – Hildesheim: Gerstenberg,<br />
2007. – 480 S.: Ill.<br />
Lexikon der französischen Literatur<br />
/hrsg. von Manfred Neumann. –<br />
1. Aufl. – Leipzig: Bibliograph. Inst.,<br />
1987. – 512 S. SY: Literatur 10<br />
Französische Literaturgeschichte/<br />
hrsg. von Jürgen Grimm. Unter Mitarb.<br />
von Elisabeth Arend-Schwarz. – 3., um<br />
frankophone Literaturen außerhalb<br />
Frankreichs erw. Aufl. – Stuttgart:<br />
Metzler, 1994. – 10, 476 S.: Abb.<br />
Absolutismus, Aufklärung und die<br />
Revolution: 1648 – 1793 – Gütersloh;<br />
München: Wissen Media Verl., 2008. –<br />
400 S.: Ill. – (Die große Chronik–Weltgeschichte:<br />
von den Anfängen bis zur<br />
Gegenwart; 11)<br />
Sabine Mucke, Yavor Genchev<br />
Die Französische Revolution: Bilder<br />
und Berichte 1789–1799/Hrsg. von<br />
Walter Markov … – 1. Aufl. – Leipzig:<br />
Reclam, 1989. – 363 S.: 220 Abb. z. T.<br />
farb.; 29 cm<br />
Grab, Walter: Die Französische Revolution:<br />
Aufbruch in die moderne Demokratie/Walter<br />
Grab. – 2. Aufl. – Stuttgart:<br />
Parkland, 1990. – 248 S.: Ill.<br />
Jeschonnek, Bernd: Frankreich im Aufbruch:<br />
Volksaufstände und Schlachten<br />
1789–1794/Bernd Jeschonnek. – 1.<br />
Aufl. – Berlin: Militärverl. d. DDR, 1989.<br />
– 59 S.: Abb. – (Militärgeschichtliche<br />
Skizze)<br />
Tilly, Charles: Die europäischen Revolutionen/Charles<br />
Tilly. Aus d. Engl.<br />
übers. von Hans-Jürgen Baron von Koskull.<br />
– München: Beck, 1999. – 368 S.<br />
Quellen:<br />
S. 3: zit. nach http://www.zitate-portal.com/<br />
ergebnisliste_css.php?g_autorid=1754. S. 4: Die<br />
Handlung wurde für das Programmheft neu erzählt.<br />
S. 6: Originalbeitrag für dieses Programmheft<br />
unter Verwendung von Armstrong, Judith,<br />
Andrea Chénier by Umberto Giordano auf http://<br />
mtu.flinders.edu.au/pac/cf/prodinfo.cfm?id=32;<br />
Hamlet-Metz, Mario, André Chénier – The sweet<br />
poet, auf: http://artfuljesus.0catch.com/litopera/chenier.html<br />
und www.lettres-et-arts.net/<br />
histoire_litteraire_17_18_emes_siecles/219-<br />
presentation_andre_chenier; Zitat aus Chénier,<br />
André, Jamben, Heidelberg 1946. S. 8/9: Zeittafel<br />
aus Büchner, Georg, Dantons Tod, Erläuterungen<br />
und Dokumente, Stuttgart 1990 (gekürzt). S. 10–<br />
13: Originalinterview für dieses Programmheft.<br />
S. 14: Voss, Eugen, zit. aus Pipers Enzyklopädie<br />
des Musiktheaters in 8 Bdn., Bd. 2, S. 393f.,<br />
München 1987. S. 16: zit. nach Chénier, André,<br />
Jamben, a.a.O.<br />
Die Probenbilder entstanden zur ersten Kostümprobe<br />
10 Tage vor der Premiere. Urheber ist Tilmann<br />
Graner (www.tilmann-graner.de).
Das Lamm, aus Todeskellern, blökte immer wieder,<br />
Als schon das Schlachthaus aufgetan:<br />
„Wo bist du, Hirt? Wo seid ihr, Spielgefährten, Brüder?“<br />
Doch niemand dachte mehr daran.<br />
Stets hatten seine Sprünge auf der Weide<br />
So Kind wie Dame hochentzückt;<br />
Wer unbekümmert einst sein Fell gleich zarter Seide<br />
Geküsst, bebändert und geschmückt,<br />
Der speist es unbekümmert jetzt als zarten Braten.<br />
Und in des Kerkers Totenschrein<br />
Blüht mir ein ähnlich Los; nicht schwer war’s zu erraten:<br />
Vergessen! … Fügen wir uns drein.<br />
Vergessen sind, gleich mir, in diesem Totenhause<br />
Noch tausend Lämmer; und gleich mir<br />
Werden sie aufgetischt wohl bald zum blutgen Schmause<br />
Dem Volk, dem königlichen Tier.<br />
Was konnten meine Freunde? Ja, von ihren Händen<br />
Ein Brief durch’s Gitter mir gereicht,<br />
Der hätte können meinem Herzen Balsam spenden …<br />
Und meinen Wächtern … Geld vielleicht …<br />
Doch rings ist Abgrund. Und sie haben Recht aufs Leben …<br />
Bleibt leben, Freunde; lebt getrost!<br />
Ihr sollt euch, mir zu folgen, wenig Mühe geben.<br />
Als ich einst noch vom Glück umkost,<br />
Empfing ich ähnlich wohl, mit halbem Ohr hinhörend,<br />
Manch flehentliches Klagewort;<br />
Jetzt wirkt auch meinerseits mein Unglück nur noch störend …<br />
Lebt Freunde; lebt in Frieden fort!<br />
André Chénier, Jamben (IV), 1794<br />
Impressum:<br />
Herausgeber: <strong>Theater</strong> <strong>Nordhausen</strong>/Loh-Orchester Sondershausen GmbH<br />
Tel.: (0 36 31) 62 60 - 0, Intendant: Lars Tietje, Programmheft Nr. 5 der Spielzeit<br />
2012/2013, Premiere: 25. Januar 2013, Redaktion und Gestaltung: Dr. A. Eisner,<br />
Layout: Landsiedel | Müller | Flagmeyer, <strong>Nordhausen</strong>